TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/30 B1 310958-1/2008

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Veröffentlicht am 30.09.2008
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Spruch

B1 310.958-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG) iVm § 66 Abs.4 AVG 1991 durch den Richter Dr. Ruso als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Magele als Beisitzer über die Beschwerde des K.K., geboren am 00.00.1983, Staatsangehörigkeit: Republik Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.03.2007, Zahl: 06 00.331-BAW, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde des K.K. vom 26.03.2007 wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wird K.K. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo nicht zuerkannt.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z 2 AsylG wird K.K. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

1.1 Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo und Angehöriger der albanischen Bevölkerungsgruppe brachte am 09.01.2006 unter Vorlage seines serbischen Personalausweises einen Antrag auf internationalen Schutz ein, zu dem er am selben Tag im Rahmen seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes angab, er habe am 08.01.2006 den Herkunftsstaat verlassen und sei versteckt in einem PKW mit Schlepperunterstützung illegal nach Österreich eingereist. Als Grund für das Verlassen des Herkunftslandes gab er an, dass er am 30.12.2005 gearbeitet habe und gegen 02.00 Uhr morgens in seiner Abwesenheit zu Hause von ca. 10 bewaffneten und maskierten Personen gesucht worden sei. Der Bruder des Beschwerdeführers habe mit den Männern gesprochen und ihnen gesagt, dass dieser nicht zu Hause sei. Die Männer hätten diesem nicht geglaubt und das ganze Haus durchsucht. Der Beschwerdeführer wisse nicht, was diese Männer von ihm wollten und diese hätten dem Bruder des Beschwerdeführers auch nichts gesagt. Als die Männer weg waren, habe der Bruder des Beschwerdeführers diesen angerufen. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich bei seinem Chef I.E. befunden. Der Beschwerdeführer sei nicht nachhause zurückgekehrt, sondern zu seiner Tante nach P. gegangen, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufgehalten habe. Die Tätigkeit des Schleppers sei durch den Bruder des Beschwerdeführers organisiert und finanziert worden.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 17.01.2006 gab der Beschwerdeführer folgendes an:

 

"Frage: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Haben Sie sonst noch Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Über welchen Staat reisten Sie in das EU- Gebiet ein?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Haben Sie in einem anderen Land um Asyl angesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Erhielten Sie in einem anderen Land ein Visum?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, wenn ja, solche, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

 

Antwort: Mein Bruder K.S., 1976 geb., befindet sich seit 1998 als Asylwerber in Österreich (Anmerkung: 02 13.825). Seit 1998 habe ich gelegentlich telefonischen Kontakt zu ihm gehabt. Seit ich in Österreich bin habe ich wieder mehr Kontakt zu ihm. Sonst habe ich noch einen Onkel in Deutschland. Ab und zu habe ich Kontakt zu ihm, eher selten. Finanziell abhängig bin ich von meinem Bruder und meinem Onkel nicht. Sonst habe ich keine Verwandten in Österreich, der EU, Norwegen oder Island.

 

Frage: Wo haben Sie sich von Ihrer Geburt weg bis zu Ihrer jetzigen Ausreise aufgehalten?

 

Antwort: Immer in B., Gemeinde D.. Im Jänner 2006 bin ich erstmalig ausgereist.

 

Anmerkung: Übersetzung der Rubrik Fluchtweg des Asylantragsformulars vom 09.01.2006: Ich war nie in Österreich. Ich verlasse mich auf den österreichischen Staat.

 

Frage: Sind Sie vorbestraft oder haben Sie strafbare Handlungen begangen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals in Haft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Besteht gegen Sie in Ihrem Heimatland ein Haftbefehl?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Werden Sie derzeit von den Behörden in Ihrem Heimatland gesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals aktiv politisch tätig oder einer Partei zugehörig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Geben Sie bitte alle Gründe an, weswegen Sie Ihr Heimatland verlassen haben und in Österreich einen Asylantrag stellen.

 

Antwort: Maskierte Personen sind zu uns nach Hause gekommen und haben nach mir gesucht. An diesem Tag, am 30.12.2005 habe ich gearbeitet, von 7 Uhr in der Früh bis 5 Uhr am Nachmittag. Von 6 bis 11 Uhr haben wir in unserem Laden in D. die Inventur gemacht, in einem Lebensmittelgeschäft, wo ich gearbeitet habe. Weil es so spät war, habe ich beim Eigentümer des Ladens übernachtet. Sein Name ist I.E.. Um 3 Uhr in der Früh hat mich mein Bruder angerufen und mir mitgeteilt, dass 10 Personen mich gesucht haben. Sie haben das Haus durchsucht. Am nächsten Tag hat mich mein Bruder abgeholt, mit dem Auto und mich zur Tante nach P. gefahren. Am 8.1.2006 bin ich dann von dort Richtung Österreich losgefahren.

 

Frage: Was hätten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

 

Antwort: Ich fürchten um mein Leben, dass sie mich töten werden.

 

Frage: Weshalb sollten Sie getötet werden?

 

Antwort: Ich war selber überrascht, dass sie nach mir gefragt haben, ich habe keine Ahnung.

 

Frage: Haben Sie alle Fluchtgründe angegeben?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Wer waren diese Leute, welche nach Ihnen gesucht haben?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Wurde auch zu einem anderen Zeitpunkt von diesen Leuten nach Ihnen gesucht?

 

Antwort: Nein, das war das erste Mal.

 

Frage: Weshalb wurden Sie von diesen Leuten gesucht?

 

Antwort: Ich weiß es nicht. Ich war selber überrascht, dass sie mich gesucht haben.

 

Frage: Haben Sie sich nach dem geschilderten Vorfall mit den unbekannten Leuten an die Polizei gewendet?

 

Antwort: Nein. Ich hatte Angst um meine Familie, dass meiner Familie etwas passieren könnte.

 

Frage: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden?

 

Antwort: Gut."

 

Bei der am 24.01.2007 durchgeführten weiteren Einvernahme durch das Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer auf Befragen folgendes an:

 

"Frage: Sind Sie gesund und körperlich und geistig in der Lage sich auf die Vergangenheit zu konzentrieren und die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

 

Antwort: Ich bin gesund und habe keine psychischen bzw. physischen Probleme.

 

Frage: Wie verstehen Sie den/die Dolmetscher(in)?

 

Antwort: Sehr gut.

 

Frage: Können Sie sich legitimieren? Der Ast. legt seinen serbischen Personalausweis vor.

 

Frage: Wo befindet sich Ihr Reispass?

 

Antwort: Meinen serbischen Reisepass habe ich meinem Schlepper gegeben, aber nicht mehr zurückbekommen.

 

Frage: Möchten Sie zu Ihrem bisherigen Vorbringen noch etwas hinzufügen, ergänzen oder korrigieren?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wer von Ihrer Familie lebt noch im Kosovo?

 

Antwort: Meine Mutter und meine drei Brüder und eine Schwester leben im Dorf B. Gemeinde D.. Sie leben alle im Haus meiner Mutter.

 

Frage: Wo lebten Sie vor Ihrer Einreise nach Österreich?

 

Antwort: Ich lebte nur bei meiner Mutter in B. und dort bin ich noch immer registriert.

 

Frage: Haben Sie in Ihrer Heimat gearbeitet?

 

Antwort: Ich war bis zu meiner Ausreise als Angestellter bei der Fa. S., Lebensmittelgeschäft, in D. beschäftigt.

 

Frage: Haben Sie Verwandte in Österreich?

 

Antwort: Ich habe einen Bruder und einen Onkel in Wien.

 

Frage: Welchen Aufenthaltstitel haben Ihre Verwandten in Österreich?

 

Antwort: Mein Bruder, K.S., geb. 1976, ist ebenfalls Asylwerber und mein Onkel B.H., ist österreichischer Staatsbürger.

 

Frage: Sind Sie aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gereist?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: War Ihre Existenzgrundlage in Ihrer Heimat gesichert?

 

Antwort: Ich hatte drei Geschäfte im Kosovo und hatte es nicht notwendig nach Österreich zu kommen.

 

Frage: Können Sie mir diese Angaben näher erklären?

 

Antwort: Wir haben zwei eigene Lebensmittelgeschäfte, ein Geschäft in B. und das andere in D.. Wir haben auch einen eigenen Buchhandelladen in D.. Die Geschäfte gehören alle meinen Eltern, bzw. nun meiner Mutter.

 

Frage: Nennen Sie mir Ihre aktuelle Meldeadresse bzw. Ihre aktuelle Abgabestelle?

 

Antwort: Ich wohne bei meinem Onkel.

 

Frage: Wie finanzieren Sie Ihren Aufenthalt in Österreich?

 

Antwort: Anfangs habe ich finanzielle Unterstützung von meiner gesamten Familie aus dem Kosovo erhalten, jedoch seit März 2005 habe ich illegal für verschiedene Baustellen als Bauhelfer gearbeitet. Derzeit habe ich keine Arbeit, aber ich werde wieder eine finden.

 

Frage: Haben Sie durch Ihre illegalen Einkünfte im Baugewerbe für sich alleine sorgen können?

 

Antwort: Ich habe für mich selbst sorgen können und habe keine Unterstützung meiner Familie benötigt.

 

Frage: Warum leben Sie noch bei Ihrem Onkel, zumal Sie offensichtlich über ausreichende Geldmitteln verfügen?

 

Antwort: Ich kann Essen, Trinken und übernachten bei ihm, ohne etwas zu bezahlen.

 

Vorhalt: Sie haben in Traiskirchen zu Protokoll gegeben, dass sich lediglich Ihr Bruder in Österreich aufhaltet. Ihr Onkel blieb in dieser Einvernahme unerwähnt. Können Sie mir das erklären?

 

Antwort: Ich habe im Nachhinein diesen Umstand von meinem Bruder erfahren. Ich hatte vor meiner Ausreise nach Österreich keinen Kontakt zu meinem Onkel.

 

Frage: Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Sind Sie erstmalig in Österreich bzw. im Ausland?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Warum haben Sie in Österreich einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Ich war verpflichtet, unbedingt.

 

Frage: Können Sie etwaige vorhandene Fluchtgründe konkretisieren?

 

Antwort: Am 30.12.2005 habe ich von 07.00- 22.00 Uhr gearbeitet. Wir hatten in unserer Firma eine Finanzinspektion. Daher musste ich, da es sehr spät war, bei meinem Chef zu Hause übernachten. In dieser Nacht sind zehn maskierte bewaffnete Personen zu mir nach Hause gekommen, die mich gesucht haben. Mein Bruder hat ihnen mitgeteilt, dass ich nicht zu Hause wäre, worauf sie meinen Bruder bedroht und das Haus nach mir durchsucht haben. Nachdem sie gegangen sind, hat mich mein Bruder angerufen und mein Bruder hat mich nach P. zu meiner Tante gebracht. Dort lebte ich bis am 8.1.2006. Meine Familie hat entschieden, dass ich nach Österreich gehen soll und hat auch alles organisiert.

 

Frage: Haben Sie alle Fluchtgründe angegeben?

 

Antwort: Ja, dass war mein einziger Grund.

 

Frage: Könnten Sie in einem anderen Ort in Ihrer Heimat leben?

 

Antwort: Nein. Ich will nur zu Hause in B. leben, aber das geht nicht.

 

Frage: Warum können Sie nicht an einem anderen Ort im Kosovo leben, zumal sie auch B. nun verlassen haben?

 

Antwort: Ich habe Angst im Kosovo zu leben.

 

Frage: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

 

Antwort: Ich habe Angst um mein Leben.

 

Frage: Wurde im Kosovo eine Anzeige erstattet?

 

Antwort: Nein, auch meine Familie hat keine erstattet. Wir haben Angst gehabt.

 

Frage: Wer waren diese Männer und was haben die genau von Ihnen gewollt?

 

Antwort: Wir wissen es nicht. F War das der einzige Vorfall mit diesen Männern?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Gibt es Ihrerseits eine Vermutung warum Sie von unbekannten Männern gesucht werden?

 

Antwort: Mein damaliger Chef hat während des Krieges mit den Serben zusammengearbeitet und er ist Goraner.

 

Frage: Welche Person meinen Sie da genau?

 

Antwort: I.E. war mein Chef im Supermarkt, wo ich gearbeitet habe.

 

Frage: Gibt es diesen Supermarkt in D. noch?

 

Antwort: Ich habe bis zu meiner Ausreise gearbeitet.

 

Frage: Ist dieser I.E. der Eigentümer dieses Supermarktes?

 

Antwort: Ja und ich nehme an, dass er noch immer dieses Geschäft führt.

 

Frage: Warum können Sie sich noch auf den genauen Zeitpunkt des Vorfalles erinnern?

 

Antwort: Das war eine Katastrophe für mich.

 

Frage: Wann genau war dieser Vorfall?

 

Antwort: Am 31.12.2006, um 02.00 Uhr in der Früh.

 

Frage: Wo haben Sie an diesem Tag genau gearbeitet und wann genau wurden Sie von Ihrem Bruder von diesem Ereignis angerufen?

 

Antwort: Ich habe, wie bereits erwähnt, von 7.00 bis 22.00 Uhr im Supermarket gearbeitet.

 

Frage: Wo genau lebt Ihr Ex-Chef?

 

Antwort: In K. Gemeinde D..

 

Frage: Wie weit ist K. bzw. B. von D. entfernt?

 

Antwort: K. ist ca. 4-5 km und B. ca. 15 km davon entfernt.

 

Frage: Haben diese Männer, laut Ihrem Bruder irgendwelche Auffälligkeiten bzw. Merkmale gehabt?

 

Antwort: Die waren maskiert.

 

Frage: Sie sagten vorher Ihre Familie hätte Ihre Ausreise entschieden. Wären Sie von sich aus, wenn es diese Entscheidung seitens Ihrer Familie nicht gegeben hätte, im Kosovo verblieben?

 

Antwort: Ich hätte nicht für sehr lange Zeit bei meiner Tante leben können. In der Zeit wo ich mich bei meiner Tante in P. aufgehalten habe, habe ich mich sicher gefühlt.

 

Frage: Nach Ihrem Vorbringen zur Folge hatten Sie nie persönlichen Kontakt zu diesen unbekannten Personen?

 

Antwort: Ich hatten nie persönlichen Kontakt.

 

Vorhalt: Ihr Angaben sind weder logisch nachvollziehbar noch plausibel vorgebracht worden, zumal in Ihrem Vorbringen gravierende Widersprüchlichkeiten festgestellt wurden. Einerseits haben Sie bis zu Ihrer Ausreise bei Ihrer Mutter in B. gelebt und anderseits hätten Sie sich vor Ihrer Ausreise in P. bei ihrer Tante aufgehalten. Weiters scheint es unlogisch, dass Sie nie persönlichen Kontakt zu diesen Männern gehabt haben, obwohl Sie von diesen gesucht wurden. Diese Männer hätten ihr Haus ausfindig gemacht und daher wäre es ihnen leicht möglich gewesen, Ihre Arbeitsstelle zu finden, zumal sie Angaben bis zu Ihrer Ausreise gearbeitet zu haben. Warum gerade Sie verfolgt werden, konnten Sie weder logisch begründen noch wussten Sie, wer diese Personen waren. Die Vermutung wegen Ihrem Chef verfolgt zu werden ist unlogisch und unglaubwürdig, zumal sich Ihr Chef noch immer in der Heimat befindet und offensichtlich keiner Verfolgung ausgesetzt ist. Ihr Gesamtvorbringen ist derart unglaubwürdig, wodurch Ihnen die Glaubwürdigkeit versagt werden musste. Nehmen Sie dazu Stellung.

 

Antwort: Mein Chef wird von der KFOR beschützt. Sie konnten nur nachtsüber agieren, daher sind offensichtlich nicht ins Geschäft gekommen.

 

Vorhalt: Wie können Sie mir erklären, dass obwohl Ihr Bruder von diesen Männer bedroht wurde, noch immer im Kosovo lebt?

 

Antwort: Sie sind nur wegen mir gekommen.

 

Vorhalt: Auch ist es unerklärlich, warum Sie nicht den Schutz der internationalen bzw. nationalen Behörde in Anspruch genommen haben, zumal grundsätzlich die Behörden im Kosovo willens und in der Lage sind gegen Kriminelle vorzugehen. Nehmen Sie dazu Stellung?

 

Antwort: Ich würde die ganze Familie in Gefahr bringen.

 

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die allgemeinen Länderfeststellungen des BAA zu Serbien (Bericht Fact Finding Mission - 06/2006, Österr. Botschaft, Kosovobericht-01.04.2006 bzw. 09/2005, UK- Home Office v. 10/2005 siehe auch Österr. Botschaft, Kosovobericht v. 9/2005, UN-Report v. 25.1.2006) Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden dem ASt. vorgelegt und die Übersetzung angeboten.

 

Antwort: Ich verzichte darauf. Keiner kann mich schützen.

 

Frage: Haben Sie alle Fluchtgründe der Behörde vorbringen können?

 

Antwort: Ein oder zwei Monate nach diesem Vorfall sind zwei unbekannte Personen in den Supermarkt gekommen und haben gefragt wo ich mich befinde.

 

Frage: Woher haben Sie diese Informationen?

 

Antwort: Ich habe zwei Monate nach meiner Ankunft in Österreich mit meiner Mutter telefoniert, die mir das erzählt hat.

 

Frage: Vorher weiß die Mutter diesen Umstand?

 

Antwort: Von meinem Bruder.

 

Frage: Vorher hat der Bruder von diesem Ereignis Kenntnis?

 

Antwort: Der hat es von meinem Ex-Chef erfahren.

 

Frage: Haben Sie den/die DolmetscherIn verstanden?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Haben Sie alles der Behörde vorbringen können?

 

Antwort: Ja, ich habe alles gesagt. Nach der Rückübersetzung gibt der Ast. folgendes an: Nicht ich, sondern mein Bruder hat meinen Reisepass dem Schlepper übergeben und ich habe ihn nicht mehr zurückbekommen."

 

1.2 Mit angefochtenem Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischem Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte. Das Bundesasylamt erkannte auch keine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung des Beschwerdeführers für den Fall dessen Rückkehr in den Herkunftsstaat. Diesbezüglich führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus, das Bestehen einer derartigen Gefährdung ergebe sich nicht aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland und verwies insbesondere darauf, dass der Beschwerdeführer durch seine dort lebenden Verwandten ein soziales und wirtschaftlichen Bezugsnetz habe und im Herkunftsstaat auch ein Sozialhilfesystem auf niedrigen Niveau bestehe. Wegen der illegal erfolgten Einreise, der kurzen Dauer des Aufenthaltes und der vom Beschwerdeführer eingestandenermaßen ausgeübten illegalen Beschäftigung stelle die Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

1.3 Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Beschwerdeführer mit schriftlicher Eingabe vom 26.03.2007 das Rechtsmittel der Berufung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ohne derartige Mängel jedoch zu bezeichnen oder näher auszuführen. Gegen die Beweiswürdigung wird lediglich eingewendet, dass ein Widerspruch hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers über seinen Aufenthaltsort unmittelbar vor der Ausreise entgegen der Darstellung des angefochtenen Bescheids tatsächlich nicht vorliege. Das Rechtsmittel enthält weiters eine Wiederholung der Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers und es sind darin Abschnitte aus dem Bericht von Amnesty International 2006 über die Situation in Serbien, Provinz Kosovo, wiedergegeben, die jedoch in keinem Zusammenhang mit den Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers stehen. Im Rechtsmittelschreiben werden anzuwendende Rechtsvorschriften zitiert und mit der auf keinerlei konkretes Tatsachenvorbringen gestützten Behauptung verbunden, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfülle. Die verhängte Ausweisung wird mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber verfüge, als rechtswidrig bezeichnet.

 

1.4. Über den Asylantrag des Bruders des Beschwerdeführers ist beim Asylgerichtshof ein Beschwerdeverfahren unter Zahl: B1 203.773-2/2008 anhängig.

 

1.5 Der Beschwerdeführer (und sein Bruder) wurden durch Schreiben des Asylgerichtshofs vom 04.09.2008 (bzw. 05.09.2008) über vorläufige Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat, zu ihrer Staatsangehörigkeit und zu ihrem familiären und persönlichen Verhältnissen in Kenntnis gesetzt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen eingeräumt.

 

Dazu teilte der Beschwerdeführer mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 18.09.2008 mit, dass er am 09.01.2006 in Österreich eingereist sei und sich seither durchgehend hier aufgehalten habe. Er sei zunächst bis 16.02.2006 im Flüchtlingslager Traiskirchen gewesen und habe seit diesem Zeitpunkt bei seinem Onkel gewohnt.

 

Es sei nicht richtig, dass sich die gesamte Familie des Beschwerdeführerse im Kosovo befindet. Der Vater des Beschwerdeführers sei bereits verstorben und sein Bruder lebe ebenfalls in Österreich bei seinem Onkel, einem österreichischen Staatsbürger, sowie eine Schwester in Italien. Lediglich die Mutter und die anderen Geschwister des Beschwerdeführers leben im Kosovo. Zwischen dem Beschwerdeführer, seinem Bruder sowie dem genannten Onkel bestehe aufgrund der Tatsache, dass diese bereits lange zusammenleben und der Onkel aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes einer regelmäßigen Betreuung bedarf (Einkaufen, Verrichtung von Haushaltsarbeiten, Transporttätigkeiten etc.), welche der Beschwerdeführer abwechselnd mit seinem Bruder ausübe, eine die verwandtschaftsübliche Intensität bei weitem übersteigende Nahebeziehung. Die familiären Beziehungen zu Österreich seien jedenfalls wesentlich intensiver als jene zum Kosovo, zumal er seine dort lebenden Verwandten seit fast drei Jahren nicht gesehen habe.

 

Seit dem 24.03.2006 gehe der Beschwerdeführer einer geregelten Arbeit nach und er habe in Österreich erstmals einen Beruf (Eisenbieger) gelernt. Der Beschwerdeführer legte dazu Kopien von Anmeldungen von acht Dienstgebern zu Sozialversicherungsträgern vor, welche seit 24.03.2006 erfolgt waren.

 

Zu den vorläufigen Feststellungen über die Lage im Kosovo wurde in der Stellungnahme vorgebracht, dass es sich um eine zwar ausführliche, jedoch insgesamt nur überblicksartige Zusammenfassung der Gesamtsituation handle, welche naturgemäß nicht auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers eingehe. Dieser habe 2006 den Kosovo aus dem Grund verlassen, weil er von etwa zehn bewaffneten Personen gesucht und verfolgt wurde. Aus der dargestellten Gesamtsituation im Kosovo ergebe sich kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer nunmehr im Falle einer Rückkehr in den Kosovo nicht mehr verfolgt werde, sondern ergebe sich lediglich, dass eine Verfolgung nunmehr nicht mehr so wahrscheinlich wie 2005 sei. Aufgrund der Zeitnähe sei davon auszugehen, dass er im Fall der Rückkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bedrohungen und Verfolgungen ausgesetzt sein werde.

 

Als Bescheinigungsmittel wurden Meldebestätigungen und Bestätigungen der Dienstgeber beigelegt.

 

Es wurde vorgebracht, dass ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle, dieser bereits nahezu drei Jahre in Österreich lebe und einer geregelten Beschäftigung nachgehe und sich gemeinsam mit seinem Bruder intensiv um den Onkel kümmere, sodass er aus diesen Gründen nicht abgeschoben oder ausgewiesen werden dürfe. Er stelle daher den Antrag, dem Asylantrag Folge zu geben und ihn nicht auszuweisen.

 

Im Übrigen wurde dem Inhalt der bekannt gegebenen vorläufigen Feststellungen nicht entgegengetreten. Im Beschwerdeverfahren des Bruders des Beschwerdeführers wurde eine im Wesentlichen ähnlich lautende Stellungnahme abgegeben.

 

2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens:

 

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige der Republik Kosovo und gehört der albanischen Bevölkerungsgruppe an. Der Beschwerdeführer hat im Jänner 2006 die Provinz Kosovo verlassen und ist illegal nach Österreich eingereist. Seine Verfolgungsbehauptungen waren nicht glaubhaft. Selbst bei Zutreffen dieser Behauptungen könnte der Beschwerdeführer vor einer Bedrohung der behaupteten Art wirksamen Schutz der Behörden des Herkunftsstaates finden.

 

Im Herkunftsstaat leben im Herkunftsort des Beschwerdeführers B. dessen Mutter und Geschwister (abgesehen von dem in Österreich als Asylwerber befindlichen Bruder und einer in Italien aufhältigen Schwester) im Haus der Familie, die über zwei Lebensmittelgeschäfte und eine Buchhandlung verfügt. Der Beschwerdeführer lebt seit fast drei Jahren bei seinem Onkel, einem österreichischen Staatsbürger und unterstützt diesen durch Einkaufstätigkeit, Arbeiten im Haushalt und Transporttätigkeiten. Der Beschwerdeführer hat im September 2006 im Rahmen der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich Leistungen (Unterbringung, Krankenversicherung) in Anspruch genommen. Er hat seit der ersten Jahreshälfte 2006 in Österreich Beschäftigungen ausgeübt. Der Beschwerdeführer ist gesund.

 

2.2 Zur Situation im Kosovo wird festgestellt:

 

1. a. Allgemeines:

 

Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 3-5]

 

1. b. Lageentwicklung:

 

1. b.1. Kosovo unter UN - Verwaltung

 

Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]

 

1. b.2. Statusverhandlungen

 

Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21. Oktober 2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pri¿tina bzw. Belgrad begannen am 22. Februar 2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 02.02.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt.

 

Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 01.08.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007, Seite 7; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:

Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]

 

1. b.3. Wahlen

 

Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen entsprechend der internationalen und europäischen Standards verlaufen sind. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 28]

 

Am 9. Jänner 2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15 Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner LDK

 

und drei den Minderheiten zu. [APA 09.01.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt]

 

1. b.4. Unabhängigkeit des Kosovo

 

Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.

 

Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt.

 

Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATOSoldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung

 

einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. Noch ist offen, wann und wie die Befugnisse auf die EU übergehen sollen. Es fehlen klare Regelungen für den Wechsel der Zuständigkeiten.

 

UNMIK kann sich formal aber erst dann aus dem Kosovo zurückziehen, wenn die noch geltende UN-Resolution 1244 durch den Sicherheitsrat außer Kraft gesetzt wird.

 

Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung.

 

Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert.

 

[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seiten 2-3]

 

Die Verfassung wurde am 15. Juni 2008 vom Parlament verabschiedet [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008], welche am selben Tag in Kraft trat. [Constitution of the Republic of Kosovo]

 

Die serbische Staatsführung bezeichnete die Verfassung der abtrünnigen Provinz als rechtlich nicht existent". Präsident Boris Tadic kündigte an, die Proklamation der Kosovo-Verfassung werde von Belgrad nicht als rechtsgültig anerkannt.

 

Der Kosovo bleibt unter internationalem Protektorat.

 

Laut den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO-geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen.[ APA 10.06.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein]

 

Ob die Letztverantwortlichkeit im Kosovo bei der EU oder der UNO liegen wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008]

 

1. b.4.1.Staatsangehörigkeit:

 

Das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft [Regulation no. 2000/13, 17 March 2000 On the Central Civil Registry, Law on Citizenship of Kosova

 

http://www.assembly-kosova.org/?krye=laws&lang=en&ligjid=243]

 

Die relevanten Bestimmungen lauten:

 

CHAPTER II ACQUISITION OF CITIZENSHIP

 

Article 5 Modalities of the acquisition of citizenship

 

The citizenship of Republic of Kosova shall be acquired:

 

a) by birth;

 

b) by adoption;

 

c) by naturalization;

 

d) based on international treaties

 

e) based on Articles 28 and 29 of this Law.

 

Übergangsbestimmungen:

 

CHAPTER V TRANSITIONAL PROVISIONS

 

Article 28 The Status of habitual residents of Republic of Kosova

 

28.1 Every person who is registered as a habitual resident of Republic of Kosova pursuant to UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry shall be considered a citizen of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens.

 

Article 29 Citizenship according to the Comprehensive Proposal for the Republic of Kosova Status Settlement

 

29.1 All persons who on 1 January 1998 were citizens of the Federal Republic of Yugoslavia and on that day were habitually residing in Republic of Kosova shall be citizens of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens irrespective of their current residence or citizenship.

 

29.2 Provisions of paragraph 1 of this Article apply also to direct descendants of the persons referred to in paragraph 1.

 

29.3 The registration of the persons referred to in paragraphs 1 and 2 of this Article in the register of citizens shall take effect upon the application of the person who fulfills the requirements set out in this Article.

 

29.4 The competent body shall determine in sub-normative acts the criteria which shall constitute evidence of the citizenship of the Federal Republic of Yugoslavia and habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998.

 

29.5 The competent body shall use the criteria set for the in UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry to determine habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998

 

Exkurs:

 

REGULATION NO. 2000/13

 

UNMIK/REG/2000/13

 

17 March 2000

 

ON THE CENTRAL CIVIL REGISTRY

 

Section 3

 

HABITUAL RESIDENTS OF KOSOVO

 

The Civil Registrar shall register the following persons as habitual residents of Kosovo:

 

(a) Persons born in Kosovo or who have at least one parent born in Kosovo;

 

(b) Persons who can prove that they have resided in Kosovo for at least a continuous period of five years;

 

(c) Such other persons who, in the opinion of the Civil Registrar, were forced to leave Kosovo and for that reason were unable to meet the residency requirement in paragraph (b) of this section; or

 

(d) Otherwise ineligible dependent children of persons registered pursuant to

 

subparagraphs (a), (b) and/or (c) of this section, such children being under the age of

 

18 years, or under the age of 23 years but proved to be in full-time attendance at a recognized educational institution.

 

2. Sicherheitslage im Kosovo:

 

2. a. Lageentwicklung:

 

Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine weiten Unruhen mehr.

 

Die Zahl der registrierten Delikte verringerte sich 2006 im Vergleich zum Jahr 2005 um ca. 5 % auf 64.165. Für 2006 lässt sich ein Rückgang der Delikte gegen Leib und Leben feststellen, während Eigentumsdelikte durchschnittlich um etwa 5 % zugenommen haben.

 

Nachfolgend detaillierte Zahlen zu ausgewählten Delikten:

 

[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 9]

 

2.1. Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:

 

Kosovo Police Service KPS /ShPK:

 

Die OSCE leitet in Vushtrri eine zentrale Aus -und Fortbildungsstätte für KPS.

 

Seit 1999 werden die verschiedenen Lehrgänge durch internationale Polizeitrainer aus verschiedenen Staaten ausgebildet. Inzwischen wird das Institut durch einen lokalen Direktor geleitet.

 

Neben der Ausbildung besteht ein Hauptaugenmerk auf Fortbildung. Immer wieder werden bei Kursen auch externe Experten eingeflogen, welche dann in ihrem Spezialgebiet die Kenntnisse weitergeben.

 

Nach der Ausbildung erfolgt die Aufteilung in die verschiedenen Regionen des Kosovo.

 

Von diesen wurden bis auf die Region MITROVICA alle bereits von UNMIK Police an KPS übergeben. UNMIK Police übt eine beobachtende Rolle aus, unterstützt und evaluiert die Arbeit von KPS.

 

Gesamtstand: 7.160 Beamte (30.11.2007)

 

davon serbische Ethnie: 716 Beamte = 10,0 Prozent

 

sonstige Minderheiten: 403 Beamte = 5,6 Prozent [Kosovo - Bericht

20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 33]

 

KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 22.10.2006, Zahl 154/07 an das BAE]

 

Sollte eine Person aus dezidierten Gründen kein Vertrauen in KPS haben, kann die Anzeige auch bei internationalen Polizeibeamten von UNMIK eingebracht werden, welche dann über die weitere Vorgangsweise entscheiden.

 

Wenden sich Personen an KFOR, versuchen diese, die Anzeige an eine dafür zuständige Stelle (KPS oder UNMIK) weiterzuleiten. KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo.

 

Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.

 

Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.

 

Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger.

 

Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden.

 

Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden, was bei anderen Institutionen absolut nicht der Fall wäre. [Kosovo - Bericht 31.03.2007 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 9-10]

 

UNMIK Police:

 

Seit August 1999 ist UNMIK Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestehen derzeit in der Region Mitrovica (noch nicht an KPS übergeben), in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol - Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc).

 

Sonderfälle sind die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz.

 

Sonst hat UNMIK POLICE eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen. UNMIK Police soll mit Ablauf der Übergangsfrist von 120 Tagen (über den Beginn dieses Zeitraums gibt es noch keine Einigung bzw. keine definitive Aussage) durch EULEX ersetzt werden.

 

Gesamtstand: ca. 2.000 Beamte aus 42 Ländern (inkl. 7 aus Afrika)

 

Österreich: 22 Beamte

 

Kosovo Protection Corps KPC / TMK:

 

KPC / TMK wurde nach der Demilitarisierung der Kosovo Liberation Army KLA / UCK 1999 gegründet und wird in Ausrüstung, Training und Dienstversehung durch Kosovo Force KFOR unterstützt. Nach Ablauf der Übergangsphase von 120 Tagen nach Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung soll KPC / TMK in eine Kosovo Security Force KSF / FSK übergeleitet werden. Die Schaffung der neuen Einheit ist im Ahtisaari - Paket vorgesehen.

 

Derzeitiger Stand KPC / TMK:

 

Aktive: 2.906

 

Reservisten: 2.000

 

Minderheitenanteil: 6,6 Prozent, inklusive 1,4 Prozent Serben

 

KFOR:

 

KFOR hat eine Präsenz von ca. 16.000 Soldaten und gliedert sich in fünf Regionen, welche jeweils unter verschiedener Führung stehen, das Hauptquartier ist in Pristina. Das Vertrauen der Bevölkerung in KFOR ist im Vergleich mit anderen internationalen Institutionen am höchsten. KFOR führt auch im CIMIC Sektor immer wieder zahlreiche Projekte durch, mit welchen die Infrastruktur im Kosovo verbessert werden soll.

 

In Planung:

 

EULEX:

 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgt die Vorbereitung dieser mittels Mandats des Rats der Europäischen Union vom 04.02.2008 errichteten ESVP - Mission durch EUPT (European Union Preparation Team).

 

Kommandant EULEX: Yves de KERMABON (F)

 

Stellvertreter: Roy REEVE (UK)

 

Polizei: Rainer KÜHN (D)

 

Gesamtstand: 1.900 Internationale

 

1.100 Nationale

 

Aufgabenbereich: Überwachung und Beratung der lokalen Polizei, Justiz, Justizwache und des Zolls.

 

Operative Aufgaben im Polizeibereich sollen analog der jetzt von UNMIK ausgeübten Tätigkeiten sein (Abteilung OK, Kriegsverbrechen, Zeugenschutz, Personenschutz, etc.)

 

KOSOVO SECURITY FORCE KSF / FSK

 

Die Übergangsphase von KPC / TMK zu KSF / FSK soll innerhalb von vier Monaten erfolgen, realistisch wurde ein Zeitrahmen von sechs Monaten angenommen.

 

Mitglieder von KPC / TMK können sich für die neue Einheit bewerben und müssen sich mit anderen Bewerbern einem Auswahlverfahren stellen.

 

Das Korps soll ebenfalls uniformiert, militärisch gegliedert und leicht bewaffnet sein. Der Aufgabenbereich wird jenem von KPC / TMK entsprechen. Eine Erhöhung der Mannstärke ist nur mit Zustimmung der internationalen Militärpräsenz (dzt. KFOR) möglich.

 

Oberbefehlshaber soll der Staatspräsident sein, die Eingliederung im neu geschaffenen Ministerium ("Verteidigungsministerium") erfolgen und der Kommandant über Vorschlag des Ministers mit Zustimmung des Premierministers und Entscheidung durch den Staatspräsidenten ernannt bzw. abberufen werden.

 

Die Ausbildung der Mitglieder soll in einer privaten Universität (Amerikanische Universität Kosovo AUK) erfolgen, es soll keine Militärakademie eingerichtet werden.

 

Kein Einsatz ist im Rahmen einer Grenzsicherung geplant.

 

Aktive: 2.500

 

Reservisten: 800

 

Minderheitenanteil: analog der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung

 

Die Sicherheitssituation ist derzeit stabil mit Ausnahme Nordkosovo. Bisher verlief die Phase seit der Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeit durch den Kosovo überraschend ruhig.

 

Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 33-36]

 

2.2. Kosovo - Albaner

 

UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo - Albaner, die während der Kosovo - Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist.

 

Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. [Stephan Müller, Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.02.2007, Seiten 4-5]

 

Im Positionspapier des UNHCR vom Juni 2006 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo - Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo - Albaner in Mischehen und Persone

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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