TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/19 98/06/0191

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Veröffentlicht am 19.04.2001
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauG Stmk 1995 §119 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs4;
BauG Stmk 1995 §13 Abs5;
BauG Stmk 1995 §4 Z40;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des AN in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. August 1998, GZ. 03-12 U 39-98/69, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde U), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 413, KG U, zu welcher unter anderem das Grundstück .51/1 Baufläche gehört.

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 356, KG  U, zu welcher unter anderem das Grundstück 867/2 LN gehört. Die beiden Grundstücke .51/1 und 867/2 grenzen aneinander.

Mit Bescheid vom 12. August 1991 gab der Bürgermeister der Gemeinde U dem Ansuchen der Gemeinde U auf Erteilung der Bewilligung für den Neubau eines Amts- und Feuerwehrhauses auf dem Grundstück 867/2, KG U, statt. Wesentlicher Bestandteil dieser Genehmigung war der Einreichplan Nr. 89052-3. Dieser Plan besteht aus einem kleinen Lageplan im Maßstab 1 : 1000, einem Grundriss des Erdgeschoßes im Maßstab 1 : 100, einem Schnitt 1-1 durch das Rüsthaus, einem Schnitt 2-2 durch das Stiegenhaus und einem Schnitt 3-3 durch das Gemeindehaus, jeweils im Maßstab 1 : 100, dem Grundriss des Kellers im Maßstab 1 : 100 und den Ansichten Nordwest, Südost, Nordost und Südwest (im Plan wohl fälschlicherweise als Südost bezeichnet), auch jeweils im Maßstab 1 : 100. Nach der Aktenlage war dies der einzige zu diesem Zeitpunkt im Verfahren vorgelegte Plan.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Oktober 1991 stattgegeben und die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung und Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 1991 bewilligte der Bürgermeister neuerlich das Ansuchen der mitbeteiligten Partei auf Errichtung eines Amts- und Feuerwehrhauses.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 30. Oktober 1991 Berufung, in der er im Wesentlichen vorbrachte, bei dem geplanten Bauvorhaben handle es sich um ein zweigeschossiges Bauwerk und nicht um ein eingeschossiges, weshalb ein Abstand von 4 m zur Grundgrenze einzuhalten sei. Die (angenommene) Grundgrenze zwischen den Grundstücken .51/1 und 867/2 sei unrichtig und die Frage der Grundgrenze sei im Rahmen eines baubehördlichen Auftragsverfahrens durch entsprechende Ermittlungen (Geometergutachten) zu klären.

Mit Bescheid vom 5. November 1991 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen einerseits präkludiert sei, und diese Vorbringen andererseits schon im Widmungsbewilligungsverfahren durch die Vorstellungsbehörde als unbegründet abgewiesen worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20. November 1991 Vorstellung an die Steiermärkische Landesregierung als Aufsichtsbehörde (belangte Behörde), in der er wiederum vorbrachte, dass das Bauvorhaben zumindest zweigeschossig sei und deshalb der Abstand zum Nachbargrundstück mindestens 4 m betragen müsse.

Mit Bescheid vom 7. Mai 1992 gab die belangte Behörde dieser Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück.

Mit Bescheid vom 21. Mai 1992 gab der Gemeindevorstand der Berufung neuerlich keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Zur Frage der Geschoßhöhe zitierte der Gemeindevorstand ein eingeholtes Gutachten, in dem festgestellt wurde, dass im Dachgeschoß des Amtshauses kein Kniestock vorhanden sei, und ein Dachraumausbau nicht vorgesehen sei. Im daran nach Nordost anschließenden Verbindungsteil zum Rüsthaus hin, nämlich dem Stiegenhaus, als Zugang zum Dachgeschoß des Amtshauses, sei ein Kniestock auf einer Länge von 4 m planlich dargestellt. Aus dem "Schnitt-Stiegenhaus 1 : 100" sei ersichtlich, dass die Kniestockhöhe 1,80 m betrage, dies jedoch zur Nordwestseite hin. Zur Nachbarliegenschaft des Beschwerdeführers hin sei aus dem Plan keine Kniestockhöhe ersichtlich, diese könne jedoch aus der laut Steiermärkischer Bauordnung notwendigen Durchgangshöhe mit 2,10 m abgeleitet werden. Diese Kniestockhöhe sei jedoch im Bezug auf die Abstandsbestimmungen ohne Bedeutung, da dieser Kniestock um 2,20 m von der südöstlichen Bauflucht zurückversetzt sei und daher zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von 5,20 m aufweise. Im Anschluss an diesen Stiegenhausteil verlaufe das erdgeschossige Rüsthausgebäude, sodass der Abstand von 3 m ausreichend sei.

Die vom Beschwerdeführer am 4. Juni 1992 dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 7. August 1992 mangels Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen folgendermaßen: Im Anlassfall sei von der Aufsichtsbehörde im Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Mai 1992 festgestellt worden, dass im Obergeschoß des Gemeindehauses ein Kniestock in der Höhe von 1,70 m errichtet worden sei, sodass im Bereich des Gemeindehauses bei der Abstandberechnung von einem zweigeschossigen Gebäude auszugehen sei. Bei der neuerlichen Überprüfung des gegenständlichen Sachverhaltes im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens, insbesondere der einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides bildenden planlichen Unterlagen, sei die erkennende Behörde zur Überzeugung gelangt, dass der bautechnische Sachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme richtig ausgeführt habe, dass das Gemeindehaus im Bereich dieser als zweigeschossig zu wertenden Ausgestaltung nach hinten versetzt sei und in diesem Bereich zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von 5,20 m aufweise. Daraus folge, dass die Behörde ihrer Entscheidung vom 7. Mai 1992 eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung zu Grunde gelegt habe. Dem Vorbringen, das gegenständliche Rüsthaus sei als zweigeschossiges Gebäude anzusehen, könne nicht gefolgt werden, da den planlichen Unterlagen zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass die Kniestockaufmauerung rechts vom Stiegenhaus offensichtlich 1,50 m nicht erreiche bzw. nicht überschreite, sodass von einem eingeschossigen Gebäude auszugehen sei und ein 3 m Grenzabstand im Sinne des § 4 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 ausreichend sei. Letztlich sei nach Meinung der Vorstellungsbehörde ein teilweises Zurückversetzen der Gebäudefront unter Zugrundelegung des Rechtsgrundsatzes "im Zweifel für die Baufreiheit" und mangels ausdrücklicher gesetzlicher Ablehnung bzw. mangels gegenteiliger Rechtsprechung als zulässig anzusehen. Weiters machte die Behörde noch Ausführungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich des umstrittenen Grenzverlaufes.

Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Mit Ansuchen um Änderungsbewilligung vom 5. Mai 1993 beantragte die mitbeteiligte Partei eine Baubewilligung bezüglich der Änderung des eingereichten Projektes Gemeinde- und Feuerwehrhaus auf dem Grundstück 867/2. Als Änderungen wurden beantragt:

1.

Über der Garage wurde eine Massivdecke hergestellt.

2.

Die Garage wurde um 86 cm verlängert.

3.

Die Dachneigung über der Feuerwehr wurde von 27 Grad auf 30 Grad erhöht und über dem Gemeindegebäude von 45 Grad auf 43 Grad reduziert.

Diesem Ansuchen auf Änderungsbewilligungen waren zwei Planunterlagen angeschlossen. Im erneut vorgelegten Einreichplan Nr. 89052-3 wurden die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Projekt mit roter Farbe dargestellt. Weiters war dem Ansuchen noch ein Detailplan eines Kniestocks im Maßstab 1 : 10 mit der Nr. 89052-7 beigeschlossen. Es ist allerdings nicht ersichtlich, welchem Teil des Gebäudes dieser zuzuordnen ist.

In der daraufhin am 19. Mai 1993 stattgefundenen Bauverhandlung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er erhebe Einwendungen gegen die Baubewilligung, da sich aus der gesamten Ausgestaltung innen als auch außerhalb eine zweigeschossige Bauweise ergebe, sodass gemäß § 4 Steiermärkische Bauordnung ein Abstand von zumindest 4 m zur Nachbargrundgrenze einzuhalten sei. Weiters läge eine rechtskräftige Widmungsbewilligung für diese bauliche Änderung nicht vor.

Daraufhin holte die Gemeindebehörde ein Gutachten eines Architekten ein, der im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis gelangte: Auf Grund der Bestandaufnahme vom 17. Juni 1993 ergäben sich nachstehende lichte Höhen zwischen Deckenoberkante und dem Verschnitt der die Dachuntersicht nach unten abschließenden Gipskartonplatten mit der Kniestockkonstruktion:

-

im so genannten "Jugendraum" 166,50 cm +/- 0,50 cm die angegebene Schwankungsbreite ergebe sich aus den unterschiedlichen ausführungsbedingten Ungenauigkeiten.

-

im so genannten "Vorraum" 167,00 cm.

Unter Berücksichtigung der im Ausführungsdetailplan im Maßstab 1 : 10 angegebenen Fußbodenkonstruktion in Stärke von 18 cm ergebe sich sowohl im so genannten "Jugendraum" als auch im so genannten "Vorraum" eine minimale Raumhöhe im Bereich des Kniestockes von 1,49 m. Die an der niedrigsten Stelle gegebene lichte Höhe unterschreite den im Erkenntnis des VwGH vom 26. Mai 1988, 86/06/0258, festgelegten minimalen Grenzwert der Raumhöhe von 1,50 m.

In seiner Stellungnahme vom 19. Juli 1993 bemängelte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass der Sachverständige bei seinen Berechnungen die gesamte Fußbodenkonstruktion in Abzug gebracht habe. Der ermittelte Wert von 1,49 m sei aus diesem Grund nicht korrekt.

Mit Bescheid vom 29. Juli 1993 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Baubewilligung für die im Zuge der Errichtung des Amts- und Rüsthauses vorgenommenen Ausführungsänderungen unter Zugrundelegung des Änderungsplanes, Plan Nr. 89052-3, vom Oktober 1990, ergänzt mit Datum vom 4. Mai 1993, mit der Ersichtlichmachung:

1.

der Verlängerung des Fahrzeugraumes,

2.

der Veränderung der Dachneigung,

3.

der Vergrößerung der lichten Höhe des Fahrzeugraumes und

4.

der Erhöhung des Kniestockmauerwerks im Bereich zwischen Fahrzeugraum und Gemeindeamt sowie des Kniestock-Detailplanes, Nr. 7, im Maßstab 1 : 10.

Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 12. August 1993, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen wieder das Überschreiten einer Kniestockhöhe von 1,50 m, somit die Zweigeschoßigkeit des Bauwerkes und den dadurch zu geringen Abstand geltend machte, wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 26. August 1993 keine Folge gegeben. Im Wesentlichen wurde diese Entscheidung damit begründet, dass der Kniestock die Höhe von 1,49 m habe und somit ein eingeschossiges Bauwerk vorliege.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer am 9. September 1993 eine Vorstellung an die Steiermärkische Landesregierung, welcher nach Einholung eines Gutachtens der Fachabteilung Landesbaudirektion, Fachabteilung 1A, vom 17. November 1993, sowie eines Ergänzungsgutachtens vom 11. Jänner 1994 mit Bescheid vom 22. Februar 1994 keine Folge gegeben wurde. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen wieder damit begründet, dass das Gebäude in jenem Bereich, in dem es nur 3 m von der Grundstückgrenze des Beschwerdeführers entfernt sei, lediglich eingeschossig ausgeführt sei.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass es sich beim gegenständlichen Gebäude nicht um ein eingeschossiges, sondern um ein zweigeschossiges handle, da die Kniestockhöhe von 1,50 m überschritten werde, und dass der Abstand zur Grundgrenze deshalb zu gering sei.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0074, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass sich das Gebäude in seinem für das Rüsthaus bestimmten Teil auch nach der Änderungsbewilligung als eingeschossiges Gebäude darstelle und dass der als Stiegenhaustrakt bezeichnete Teil und der für das Gemeindeamt bestimmte Teil keine für die Geschoßzahlberechnung relevanten Änderungen erfahren hätten. Sofern sich die Ausführungen in der Beschwerde betreffend den Jugendraum und den Vorraum auf eine Abweichung der tatsächlichen Bauführung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Plan im Bereich des Rüsthauses bezögen, seien sie rechtlich unbeachtlich, weil im Baubewilligungsverfahren als einem Projektverfahren nur über das eingereichte Projekt abzusprechen sei; allfällige Abweichungen bei der Bauführung wären von der Behörde mit dem dafür zur Verfügung gestellten Instrumentarium zu ahnden bzw. seien sie im Wege der allenfalls von der Bauordnung eingeräumten Verfahren (vgl. § 70a der Steiermärkischen Bauordnung 1968) auch vom Nachbarn zu verfolgen. Für den Bereich des Rüsthauses lasse sich eine Genehmigung eines Kniestockes in der Höhe von 53 cm entnehmen. Auch nach der Änderungsbewilligung liege somit selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Decke eingezogen worden sei und diese Decke mit der Änderungsbewilligung genehmigt worden sei, - in diesem Teil - ein eingeschossiges Gebäude vor. Aus diesem Grunde sei eine neuerliche Aufrollung der Frage des Seitenabstandes, die mit der rechtskräftigen Baubewilligung bereits auf der Basis, dass ein eingeschossiges Bauwerk vorliege, entschieden worden sei, nicht möglich.

Am 19. Oktober 1995 stellte die mitbeteiligte Gemeinde ein weiteres Ansuchen um nachträgliche Bewilligung von Planabweichungen beim bestehenden Gemeinde- und Rüsthaus. Diese Planabweichungen betrafen:

              1.              4 Fenster mit einer Stocklichte von 60 x 100 cm, 1 Fenster mit einer Stocklichte von 125 x 145 cm,

2.

2 Zugluftschlitze 100 x 15 cm im Dachgeschoßbereich knapp über Fußboden an der Außenwand,

              3.              2 Dachflächenfenster mit einer Stocklichte von ca. 70 x 130 cm,

              4.              nur 1 Dachfenster ausgeführt mit einer Stocklichte von ca. 70 x 90 cm,

              5.              Dachraum laut Plan Nr. 89052-6 vom 13.11.1991 mit Ergänzung vom 4.5.1993, Errichtung eines Jugendraumes mit Foyer und Kulturraum.

Angeschlossen waren dem Bauansuchen wiederum der Einreichplan Nr. 89052-3, und weiters ein Einreichplan mit der Nr. 89052-6 im Maßstab 1 : 50, beide mit den beantragten Änderungen und weiters diverse Lagepläne.

Am 27. November 1995 erhob der Beschwerdeführer schriftlich Einwendungen gegen die beantragte Baubewilligung, in denen er im Wesentlichen folgendes vorbrachte:

Abgesehen davon, dass die Pläne keine "Abweichungen" aufwiesen, sondern die Bauführung nicht planmäßig erfolgt sei, sei nach Ansicht des Beschwerdeführers auf das gegenständliche Verfahren nicht das Steiermärkische Baugesetz 1995, sondern die Steiermärkische Bauordnung 1968 anzuwenden, da es sich beim gegenständlichen Bauverfahren nur um eine Fortsetzung des bereits seit Jahren anhängigen Bauverfahrens handle, welches gemäß § 119 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz noch nach den "alten" Bestimmungen zu Ende zu führen sei.

Aus den von der mitbeteiligten Gemeinde beantragten Abweichungen, insbesondere aus Punkt 5 der "Planabweichung" betreffend die Errichtung eines Jugendraumes mit Foyer und Kulturraum, ergebe sich, dass das Amts- und Feuerwehrhaus in diesem Bereich entgegen den bisherigen Beteuerungen der Gemeinde zweigeschossig ausgefallen sei, wobei durch diesen Ausbau abstandsrelevante Gesichtspunkte betroffen würden, da diese Zweigeschoßigkeit nach Außen hin deutlich in Erscheinung träte. Auf Grund der Zweigeschoßigkeit müsse jedoch das Amts- und Rüsthaus von der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers sowohl gemäß § 4 Steiermärkische Bauordnung, als auch gemäß § 13 Steiermärkisches Baugesetz einen Abstand von 4 m aufweisen. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, welches eindeutig davon ausgehe, dass die mitbeteiligte Gemeinde um die Genehmigung eines eingeschossigen Gebäudes eingekommen sei. Um die von Anfang an geplante Zweigeschoßigkeit zu "verheimlichen", seien in den Plänen die Dachfenster weggelassen worden, jedoch in der Bauausführung selbstverständlich von Anfang an berücksichtigt worden.

Auf Grund der gegebenen Kniestockhöhe könne es keinem Zweifel unterliegen, dass der Jugendraum mit Foyer und Kulturraum im Obergeschoß untergebracht sei, sodass auf Grund der Zweigeschoßigkeit ein Abstand zur Liegenschaft des Beschwerdeführers von 4 m einzuhalten sei. Tatsächlich betrügen die Abstände zwischen der Grundstückgrenze des Beschwerdeführers und dem Amts- und Feuerwehrhaus zwischen 2,84 m und 2,98 m.

In diesem Baubewilligungsverfahren erging schließlich der Bescheid des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Jänner 1996, mit dem die beantragte Änderungsbewilligung erteilt wurde. Dieser Bescheid wurde mit Vorstellungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. April 1996 behoben und für nichtig erklärt.

Im fortgesetzten Verfahren wurden mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Juni 1996 die beantragten Änderungen bewilligt. Begründend führte der Bürgermeister im Wesentlichen aus, da das Ansuchen um die Bewilligung der Ausführungsänderungen und Nutzungsänderungen am 19. Oktober 1995 gestellt worden sei, sei das Steiermärkische Baugesetz 1995 anzuwenden. Weiters sei festzustellen, dass die vorliegenden Planabweichungen und Nutzungsänderungen erst auf Grund der Amtserhebung vom 20. Juli 1995 durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung festgestellt worden seien. Die mitbeteiligte Gemeinde habe sodann um Bewilligung der Planabweichungen und Nutzungsänderungen angesucht.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezöge sich dem Grund nach genau auf jenes Vorbringen, welches er schon gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. Februar 1994 erstattet habe. Die damals erhobene Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen worden. Weiters wird unter Hinweis auf eine Niederschrift der Rechtsabteilung 3 der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juli 1995 ausgeführt:

Festgestellte Planabweichungen beträfen nicht abstandsrelevante Punkte wie: geänderte Fenstergrößen und Proportionen, Lüftungsschlitze in der Außenwand und zwei zusätzliche Dachflächenfenster. Der Dachraum sei zum überwiegenden Teil ausgebaut, was jedenfalls einen bewilligungspflichtigen Tatbestand darstelle. Diese Feststellungen würden sich sowohl mit dem Ansuchen der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Oktober 1995 als auch mit der Kundmachung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. November 1995 decken. Demnach könne auf Grund vorliegender rechtswirksamer Entscheidung klar dargelegt werden, dass sowohl die Frage der Zweigeschoßigkeit als auch die Abstandsfrage nicht mehr Gegenstand der Entscheidung sein könnten. Zusammenfassend könne dargelegt werden, dass sich alle Planabweichungen bzw. Nutzungsänderungen auf den Innenbereich des gegenständlichen Amts- und Feuerwehrhauses bezögen und daher Abstandsfragen in keiner Weise berührten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 27. Juni 1996 Berufung. In dieser Berufung wiederholte er im Wesentlichen die Argumente seiner Stellungnahme und führte aus, dass auch nach der vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten Änderungsbewilligung ein eingeschossiges Gebäude bewilligt worden sei, zumal für den Bereich des Rüsthauses lediglich ein Kniestock in der Höhe von 53 cm genehmigt worden sei.

Der Bescheid des Gemeinderates vom 22. Juli 1996, mit welchem der Berufung keine Folge gegeben wurde, wurde mit Vorstellungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Dezember 1996 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Mai 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers erneut abgewiesen. Begründend führte der Gemeinderat kurz zusammengefasst aus, die Annahme eines zweigeschossigen Bauwerkes und der damit verbundenen Abstandsverletzung sei verfehlt. Sowohl der Ausbau des Dachgeschoßes oberhalb des Gemeindehauses als Kultursaal als auch jener oberhalb des Rüsthauses stellten sich als reine Innenausbaumaßnahmen dar, welche auf die bereits im Rahmen der ersten Änderungsbewilligung vom Konsens erfassten Kniestockhöhen keinen Einfluss hätten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer erneut Vorstellung an die Steiermärkische Landesregierung. Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, es wäre die "alte" Steiermärkische Bauordnung und nicht das Steiermärkische Baugesetz anzuwenden gewesen, da die Ausführungsänderung ein seit dem 14. Juni 1991 anhängiges Bauverfahren betreffe und nach den Übergangsbestimmungen des § 119 Steiermärkisches Baugesetz 1995 anhängige Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen seien. Unabhängig davon müsse auch nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 bei Vorliegen eines zweigeschossigen Gebäudes ein Grenzabstand von mindestens 4 m eingehalten werden. Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers bezogen sich auf die seiner Ansicht nach gegebene Zweigeschoßigkeit und die dadurch zu geringen Abstände.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 1998 wurde die Vorstellung mangels Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde hiezu aus: Der Antrag auf Bewilligung der Planabweichungen sei am 19. Oktober 1995 gestellt worden; dem zufolge seien die Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 anzuwenden.

Weiters hätten die beantragen Änderungen keine "Änderung der Geschoßhöhe" (gemeint offenbar: Geschoßzahl) zur Folge. Des Weiteren sei eine Erhöhung des Kniestockes schon durch den Bescheid vom 29. Juli 1993, der vom Verwaltungsgerichtshof geprüft worden sei, bewilligt worden. Das tatsächlich errichtete Bauwerk entspreche der erteilten Baubewilligung. Eine weitere Auseinandersetzung hinsichtlich der Ein- und Zweigeschoßigkeit habe daher in diesem Verfahren, welches ausschließlich die beantragten Bauveränderungen zum Inhalt habe, nicht zu erfolgen, da die gegenständlich bewilligten Bauführungen keine "Änderungen der Geschoßhöhe" nach sich zögen, weshalb auch keine Abstandsverletzung möglich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist der belangten Behörde darin zu folgen, dass für das gegenständliche (Änderungs)Verfahren das Steiermärkische Baugesetz (Stmk. BauG), LGBl. Nr. 59/1995, anzuwenden ist.

§ 4 Z. 40 und § 13 Abs. 2, 4 und 5 des Steiermärkischen Baugesetzes (Stmk. BauG), LGBl. Nr. 59/1995, lauten:

"§ 4 Begriffsbestimmungen

Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende

Bedeutung:

...

              40.              Kniestockhöhe: Das Maß des vertikalen Abstandes zwischen Oberkante der obersten Rohdecke und der Unterkante der tragenden Dachkonstruktion (Sparren), gemessen an der äußeren Außenwandebene;

..."

"§ 13 Abstände

(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2 ergibt (Grenzabstand).

(4) Als Geschoße in der jeweiligen Gebäudefront sind anzurechnen,

-

die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig sind und

-

deren Außenwandfläche zu mehr als 50 % und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liegt.

(5) Nicht als Geschoße anzurechnen sind an der

-

Traufenseite: Dachgeschoße bzw. für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachböden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt;

-

Giebelseite: Das unterste Dachgeschoß bzw. der unterste für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachboden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt."

Aus den wiedergegebenen Bestimmungen folgt zunächst, dass für die Frage des Abstandes von der Grundgrenze weiterhin die Geschoßanzahl maßgeblich ist. Darüber hinaus ergibt sich, dass - anders als nach der früheren Rechtslage - ein im Dachbereich ausgebildetes Geschoß schon ab einer Kniestockhöhe von 1,25 m für Zwecke der Abstandsberechnung in die Geschoßanzahl einzurechnen ist.

Festzuhalten ist jedoch, dass der belangten Behörde grundsätzlich dahingehend zu folgen ist, dass auch nach der Änderung der Rechtslage (wie dies im Erkenntnis Zl. 94/06/0074 allgemein zum Ausdruck gebracht wurde) im Falle von Änderungsbewilligungen die Abstandsfrage nur insoweit neu zu beurteilen ist, als sich die Änderungen auf die für die Beurteilung des Abstands maßgeblichen Umstände auswirken. Die Änderung der Rechtslage dahingehend, dass nunmehr allenfalls ein Geschoß schon bei Vorliegen eines Kniestocks von mehr als 1,25 m gegeben wäre, bewirkt für sich allein noch keine Durchbrechung der Rechtskraft der vor 1995 erteilten Baubewilligung (vgl. § 119 Abs. 1 Stmk BauG 1995 betreffend das Unberührtbleiben von rechtskräftig erteilten Baubewilligungen). Maßgeblich ist jedoch, ob das Gebäude tatsächlich in jener Form, von der die antragstellende Gemeinde und die belangte Behörde ausgehen, durch die seinerzeitigen Bewilligungen (insbesondere durch den Bescheid vom 29. Juli 1993) als konsentiert gelten kann.

Der Beschwerdeführer brachte dazu in seiner Beschwerde vor, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei durch die nachträglich eingeholte Baubewilligung sehr wohl eine Veränderung der Geschoßzahl und somit eine Erhöhung des Gebäudes in abstandsrelevanter Hinsicht erfolgt. Dies deshalb, weil die Abweichung der Bauausführung von der planlichen Genehmigung im Bereich des Rüsthauses (Jugendraum, Vorraum) dazu führe, dass eine zweigeschossige Bauweise vorliege, zumal die Kniestockhöhe von 1,50 m bei weitem überschritten werde. Die nunmehrige Rechtsansicht der belangten Behörde, dass bereits im seinerzeitigen Bescheid vom 29. Juli 1993, auf dessen Grund das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zl. 94/06/0074 geführt wurde, mit der damals beantragten Änderungsbewilligung unter anderem auch die Erhöhung des Kniestockes im Bereich des Rüsthauses bewilligt worden sei, übersehe, dass mit dem in Rede stehenden Verwaltungsgerichtshoferkenntnis ausdrücklich festgehalten wurde, dass im Bereich des Rüsthauses lediglich ein Kniestock mit einer Höhe von 53 cm bewilligt worden sei, weshalb eindeutig Eingeschoßigkeit vorliege. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes habe dahingehend gelautet, dass im Bereich des Rüsthauses lediglich ein eingeschossiges Gebäude bewilligt worden sei. Die Aufsichtsbehörde und der Verwaltungsgerichtshof selbst hätten festgestellt, dass das Gebäude bisher eingeschossig beantragt und bewilligt worden sei, die belangte Behörde gehe nunmehr aber davon aus, dass die Zweigeschoßigkeit längst genehmigt worden sei. Es gebe entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein anderes Verfahren, in welchem eine Zweigeschoßigkeit beantragt und bewilligt worden sei. Der Ausbau des Dachgeschoßes oberhalb des Rüsthauses (Jugendraum und Foyer) stelle nicht eine reine Innenausbaumaßnahme dar, welche auf die bereits genehmigten Kniestockhöhen keinen Einfluss hätte. Es müsse davon ausgegangen werden, dass erst im zweiten Änderungsverfahren die Zweigeschoßigkeit bewilligt worden sei. Der Beschwerdeführer habe bislang keine Gelegenheit gehabt, im Rahmen der beiden bereits abgeführten Bauverfahren hinsichtlich des Amts- und Rüsthauses die zweigeschossige Bauweise aufzuzeigen, zumal bis zu diesem Zeitpunkt nur Pläne vorgelegt worden seien, die eine Eingeschoßigkeit des Bauwerks gezeigt hätten.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Wie oben ausführlich dargestellt, war ein wesentlicher Bestandteil der Baubewilligungen vom 21. Mai 1992 sowie der Baubewilligung über das Ansuchen um Änderungsbewilligung vom 26. August 1993, welche vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0074, bestätigt wurde, jeweils der Einreichplan über das Gemeindehaus und Feuerwehrhaus mit der Nr. 89052-3. Der Einreichplan, welcher mit Bescheid vom 26. August 1993 durch die Gemeindevertretung genehmigt wurde, unterscheidet sich vom ursprünglichen Plan lediglich dadurch, dass die zu diesem Zeitpunkt beantragten Änderungen - zum Großteil farblich - eingetragen wurden. Auf diesem Plan ist im Wesentlichen folgendes zu erkennen: Ein Grundriss des Erdgeschoßes im Maßstab 1 : 100, ein Grundriss des Kellers im Maßstab 1 : 100, ein Schnitt durch das sog. Rüsthaus (in seinem "hinteren Teil") 1-1 im Maßstab 1 : 100, ein Schnitt durch das Stiegenhaus 2-2 im Maßstab 1 : 100 und ein Schnitt durch das Gemeindehaus 3-3 im Maßstab 1 : 100. Weiters sind auf dem Plan noch die Nordwest-, die Nordost-, die Südost- und die Südwestansicht (vermutlich fälschlicher Weise als Südostansicht bezeichnet) im Maßstab 1 : 100 dargestellt. Das Gebäude weist im Wesentlichen eine L-Form auf, wobei der Teil des Stiegenhauses auf der südöstlichen Seite auf einer Länge von 3,86 m um 2,20 m von der sonstigen Gebäudefront an der Südostseite (das ist die dem Grundstück des Beschwerdeführers zugewandte Seite) zurückversetzt ist.

Auf dem Plan des Grundrisses des Erdgeschoßes ist der Schnittlinienverlauf eingezeichnet. Daraus ergibt sich, dass Schnitt 1-1 einen Schnitt durch den sog. Fahrzeugraum (im hinteren Teil des sog. Rüsthauses) bildet. Auf diesem Schnitt ist zu erkennen, dass die Gebäudehöhe in diesem Bereich 8,30 m (und nicht wie im Vorstellungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. Februar 1994 fälschlich angenommen 4,90 m bis 5,10 m) erreicht. Auf einer Raumhöhe von ca. 4,40 m wurde eine Decke eingezogen. Die Kniestockhöhe beträgt in diesem Bereich, wie vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0074, schon festgehalten wurde, 53 cm.

Schnitt 2-2 verläuft durch das Stiegenhaus und zeigt das Stiegenhaus im zurückversetzten Teil des Gebäudes und zwar ca. 1 m vom Gemeindehaus entfernt.

Der Schnitt 3-3 durch das Gemeindehaus zeigt das Gemeindehaus im Bereich des Sitzungszimmers und der Gemeindestube.

Im Bereich des Rüsthauses ist auf den in den ersten beiden Verfahren vorgelegten Einreichplänen kein Schnitt durch den Bereich zwischen Fahrzeugraum und zurückversetztem Stiegenhaus eingezeichnet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 15. September 1994 ausgesprochen hat, ist im Baubewilligungsverfahren als einem Projektsverfahren nur über das eingereichte Projekt abzusprechen. Weiters stellte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis fest, dass sich für den Bereich des Rüsthauses eine Genehmigung eines Kniestockes in der Höhe von 53 cm entnehmen lasse. Auch nach der Änderungsbewilligung liege somit - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Decke eingezogen worden sei und diese Decke mit der Änderungsbewilligung genehmigt worden sei - in diesem Teil ein eingeschossiges Gebäude vor. Bei vorliegender Sachlage könne daher jedenfalls nicht davon gesprochen werden, dass durch die Änderungsbewilligung im Bereich des Rüsthauses ein Kniestock, der höher als 1,50 m wäre, genehmigt worden sei.

Es ist also davon auszugehen, dass im Bereich des Rüsthauses bis zum zurückversetzten Stiegenhaus ein Projekt bewilligt wurde, das sich mit dem Schnitt Rüsthaus 1-1 deckt, d.h., dass auch im Bereich zwischen Fahrzeugraum und dem zurückversetzten Stiegenhaus lediglich eine Kniestockhöhe von 53 cm bewilligt wurde.

Mit dem jetzt gegenständlichen Antrag auf Baubewilligung vom 19. Oktober 1995 wegen der nachträglichen Bewilligung von festgestellten Planabweichungen wurde u.a. der Ausbau des Dachraumes zu einem Kultursaal und Jugendraum mit Foyer beantragt und dazu ein Einreichplan im Maßstab 1 : 50 vom 13. November 1991 mit der Nr. 89052-6 vorgelegt und die darin eingezeichneten Änderungen beantragt.

Auf dem Einreichplan, Nr. 89052-6, sind ein Grundriss des Dachgeschoßes und diverse Querschnitte abgebildet. Ein Schnitt zeigt das Dachgeschoß des Gemeindehauses, ein weiterer das Dachgeschoß oberhalb des Fahrzeugraumes, in diesem Plan bezeichnet als Dachboden-Lager, und ein dritter Querschnitt zeigt das Dachgeschoß im Bereich zwischen dem Fahrzeugraum und dem Stiegenhaus. Dieser Querschnitt ist mit Jugendraum bezeichnet und ist in etwa in der Hälfte zwischen dem zurückversetzten Bereich des Stiegenhauses und dem Fahrzeugraum eingezeichnet. Dem Querschnitt durch den Jugendraum ist eine Kniestockhöhe auf der dem Beschwerdeführer zugewandten Südostseite des Gebäudes in der Höhe von 1,59 m zu entnehmen. Dies stellt, entgegen der von der belangten Behörde im Vorstellungsbescheid vertretenen Ansicht, sehr wohl eine Änderung gegenüber dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 29. Juli 1993, mit dem in diesem Bereich eine Kniestockhöhe von 53 cm bewilligt wurde, dar.

Wie sich aus § 13 Abs. 4 und 5 Stmk BauG 1995 ergibt, sind als Geschoße in der jeweiligen Gebäudefront jene anzurechnen, die u. a. voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig sind.

§ 13 Abs. 5 Stmk. BauG bestimmt u.a., dass als Geschoße auf der Traufenseite nicht anzurechnen sind: Dachgeschoße bzw. für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachböden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt.

Wie sich weiters aus § 13 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Z. 40 Stmk. BauG ergibt, stellt der im Einreichplan Nr. 89052-6 ersichtliche Jugendraum im Dachgeschoß des sog. Rüsthauses zwischen dem Fahrzeugraum und dem zurückversetzten Stiegenhaus mit einer Kniestockhöhe über 1,25 m ein Geschoß im Sinne der zitierten Bestimmungen dar. Somit liegt in diesem Bereich eine Zweigeschoßigkeit des Gebäudes vor. Nach dem oben wiedergegebenen Sachverhalt liegt jedoch keine Baubewilligung für eine derartige Ausführung des Gemeinde- und Feuerwehrhauses vor. Es trifft daher nicht zu, dass die beantragten Änderungen lediglich den Innenausbau in dem Sinn beträfen, dass sich keine Änderung hinsichtlich der Beurteilung des Seitenabstandes ergäbe. Es ist davon auszugehen, dass im Falle einer Bewilligung der vorgelegten Änderungen nach dem Plan 89052-6, der erst im vorliegenden Verfahren vorgelegt wurde, auch die im Plan ersichtliche Gestaltung des Gebäudes in diesem Teil als konsentiert gelten müsste. Damit käme der entsprechenden Bewilligung eine über die Bewilligung der im Antrag vom 19. Oktober 1995 ausdrücklich genannten "Planabweichungen" hinausgehende Bedeutung zu. Da die beschriebene Ausführung nicht Gegenstand der Bewilligung vom 29. Juli 1993 war, ist die Auffassung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Verfahren die Frage des Seitenabstandes auch insoweit nicht mehr geprüft werden könne, sondern von einer rechtskräftigen Bewilligung auszugehen sei, verfehlt. Das gegenständliche Bauverfahren könnte sich nur dann allein auf die im Antrag vom 19. Oktober 1995 ausdrücklich genannten "Planabweichungen" beschränken, wenn die aus dem Plan ersichtliche Ausgestaltung des Gebäudes dem bewilligten Bauzustand entspräche.

Wie sich aus dem ebenfalls mit den eingezeichneten neuerlichen Änderungen eingereichten Plan 89052-3 in Zusammenschau mit Plan 89052-6 ergibt, beträgt der Abstand zur Grenze (zum Grundstück des Beschwerdeführers) auch in diesem Bereich 3 m. Aus § 13 Abs. 2 Stmk. BauG 1995 ergibt sich, dass jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein muss, wie die Anzahl der Geschoße vermehrt um zwei ergibt. Da der verfahrensgegenständliche Kniestock im Bereich zwischen Fahrzeugraum und eingerücktem Stiegenhaus 1,59 m beträgt, müsste das Gebäude in diesem Bereich mindestens 4 m von der Grundgrenze des Beschwerdeführers geplant sein. Das im gegenständlichen Bauverfahren vorgelegte Projekt war sohin nicht bewilligungsfähig.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998060191.X00

Im RIS seit

22.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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