D5 263128-0/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.2000, StA. von Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.7.2005, FZ. 01 09.765-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und A.A. gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass A.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein armenischer Staatsangehöriger, war am 00.00.2000 als Sohn des A.H. (AIS-Zahl: 00 07.552) und der K.S. (AIS-Zahl: 05 21.479) im österreichischen Bundesgebiet geboren worden. Der minderjährige Beschwerdeführer stellte am 19.4.2001 einen Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 in Bezug auf den Asylantrag seines Vaters. Mit Bescheid vom 28.7.2005, Zahl: 01 09.765-BAE, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 10 iVm § 11 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab. Nachdem dieser Bescheid dem Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers am 2.8.2005 zugestellt worden war, erhob dieser dagegen am 3.8.2005 fristgerecht eine als Berufung eingebrachte Beschwerde.
Am 1.6.2005, Zahl: 219.711/11-VII/20/05, fand im Berufungsverfahren des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat statt, in welcher die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers als Beteiligte in diesem Verfahren erstmals angab, eigene Fluchtgründe zu haben, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Fluchtgeschichte des Vaters stünden. Gemäß § 27 Abs. 3 letzter Satz AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 war mit Verfügung des Vorsitzenden des Unabhängigen Bundesasylsenates das anhängige Berufungsverfahren am 6.6.2005 an das weibliche Senatsmitglied VII/19 zugeteilt worden. Die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers zog in weiterer Folge aus freien Stücken am 7.12.2005 ihre (am 8.11.2000 erhobene) Berufung durch Verzicht ausdrücklich mit der Begründung zurück, dass sie aufgrund eigener Fluchtgründe beim Bundesasylamt nun einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 gestellt habe (siehe Aktenvermerk des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.12.2005, Zl. 219.710/8-VII/19/05).
Gegen den ihren (eigenen) Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.8.2006, Zahl: 05 21.479-BAE, erhob die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers fristgerecht eine Berufung, worauf in diesem Fall am 30.5.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde. Der als Berufung eingebrachten Beschwerde war sodann mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.9.2008, GZ. D5 219710-10/2008/17E, stattgegeben und der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 Asyl gewährt worden.
Gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.10.2000, Zahl: 00 07.552-BAE, erhob der Vater des minderjährigen Beschwerdeführers fristgerecht eine Berufung, worauf in diesem Fall am 28.5.2008 und am 30.5.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde. Der als Berufung eingebrachten Beschwerde war sodann mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.9.2008, GZ. D5 219711-0/2008/23E, stattgegeben und dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 Asyl gewährt worden.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Als maßgebender Sachverhalt ist festzuhalten, dass der minderjährige Beschwerdeführer der Sohn des A.H. (AIS-Zahl: 00 07.552) und der K.S. (AIS-Zahl: 05 21.479) ist, denen mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 29.9.2008, GZ. D5 219710-10/2008/17E, und vom 30.9.2008, GZ. D5 219711-0/2008/23E, Asyl gewährt und bezüglich derer festgestellt wurde, dass ihnen damit die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1.7.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren nach leg. cit. gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes (D/5) weiterzuführen.
Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.6.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof.
2.2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 (BGBl. I Nr. 101/2003) gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.
Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 sind auf Verfahren gemäß Abs. 1 auch die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 anzuwenden.
2.3. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung das einem Angehörigen auf Grund des Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 hat die Behörde auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerder die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd. Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Asyl durch Erstreckung kann sohin lediglich dann gewährt werden, wenn einem der in § 10 Abs. 2 leg. cit. genannten Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt, da der minderjährige Beschwerdeführer der Sohn des A.H. (AIS-Zahl: 00 07.552) und der K.S. (AIS-Zahl: 05 21.479) ist, denen mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 29.9.2008, GZ. D5 219710-10/2008/ 17E, und vom 30.9.2008, GZ. D5 219711-0/2008/23E, Asyl gewährt wurde.
Sohin liegt die gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. geforderte Voraussetzung, nämlich das einem Angehörigen im Sinne des § 10 Abs. 2 leg. cit. Asyl gewährt wurde, vor, sodass dem minderjährigen Beschwerdeführer folglich auch durch Erstreckung Asyl zu gewähren war.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.