TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/30 D4 302718-1/2008

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Veröffentlicht am 30.09.2008
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Spruch

D4 302718-1/2008/14E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des M.S., geb. 00.00.1970, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.06.2006, FZ. 05 21.524-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.09.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG i.d.F. BGBl I 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Die beschwerdeführende Partei, führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige der russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt (bis 2000) in Grosny, im Anschluss daran in Aserbaidschan in der Stadt Baku bis zur Flucht wohnhaft, reiste am 9.12.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 9.12.2005 einen Asylantrag.

 

Vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 14.12.2005 und 17.5.2006 im Beisein eines Dolmetschers der russischen Sprache einvernommen, wurde als Fluchtgrund im Wesentlichen angegeben, dass der Beschwerdeführer von einer russischen Spezialeinheit bedroht werden würde. In den Jahren 1996/1997 sei er Wächter der russischen Minenentschärfter gewesen - seine Aufgabe sei gewesen darauf zu achten, dass die Entschärfung von Bomben in Grosny ungehindert durchgeführt werden könne. Den Auftrag dafür hätte er von A.I. erhalten.

 

Die Spezialeinheit hätte ihn zu Hause gesucht und auch seine Mutter nach ihm gefragt. Er sei geflüchtet und hätte zwischen 2000 und 2005 in Baku gelebt. Konkret sei er über Georgien nach Aserbaidschan gelangt, weil er aufgrund einer von einem Bombensplitter verursachten Verletzung am Hals nach Tiflis ins Krankenhaus und danach mit einem Verwundetentransport nach Baku gebracht worden sei. Der Bombenangriff sei erfolgt, als er Verwandte besucht hätte. Die russische Spezialeinheit würde noch immer bei seinen Angehörigen nach ihm fragen. Dies hätten ihm seine Verwandten telefonisch mitgeteilt. Er sei den Spezialeinheiten deshalb bekannt, weil er mit russischen Soldaten auf einem Foto einer Zeitschrift "I." in Uniform abgebildet worden sei.

 

Das Motiv für seine Flucht sei das Foto auf der Zeitschrift "I."

gewesen. Man könnte dieses Bild so interpretieren, dass er gekämpft hätte. Die Russen würden annehmen, dass er jemanden umgebracht hätte. Das sei für ihn der einzig mögliche Grund, für die eintägige Verschleppung seines Vaters und seines Bruders im Jahr 1997, um von ihnen seinen Aufenthaltsort zu erfahren. Beiden sei vorgeworfen worden, dass der Beschwerdeführer Widerstandkämpfer gewesen sei. Er selbst hätte sich - obwohl er im Rahmen seiner Tätigkeit für die russischen Soldaten einen Schutz dargestellt hätte - nicht den russischen Behörden gestellt, weil er von ihnen als Widerstandskämpfer einstuft worden sei. Auf Rückfrage gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr 1998 die Verletzungen am Hals davongetragen hätte und die Überstellung in das Krankenhaus in Tiflis im Jahr 2000 erfolgt sei. Auf nochmalige Nachfrage gab er wiederum an, dass er im Jahr 1996 durch den Splitter am Hals verletzt worden sei, im Jahr 1998 am Knie und im Jahr 2000 neuerlich durch einen Splitter am Kopf verletzt worden sei.

 

Er hätte zusätzlich private Fluchtgründe, da ihm Blutrache drohen würde. In seiner Ersteinvernahme führte der Beschwerdeführer aus, dass im Jahr 1993 ein Verwandter seiner Familie einen Verwandten einer anderen Familie getötet hätte. Seither würde auf seiner Familie die Blutrache lasten. In seiner zweiten Einvernahme führte er jedoch aus, dass ein Cousin in Grosny ca. 1998/1999 im Zuge eines Streites unabsichtlich einen Tschetschenen getötet hätte. Er sei der Mittlere von drei Brüdern - an diesem würde immer die Blutrache verübt werden.

 

Die Ehefrau des Beschwerdeführers gab in Ihrer Erstbefragung an, dass der Beschwerdeführer einen anderen Tschetschenen getötet hätte und die Angehörigen des Ermordeten dem Beschwerdeführer Blutrache geschworen hätten. In Ihrer Einvernahme am 11.5.2006 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost gab sie an, dass der Beschwerdeführer im Tschetschenienkrieg gekämpft hätte, nunmehr gesucht werden würde und ihm Blutrache drohen würde.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.06.2006, Zl. 05 21.524-BAT, wurde der Asylantrag abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation für zulässig erklärt sowie die Ausweisung beschieden.

 

In der Begründung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht die Flüchtlingseigenschaft iSd GFK aufweisen würde sowie kein Abschiebungshindernis und durch die Ausweisung auch kein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen würde.

 

Der Beschwerdeführer hätte in keiner Weise die behauptete Gefährdungslage glaubhaft gemacht. Dies insbesondere deshalb, da aus einer einmaligen Suche durch Sonderbehörden im Jahr 1997 kein weiteres Interesse am der Person des Beschwerdeführers ersichtlich gemacht werden konnte - im Gegenteil musste festgestellt werden, dass aufgrund der pro-russischen Tätigkeit, die wohl aktenkundig sei, keine Bedrohung von staatlicher Seite bestehen würde. Auch die vorgelegten Fotos könnten eine staatliche Bedrohung nicht erkennen lassen, da gerade auf diesem Foto ein Vertrauensverhältnis zwischen einem russischen Organ und dem Beschwerdeführer erkennbar sei. Daran könnte auch die behauptete Suche nach der Person des Beschwerdeführers und die einhergehende Mitnahme seines Vaters und seines Bruders nicht ändern.

 

Die drohende Blutrache hätte der Beschwerdeführer aufgrund widersprechender Angaben in der ersten und zweiten Einvernahme (Tatzeitpunkt, Inhalt) nicht glaubhaft machen können. Darüber hinaus hätte die Ehefrau des Beschwerdeführers ausgeführt, dass dieser selbst jemanden getötet hätte.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung der Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen. Es sei keine ausreichende Manuduktion erfolgt, da ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, obwohl die Behörde Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers gehabt hätte. Der Beschwerdeführer hätte eventuell Angaben ergänzen, Beweisanträge erstellen und darlegen können, dass der Staat nicht willens sei ihn zu schützen. Die Behörde würde ignorieren, dass die Sicherheitsbehörden der Russischen Förderation gewaltsam gegen Regimegegner vorgehen würden. Weiters wurde ausgeführt, dass kein ausreichendes Parteiengehör zum Vorwurf der widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers gewährt worden sei.

 

Die Behörde hätte die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nur einzeln und nicht kumuliert geprüft. Die anzuwendende Kumulierung hätte zur Subsumption des vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sachverhaltes unter die GFK geführt. Der Beschwerdeführer würde jedenfalls Gefahr laufen unmenschlicher Behandlung, Strafe oder gar der Todesstrafe unterworfen zu werden oder extra-legaler Hinrichtung oder "Verschwinden-Lassen" zum Opfer zu fallen.

 

Aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers wurde vom Asylgerichtshof am 19.8.2008 eine Verhandlung für den 19.9.2008 anberaumt. Zwar war der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht eruierbar - die letzte ZMR-Anfrage ergab eine Hauptwohnsitzmeldung im österreichischen Bundesgebiet bis 20.2.2008 -, jedoch war der Beschwerdeführer weiterhin anwaltlich vertreten. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 19.9.2008 wurde per RSb-Brief durch persönliche Übernahme am 21.8.2008 zugestellt.

 

Von der öffentlichen mündlichen Verhandlung am Asylgerichtshof am 19.9.2008, zu der sich ein Vertreter der Erstbehörde entschuldigen ließ, blieben sowohl der Beschwerdeführer als auch sein rechtsfreundlicher Vertreter unentschuldigt fern.

 

Im Zuge der Verhandlung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, vom 00.00.2007 wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauches von Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB auf die Dauer von 18 Monaten, davon Freiheitsstrafe 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt wurde. Weiters wurde auch festgehalten, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 00.00.2008 ein Rückkehrverbot gemäß § 62 Abs. 1 FPG 2005 auf die Dauer von 10 Jahren gegen den Beschwerdeführer verhängt wurde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige der russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt (bis 2000) in Grosny, im Anschluss daran in Aserbaidschan in der Stadt Baku bis zur Flucht wohnhaft, reiste am 9.12.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 9.12.2005 einen Asylantrag.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, vom 00.00.2007 wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauches von Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB auf die Dauer von 18 Monaten, davon Freiheitsstrafe 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 00.00.2008 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Rückkehrverbot gemäß § 62 Abs. 1 FPG 2005 auf die Dauer von 10 Jahren verhängt.

 

Nicht festgestellt werden kann weiters, dass der beschwerdeführenden Partei im behaupteten Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung oder die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder die Todesstrafe droht.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen der Erstbehörde zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen.

 

III. Beweiswürdigung:

 

Es ist festzuhalten, dass die erkennende Behörde der beschwerdeführenden Partei auch im Wege einer mündlichen Verhandlung im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit geben wollte, zu den behördlichen Ermittlungsergebnissen, wie auch zu ihrem Vorbringen im Rahmen der erstinstanzlichen Vernehmung sowie in ihrer Berufungsschrift Stellung zu nehmen. Sowohl der Beschwerdeführer als auch sein rechtsfreundlicher Vertreter blieben trotz ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Ladung der mündlichen Verhandlung fern.

 

Im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend der Mitwirkungspflicht eines Asylwerbers bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (vgl. für viele z.B. VwGH 11.11.1991, Zl. 91/19/0143; 24.06.1999, Zl. 98/20/0246, 0250) unterließ die beschwerdeführende Partei, durch eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung an der Durchführung von Beweisen (hier: seine Einvernahme zwecks Klärung seiner Glaubwürdigkeit) mitzuwirken. Dieses Verhalten wurde von der erkennenden Behörde im Rahmen der ihr zustehenden Beweiswürdigung berücksichtigt, wobei die beschwerdeführende Partei sich gefallen lassen muss, dass sie hinsichtlich der Frage der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens aus ihrer unterbliebenen Teilnahme an der o.g. Verhandlung auch die entsprechenden - negativen - Schlüsse zog (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0467; s.a. die internationale Vorgangsweise in vergleichbaren Fällen, wonach die Schweizerische Asylrekurskommission in einem Grundsatzurteil vom 02.05.2000 entschieden hat, dass ein Asylwerber, der nicht oder verspätet zu den Anhörungen zu seinen Asylgründen erscheint, seinen Mitwirkungspflichten am Verfahren schuldhaft und grob nicht nachgekommen ist und deshalb auf sein Asylgesuch nicht einzutreten sei (Quelle: Pressemitteilung der Schweizerischen Asylrekurskommission vom 08.05.2000).

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist durch Einzelrichter.

 

Gemäß § 75 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen. § 44 Asylgesetz 1997 gilt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren, in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Da gegenständlicher Asylantrag am 9.12.2005 gestellt wurde, ist er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF 101/2003, unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, zu beurteilen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt.

 

Zu Spruchpunkt I (§ 7 AsylG):

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht, und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist.

 

Wie die Erstbehörde im bekämpften Bescheid zutreffend festgestellt hat und in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt ist, ist es der beschwerdeführenden Partei jedoch während des gesamten Verfahrens nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass ihm in seinem Herkunftsland Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Zu Spruchpunkt II. (§ 8 Abs 1 AsylG):

 

Gemäß § 124 Abs. 2 FPG 2005 sind, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetztes 1997 verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes and deren Stelle treten.

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (vormals § 57 FrG 1997, nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG 2005 ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 (nunmehr § 50 FPG 2005) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH E vom 27.02.1997, Zl. 98/21/0427).

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und / oder Abs. 2 FrG 1997 (nunmehr § 50 FPG 2005) glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH E vom 02.08.2000, Zl. 98/21/0461; VwGH E vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Wie bereits bei der Abweisung des Asylantrages ausgeführt bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Berufungswerbers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG 2005 vorliegt.

 

Im gesamten Asylverfahren finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Berufungswerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG 2005 ausgesetzt sein würde. Dass jedem Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, kann nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden kann weiters, dass es Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben des Berufungswerbers zu den Gründen die für die Ausreise maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH E vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2001 wird die maßgelbliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

Das Vorbringen der berufenden Partei vermag sohin im Lichte der obigen Ausführungen keine Gefahren i.S.d. 50 FPG 2005 bzw. die Unzumutbarkeit der Rückkehr aufgrund der individuellen konkreten Lebensumstände darzutun. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Spruchpunkt III. (§ 8 Abs.2 AsylG):

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde dann, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehen Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.).

 

Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua., VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.). Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Jegliche Anhaltspunkte für familiäre oder soziale Bindungen in Österreich, weswegen die verfügte Ausweisung in Spruchpunkt III einen Eingriff in den Art. 8 EMRK darstellen würde, wurden nicht behauptet und konnten auch nicht festgestellt werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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