TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/29 E10 400540-1/2008

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Veröffentlicht am 29.09.2008
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Spruch

E10 400.540-1/2008-9E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau S. DUTZLER über die Beschwerde des M.G., geb. am 00.00.1983, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.06.2008, FZ. 07 08.686-BAT, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Armenien, brachte am 20.09.2007 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Wesentlichen vor, dass er am 00.00.2004 während einer Demonstration geschlagen worden sei; er habe eine Journalistin, die geschlagen wurde, beschützen wollen und statt dieser die Schläge abbekommen. Nachdem er diesen Vorfall angezeigt habe, sei er bedroht worden. Er sei entführt, zusammengeschlagen und dabei verletzt worden. Ein einflussreicher Mann, an den er sich gewandt habe, sei in der Folge erschossen worden. Schließlich sei er einige Tage von der Polizei angehalten und dabei auch gefoltert worden.

 

Die Erstbehörde holte ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, ein Gutachten eines Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie und ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, den BF betreffend, ein. In Bezug auf den Inhalt dieser Gutachten wird auf den Akteninhalt bzw. die weiteren Ausführungen verwiesen.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 24.06.2008, Zahl: 07 08.686-BAT, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen als nicht glaubwürdig.

 

Es sei nicht nachzuvollziehen, dass er bei seiner Einvernahme vor der Polizeiinspektion Traiskirchen mit keinem Wort erwähnt habe, auch entführt und 15 Tage inhaftiert gewesen zu sein, wenn es diese Entführung und Inhaftierung tatsächlich gegeben hätte. Er habe während der Dauer seines Aufenthaltes die Intensität der behaupteten Verfolgung gesteigert bzw. die Angaben insofern abgeändert, als er zuletzt eine wesentlich gravierendere Gefahr dargestellt habe, als er dies zu Beginn getan habe; dies musste darauf schließen lassen, dass er mit dieser Vorgangsweise Vorteile in seinem Asylverfahren angestrebt habe, nicht aber den Tatsachen entsprechende Angaben gemacht habe. Auch könne nicht nachvollzogen werden, dass er bei der Befragung vor der Erstaufnahmestelle Ost die Fragen, ob er jemals in Haft gewesen sei oder jemals Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt habe, verneint habe, in der selben Einvernahme später aber davon gesprochen habe, seitens der Polizei tagelang angehalten und misshandelt worden zu sein.

 

Die Angaben des BF seien auch widersprüchlich; so hatte er bei der Befragung im Zuge der Begutachtung durch den Facharzt Dr. G. [unter Beiziehung eines Dolmetschers] angegeben, einer der Nachbarn sei Arzt, dieser hätte ihn angeschaut und gemeint, er hätte einige Rippen gebrochen, während er bei der Einvernahme am 09.06.2008 angegeben hatte, er kenne diesen Arzt nicht und könne nicht sagen, woher der Arzt gekommen sei, es sei ein privater Arzt gewesen. Der BF habe auch unterschiedliche Angaben zur Dauer seiner Anhaltung gemacht; er habe einmal 15 Tage, dann wieder 20 Tage behauptet. Schließlich habe er unterschiedliche Angaben zu den Schnittwunden an seinem linken Unterarm gemacht; er habe einmal angegeben, diese seien ihm mit einer Rasierklinge zugefügt worden, an anderer Stelle aber behauptet, dies sei mit Glas geschehen. Er habe auch einmal (bei der Befragung durch Dr. G.) behauptet, er habe sich die Schnitte selbst mit einer Scherbe zugefügt, dann aber - wie auch zuvor - angegeben, die Schnitte seien ihm zugefügt worden.

 

Dass der BF falsche Angaben gemacht habe, sei weiters anhand des Gutachtens des Facharztes Dr. G. festzustellen. Die Narben im Bereich der rechten Hand seien mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch Hammerschläge entstanden, die Verkürzung des 4. Mittelhandknochens rechts sei mit Sicherheit keine Folterverletzung oder Folterfolge, sondern höchstens die Folge einer Verletzung in der Kindheit oder eine angeborene Fehlstellung und die Narben im Bereich der rechten Hand seien wesentlich älter, als es dem vom BF angegebenen Folterzeitraum entspräche. Der Gutachter habe auch festgestellt, dass es nie Rippenbrüche gegeben habe.

 

Auch aus den vorgelegten Zeitungsartikeln sei lediglich eine Konfliktsituation ableitbar, an der der BF beteiligt gewesen sein dürfte, weitere Schlüsse auf seine Glaubwürdigkeit seien daraus nicht möglich.

 

Eine Verfolgung im Sinne der GFK habe daher nicht glaubhaft dargelegt werden können.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 03.07.2008 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen vorgebracht, dass die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung mangelhaft sei. Die von der Behörde selbst konstruierten Widersprüche seien teilweise aktenwidrig und rührten daher, dass der BF sich bei der letzten Einvernahme nicht wohl gefühlt hätte.

 

Mit Aktenvermerk vom 22.9.2008 wurde seitens des AsylGH gem. § 27 Abs. 2 AsylG ein Ausweisungsverfahren eingeleitet.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers moniert wird, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes insofern mangelhaft sei, als die Widersprüche konstruiert, teilweise aktenwidrig und teilweise darauf zurückzuführen seien, dass er sich bei der letzten Einvernahme nicht wohl geführt hatte, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht. Er führte nicht näher aus, was konstruiert bzw. aktenwidrig sei. Für den Asylgerichtshof ist auch nicht erkennbar, dass Widersprüche in der Beweiswürdigung konstruiert oder aber aktenwidrig wären.

 

Zum Einwand in der Berufung, die Widersprüche seien darauf zurückzuführen, dass er sich bei der letzen Einvernahme nicht wohl gefühlt habe und ihm die ganze Zeit über schwindlig gewesen sei wird ausgeführt, dass er am Beginn dieser Einvernahme vom 09.06.2008 angegeben hatte, dass ihm etwas schwindelig und etwas schlecht sei, ihm aber schon länger schwindlig und schlecht sei; er sei deswegen bei einem Arzt gewesen, der ihm Medikamente verschrieben habe; einmal habe er diese Tabletten eingenommen, sie würden aber nicht helfen, weshalb er sie nicht mehr nehme; er fühle sich nicht gut, aber er könne die Einvernahme machen. Er hatte also von sich aus angegeben, dass er in der Lage sei, die Einvernahme zu machen. Wenn das einvernehmende Organ daraufhin eingangs der Beweiswürdigung anführt, dass der BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BAT den Eindruck erweckt habe, dass seine Aufmerksamkeit, sein Auffassungsvermögen und seine Konzentrationsfähigkeit nicht beeinträchtigt seien, so ist das eine Feststellung von dessen Wahrnehmung vor dem Hintergrund der Aussage des BF, er könne die Einvernahme machen; von "Zynismus" kann also keine Rede sein. Es wird an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass den im Akt ersichtlichen Einvernahmeprotokollen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt.

 

Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Die Beweiswürdigung des BAA wurde in der Beschwerde nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war, das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Die vom BAA durchgeführte Beweiswürdigung war jedenfalls geeignet, den Befund der Unglaubwürdigkeit zu tragen. Darüber hinaus waren weitere Widersprüche bzw. Unplausibilitäten in den Angaben des BF offensichtlich. So hatte der BF im Zuge seiner Einvernahmen einmal angegeben "Mher Der-Harutunjan" nicht gut zu kennen, sich später aber dahin verbessert, das dies nicht stimme, er kenne diesen seit langem, dieser sei wie ein großer Bruder für ihn gewesen. Es ist weiters unplausibel, wenn der BF angibt, er könne nicht konkret sagen, was in der (damaligen) Beschwerde gestanden sei, er wisse es nicht mehr; er wisse auch nicht mehr, ob sie [Anm.: die Journalistin] alles verfasst habe, er könne nicht sagen, für wie lange sie [Anm.: die Journalistin] bei ihnen gewesen sei und könne nicht sagen, ob sie ihn abgeholt habe, oder ob sie sich bei der Polizei getroffen hätten (vgl. AS 325/327). Bei diesem Beschwerdeschreiben handelt es sich aber um einen essentiellen Teil seines Fluchtvorbringens. Schließlich war dieses Schreiben Auslöser für einen Teil seiner behaupteten Verfolgungen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn er nicht weiß, was der konkrete Inhalt des Schreibens war, bzw. wesentliche Einzelheiten der Umstände rund um dieses Schreiben bzw. der Überbringung nicht kennt.

 

Dadurch wird der Befund der Unglaubwürdigkeit noch verstärkt.

 

Auch aus den vom BAA getroffenen und vom BF in der Beschwerdeschrift auszugsweise wiedergegebenen Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien, wo zu Recht auf die Existenz teilweiser Defizite in der Ausgestaltung der Menschenrechte hingewiesen wird, kann kein Hinweis auf das Bestehen der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr des BF geschlossen werden. Aus den getroffenen Feststellungen ist ableitbar, dass Menschenrechtsverletzungen zwar punktuell aber keinesfalls flächendeckend und systematisch vorkommen. Aus dem Ermittlungsergebnis ergibt sich zweifelsfrei, dass der BF von keinem Sachverhalt betroffen ist, welche den begründeten Schluss zuließe, er gehöre einem Personenkreis an, welcher in Armenien punktuell Gefahr liefe, von relevanten Menschenrechtsverletzungen betroffen zu sein, weshalb das in diesem Absatz angeführte asylrechtlich nicht beachtliche Wahrscheinlichkeitskalkül zu treffen war.

 

Ebenso ist anzuführen, dass der BF mit Urteil des LG Wiener Neutstadt vom 00.00.2008 (rechtskräftig seit 00.00.2008) nach §§ 15, 127, 128 (1) 4, 130 1. Fall StGB und § 50 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten (davon 10 Monate bedingt) verurteilt wurde, wodurch zudem die persönliche Glaubwürdigkeit des BF erheblich beeinträchtigt wird. Wenn man sich vor Augen hält, dass der BF erst am 20.9.2007 nach Österreich einreiste und bereits am 20.5.2008 wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Diebstahls in U-Haft genommen und schließlich auch rechtskräftig verurteilt wurde, liegt es auf der Hand, dass die primäre Motivation der Einreise in das Bundesgebiet seitens des BF nicht in der Suche von Schutz vor Verfolgung sondern der Motivation hier im gewerbsmäßigen Stil Eigentumsdelikte zu begehen liegt bzw. lag.

 

Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs, indem dem BF nicht zur Kenntnis gebracht wurde, wie das BAA zu entscheiden beabsichtige, wird angeführt, dass die Behörde nicht verpflichtet ist, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560). Kommt die Behörde nun aufgrund der vorgenommenen Beweiswürdigung zum Schluss den Antrag abzuweisen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, welche nicht dem Parteiengehör unterliegt (VwSgl 16.423 A/1930; VwSlg 6580 A/1961; VwSlg 7509 A/1969; VwGH 16.11.1993, 90/07/0036; 9.11.1994, 92/13/0068). Die Einträumung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG bezieht sich nämlich ausschließlich auf die materielle Stoffsammlung, d. h. auf die Beweisergebnisse, welche die Sachverhaltsgrundalge für die von der Behörde anzuwendenden Rechtslange bilden sollen. Eine Verletzung des Parteiengehörs durch Unterlassung der Anhörung der Partei zu der von der Behörde vertretenen Rechtsansicht kann daher begrifflich nicht vorliegen (VwGH 28.3.1996, 96/20/0129; auch VwGH 13.5.1986, 83/05/0204/0209). Die Behörde ist nicht verhalten, der Partei mitzuteilen, welche vorgangsweise sie in rechtlicher Hinsicht sie ins Auge fasst (VwGH 9.3.1992, 91/19/0391; 5.7.2000, 2000/03/0019) oder in welcher Richtung sie einen Bescheid zu erlassen gedenkt (VwGH 20.5.1992, 92/01/0306) bzw. wie sie den maßgeblichen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen und ihren Bescheid zu begründen beabsichtigt, einschließlich der Frage, auf wleche Bestimmungen sie ihren Bescheid stützen wird (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar Rz 26 zu § 45 mwN).

 

Der Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im gegenständlichen Fall durch die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den AsylGH in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen wäre (vgl. für viele: VwGH vom 11.9.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.2.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.2.2002, 98/21/0299).

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen der Auffassung des Bundesasylamtes in Bezug auf die Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Vorbringens des BFs an.

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu führen war.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:

 

Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Der Umstand, dass die Republik Armenien gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete welche Österreich bietet (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964, oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99) ist jedenfalls irrelevant. Sonstige außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände, welche im Rahmen einer Außerlandeschaffung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964) führen, kamen ebenfalls nicht hervor. Jedenfalls ist aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat (vgl. VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984; ebenso: kein Hinweis auf die Existenz einer allgemein existenzbedrohenden Notlage im Sinne einer allgemeinen Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige Elementarereignisse) in Verbindung mit den individuellen Situation des BFs (junger, gesunder, mobiler Mann, der bisher sein Leben im Herkunftsstaat meistern konnte [vgl. Erk. d. VwGHs vom 22.8.2007, Zahlen 2005/01/0015-6, 2005/01/0017-8]) kein Hinweis hierauf ableitbar, welche zur gegenteiligen Feststellung führen könnte. Ein Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen in Bezug auf das Territorium der Republik Armenien ist nicht feststellbar. Hinweise auf einen Sacherhalt Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe scheiden schon aufgrund der Ausgestaltung des armenischen Strafrechts aus.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. Hier wird besonders auf die jüngste Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6), sowie des EGMR (Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06) verwiesen, bei deren umfassender Beachtung kein Hinweis zu Tage kommt, dass eine Ausweisung des BF in unzulässiger und unverhältnismäßiger Weise in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und/oder Familienleben eingreift.

 

Im gegenständlichen Fall kommt nunmehr noch hinzu, dass der BF rechtskräftig wegen einer mit von den Gerichten zu verhängenden Strafe verurteilt wurde, wodurch die öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK zusätzlich berührt werden.

 

In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, verwiesen, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung der oa. genannten Art den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt.

 

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme beantragt, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahmen (vgl. hierzu auch die hier getroffenen Ausführungen zum Beweiskraft deren Inhaltes und der Möglichkeit des BFs den Sachverhalt auf den er seinen Antrag stützt, vorzubringen) - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit er die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden,

 

dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung

 

einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Interessensabwägung, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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