A10 401.348-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von M.M., geb. 00.00.1970 alias 00.00.1973 alias 00.00.1979, StA. Tunesien alias Irak, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008, GZ 08 06.643 EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Der Beschwerdeführer stellte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.11.2004 einen (ersten) Asylantrag.
Dieses Asylverfahren wurde mit Aktenvermerk vom 29.11.2004 gemäß § 30 AsylG eingestellt.
Bei seiner Einvernahme am 20.01.2006 gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass ihm keine Verfolgung drohe, er wolle in Österreich arbeiten.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.01.2006, GZ 04 23.866-EAST Ost, wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG als offensichtlich unbegründet abgewiesen, II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tunesien zulässig ist, und III. der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers eindeutig kein Hinweis auf das Vorliegen von Asylgründen oder subsidiären Schutzgründen erkannt worden sei. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig mit seiner Zustellung samt nachfolgendem Rechtsmittelverzicht am 01.02.2006.
In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer in der Schubhaft am 29.07.2008 den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.07.2008 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, seine Asylgründe seien nach wie vor dieselben. Er habe seine Heimat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Weiters sei er schwer krank, er leide an TBC und könne in seiner Heimat nicht behandelt werden.
Bei seinen weiteren niederschriftlichen Einvernahmen am 08.08.2008 und 18.08.2008 gab der Beschwerdeführer an, er habe Ende 2004 seine Heimat verlassen, weil er dort nichts mehr gehabt habe. Er habe nichts verdient und das Gefühl gehabt, verloren zu sein; sonstige Fluchtgründe habe er nicht. Seit seiner ersten Antragstellung habe er Österreich verlassen, er sei in Italien gewesen, jedoch dann selbständig wieder nach Österreich gekommen. Auf die Frage, was einer Ausweisung seiner Person nach Tunesien entgegenstehe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er dort nichts besitze.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tunesien ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.
Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 01.02.2006 bezöge. Der Beschwerdeführer behaupte in diesem zweiten Verfahren wiederum, dass er seine Heimat allein aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Im Übrigen kann auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen werden.
Auch zur Entscheidung über den subsidiären Schutz wird auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen, dass nach dem 01.02.2006 keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Diese Feststellungen stehen auch im Einklang mit der aktuellen Dokumentation des Asylgerichtshofes, wonach insbesondere die allgemeine Lage für Rückkehrer nach Tunesien keine reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt (z. B. Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Tunesischen Republik, 29.01.2008). Auch die Beschwerde vermochte diesen Feststellungen nicht in substanziierter Weise entgegenzutreten und eine dem Beschwerdeführer drohende reale Gefahr aufzuzeigen. Eine Erkrankung des Beschwerdeführers an TBC liegt laut dem Krankenblatt des Polizeianhaltezentrums nicht vor.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Auch zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Den Feststellungen der Erstbehörde, dass kein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben vorliegt, trat die Beschwerde nicht konkret entgegen.