TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/30 A14 255666-2/2008

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Veröffentlicht am 30.09.2008
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Spruch

A14 255.666-2/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der I.J., geb. 00.00.1980, StA. Nigeria, vertreten durch RA Mag. Irene HAASE, An der Au 9, 1230 Wien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.09.2008, Zahl 08 07.540 EAST- Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Die nunmehrige Beschwerdeführerin reiste am 21.07.2004 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am selben Tag erstmalig beim Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahmen gab sie dazu an, dass ihr Freund nach einem gemeinsamen Partybesuch in Nigeria verstorben sei und würde sein Vater die Beschwerdeführerin dafür verantwortlich machen. Nach dem Tod ihres Freundes sei die im Betreff Genannte von der Polizei festgenommen worden, da der Vater ihres verstorbenen Freundes, welcher ein mächtiger, einflussreicher Mann in Nigeria sei, diese bestochen hätte. Im Gefängnis sei die Beschwerdeführerin geschlagen worden und habe man sie vergiften wollen. Nach Zahlung einer Kaution durch ihren Onkel, sei sie freigelassen worden jedoch hätten sowohl sie als auch die Familienangehörigen ihres Onkels seither Angst um ihr Leben und wären sie auf der Flucht.

 

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.11.2004, ZI. 04 14.862-BAE gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der im Betreff Genannten nach Nigeria gem. § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist und wurde die Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt III. gem. § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass den Angaben der Beschwerdeführerin mangels Glaubwürdigkeit nicht gefolgt werden könne.

 

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin am 02.12.2004 fristgerecht Berufung ein, welche sie am 01.12.2005 wieder zurück zog.

 

Am 28.10.2005 ehelichte die im Betreff Genannte den österreichischen Staatsbürger K.J. vor dem Standesamt Wien-Innere Stadt.

 

Am 04.07.2008 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Asylverfahrens mit der Begründung, sie habe im abgeschlossenen Asylverfahren ein ärztliches Attest ohne ihr Verschulden nicht vorlegen können und stelle die nunmehr vorliegende ärztliche Bestätigung ein neues Beweismittel dar.

 

Das Bundesasylamt wies im Bescheid vom 10.07.2008, ZI. 04 14.862/1-BAE den Wiederaufnahmeantrag gem. § 69 Abs. 2 AVG als unzulässig zurück.

 

Am 21.08.2008 brachte die im Betreff Genannte neuerlich einen Asylantrag ein. Begründend führte sie aus, dass die von ihr im ersten Asylverfahren angegebenen Gründe nach wie vor aufrecht seien, jedoch wolle sie legal in Österreich leben und wolle sie keine Probleme mehr haben.

 

Die gutachterliche Stellungnahme von Dr. P.D. vom 05.09.2008 ergab, dass aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliegt und würden der Überstellung nach Nigeria keine psychischen Störungen entgegen stehen, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden.

 

Der zweite Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.09.2008, ZI. 08 07.540 EAST Ost, gemäß § 68 Abs. 1 AsylG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde sie gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Mit Schriftsatz vom 23.09.2008 erhob die im Betreff Genannte fristgerecht gegen den Bescheid Beschwerde und machte hierbei im Wesentlichen geltend, dass aus dem vorgelegtem ärztlichen Attest hervorgehe, dass ihre Verletzungsspuren wie von ihr im Verfahren vorgebracht, von Folterung mittels eines stumpfen Gegenstandes stammen können. Zudem seien keine Feststellungen in dem im Jahre 2004 rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten getroffen worden und wurde über diese Schutzgewährung nicht abgesprochen. Auch sei die Beschwerdeführerin seit 28.10.2005 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und würde die Ausweisung nach Nigeria jedenfalls einen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben darstellen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 01.01.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Entschiedene Sache liegt immer dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z. B. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem zweiten Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/200266).

 

Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 28 AsylG - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. (Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen.) Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl. auch VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 4.5.2000, 98/20/0578; 4.5.2000, 99/20/0193; 7.6.2000, 99/01/0321; 21.9.2000, 98/20/0564; 20.3.2003, 99/20/0480). Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).

 

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. z. B. VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. z.B. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; VwGH 20.03.2003, 99/20/0480; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480; VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; VwGH 07.05.1997, 95/09/0203; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 105 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Für den AsylGH ist Sache des gegenständlichen Verfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG demnach ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde den neuerlichen Asylantrag zu Recht gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Im gegenständlichen Fall ist dies nach ho. Auffassung aus folgenden Gründen der Fall:

 

Zunächst stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Zweitverfahren einen neuen Sachverhalt behauptet hat. Erst dann wäre zu beantworten, ob die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweist, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen könnte. Als Vergleichgröße ist der im Erstverfahren angenommene Sachverhalt heranzuziehen (VwGH 203.2003, 99/20/0480 mwN). Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, Pt 2.5.) macht es hier einen wesentlichen Unterschied, ob die Abweisung im Vorverfahren deshalb erfolgt ist, weil die im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe für nicht glaubhaft erachtet wurden oder - unter Zugrundelegung des Vorbringens - aus "inhaltlichen" Gründen. (Nur im zweiteren Fall wäre ein Vergleich des neuen Vorbringens mit dem Vorbringen im Vorverfahren unter dem Gesichtspunkt einer "Gefahrenvergrößerung" zulässig.)

 

Im vorliegenden Fall hat sich die Erstinstanz sehr umfassend mit den neuen Behauptungen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Die Beweiswürdigung der Erstinstanz hinsichtlich der Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin sowie der Feststellungen zum ersten Asylverfahren vom Jahr 2004 können zur Gänze übernommen werden, zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Beweiswürdigung verwiesen.

 

Zu dem nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ist ebenfalls im Sinne der Erstinstanz auszuführen, dass Behauptungen der Beschwerdeführerin wie bereits erwähnt schon im ersten Asylverfahren als nicht glaubhaft qualifiziert wurden und verwies die im Betreff Genannte im gegenständlichen Verfahren auf ihr Vorbringen im Erstverfahren und stützte sie sich weiterhin auf diese Gründe.

 

Zum vorgelegten Attest ist festzuhalten, dass diesem lediglich zu entnehmen ist, dass die Narben von eventuellen Schlägen auf den Oberschenkel stammen "können". Eine eindeutige Diagnose wurde nicht getroffen.

 

Dem Vorwurf, das Bundesasylamt hätte im 2004 rechtskräftig abgeschlossenem Verfahren nicht über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf den Staat Nigeria abgesprochen ist entgegenzuhalten, dass die Erstbehörde in ihrem Bescheid vom 22.11.2004 sehr wohl feststellte, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist und ihr somit die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Staat Nigeria abgesprochen hat.

 

Im Ergebnis ist daher der neuerliche Asylantrag unzulässig, als jeglicher "glaubhafter Kern" des Vorbringens der Beschwerdeführerin abgesprochen wird.

 

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass mit dem vorliegenden zweiten Asylantrag im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt wird.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides erweist sich somit als unbegründet.

 

Zum Ausspruch der Ausweisung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

Im vorliegenden Fall sind keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs 2 AsylG ersichtlich, zumal weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist, noch sich im Verfahren Hinweise darauf ergeben haben, die Berufungswerberin könnte über persönliche Bindungen in Österreich verfügen, die im Sinne des Art 8 Abs 1 EMRK relevant wären.

 

Zwar ist die Beschwerdeführerin zwar seit 28.10.2005 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet, jedoch ist darauf hinzuweisen, dass der erste Asylantrag im November 2004 rechtskräftig abgewiesen und die Ausweisung aus Österreich ausgesprochen wurde.

 

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesasylamt als auch beim Asylgerichtshof um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Der EGMR hat in den letzten Jahren für den Eingriff in das Familienleben wiederholt Faktoren, die bei der Abwägung privater und öffentlicher Interessen maßgebend seien, wie Integration, Hindernisse für ein Familienleben im Herkunftsstaat, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie öffentliche Ordnung, genannt, jedoch auch betont, dass es maßgeblich sei, ob das Familienleben in einem Zeitraum entstand ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und nicht mit der Fortsetzung ihres Familienlebens im Gastland rechnen durften. Diesfalls müssten außergewöhnliche Umstände einer Abschiebung entgegenstehen, um eine Verletzung von Art.8 MRK nach sich zu ziehen (EGMR 11.4.2006, 61292/00, Usbenov gg.Niederlande u.a.).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Die Beschwerdeführerin musste bei ihrer Antragstellung im Jahr 2004 klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der negativen Entscheidung über den Asylantrag nur ein Vorübergehender ist.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Weiters wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348), weshalb auch die hier genannten wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung gegen die Unterlassung der Verfügung der Ausweisung sprechen.

 

Aus den o.a. Erwägungen geht somit hervor, dass der Eingriff in das Privat- und Familienleben der im Betreff Genannten zulässig ist, weil das hoch einzuschätzende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Vollzug des Fremdenwesens (vgl. z. B. auch VwGH 1.12.1994, 94/18/0853, 0854, 0855, 9.3.1995, 95/18/0326, 0327) ebenso wie die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung deutlich gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib überwiegen und dieser Eingriff zur Erreichung des genannten Zieles notwendig und verhältnismäßig ist.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides erweist sich daher ebenfalls als unbegründet.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem AsylGH unterblieb gemäß § 67d Abs 2 Z 1, Abs 4 AVG iVm. Art II Abs 2 Z 43a EGVG, da der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm mit der Beschwerde geklärt war und sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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