E3 316.096-1/2008-6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und den Richter Mag. HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des D.R., geb. 00.00.1958, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007, FZ. 06 04.232-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid im angefochtenen Umfang gemäß § 66 Abs 4 AVG ersatzlos behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus dem Iran, stellte am 19.04.2006 aus der Strafhaft einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG.
2. Anlässlich der am 21.04.2006 erfolgten Erstbefragung führte der Beschwerdeführer aus, im Mai 2004 als Fernfahrer legal mit einem Schengenvisum nach Österreich eingereist zu sein. Da er auch Drogen geladen gehabt hätte, sei er in Österreich festgenommen und zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden, welche er derzeit in der Justizanstalt Stein verbüße.
Zum Grund der Asylantragstellung befragt gab der Beschwerdeführer an, dass sich sein Sohn bei den iranischen Behörden über den Verbleib des Beschwerdeführers informiert hätte und diese dann in Erfahrung gebracht hätten, dass er sich in Österreich in Haft befinde. Seither werde sein Haus im Iran bewacht und erkundigten sich die Behörden immer wieder darüber, wann er zurückkomme. Zumal es im Iran auf Drogenschmuggel sehr harte Strafen, mitunter auch die Todesstrafe gebe, fürchte er um sein Leben.
3. Am 08.06.2006 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen und gab an, seit 21.05.2006 in Österreich in Haft zu sein. Er habe nicht gewünscht, dass das iranische Konsulat von seiner Inhaftierung informiert werde. Nach zwei Monaten habe er seine Familie kontaktieren dürfen, welche sich bereits - zumal sie in der Zwischenzeit nichts vom Beschwerdeführer gehört hatte - beim iranischen Außenministerium über dessen Verbleib erkundigt gehabt hätte. Dort habe man seiner Gattin ein Telefax der österreichischen Polizei gezeigt, wonach er einer großen Mafiabande angehöre, mit Suchtgift handle und deswegen in Wien verhaftet worden sei. Daraufhin habe sich die Gattin bei einem Rechtsanwalt erkundigt, welcher ihr mitgeteilt habe, dass für derartige Verbrechen im Iran lebenslange Haft oder die Todesstrafe drohe.
4. Am 23.08.2006 wurde der Beschwerdeführer neuerlich niederschriftlich einvernommen, wobei er zusammengefasst angab, in seinem Heimatland weder Mitglied einer politischen Organisation noch eines politischen Vereins gewesen zu sein und auch keiner bewaffneten Gruppierung angehört zu haben.
Er habe in seinem Heimatland weder wegen seiner (persischen) Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner (schiitischen) Religionszugehörigkeit Probleme gehabt.
Seine Familie (Gattin und vier Kinder) lebe nach wie vor ohne Problem im Iran. Er habe vor einem Jahr das letzte Mal mit seiner Frau telefoniert, welche ihm mitgeteilt habe, dass unbekannte Personen nach ihm gefragt hätten, und zwar wann er zurückkehre. Aus Angst telefoniere er nicht mehr mit seiner Familie.
Obwohl er bei seiner Festnahme in Österreich eine Verständigung der iranischen Vertretungsbehörde nicht gewünscht habe, sei diese trotzdem verständigt worden und wisse über seine Straftat und seine Haftstrafe Bescheid, weshalb er aus Angst vor Doppelbestrafung um Asyl ansuche, insbesondere weil die Straftat ihren Ausgangspunkt im Iran gehabt habe.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.11.2007 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs 2 AsylG 2005 abgewiesen und diesem der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.).
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs 4 eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 20.11.2008 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend führt die Erstbehörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sei und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute, worin ein Asylausschlussgrund nach § 6 Abs 1 AsylG liege. Daher sei sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 6 Abs 2 AsylG ohne weitere Prüfung abzuweisen gewesen.
Spruchpunkt II. begründete die Erstbehörde damit, dass aufgrund der nicht auszuschließenden Doppelbestrafung im Iran in nicht angemessener Höhe und der unmenschlichen Haftbedingungen im Iran eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran nicht zulässig sei. Folglich sei ihm mit Spruchpunkt III. auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen.
6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerechte Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) vom 27.11.2007, welche am 04.12.2007 dem Unabhängigen Bundesasylsenat vorgelegt wurde.
7. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Akt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl I Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF, sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Anzuwenden waren das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung, und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderes Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne von Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Gemäß § 3 Abs 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe), oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Der Antrag auf internationalen Schutz ist nach § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
2.1. § 6 AsylG samt Überschrift lautet:
"Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten
§ 6 (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
und so lange er Schutz gemäß Art 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
einer der in Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
er aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."
2.2. Die Erstbehörde hat zunächst zutreffend festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2004, wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach den §§ 28 Abs 2, Abs 3, 1. Fall und Abs 4 Z 3 SMG, und 15 Abs 1 StGB teilweise als Beteiligter nach dem § 12, 2. und 3. Fall StGB sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt wurde.
Darin sei - so die Erstbehörde weiter - ein besonders schweres Verbrechen iSd § 6 Abs 1 Z 4 AsylG zu erblicken, zumal diese Tathandlung zweifellos eine Gefährdung des menschlichen Zusammenlebens sowie der körperlichen Unversehrtheit darstelle und eine gravierende Beeinträchtigung für die öffentlichen Interessen und der öffentlichen Sicherheit des Aufenthaltsstaates vorläge.
Demnach habe der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 6 Abs 2 AsylG ohne weitere Prüfung abgewiesen werden können.
2.3. Wenngleich § 6 Abs 2 AsylG vorsieht, dass bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten "ohne weitere Prüfung" abgewiesen werden "kann", so ist diese Bestimmung insofern problematisch, als (unter anderem) beim angezogenen Asylausschlussgrund des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG regelmäßig eine "Güterabwägung" bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist, bei der die Schwere der betreffenden Tat und die Folgen eines Ausschlusses gegeneinander abzuwägen sind.
Bei der Auslegung des § 6 Abs 2 AsylG ist daher darauf zu achten, dass dieser Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt, womit auch die Folgen eines Ausschlusses (also eine im Heimatstaat drohende Verfolgungsgefahr) in der Regel Gegenstand des Verfahrens sind und lediglich in Ausnahmefällen eine Abweisung des Asylantrages "ohne weitere Prüfung" erfolgen kann.
Auch für Verfahren nach dem AsylG 2005 bleibt daher das Prinzip "inclusion before exclusion" maßgeblich, dh dass stets der Flüchtlingsbegriff in seiner Gesamtheit zu betrachten ist und auch beim vermutlichen Vorliegen von Ausschlussgründen das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft zu prüfen ist (vgl. dazu Putzer / Rohrböck, Leitfaden Asylrecht, Rz 108).
2.4. Die Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG, welche Art 33 Abs 2 GFK nachgebildet ist, stellt auf das Begehen eines besonders schweren Verbrechens und die daraus resultierende Gefahr für die Gemeinschaft ab.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 06.10.1999, 99/01/0288) müssen nach internationaler Literatur und Judikatur kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden sein, drittens gemeingefährlich sein und viertens müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen.
Unter den Begriff des besonders schweren Verbrechens fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen, wie etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung und eben auch Drogenhandel.
2.5. Der Beschwerdeführer ist - unbestritten - rechtskräftig (unter anderem) wegen Drogenhandels (in Form des § 28 Abs 2 SMG), also wegen eines typischerweise besonders schweren Verbrechens iSd zitierten Judikatur, verurteilt worden.
Allerdings genügt es nicht, dass der Beschwerdeführer ein abstrakt als schwer einzustufendes Delikt verübt hat. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe und Rechtfertigungsgründe sind zu berücksichtigen (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288).
Zur Frage, wann ein "typischerweise" - nämlich in Bezug auf die betroffenen Rechtsgüter - besonders schweres Verbrechen im Einzelfall ausreichend schwerwiegend ist, um iSd § 6 Abs 1 Z4 "besonders schwer" zu sein, ist auf die in der Entscheidung des VwGH vom 03.12.2002, 99/01/0449, zitierte Literatur hinzuweisen, wonach die Bestimmung des Art 33 Abs 2 GFK (welcher eben § 6 Abs 1 Z 4 AsylG nachgebildet wurde) nur in extrem seltenen Fällen zur Anwendung kommen solle, restriktiv auszulegen sei und es sich um die "ultima ratio" handeln müsse.
2.5.1. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer mit dem genannten Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 00.00.2004 verurteilt, weil er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die das 25-fache der Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG bei weitem übersteigt, gewerbsmäßig eingeführt, ausgeführt, zur Ein- und Ausfuhr durch andere beigetragen, in Verkehr gesetzt bzw. zur Inverkehrsetzung beigetragen sowie in Verkehr zu setzen versucht hat, und zwar indem er in der Zeit zwischen dem 10.05.2004 und dem 21.05.2004 20.969,7 Gramm Opium mit einer Reinheitssubstanz von 2.800 +/- 280 Gramm vom Iran (Teheran) aus-, in die Türkei ein-, durch die Türkei durch-, von der Türkei aus-, nach Italien (Triest) ein-, durch Italien durch-, von Italien aus- und nach Österreich einführte sowie Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich 20.969,7 Gramm Opium mit einer Reinheitssubstanz von 2.800 +/- 280 Gramm, am 10.05.2004 im Iran mit dem Vorsatz erworben und bis zum 21.05.2004 in Wiener Neustadt besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt habe.
Der Strafrahmen des herangezogenen § 28 Abs 4 SMG (in seiner damaligen Fassung BGBl I Nr 134/2002) beträgt ein bis fünfzehn Jahre, wobei der Beschwerdeführer tatsächlich zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wurde. Sohin wurde der Strafrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft, sondern verblieb vielmehr im unteren Bereich.
Ausschlaggebend dafür waren als Milderungsgründe das Geständnis sowie der Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers. Ferner war dem Beschwerdeführer - so lautet das zitierte Urteil weiter - zugute zu halten, dass er sich offenbar aufgrund seiner finanziellen Situation nur in einem Fall zur Übernahme eines Transportes (gemeint: von Suchtmitteln) hinreißen ließ und damit eine eher untergeordnete Rolle einnahm, wobei er aus dem Transport den geringsten Nutzen und das höchste Risiko trug. Auch seine Kooperationsbereitschaft mit der Polizei war entsprechend mildernd zu werten.
Bereits aus diesem Grund erscheint es für den erkennenden Senat im gegenständlichen Fall (insbesondere) unter Berücksichtigung der oben zitierten Judikatur des VwGH vom 03.12.2002, 99/01/0449, äußerst zweifelhaft, ob die vom Beschwerdeführer begangene Straftat die Qualifikation eines "besonders schweren Verbrechens" im konkreten Einzelfall überhaupt erfüllt.
2.6. Selbst für den Fall, dass das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen diese Qualifikation erreichen sollte, so reicht dies nicht aus, um ihn iSd § 6 Abs 1 Z 4 von der Asylgewährung auszuschließen.
Vielmehr müsste der Beschwerdeführer wegen seines strafbaren Verhaltens auch eine "Gefahr für die Gemeinschaft" darstellen. Dabei handelt es sich um ein in die Zukunft gerichtetes Tatbestandselement, welches somit eine Prognoseentscheidung erfordert. Ebenso kommt in diesem Zusammenhang auch der Aspekt der Wiederholungsgefahr zum Tragen und muss in der Prognoseentscheidung auch das Verhalten der betreffenden Person in der Haft berücksichtigt werden.
Besteht für das zukünftige Verhalten des Beschwerdeführers eine günstige Prognose, so darf ein Asylausschlussgrund nicht herangezogen werden.
2.6.1. Die Erstbehörde hat in der angefochtenen Entscheidung - ohne nähere Begründung - angeführt, dass die vom Beschwerdeführer begangene Straftat zweifellos eine Gefährdung des menschlichen Zusammenlebens sowie der körperlichen Unversehrtheit darstelle und dadurch nicht nur eine Gefahr für die Gemeinschaft gegeben sei, sondern auch eine gravierende Beeinträchtigung für die öffentlichen Interessen und der öffentlichen Sicherheit des Aufenthaltsstaates vorliege.
Da die Erstbehörde jedoch die oben angeführten Kriterien, insbesondere das Verhalten des Beschwerdeführers während der Haft sowie die Frage einer allfälligen Wiederholungsgefahr, nicht berücksichtigt hat, hat sie nach Ansicht des erkennenden Senats keine ausreichende Prognoseentscheidung vorgenommen.
Überdies wurde der am 21.05.2004 in Haft genommene Beschwerdeführer schließlich am 31.01.2008 unter Anordnung einer Probezeit von drei Jahren sowie von Bewährungshilfe bedingt aus der Strafhaft entlassen, was gegen eine entsprechende Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers spricht (vgl. dazu Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20054, E 15 zu § 6 AsylG).
Der erkennende Senat geht dementsprechend davon aus, dass der Beschwerdeführer hinkünftig wegen seines strafbaren Verhaltens keine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.
2.7. Nachdem es für den erkennenden Senat bereits an der Qualifikation der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten als "besonders gefährlich" mangelt und der Beschwerdeführer selbst nicht als gemeingefährlich einzustufen ist, braucht auf das vierte Tatbestandselement, nämlich die Abwägung, ob die Interessen des Zufluchtstaates jene des Asylwerbers überwiegen, nicht mehr eingegangen werden. Bei dieser Güterabwägung wäre die Verwerflichkeit eines Verbrechens und die potentielle Gefahr für die Allgemeinheit den Schutzinteressen des Asylwerbers beinhaltend das Ausmaß und die Art der ihm drohenden Maßnahmen gegenüberzustellen (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288).
2.8. Da es somit zusammengefasst an den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG fehlt, hätte die Erstbehörde nicht nach der Bestimmung des § 6 Abs 2 vorgehen dürfen.
2.9. Nach ständiger Rechtssprechung des VwGH ist Sache des Berufungs- bzw. nunmehr Beschwerdeverfahrens der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, dh jene Angelegenheit die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Die Grenzen der Sache, über welche die Berufungsbehörde abzusprechen hat, bestimmen sich nicht nach der Angelegenheit, die vor der untergeordneten Instanz in Verhandlung war, sondern nach dem Gegenstand, der durch den Spruch des Bescheides entschieden wurde (vgl. Hengstschläger / Leeb, AVG, Rz 59 zu § 66).
Die Erstbehörde hat sich in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auf § 6 Abs 2 AsylG, nicht jedoch auf § 3 AsylG, gestützt. Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes ermöglicht zwar einerseits gemäß § 6 Abs 2 AsylG die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "ohne weitere Prüfung", schließt jedoch andererseits nicht aus, dass die materielle Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt. Über eben diese materielle Flüchtlingseigenschaft hat aber die Erstbehörde aufgrund der Annahme eines Asylausschlussgrundes sowie der Bestimmung des § 6 Abs 2 AsylG ("ohne weitere Prüfung") nicht abgesprochen und war diese somit nicht Verfahrensgegenstand.
Da die sich aus § 66 Abs 4 AVG abgeleitete Kompetenz der Beschwerdeinstanz, in der Sache selbst zu entscheiden, nicht über jenen Verfahrensgegenstand hinausgehen darf, über den die Unterinstanz entschieden hat, war es dem erkennenden Senat schon deshalb verwehrt, auf die - nach § 3 AsylG zu beurteilende - Frage einzugehen, ob dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention drohe.
Andernfalls käme es auch zu einer Verkürzung des Instanzenzuges für den Beschwerdeführer.
2.10. Die Erstbehörde wird sich im fortgesetzten Verfahren sohin mit der Asylrelevanz des Fluchtvorbringens, bei Durchführung einer neuerlichen Einvernahme, hinreichend auseinander zu setzen haben und wird dem Beschwerdeführer auch Parteiengehör zu den ihn konkret betreffenden Feststellungen hinsichtlich seines Heimatlandes zu gewähren sein.
In diesem Sinne war der erstinstanzliche Bescheid im angefochtenen Umfang, folglich hinsichtlich Spruchpunkt I, ersatzlos zu beheben und war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.