A10 308.521-2/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von O.H., geb. 00.00.1972, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2008, GZ 08 05.596-EAST-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.09.2005 einen (ersten) Asylantrag ein.
Bei seiner niederschriftlichen Erstbefragung am 30.09.2005 gab er zu seinen Fluchtgründen an, nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1998 hätten die Dorfbewohner dessen Land verkauft. Als der Beschwerdeführer den Erlös beansprucht habe, hätten sie verlangt, dass er zuerst der Geheimgesellschaft Reformed Ogboni Fraternity beitrete, was er jedoch abgelehnt habe. Am 00.00.2004 hätten die Mitglieder dieser Gesellschaft die Werkstatt des Beschwerdeführers in Benin-Stadt niedergebrannt und diesen durch Hexenkraft töten wollen.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 17.11.2006 wurde Beschwerdeführer nochmals in Einzelnen zu seinen Fluchtgründen befragt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.12.2006, GZ 05 15.695-BAG, wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen, II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, und III. der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Berufungsbescheid vom 22.03.2007, GZ 308.521-C1/3E-XV/52/07, abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Verfolgung durch die Geheimgesellschaft Reformed Ogboni Fraternity wegen seines verweigerten Beitrittes aus näher dargelegten Gründen unglaubwürdig sei, dass außerdem in derartigen Fällen eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vorhanden wäre sowie dass etwaige gegen ein Refoulement sprechende Gründe nicht vorlägen. Dieser Bescheid wurde mit seiner Zustellung am 28.03.2007 rechtskräftig.
Der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 31.05.2007, 2007/20/0775, die Behandlung der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Beschwerde ab.
In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 30.06.2008 den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.06.2008 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten.
Bei der Einvernahme durch das Bundesasylamt am 09.07.2008 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er im Juli 2004 seine Heimat verlassen habe. Außerdem wiederholte er sein Fluchtvorbringen. Seit seiner ersten Antragstellung habe er Österreich nicht verlassen. Er leide an Diabetes. Schließlich habe er eine Beziehung zu einer Engländerin, mit der er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.
Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 28.03.2007 bezöge. Der Beschwerdeführer behaupte in diesem zweiten Verfahren wiederum eine Bedrohung durch die Mitglieder der Geheimgesellschaft Reformed Ogboni Fraternity. Dieses Fluchtvorbringen wurde bereits im Vorverfahren als unglaubwürdig beurteilt. Im Übrigen kann auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen werden.
Auch zur Entscheidung über den subsidiären Schutz wird auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen, dass nach dem 28.03.2007 keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Diese Feststellungen stehen auch im Einklang mit der aktuellen Dokumentation des Asylgerichtshofes, wonach insbesondere die allgemeine Lage für Rückkehrer nach Nigeria keine reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt und namentlich die Grund- und Gesundheitsversorgung gewährleistet ist (z. B. Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007). Auch die Beschwerde vermochte diesen Feststellungen nicht in substanziierter Weise entgegenzutreten und eine dem Beschwerdeführer drohende reale Gefahr aufzuzeigen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Auch zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Den Feststellungen des Bundesasylamtes, dass kein Eingriff in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens vorliegt, trat die Beschwerde nicht konkret entgegen.