TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/29 D13 246597-0/2008

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Veröffentlicht am 29.09.2008
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Spruch

D13 246597-0/2008/18E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des T.R. alias N., alias G. alias C., alias R., geb. 00.00.1982, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zahl 03 09.187-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.9.2008 zu Recht erkannt.

 

Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, iVm § 61 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, und §§ 7 AsylG 1997, BGBL I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002 iVm § 8 leg.cit. abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer gab an, Staatsangehöriger von Georgien zu sein, am 00.00.1982 in S. (West-Georgien, 80km von Süd-Ossetien entfernt) geboren zu sein und am 8.8.2002 illegal nach Österreich eingereist zu sein. Dazu wurde er an den im bekämpften Bescheid ersichtlichen Daten von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenem Bescheid vollständig wiedergegeben.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 20.3.2003 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I) und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II).

 

Im Übrigen wird der Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

 

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

 

Begründet wurde die Beschwerde mit Verfahrensmängeln durch das Bundesasylamt, sowie Fehler in der rechtlichen Beurteilung durch das Bundesasylamt. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

4. Der Asylgerichtshof erhob Beweis durch folgende Handlungen:

 

A)Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

B) Einsichtnahme in Länderfeststellung (die in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden - vgl.unten) bestehend aus folgenden Quellen:

 

USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2006, vom 06.03.2007

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006

 

Gutachten von O.T. vom 04. November 2005, zitiert in der Berufungsverhandlung des UBAS vom 15.05.2006, Zl. 257.282/4-VIII/22/06, Seite 8

 

Global Civil Society Organisation, Jahresbericht zur Korruption, vom 01.02.2006

 

Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen, vom 30.08.2006

 

Freedom House, Countries at a Crossroad, 07.2006

 

Auswärtiges Amt, Innenpolitik, März 2007

 

International Crisis Group, Abkhazia, Ways Forward, vom 18.01.2007

 

Security Council, Report of the Secretary-General on the situation in Abkhazia, vom 11.01.2007

 

Government of the autonomous Republic of Adjara, vom 07.09.2006

 

AI Jahresbericht 2005, 04.2006; Georgien Nachrichten, 6. Mai 2004

 

Bescheid des UBAS vom 3.8.2006, Zl:257.282/0-VIII/22/05

 

Accord Anfragebeantwortung vom 20.03.2007 betreffen die Behandelbarkeit von AIDS in Georgien, Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 21.06.2005

 

Gesamtquelle: www.staatendokumentation.at, bescheidtaugliche Feststellungen zu Georgien, Stand 05/2007.

 

FFM Georgien vom Dezember 2007 (www.staatendokumentation.at)

 

C)Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 18.09.2008 im LG Wien.

Der Beschwerdeführer gab dabei u.a. Folgendes zu Protokoll:

 

VR: Wann haben Sie Georgien verlassen?

 

BF: Ich habe Georgien Ende 2001 verlassen. Am 8.2.2002 bin ich nach Österreich gekommen.

 

VR: Am 20.3.2003 haben Sie beim Bundesasylamt angegeben, dass Sie Georgien am 2.12.2002 verlassen hätten?

 

BF: Es kann sein, dass ich mich geirrt habe.

 

VR: Schildern sie bitte kurz Ihren Lebenslauf.

 

BF: Ich bin geboren am 00.00.1982 in S. (West-Georgien). Das liegt 80km entfernt von Ossetien. 11 Jahre habe ich die Grundschule besucht, danach war ich zu Hause. Ende 2001 habe ich Georgien verlassen. Zwei Monate lang war ich in B. in Schubhaft.

 

Mehrfach nachgefragt und nach Vorhaltung der AS3 gebe ich an, dass ich am 8.2.2002 Österreich betreten habe, anschließend 2 Monate in Schubhaft kam und mich nach meiner Freilassung umgehend (ungefähr Mai 2002) an das Bundesasylamt Wien gewandt habe, man mich dort darauf verwies, dass ich Unterlagen beizubringen hätte, ich in der Folge bei einem Freund gewohnt habe und mich am 20.3.2003 wieder ins Bundesasylamt Wien zu einer ersten Vernehmung begeben habe. Ich bin mir sicher, dass ich bereits im Mai 2002 einen Asylantrag zumindest mündlich gestellt habe. Weiters gebe ich an, dass meine beiden Eltern Georgier sind und ich orthodoxen Glaubens bin.

 

VR: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe?

 

BF: Als Kind bin ich der Zeuge eines Mordes geworden. Einmal bin ich nachts von zu Hause Richtung Friedhof gegangen, nachts haben mehrere Geschäfte dort offen, als mich die Polizei aufgehalten hat und mich befragt hat, wo ich wohne, wohin ich wolle. Als ich den Friedhof durchquerte, sah ich, dass dort zwei Autos standen, welche das Licht eingeschalten hatten. Es gab viele Leute dort und viel Geschrei. Ich wurde neugierig, habe mich hinter Büschen versteckt und beobachtet, dass der Polizeichef der Stadt und der Chef des Verkehrsamtes da waren. Die haben miteinander gestritten. Der Polizeichef der Stadt,

O.N., sagte zum Chef des Verkehrsamtes, T.P.,: "Wie lange willst du das noch machen, wir haben das doch vereinbart, warum hast du diese Vereinbarung nicht gehalten?" Nachgefragt gebe ich an, dass es sich wohl um Geld gehandelt haben müsse.

 

VR: Bitte fahren Sie fort.

 

BF: P. sagte zu N.: "Du hast unsere Vereinbarung auch nicht eingehalten, deswegen halte ich mich auch nicht daran." Es gab unerwartete Schüsse, ich schrie vor Angst. P. lag auf dem Boden. N. hielt die Waffe. Als sie meinen Schrei hörten, sprachen sie miteinander und sagten: "Jemand hat uns gesehen, findet ihn und haltet ihn fest!" Ich bin zu meinem Freund S.S. gegangen, er wohnt einen halben Kilometer von meinem Haus entfernt. Er war ein Klassenkollege. Ich konnte nicht mehr nach Hause gehen, ich hatte Angst. Ich habe S. zu mir nach Hause geschickt. Meine Oma war bei mir zu Hause und teilte S. mit, dass bereits die Polizei bei mir zu Hause gewesen wäre. Als meine Oma die Polizei fragte, warum man mich suchte, teilten sie ihr mit, dass sie mich festnehmen wollen. Ich verließ S. und fuhr nach Tbilisi zu Verwandten. Ich habe meinem Onkel T.M. alles erzählt. Nachgefragt gebe ich an, dass dies der Verwandte sei, zu dem ich nach Tbilisi fuhr. Der Vater hat gesagt:

"Wir rufen jetzt deine Eltern an". Meine Eltern waren geschieden. Beide wohnten zu diesem Zeitpunkt getrennt in Tbilisi. Mein Onkel hat versprochen, dass er meine Eltern anruft und alles mit ihnen bespricht. Meine Eltern samt einem Freund meines Vaters (M.) sind gekommen. Ich erzählte alles, was passiert ist. Alle haben gesagt, die georgische Polizei ist sehr gefährlich, die werden jetzt alles tun, um zu verhindern, dass die Geschehnisse ans Tageslicht kommen. Sie werden alles unternehmen, um den Zeugen zu entfernen. Daraufhin beschloss ich in Tbilisi zu bleiben. Mein Onkel meinte, das habe keinen Sinn, sie werden mich hier auch finden und man überlegen werde, was zu tun sei. M. hat vorgeschlagen, dass er uns helfen wird. Er hat mir einen Pass besorgt und wollte mir helfen (auch finanziell), Georgien zu verlassen. In der Türkei würde mich ein Bekannter von ihm empfangen, welchem ich meine Dokumente geben soll, und der mich in einem LKW in ein anderes Land bringen würde. So ist dies dann auch geschehen.

 

VR: Gegenüber der Aussage beim Bundesasylamt gibt es eine ganze Reihe von Widersprüchen.

 

BF: Das ist kein Gedicht, dass alles wieder zusammenpasst.

 

VR: Gehen wir die Widersprüche im Einzelnen durch. Sie haben bei der Vernehmung im Bundesasylamt angegeben, dass Sie nach Ihrem Aufenthalt in Tbilisi von Ihrer Mutter zu Ihrer Cousine nach K.U. geschickt worden wären und dort 4 Monate lang gelebt hätten.

 

BF: Das stimmt nicht. Damals war es notwendig zu lügen. Ich vertraute keinem. Ich wollte nicht alles erzählen.

 

BR: Sie geben zu, dass sie damals vor dem Bundesasylamt gelogen haben, warum sollten wie Ihnen jetzt glauben, dass Sie die Wahrheit sagen?

 

BF: Ich bin mir jetzt sicher, dass mir hier in Österreich keine Gefahr droht. Ich kannte damals niemanden.

 

BR: Warum haben Sie erst nach der Schubhaft um Asyl angesucht?

 

BF: Ich habe es während meiner Schubhaft verlangt.

 

VR: Sie haben in der Erstvernehmung nichts von einem Onkel in Tbilisi erwähnt.

 

BF: Ja, weil es richtig so war. Dann wäre ihm Hehlerei vorgeworfen worden.

 

VR: Sie haben nunmehr nichts von einem Universitätsstudium erwähnt (wie beim Bundesasylamt). Stattdessen haben Sie gesagt, sie haben nach der Schule nichts gemacht.

 

BF: Ich habe mich für die Aufnahmeprüfungen der Universität vorbereitet.

 

VR: Sie haben beim Bundesasylamt angegeben: "Zu dieser Zeit waren ferien und deshalb befand ich mich in S..". Daraus schließe ich, dass Sie außerhalb der Ferienzeit nicht in S. gelebt haben?

 

BF: Ich habe bei meinem Onkel gewohnt. Ich habe die Schule in S. absolviert, meine Eltern haben sich getrennt, dann habe ich in Tbilisi bei meinem Onkel gewohnt und bin in den Ferien nach S. gefahren.

 

VR: Sie meinten, Ihr Schulfreund hieße S.S., bei der Vernehmung beim Bundesasylamt hieß Ihr Schulfreund P.P..

 

BF: Damals habe ich keinen richtigen Namen angegeben, weil ich Angst hatte, dass er Probleme bekommt.

 

VR: Sie haben beim Bundesasylamt angegeben, dass Sie die Mutter des Schulkameraden zum Haus Ihrer Großmutter geschickt hätten, heute war es S..

 

BF: Ja, es waren beide.

 

VR: Sie haben heute angegeben, dass Sie gesehen hätten, dass der Polizeichef N. die Waffe in seiner Hand gehalten hätte. Beim Bundesasylamt gaben Sie an, "vermutlich O. hatte T. erschossen. Ich habe dies aber auf Grund der Dunkelheit nicht so genau gesehen".

 

BF: Ja, im Prinzip habe ich es gesagt, wie es gewesen ist. Die Wahrheit ist, dass O. T. ermordet hat.

 

VR: Es ist ein Unterschied, ob man jemanden als Täter vermutet oder man die Waffe in der Hand einer Person gesehen hat.

 

BF: Ich bin mir sicher geworden, dass er ihn getötet hat. Ich habe auch die Waffe gesehen. Mehrfach nachgefragt gebe ich an, dass es damals nicht zu dunkel war und ich gesehen habe, wie der Täter die Waffe in der Hand hielt.

 

VR: Beim Bundesasylamt gaben Sie an, dass im Zuge des Streites (beim Friedhof) der Polizeichef den Chef des Verkehrsamtes anschrie mit den Worten: "Wie oft habe ich dich gewarnt, du sollst zurücktreten, die Bevölkerung ist schon unzufrieden mit dir.", heute geben Sie an, dass es sich um einen Streit mit finanziellen Hintergrund gehandelt habe.

 

BF: Ich habe von einer Vereinbarung gesprochen, mit der Vereinbarung war der Rücktritt gemeint. Nachgefragt gebe ich an, dass sowohl der Rücktritt als auch finanzielle Dispute die Ursache des Streits waren.

 

VR: Sie gaben beim Bundesasylamt an, dass die Polizisten während der Kontrolle vor dem Vorfall sich Ihrem Namen und Ihre Adresse notiert hätten, heute sagen Sie, dass Sie nur gefragt hätten, wo Sie wohnen und wohin Sie gehen.

 

BF: Die haben auch meine Personalien notiert.

 

VR: Festgehalten wird, dass dem BF Länderfeststellungen zu Georgien vorgelegt werden (Beilage 1), ihm eine Übersetzung angeboten wird, er aber darauf verzichtet. Gleichzeitig wird dem BF dargelegt, dass die Länderfeststellungen nichts zum aktuellen Konflikt um Südossetien und Abchasien beinhalten, diese aber gegenständlich irrelevant sind, da der BF (dies bestätigt er selbst) keinerlei Bezug zu diesen Konflikten hat. Der BF wird gefragt, ob er zur Lage in Georgien Stellung nehmen möchte.

 

BF: Das sind alles Lügen und Formalitäten, das weiß ich, ohne es zu lesen. Es bleibt alles immer beim Gleichen.

 

VR: Was befürchten Sie, wenn Sie nach Georgien zurückkehren müssen?

 

BF: Es ist sehr gefährlich auf Grund des Krieges. Ich habe auch immer noch Angst aufgrund meines ursprünglichen Problems.

 

VR: Es wird Einsicht genommen in Ihren Strafregisterauszug. Möchten Sie sich zu Ihren 3 Vorstrafen äußern?

 

BF: Das ist alles nur passiert, weil ich hier keinen Job bekommen habe. Ich hatte Menschen um mich, die mich schlecht beeinflusst haben.

 

VR: Können Sie noch etwas vorbringen, dass Ihre Fluchtgründe erhärten könnte?

 

BF: Sie müssen mir glauben; ich habe heute hier Familie in Österreich.

 

VR: Schildern Sie Ihr Privat- und Familienleben.

 

BF: Ich habe eine georgische Freundin und ein einmonate altes Kind. Meine Freundin heißt N.Z. und hat ein Visum.

 

VR: Es wird während der Verhandlung Frau N.T. telefonisch kontaktiert, diese gibt an, seit August 2007 in Lebensgemeinschaft mit dem BF zu leben und eine gemeinsame Tochter namens T.T. zu haben. Einmal pro Woche würde sie den BF im Gefängnis besuchen und würde nach seiner Entlassung eine gemeinsame Lebensführung anstreben.

 

2. Folgender nachstehender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Zum Herkunftsland des Antragstellers (Georgien) wird Folgendes festgestellt:

 

Aktuelle Lage/Wahlen

 

Die Parlamentswahlen am 2. November 2003 verliefen nach einhelliger Meinung in- und ausländischer Beobachter undemokratisch. In ihrer Folge kam es zu Massendemonstrationen unter Führung der Opposition, die am 22./23. November 2003 in der Stürmung der konstituierenden Sitzung des Parlaments und schließlich im Rücktritt Präsident Schewardnadses kulminierten. Bei der "Revolution der Rosen" gab es weder Verletzte noch nennenswerten Sachschaden. Das Oberste Gericht Georgiens annullierte am 25. November 2003 einen wesentlichen Teil der Parlamentswahlen, der am 28. März 2004 wiederholt wurde. Die infolge des Rücktritts von Präsident Schewardnadse notwendig gewordenen Wahlen zum obersten Staatsamt fanden am 4. Januar 2004 weitgehend ordnungsgemäß statt, allerdings ohne nennenswerte Konkurrenz für den populären Anführer der Massenproteste vom November, Micheil Saakaschwili. Er gewann die Wahlen mit rund 96% der abgegebenen Stimmen und wurde am 25. Januar 2004 in sein Amt eingeführt. Am 6. Februar 2004 nahm das Parlament eine neue Verfassung an, die die Vollmachten des Präsidenten erweiterte und das Amt des Premierministers einführte. Erster Premierminister Georgiens wurde Surab Schwania, gemeinsam mit Micheil Saakaschwili und Nino Burdschanadse einer der Führer der Rosenrevolution. Surab Schwania verstarb am 3. Februar 2005. Zu seinem Nachfolger wurde Surab Noghaideli ernannt, der bisherige Finanzminister.

 

Am 28. März 2004 fand die Nachwahl für die von der Annullierung der Parlamentswahl vom 2. November 2003 betroffenen Sitze statt. Wahlkampf und -durchführung stellten nach einhelliger Meinung internationaler Beobachter einen weiteren großen Fortschritt für die georgische Demokratie dar. Der Regierungsblock Präsident Saakaschwilis gewann die Wahlen mit 67% der Stimmen, sieht sich also im Parlament nur noch einer schwachen Opposition gegenüber. Im Oktober 2006 fanden erstmals seit der Rosenrevolution Kommunal- und Lokalwahlen statt, die von der OSZE als insgesamt frei eingeschätzt wurden, auch wenn Defizite gemessen an westlichen Standards bei der Wahldurchführung fortbestanden.

 

(Auswärtiges Amt, Innenpolitik, vom März 2007, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/AAmt/Uebersicht.html, Zugriff am 14.05.2007)

 

Oppositionelle Betätigung

 

Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sowie die Versammlungs- Vereinigungs- Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung verankert und unterliegen in Georgien seit den Parlamentswahlen 2003 grundsätzliche keinen Einschränkungen.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 24.04.2006, Seite 7f)

 

Willkürliche Festnahmen sind in der Vergangenheit gelegentlich im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Polizei gegen unliebsame Demonstrationen von verschiedenen politischen Gruppierungen vorgekommen, waren bisher jedoch stets nur von kurzer Dauer. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen (Prügel, Schläge) sind gesetzlich nicht vorgesehen. Ohne gerichtliche Anhörung kann ein Inhaftierter maximal 72 Stunden lang festgehalten werden.

 

(Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, April 2006)

 

Es gibt derzeit keine politischen Gefangenen in Georgien. Hochrangige Vertreter der ehemaligen Regierung befinden sich in Haft und sehen sich als deshalb selbst als politische Gefangene. Deren Zahl wird auf 9 bis 20 geschätzt. Die Regierung gestattet internationalen Menschenrechtsorganisationen den Zugang zu den Inhaftierten.

 

(Quelle: U.S. Department of State Country Reports on Human Rights Practices - 2006, vom März 2007 (Zugriff am 27.04.2007)

 

Für die Annahme einer politisch motivierten Verfolgung der ehemaligen Mitglieder der Organisation Mchedroni, allein wegen ihrer Mitgliedschaft in dieser Organisation konnten keine Anhaltspunkte ermittelt werden.

 

Ebenfalls für ehemalige Mitglieder der Partei "Union der Patrioten" , die in der politischen Landschaft Georgiens kaum eine Rolle spielt, konnten keine Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Verfolgungsgefahr wegen ihrer Mitgliedschaft und Tätigkeit in dieser Partei, festgestellt werden . Dies betrifft auch Mitglieder der Partei, die auf Bezirksebene Führungspositionen und ein persönliches Verhältnis zum 2003 verstorbenen Dschaba Josseliani innehaten

 

(Quelle: Anfragebeantwortung Dr. Lammich, vom 28.04.2007)

 

Ehemalige Anhänger Abaschidzes oder Schewardnadses sind keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Es gibt zum Beispiel sogar eine Vielzahl ehemaliger Minister unter Schewardnadse, die sich auf freiem Fuß befinden und ungestört in Georgien leben können.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Polizeigewalt und eingeleitete Maßnahmen

 

Folter und unmenschliche Behandlung ist in Georgien per Gesetz verboten. Trotzdem kommt es gelegentlich zu Misshandlungen. Während des Berichtsjahres unternahm die Regierung einige Schritt um die im Jahr 2004 und 2005 verabschiedeten Gesetze umzusetzen, welche die Bestrafung der Anwendung von Folter und Misshandlung vorsieht. Aus diesem Grund sind 68 Untersuchungen gegen derartige Vorwürfe eingeleitet worden.

 

(USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2006, vom 06.03.2007)

 

Die Reformen im Sicherheitsbereich waren kurz nach der Rosenrevolution erfolgt. Für die Öffentlichkeit sicht- und spürbar wurden im Jahre 2004 3.000 als korrupt geltende Verkehrspolizisten entlassen. Diese Einheit wurde insgesamt aufgelassen und durch eine neue, bürgernahe und besser besoldete "Patrol Police" ersetzt. Willkürliche Festnahmen sind 2003 gelegentlich im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Polizei gegen unliebsame Demonstrationen vorgekommen, waren bisher jedoch stets von kurzer Dauer. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen (Prügel, Schläge) sind gesetzlich nicht vorgesehen.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006)

 

Die Polizeiarbeit in Georgien hat sich merklich professionalisiert und die Korruption konnte verringert werden. Grundlegend verweigert die Polizei in Georgien ihre Arbeit nicht, wobei es dennoch zu Fehlverhalten kommen kann.

 

Der Schwerpunkt der Polizeiarbeit lag in den letzten Monaten zunehmend auf dem Bereich der organisierten Kriminalität. Es gibt in Georgien eigene Verbrechenshotlines, die 24 Stunden besetzt sind und bei denen jeder Bürger Verbrechen melden und um Hilfe ansuchen kann. Darüber hinaus kann jeder Bürger die häufig anzutreffenden Polizisten im Streifendienst aufhalten, oder aber direkt bei Polizeistationen um Hilfe bitten.

 

Es gibt eine eigene Spezialabteilung zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Diese konnte in jüngerer Zeit vor allem hochrangige Vertreter der organisierten Kriminalität inhaftieren.

 

Die Aufklärungsquote für Verbrechen ist in letzter Zeit gestiegen, auch wenn die Zahl der registrierten Verbrechen an sich ebenfalls leicht gestiegen ist. Die ist jedoch teils auch dadurch bedingt, dass Bürger vermehrt auch Anzeigen aufgrund eines Verbrechens tatsächlich erstatten und somit eine immer geringer werdende Zahl an Vergehen nicht registriert wird.

 

Das Gehalt der Polizisten in Georgien wurde in den letzten 2-3 Jahren verzwölffacht, um Korruption vorzubeugen. Das derzeitige Durchschnittsgehalt liegt bei etwa 600 Lari/Monat. Darüber hinaus gibt es spezielle soziale Vorteile für Polizeibeamte. Hinzu kam es zu umfassenden Trainingsprogrammen für Polizisten, die vielfach mit internationalen Kooperationen, etwa mit der OSZE, durchgeführt wurden.

 

Die Konditionen für Polizisten haben sich verbessert, wie etwa die jüngeren Gehaltserhöhungen. Dennoch bedeuteten die jüngeren Reformmaßnahmen einen realen Einkommensverlust, da das relativ einträgliche "Schmiergeld" nun nicht mehr so einfach wie früher eingehoben werden kann.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Justiz

 

Das Gesetz sieht eine vollständig unabhängige Justiz vor, dennoch kam es zu versuchter Einflussnahme auf die Judikative in Georgien. Von NGOs wird immer wieder der Ausbildungsgrad der Richter, sowie deren mangelnde Erfahrung aufgezeigt, was zu Unregelmäßigkeiten bei Verfahren und der Entscheidungsfindung führe. 2006 ist es zu einer groß angelegten Justizreform gekommen, um Missbrauch im Justizsystem zu bekämpfen und die Unanhängigkeit der Gerichte zu erhöhen.

 

(USDOS, Country Report on human rights practices, 03.2007)

 

Die Regierung hat entsprechend reagiert und verbesserte die juristische Ausbildung der Richter und es gibt Pläne zur Errichtung einer eigenen "Justizschule" für angehendes Justizpersonal. Demnach sollen alle Auszubildende einen 14-monatigen Intensivkurs belegen. Die Ausbildung soll von einem unabhängigen Gremium überwacht werden.

 

(Freedom House. Nations at a Crossroad, 07.2006)

 

Es wurde auch ein Zeugenschutzprogramm etabliert. Hier sind alle üblichen Maßnahmen wie neue Identitäten und Wohnort möglich.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Kampf gegen Korruption

 

Georgien hat den Kampf gegen die Korruption aufgenommen, mit der sich Georgien langsam an den westlichen Standard annähern möchte. In Georgien hat sich in der letzten Zeit schon einiges getan, mehrere hochrangige Offizielle aus der Schewardnadse Ära stehen unter Haftbefehl oder befinden sich im Gefängnis. Dafür gibt es mehrere Beispiele z.B. der Prozess gegen Mirzuchlawa, wo der Staatsanwalt 12 Jahre Haft gefordert hat oder Festnahme des Abgeordneten der Regierungspartei Giorgi Kentschadse wegen Erpressungsversuches.

 

(Gutachten von O.T. vom 04. November 2005, zitiert in der Berufungsverhandlung des UBAS vom 15.05.2006, Zl. 257.282/4-VIII/22/06, Seite 8)

 

Ein Präsidentenerlass im Jänner 2005 beinhaltet eine Antikorruptionsarbeitsgruppe mit dem Ziel Antikorruptionsstrategien zu entwickeln. Diese Arbeitsgruppe besteht aus Mitgliedern des Parlaments und NGOs. Präsident Saakaschvili, welcher sich von dem von Korruptionsvorwürfen gekennzeichneten Schewerdnaze-Regime wegbewegt, hat seit 2003 Fortschritte im Bereich der Korruptionsbekämpfung erzielt.

 

Es ist davon auszugehen, dass innerhalb der nächsten Jahre die größten Fortschritte zur Bekämpfung der Korruption in der Kaukasusregion erreicht werden.

 

Georgien erhält eine beispiellose internationale Unterstützung. Nach der Bush Visite im Mai 2005, welche ein binationaler Triumph gewesen ist wurde ein Vertrag unterzeichnet, welcher Georgien finanzielle Unterstützung in der Höhe von 295,3 Millionen Dollar zur Bekämpfung der Korruption gewährte.

 

Das größte sichtbare Zeichen des georgischen Fortschrittes im Jahr 2004 war die Auflassung der korrupten Verkehrspolizei. Die Polizeireform in Georgien ist wichtig, da dies laut TI¿s Global Corruption-Barometer die meist korrupteste Institution ist. (Global Civil Society Organisation, Jahresbericht zur Korruption, vom 01.02.2006)

 

Im Anschluss an die "Rosenrevolution" in Georgien wurde eine Reform des georgischen Parlaments eingeleitet, die auf die Verbesserung der demokratischen Governance, einschließlich der Korruptionsbekämpfung, abzielt, indem die Professionalität und die Arbeitsbedingungen des Parlaments verbessert werden, seine Rolle bei der Überwachung der Exekutive gestärkt und seine Kapazitäten in Bezug auf die Integrationspolitik und die Rechtsvorschriften der EU ausgebaut werden, um die Beziehungen und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik zu vertiefen. Dies hat die EG mit 2,1 Mio. EUR unterstützt. (Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen, vom 30.08.2006)

 

Dennoch bleibt Korruption in Georgien wie in den meisten kaukasischen Staaten ein Problem. Präsident Saakashvili hat in jedem Fall bereits glaubhafte umfangreiche Maßnahmen gesetzt, um die Praxis einzudämmen. Erste diesbezügliche Erfolge sind bereits erkennbar wie auch der letzte "Transperancy Intl. Korruptions- Index 2005 bestätigte. Die langfristige diesbezügliche Entwicklung ist jedoch derzeit nicht absehbar.

 

(Freedom House, Countries at a Crossroad, 07.2006)

 

Georgien hat folgende Konventionen ratifiziert bzw. unterzeichnet

 

Council of Europe Civil Law Convention on Corruption (ratifiziert im Mai 2003)

 

Council of Europe Criminal Law Convention on Corruption (unterzeichnet 1999)

 

UN Convention against Corruption (noch nicht unterzeichnet)

 

UN Convention against Transnational Organized Crime (unterzeichnet, allerdings nicht ratifiziert)

 

Die kriminellen Straftaten und die Täter selbst werden von georgischen Gerichten und Sicherheitsbehörden in der Praxis tatsächlich unabhängig vom Ansehen des Täters verfolgt. Es darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass sich zwischenzeitlich die Situation in Georgien wesentlich gebessert hat. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass sogar höhere Persönlichkeiten, die Beziehungen zu höheren Kreisen haben, auch verfolgt werden. Das Rechtssystem in Georgien funktioniert auch in der Praxis. Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte sind jedenfalls willens und fähig, den betroffenen Personen wirksamen Schutz zu gewähren. In den vergangenen acht Monaten wurden beispielsweise mehr als 35 Mitarbeiter der Polizei wegen Misshandlung oder Folter vor Gericht angeklagt. Gegen weitere mutmaßliche Folterer werde ermittelt. Nach einigen dieser Verdächtigen fahndet derzeit die Polizei. Außerdem sind in den vergangenen acht Monaten mehr als 50 hochrangige Personen festgenommen worden, denen Amtsmissbrauch, Annahme von Schmiergeldern usw. vorgeworfen wird. Die Polizei geht gegen kriminelle und korrupte Personen vor. Das verspricht auch der Innenminister Wano Merabischwili.

 

(Quelle: Auszug aus dem Gutachten von O.T. vom 16. Februar 2006, zitiert in der Berufungsverhandlung des UBAS vom 15.05.2006, Zl. 257.282/4-VIII/22/06, Seite 9)

 

Im Jahr 2006 hat die Regierung weitere Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung unternommen. Dazu gehört eine vollständige Justizreform, die Erhöhung der Gehälter der Verkehrspolizei sowie der Beamten in den Haftanstalten. Präsident Saakaschwili hat immer wieder die Bedeutung der Korruptionsbekämpfung im Land betont.

 

(USDOS, Country Report on human rights practices, 03.2007)

 

Menschenrechte

 

Die georgische Verfassung schützt in Art. 14 ff. die Würde und die Grundrechte der Menschen. Georgien ist darüber hinaus folgenden völkerrechtlichen Abkommen und Konventionen beigetreten:

 

-

Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes

 

-

Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung einschließlich der zugehörigen zwei Zusatzprotokolle

 

-

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1966; von Georgien ratifiziert Juni 1999)

 

-

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966; ratifiziert Mai 1994)

 

-

Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjährungsvorschriften auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (1968; ratifiziert März 1995)

 

-

Abkommen über die Unterdrückung und Bestrafung von Apartheid (1973; ratifiziert März 2005)

 

-

Zweites Zusatzprotokoll zum Zivilpakt (zur Abschaffung der Todesstrafe) (1989; ratifiziert März 1999)

 

-

Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1999; ratifiziert August 2002)

 

-

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember1966 sowie dazugehöriges Fakultativprotokoll;

 

-

Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords

 

-

Übereinkommen über die Rechte des Kindes

 

-

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

 

Am 27. April 1999 trat Georgien als erstes südkaukasisches Land dem Europarat bei. Am 7. Juni 2002 hat Georgien das 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifiziert, welches u.a. den Schutz des Eigentums und das Recht auf freie Wahlen garantiert. Der mit dem Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtung zur Ratifizierung der Europäischen Charta zu Regional- und Minderheitensprachen kam Georgien im Oktober 2005 nach. Der Grad und die Ernsthaftigkeit der Umsetzung der Charta bleibt zu beobachten.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006)

 

Im Jahr 2006 hat die Regierung signifikante Schritte zur Verbesserung der Menschenrechtslage unternommen. Hierzu gehört der Kampf gegen den Menschenhandel und begleitenden gesetzliche Maßnahmen. So wurden etwa 16 Menschenhändler von Gerichten in Georgien rechtskräftig verurteilt.

 

(USDOS; Country Report on Human Rights Practices, 03.2007)

 

Georgien hat, nachdem es in den ersten Jahren seiner Unabhängigkeit beachtliche Fortschritte auf dem Weg zum demokratischen Rechtsstaat erzielt hatte, mit der "Rosenrevolution" vom November 2003 ein neues Kapitel seiner staatlichen Entwicklung aufgeschlagen. Seit der Wahl des westlich orientierten Saakaschwili zum Präsidenten am 04. Jänner 2004 hat sich in Georgien die Achtung und der Schutz der Menschenrechte zwischen 1995 und 1997 von einem niedrigen Niveau aus kontinuierlich verbessert. Seit Sommer 2004 übt Sosar Subari das Amt des Ombudsmanns aus. Seit dem Beginn des Jahres 2005 erscheint Subari regelmäßig in der Öffentlichkeit und an menschenrechts- und gesellschaftspolitischen Brennpunkten. Es gibt keines der drängenden Themen, das Subari nicht deutlich und sachlich kompetent ansprechen würde. Neben dem Ombudsmann zeigt die Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Menschenrechte Elena Tevdoradse ein starkes Engagement für Menschen in sozialer Not, für Häftlinge oder Opfer von Polizeiwillkür. Sie war bereits vor der Rosenrevolution im Amt, was für eine gewisse Unabhängigkeit von politischen Strömungen spricht.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006)

 

Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sowie die Versammlungs-, Vereinigungs-, Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung verankert und unterliegen in Georgien seit den Parlamentswahlen 2003 grundsätzlich keinen Einschränkungen.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006, Seite 8)

 

Derzeit sind etwa 16% der georgischen Bevölkerung ethnischen Minderheiten zugehörig, deren Rechte verfassungsmäßig garantiert und auch in der Praxis respektiert werden; vorbehaltlich jener Gebiete die nicht von der Regierung kontrolliert werden.

 

(Freedom House, Countries at the Crossroad, 07.2006)

 

Ombudsmann

 

Die Ombudsmann Institution in Georgien existiert seit 10 Jahren, wobei der Schwerpunkt auf dem Schutz der Menschenrechte in Georgien liegt. Derzeit ist bereits der dritte Ombudsmann in sein Amt gewählt worden. Die Tätigkeiten des Ombudsmannes umfassen verschiedene Schwerpunktbereiche. Hierzu zählt der Kampf gegen Polizeigewalt, wobei Polizeistationen seitens der Mitarbeiter des Ombudsmannes regelmäßig besucht werden, sowie den Bedingungen in den Haftanstalten. Der Ombudsmann muss dem georgischen Parlament 2-mal jährlich Bericht erstatten.

 

Der Ombudsmann konnte 2007 einige spektakuläre Fälle publik machen, was die Entlassung eines Staatsanwaltes zur Folge hatte, sowie die Entlassung von 2 Abteilungsleitern am Innenministerium.

 

Der Kontakt mit dem Ombudsmann kann auf verschiedene Art hergestellt werden. Es gibt eine eigene Hotline über die der Ombudsmann erreicht werden kann, oder Bürger können persönlich zu den Sprechstunden kommen bzw. einen Brief oder E-Mail schreiben.

 

Der Bekanntheitsgrad des Ombudsmannes liegt nach einer jüngeren Studie bei etwa 75% und auch Medienberichte zur Arbeit des Ombudsmannes sind keine Seltenheit, insbesondere bei spektakulären Fällen.

 

2006 gab es über 4.000 Beschwerden; im Vergleich hierzu wurden 2004 nur 1.500 Beschwerden eingebracht. Die Zahl der Beschwerden wird 2007 nochmals steigen, da bereits bis Ende September 2007 4.000 Gesuche von Bürgern eingereicht wurden. Diese enorme Zahl von Beschwerden hat zu Kapazitätsproblemen geführt, die noch nicht behoben sind, da auch die Mitarbeiterfluktuation beim Ombudsmann relativ hoch ist.

 

Der Hintergrund der Beschwerden hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Während es vor einigen Jahren noch zahlreiche Beschwerden von Minderheiten oder Personen gab, die sich über schlechte Polizeiarbeit beklagten, so ging der Trend zuletzt hin zu Eigentumsproblemen.

 

Dem Ombudsmann gelingt es immer wieder sich Gehör zu verschaffen. Dennoch hat er gerade in höheren Kreisen teils mit offener Ablehnung zu kämpfen, so verlassen etwa bei seiner halbjährlichen Berichterstattung im Parlament viele Abgeordnete das Plenum. Der Ombudsmann in Georgien ist aufgrund seiner Tätigkeiten und Berichte auch politischem Druck ausgesetzt, da oft in "höheren Kreise" ermittelt wird und Fälle veröffentlicht werden. Nachhaltig beeinträchtigt hat die dies die Funktionsfähigkeit des Ombudsmannes jedoch nicht.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Grundversorgung

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet. Dazu trägt auch die internationale Gebergemeinschaft bei, die auf besonders betroffene Bevölkerungsgruppen (Vertriebene aus den inner-georgischen Konfliktgebieten, Waisen, Behinderte, alleinstehende Rentner, Alleinerziehende) zielt. Staatliche Unterstützungsprogramme gibt es vor allem für Vertriebene aus Abchasien und Südossetien. (Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006)

 

Es gibt keine Fälle von Hungernöten und damit in Zusammenhang stehenden Todesfällen. Für sehr arme Menschen gibt es staatliche Programme, die in ihrer finanziellen Ausstattung aber nur das allernötigste abdecken können. In einem Pilotprojekt wurden 181.000 Personen durch staatliche Sozialleistungen abgedeckt. Um in das Sozialprogramm zu kommen, muss ein Antragsformular ausgefüllt werden und Sozialarbeiter entscheiden letztlich über den Zugang zu den Sozialleistungen. Für die Ärmsten der Armen gibt es auch von NGOs betriebene Tagesküchen.

 

Die Frage der Grundversorgung in Georgien ist jedenfalls keine Frage der grundlegenden Verfügbarkeit sondern vielmehr eine der "Leistbarkeit" von Gütern des täglichen Lebens. Es gibt eine neue Datenbank der Regierung mit 800.00 Personen, die als bedürftig klassifiziert sind. Derzeit bekommt jedoch nur ein Teil dieser Personen staatliche Unterstützung.

 

Der wichtigste soziale Rückhalt in Georgien ist wie in anderen Kaukasusstaaten der Familienzusammenhalt. Sollte es zu einer Notlage aus sozialen oder medizinischen Gründen kommen, ist der Zusammenhalt innerhalb der Familien sehr groß und es wird alles unternommen, um die erforderlichen Mittel bereitstellen zu können.

 

(Bericht FFM Kaukasus, Dezember 2007)

 

Medizinische Versorgung

 

Die kostendeckende Bezahlung der medizinischen Behandlungen ist nicht in allen Fällen möglich. Die Kostenübernahme ist jedoch bei Geburten, Krebs, psychiatrische Behandlung, Tuberkulose, Lebensbedrohung möglich. Einige Krankenhäuser, die mit internationaler humanitärer Hilfe unterstützt werden, behandeln besonders bedürftige Patienten kostenlos. Gleiches gilt für einzelne besonders engagierte Ärzte. In Tiflis und anderen großen Städten existieren Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden. In sechs über das Land verteilten Krankenhäusern sind Plätze für die psychiatrische Behandlung von bis zu 1.000 chronisch kranken Patienten vorhanden. Chronische Erkrankungen aus dem Bereich der inneren Medizin können ggf. nach Einstellung in speziellen Zentren in Tiflis und den größeren Städten Batumi, Kutaissi, Telawi grundsätzlich behandelt werden. Die Standards in den Tifliser Krankenhäusern sind in der Regel höher als in den übrigen Städten, so dass zahlungskräftige Patienten eine Behandlung in Tiflis vorziehen. (Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, vom 24.04.2006)

 

Es gibt spezielle Programme zur Finanzierung der Behandlung von bestimmten Krankheiten. Die Zugangsvoraussetzungen zu diesen Programmen sind durchaus unterschiedlich und eine generelle diesbezügliche Aussage ist nicht möglich. Fakt ist jedenfalls, dass bei Nichtaufnahme in die staatlichen Finanzierungsprogramme erhebliche Kosten bei der medizinischen Versorgung entstehen können, die jedoch teilweise durch NGOs oder sonstige Organisationen abgedeckt werden können; insbesondere bei besonderer Bedürftigkeit. In Georgien kommt es jedoch zu einem Boom an Privatisierungen von Krankenanstalten, der zwar einerseits zu einer verbesserten medizinischen Infrastruktur führt, jedoch auch steigende Kosten mit sich gebracht hat.

 

Absolut erforderliche Notfallbehandlungen sind sichergestellt, ohne dies von den finanziellen Ressourcen der betroffenen Personen abhängig zu machen. Fast alle gängigen Nachsorgeuntersuchungen gehen jedoch zu Lasten des Patienten.

 

Die Gesamtlage in qualitativer Hinsicht in Georgien hat sich im Vergleich zu früheren Jahren verbessert. Es gibt einen kostenlosen Krankennotruf und Kleinkinder bekommen über kostenlose staatliche Impfprogramme die notwendigen Impfungen.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

IDPs in Georgien und Pankisi Tal

 

Es gibt in Georgien etwa 250.000-300.000 IDPs aus Abchasien und Süd-Ossetien. Einige Personen sind auch von Süd nach Nord-Ossetien ausgewandert. Die Bewegungsfreiheit zwischen Georgien und Abchasien und Süd-Ossetien ist weiterhin eingeschränkt, wobei die "Grenze" zu Süd-Ossetien wesentlich "durchlässiger" ist als jene zu Abchasien. Die IDPs halten sich bevorzugt in Tiflis und Umgebung auf.

 

Es gibt IDPs sowohl aus Süd-Ossetien als auch aus Abchasien. In einigen Fällen konnten kontinuierliche Ein- und Ausreisen von IDPs in die ehemaligen Wohnorte in Süd Ossetien und Abchasien beobachtet werden. Ein Teil reist auch in die Russische Föderation aus.

 

Es gibt eine gewisse Zahl an Mischehen zwischen Georgiern und Abchasen, wobei es diesbezüglich keine detaillierten Statistiken gibt. Direkte Übergriffe auf derartige Personen sind nicht bekannt geworden. Dennoch verbleibt ein erhöhtes Maß an Misstrauen zwischen den Abchasen und Süd-Osseten auf der einen Seite und Georgiern auf der anderen Seite. Georgier aus Ossetien und Abchasen können sich ebenfalls in Georgiern ansiedeln und hier Schutz finden, sofern sie in ihrer ursprünglichen Wohngegenden mit Problemen zu kämpfen haben. Verfolgungsmaßnahmen von diesen Personengruppen in Georgien selbst sind nicht bekannt geworden

 

Derzeit ist davon auszugehen, dass sich noch etwa 1.100 Tschetschenen im Pankisi-Tal aufhalten. Es ist seit fast 2 Jahren zu keinen Zwangsrückführungen von Tschetschenen in die Russische Föderation gekommen. Die Lage im Pankisi-Tal hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren wesentlich verbessert. Die Polizeipräsenz im Tal ist noch immer sehr hoch und die georgischen Sicherheitskräfte haben die volle Kontrolle über das Tal zurück erlangt. Die bestehenden Probleme wie Entführungen und Fälle von Blutrache sind schwer zuzuordnen, ob diese einen "politischen" oder rein kriminellen Hintergrund haben. Der Rauschgiftschmuggel im Pankisi-Tal konnte jedoch weitgehend unterbunden werden.

 

Das Pankisi-Tal hat einen erheblichen Stabilisierungsprozess hinter sich, auch wenn die gängigen Probleme wie Diskriminierungen, Kriminalität und "Verschwindenlassen" von Personen noch vereinzelt vorkommen, jedoch nicht mehr in dem Ausmaß wie noch vor einigen Jahren. Es gibt keine Zwangsrückführungen nach Tschetschenien selbst mehr.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Rückkehr

 

Probleme mit staatlichen Stellen aufgrund einer Asylantragsstellung im Ausland konnten in Georgien nicht beobachtet werden. Die Asylantragsstellung im Ausland ist jedenfalls nicht strafbar. Die meisten der rückkehrenden Georgier haben keine existenziellen Probleme zu befürchten, da der Großteil dieser Personengruppe erfahrungsgemäß mit mehr Besitz zurückkehrt, als vor der Ausreise.

 

(Bericht FFM Kaukasus vom Dezember 2007)

 

Georgische Staatsangehörige können bei freiwilliger Rückkehr auch ohne Vorlage eines Reisepasses einreisen, müssen jedoch mindestens ein Travel Certificate vorlegen. Bei der Behandlung von zwangsweise rückgeführten georgischen Staatsangehöriger nach Georgien wurden in früheren Jahren Fälle beobachtet, in denen Georgier, bei denen es sich erkennbar um zwangsweise rückgeführte Personen handelte (ihre Pässe wurden den georgischen Grenzbehörden von der Flugzeugbesatzung übergeben) mit großer Verzögerung abgefertigt wurden. Seit 1998 gibt es keine Erkenntnisse über weitere Fälle dieser Art.

 

(Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 24. April 2006)

 

Zu den jüngsten Ereignissen in Georgien wird zudem folgendes festgestellt:

 

Nach massiven Protesten der Opposition und der Verhängung des Ausnahmezustandes hat der georgische Präsident Michail Saakaschwili am 08.11.2007 überraschend vorgezogene Präsidentenwahlen angekündigt.

 

Die Wahlen sollten am 05.01.2008 stattfinden. Zeitgleich sollte es ein Referendum über den Termin von Parlamentswahlen geben. Er wolle der Opposition eine Chance bei Wahlen geben, sagte Saakaschwili in einer TV-Rede.

 

Nach tagelangen Protesten war die georgische Polizei am 07.11.2007 in der Hauptstadt Tiflis mit Wasserwerfern und Tränengas gegen regierungsfeindliche Demonstranten vorgegangen. Die Beamten setzten auch Schlagstöcke gegen die Menge ein, die sich in der Nähe des Parlaments versammelt hatte. Kurz darauf verhängte der georgische Präsident den Ausnahmezustand über das Land. Oppositionspolitiker riefen ihre Anhänger zu einem zurückhaltenden Verhalten auf. Sie begrüßten die Ankündigung des Präsidenten, die Krise durch vorgezogene Wahlen zu entschärfen.

 

Die größte Protestwelle seit dem Sturz von Präsident Eduard Schewardnadse vor vier Jahren hatte am 02.11.2007 mit einer Kundgebung von mehr als 50.000 Menschen begonnen. Die Opposition beklagt Amtsmissbrauch durch die Führung der Landes, Unterdrückung von Regierungsgegnern und eine zunehmend größere Kluft zwischen Arm und Reich. Deswegen fordert sie den Rücktritt von Präsident Saakaschwili. Ferner verlangt sie Änderungen am Wahlgesetz sowie die Freilassung von ihrer Meinung nach aus polischen Gründen inhaftierten Menschen. Die Opposition hatte angekündigt, so lange zu demonstrieren bis die Forderung nach einer vorgezogenen Parlamentswahl im Frühjahr 2008 erfüllt wird. Verhandlungen der Opposition darüber mit der Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse blieben erfolglos. Burdschanadse erklärte, die Wahlen würden in den von der Verfassung vorgesehenen Fristen wie geplant im Herbst nächsten Jahres stattfinden.

 

Der Führer der oppositionellen Partei "Freiheit", Konstantin Gamsachurdija, der Sohn des toten ehemaligen Präsidenten Swiad Gamsachurdija, forderte am 2. November vor Tausenden von Demonstranten Saakaschwili zum Rücktritt auf. Und Georgi Schwania, der Bruder des toten Premierministers Surab Schwania und einstiger Beraters Saakaschwilis, erklärte, seine Familie glaube nicht an einen Unfall als Ursache für den Tod des ehemaligen georgischen Regierungschefs. Er forderte die Staatsmacht zu neuen Ermittlungen auf.

 

Auch die Galionsfigur der Proteste in Tiflis, der georgische Oppositionsführer Irakli Okruaschwili bekräftigte am 05. November 2007 von Deutschland aus seine Korruptionsvorwürfe gegen Saakaschwili und erneuerte seine Rücktrittsforderung an den Präsidenten. In einem im georgischen Sender Imedi live ausgestrahlten Interview bezeichnete sich der ehemalige Verteidigungsminister als politischen Flüchtling. Tiflis drohte daraufhin mit einem internationalen Haftbefehl.

 

Okruaschwili hatte seine Vorwürfe erstmals im September erhoben. Neben Korruption lastete er Saakaschwili den Mord an einem Geschäftsmann an. Der Präsident wies die Vorwürfe zurück. Okruaschwili wurde zunächst festgenommen. Später zog er seine Vorwürfe im Fernsehen zurück. Danach wurde er gegen Kaution freigelassen und reiste nach Deutschland aus. In einem in Deutschland aufgenommenen Interview meldete er sich jetzt zum ersten Mal wieder öffentlich zu Wort. Er sei nach der Festnahme zu dem Widerruf gezwungen worden, sagte Okruaschwili.

 

Präsident Saakaschwili bezeichnete unterdessen die Aktionen der Opposition als unglückliche Imitation der so genannten Rosenrevolution von 2003, in dessen Folge er an die Macht gekommen war. Das Staatsoberhaupt unterstrich dabei, er habe nichts gegen die Äußerung von Protest einzuwenden. Die sei Ausdruck der Demokratie, für die er immer gekämpft habe. Allerdings meinte Saakaschwili, hinter den Unruhen stünden Kräfte in Russland, die vor den Wahlen zur russischen Staatsduma die Lage im benachbarten Georgien destabilisieren wollten. Moskau wies indes Saakaschwilis Vorwurf zurück, die Proteste zu schüren.

 

Die Wahlen haben am 05.01.2008 stattgefunden, Saakaschwili ging mit 53,47 Prozent der Stimmen aus den Wahlen hervor und wurde

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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