TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/29 D4 309370-3/2008

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Veröffentlicht am 29.09.2008
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Spruch

D4 309370-3/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Scherz als Einzelrichterin über die Beschwerde der I.A., geb. 00.00.1983, StA. Kirgisistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9.9.2008, FZ. 08 07.417-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idgF stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die Beschwerdeführerin brachte am 14.09.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes EAST-West, ZI. 06 09.738 - EAST-West vom 11.1.2007 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und Tschechien als der für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Staat festgestellt wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschechien festgestellt sowie die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tschechien ausgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.02.2007, ZI. 309.370-C1/4E-XVIII/60/07 gemäß § 5 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen.

 

Am 30.03.2008 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 29.04.2008, ZI. 08 02.928 - EAST-Ost wurde dieser Antrag abermals als unzulässig zurückgewiesen und wieder Tschechien als der für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Staat festgestellt, die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tschechien ausgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin als zulässig festgestellt. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.06.2008, ZI 309.370-2/9E-XVIII/60/08, wurde der gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobenen Berufung nicht Folge gegeben und die Berufung gemäß § 5 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

 

Sowohl im ersten als auch im zweiten von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag führte diese aus, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehemann J.A., den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte.

 

Am 19.08.2008 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. In ihrer Einvernahme beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, gab sie am 05.09.2008 an, dass sie am 00.00.2008 K.N. im islamischen Zentrum in Wien geheiratet hätte. Eine Heiratsurkunde vom islamischen Zentrum vom 00.00.2008 wurde vorgelegt. Weiters sei sie nunmehr in der fünften Woche schwanger. Der Vater des Kindes sei der jetzige Ehemann. Eine ärztliche Diagnose über die Schwangerschaft könne sie nicht vorlegen, da sie mangels Versicherung keinen Arzt besucht hätte. Auf Nachfrage führte sie aus, dass sie mit ihrem ersten Ehemann nur bis 00.00.2006 verheiratet gewesen wäre und sie darüber in ihren ersten beiden Asylverfahren nicht die Wahrheit gesagt hätte. Nach ihrer Entlassung aus der Schubhaft im Juni hätte sie bis Anfang Juli beim Roten Kreuz, diversen Bekannten und in diversen Unterkünften gewohnt und sei dann zu ihrem Ehemann gezogen. Abschließend gab sie an, dass sie gerne mit ihrem nunmehrigen Ehemann in Österreich bleiben würde.

 

Festgehalten wird, dass das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz des Ehemannes der Beschwerdeführerin beim Asylgerichtshof in zweiter Instanz anhängig ist.

 

Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid, ZI. 08 07.417, vom 09.09.2008, den Antrag auf internationalen Schutz vom 19.08.2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kirgisistan ausgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keine für das gegenständliche Verfahren relevanten familiären oder privaten Bindungen hätte. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Heiratsurkunde eher einem Gefälligkeitsschreiben als einer offiziellen Urkunde gleichzusetzen sei und ihr deswegen kein Glaube geschenkt werden würde, dass sie mit K.N. tatsächlich ein Eheleben führen würde. Auf dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten, sie selbst betreffenden Meldezettel sei als Hauptwohnsitz Wien angegeben worden, während am Meldezettel des behaupteten Gatten G. als Hauptwohnsitz angegeben sei und Wien lediglich als Nebenwohnsitz erwähnt sei.

 

Für das Bundesasylamt sei ganz klar erkennbar, dass die Eheschließung mit K.N. lediglich ein Vorwand sei, um die Überstellung der Beschwerdeführerin nach Tschechien zu verhindern. Zwischen 09.06.2008 und 01.07.2008 hätte sie ihren eigenen Angaben nach bei diversen Bekannten und in diversen Unterkünften und nicht mir - ihrem zukünftigen - Ehemann gelebt.

 

Auch der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin würde kein Glauben geschenkt werden, da sie diese weder durch Befunde noch durch sonstige Beweismittel untermauert hätte.

 

Die von der Beschwerdeführerin in den ersten beiden Asylverfahren getätigten falschen Angaben im Hinblick auf die aufrechte Ehe mit J.A. wurden auch als ihr (als Person) die Glaubwürdigkeit aberkennend gewertet.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 18.09.2008, eingelangt beim Bundesasylamt am 18.09.2008, Beschwerde erhoben. Darin wird beantragt, auf Grund der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens das Ermittlungsverfahren zu ergänzen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die Beschwerdeführerin zum inhaltlichen Verfahren in Österreich zuzulassen, sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin schon seit geraumer Zeit mit ihrem Ehemann zusammen leben würde, sie jedoch zu einem früheren Zeitpunkt in Ermangelung eines Identitätsdokuments noch keinen Meldezettel erhalten hätte können. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre das Bundesasylamt verpflichtet gewesen, ihren Ehemann einer Einvernahme zu unterziehen. Darüber hinaus hätte das Bundesasylamt eine amtsärztliche Untersuchung hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin behaupteten Schwangerschaft anordnen müssen und dieser nicht die Glaubwürdigkeit zu versagen. Die Beschwerdeführerin verwies in ihrer Berufung darauf, dass eine psychologische Untersuchung durchgeführt hätte werden müssen, um die Verpflichtung zur Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechtes prüfen zu können.

 

Weiters würde keine res judicata vorliegen, da neue Tatsachen - konkret die Eheschließung mit ihrem Ehemann und die Schwangerschaft - vorliegen würden. Es würde damit jedenfalls eine Kernfamilie im Sinne des Art. 8 EMRK bestehen, da eine Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern ex lege unter diese Norm zu subsumieren sei. Auch eine Lebensgemeinschaft von nicht verheirateten Partnern würde unter Art. 8 EMRK fallen, wenn eine ausreichende Nahebeziehung vorliegen würde. Dies würde auf Grund der Lebensgemeinschaft und der bereits eingetretenen Schwangerschaft jedenfalls anzunehmen sein. Allein der Umstand, dass in Ermangelung bestimmter Dokumente die Beschwerdeführerin noch nicht standesamtlich heiraten hätte können, sondern bloß nach muslimischen Recht die Ehe schließen hätte können, könne nicht dazu führen, dass die Beziehung zwischen den Eheleuten als nicht existent und bloße Gefälligkeit betrachtet werden könne. Da diese angeführten Gründe im Hinblick auf das Familienleben vorliegen würden, hätte die Republik Österreich daher seiner Verpflichtung zur Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechtes nachkommen müssen. Eben dieses Familienleben sei nach dem Erst- und Zweitverfahren neu hinzugetreten.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321). "Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.1.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).

 

Allerdings brachte die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde vor, seit 00.00.2008 in Österreich verheiratet und seit ca. Mitte Juli schwanger zu sein. Hinsichtlich dieses Vorbringens ist zunächst darauf hinzuweisen, dass davon ausgegangen werden muss, dass nunmehr - aufgrund der Rechtslage nach dem AsylG 2005 - Sachverhaltsänderungen, denen Relevanz lediglich im Hinblick auf die Einhaltung des § 8 EMRK zukommt, bei der Frage, ob entschiedene Sache vorliegt, zu berücksichtigen sind.

 

In seinem Erkenntnis vom 23.01.2003, 2000/01/0498 hat der VwGH Folgendes ausgeführt:

 

"Das öffentliche Interesse an einer Zurückweisung des Asylantrages und Ausweisung des Asylwerbers nach § 5 Abs. 1 AsylG 1997 liegt in der Umsetzung der "vertraglichen" Zuständigkeit, dh hier der Zuständigkeitsordnung des Dubliner Übk 1997. Dieses Übk wiederum hebt in seiner Präambel als Ziele insbesondere die Harmonisierung der Asylpolitiken der Vertragsstaaten in einem Raum ohne Binnengrenzen, jedoch in Verbundenheit mit der humanitären Tradition der Vertragsstaaten und gemäß den Bestimmungen der FlKonv, und die Gewährleistung von Asylverfahren in einem der Mitgliedstaaten in angemessener Dauer hervor. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 2 MRK im Grunde des § 5 Abs. 1 AsylG 1997 ist nur insoweit zulässig, als die genannten Ziele des Dubliner Übk 1997 dem Schutz der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen dienen und sich die Umsetzung des Dubliner Übk 1997 - und daher die Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs - im konkreten Fall als zur Wahrung dieser öffentlichen Interessen notwendig und verhältnismäßig erweist."

 

Der VfGH gelangte in seinem Erkenntnis vom 08.08.2001, G 117/00 u.a (VfSlg 16122) zu folgender Rechtsauffassung: Bei dem in Art. 3 Abs. 4 DÜ vorgesehenen Eintrittsrecht handelt es sich um eine durch generelle Transformation in die österreichische Rechtsordnung eingegangene Vertragsbestimmung: Art. 3 Abs. 4 DÜ sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Asylbehörde im Falle eines drohenden Verstoßes gegen die in Betracht kommenden Verfassungsvorschriften (insbes. Art. 3 und Art. 8 EMRK) zu einer Sachentscheidung in der Asylsache verpflichtet werden. Eine Zuständigkeitsentscheidung im Sinne des § 5 AsylG 1997 dürfe in solchen Fällen nicht getroffen werden.

 

Eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK wird nunmehr in § 10 Abs. 2 Z. 2 AsylG 2005 vorgeschrieben. Zwar hätte diese Bedachtnahme nach der Gesetzessystematik nicht bei der Zurückweisung des Asylantrages gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zu erfolgen, sondern hätte lediglich zur Folge, dass vom Ausspruch der Ausweisung Abstand zu nehmen ist, Aus der Dublin II Verordnung ist allerdings abzuleiten, dass diesfalls das Selbsteintrittsrecht ausgeübt werden muss und die Zurückweisung des Asylantrags gemäß § 5 AsylG 2005 nicht in Betracht kommt.

 

Das Bundesasylamt hat den Angaben der Beschwerdeführerin im Hinblick auf das von ihr behauptete Familienleben mit folgender Begründung keinen Glauben geschenkt:

 

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Heiratsurkunde des Islamischen Zentrums in Wien sei eher einem Gefälligkeitsschreiben als einer offiziellen Urkunde gleichzusetzen.

 

Die Schwangerschaft der Beschwerdeführerin würde nicht bestehen, da sie diese weder durch Befunde noch durch sonstige Beweismittel untermauert hätte.

 

Festgehalten wird, dass vom Bundesasylamt weder eine Zeugeneinvernahme des behaupteten Ehemannes der Beschwerdeführerin noch eines Vertreters des Islamischen Zentrums im Hinblick auf die Ermittlung des tatsächlichen Sachverhaltes (gemeinsames Eheleben) erfolgte. Ebenso erfolgte keine Ermittlung über die im Raum stehende Schwangerschaft durch ein von einem entsprechenden Facharzt einzuholendes Gutachten.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung der Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Der vorliegende Sachverhalt hat sich im Sinne des § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 als mangelhaft erwiesen, weshalb der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben war; demgemäß ist das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG 2005 zugelassen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass im Fall einer Zurückverweisung in Folge des § 43 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 das Bundesasylamt im Falle einer neuerlichen zurückweisenden Entscheidung (lediglich) an die die Aufhebung tragenden Gründe und die für die Behebung maßgebliche Rechtsansicht des Asylgerichtshofes gebunden ist (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 550).

 

In Asylsachen ist ein zweiinstanzliches Verfahren eingerichtet. Gemäß Art. 129c Z 1 B-VG erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Unterbliebe ein umfassendes Ermittlungsverfahren in erster Instanz, würde nahezu das gesamte Verfahren vor den Asylgerichtshof verlagert werden, sodass die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen zur bloßen Formsache würde. Es liegt nicht im Sinne des Gesetzes, dass der Asylgerichtshof erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermitteln muss und eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst bei der letzten Instanz beginnen und zugleich enden (abgesehen von der - im Bundesverfassungsgesetz, BGBl. I 1/1930 in der Fassung BGBl. 2/2008, neu eingefügten Art. 144a B-VG vorgesehenen - Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes).

 

Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005).

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 23.09.2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 genannte Frist spruchgemäß entschied, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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