S4 401.687-1/2008/2Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde der mj. A.M., geb. 00.00.2008, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.9.2008, Zahl: 08 06.583-EAST Ost, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG
I. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.9.2008, Zl. 08 06.583-EAST-Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.8.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde Polen gemäß Art. 4 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) für zuständig erklärt (Spruchteil I.). Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und unter einem ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Antragstellerin nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist (Spruchteil II.).
Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
Die Beschwerdeführerin ist die mj. Tochter der A.K. (Mutter), 00.00.1972 geb. und des A.A. (Vater), 00.00.1962 geb., weiters Schwester der A.T., 00.00.1993 geb., B., 00.00.1995 geb., und M., 00.00.2000 geb. Ihre Eltern und Geschwister sind im Jahre 2005 ins Bundesgebiet eingereist und haben Asylanträge gestellt, die jedoch letztlich sämtlich mit Bescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates gem. § 5 AsylG zurückgewiesen worden sind. Gegenständliche Verfahren der Familienangehörigen der Beschwerdeführerin sind derzeit beim Verwaltungsgerichtshof, der etwa der Beschwerde ihrer Mutter mit Beschluss vom 24.1.2006 aufschiebende Wirkung gewährt hat, anhängig (vgl. den im Akt befindlichen AIS-Ausdruck bez. Des Verfahrens der Mutter der Beschwerdeführerin).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 3.6.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach herrschender Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht 6. Anm. zur - analogen - Regelung des § 37 Abs 1 AsylG, 155, Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs 1 AsylG, 512 und K8 zu § 38 AsylG, 522f; vgl auch Fahrner/Premiszl, "Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005, Migralex 2/06, 69f).
Art. 8 EMRK lautet:
(1) "Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs."
(2) "Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Da die Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche die Eltern und Geschwister der Beschwerdeführerin betreffen, gegenwärtig (nach der Aktenlage jedenfalls hinsichtlich ihrer Mutter) mit aufschiebender Wirkung beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sind und damit jede Zurück- oder Abschiebung (jedenfalls) ihrer Mutter für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist, würde die Ausweisung der in Österreich nachgeborenen Beschwerdeführerin sie - jedenfalls während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ihrer Mutter - in ihren Rechten gem. Art. 8 EMRK verletzen.
Somit war spruchgemäß zu beschließen.