C3 228.705-0/2008/7E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Vorsitzende und den Richter Mag.Schlaffer als Beisitzer über die Beschwerde des S.B., geb. 00.00.1966, StA. von Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.05.2002, FZ. 02 10.066-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gem. §§ 7, 8 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 AsylG abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Am 13.04.2002 hat er einen Asylantrag gestellt und wurde daraufhin vom Bundesasylamt am 15.05.2002 niederschriftlich befragt. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er im Zeitraum Juni, Juli, August 2001 zweimal von der Polizei, einmal für zwei Tage und einmal für eine Woche, festgenommen worden sei, da diese ihm vorgeworfen hätten, Terroristen verpflegt und unterstützt zu haben. Er sei von den Terroristen bedroht worden und habe diese daher verpflegt. Nachdem die Militärpräsenz auf Seiten Indiens und Pakistans sehr verstärkt worden und es andauernd zu Schießereien gekommen sei, habe er im Februar 2002 sein Heimatdorf verlassen
Das Bundesasylamt hat den Asylantrag mit Bescheid vom 22.05.2002, Zahl 02 10.066-BAE, gem. § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I 1997/76 idgF abgewiesen und festgestellt, dass gem. § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien zulässig ist.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht "Berufung" (nunmehr "Beschwerde") erhoben und hiebei im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
"Pakistanische Terroristen kommen über die Grenze nach Kaschmir und randalieren in unserem Staat und gegen die Bundesregierung. Wir, die Bewohner Kaschmir, haben von denen genug, und werden sehr belästigt. Belästigt deshalb, weil die über die Grenze kommen und von uns Unterkunft verlangen und Verpflegung wollen. Wenn wir ablehnen dann haben die Waffen und töten die Leute und deren Familien. Unsere Häuser werden in Flammen gesetzt und ruiniert. Wenn unserer Regierung das zur Kenntnis kommt, dann belästigt uns die und fragt, warum wir Unterkunft geben. Ich wurde von der Polizei festgenommen und 7-8 Tage haben die mich viel geschlagen. Dann haben sie mich freigelassen und gesagt, wenn uns das noch ein Mal zur Kenntnis kommt, und du uns über die Terroristen nicht informierst, dann kannst du und deine Familie von uns noch mehr erleben. Deshalb habe ich mein Land verlassen."
Am 26.09.2008 fand vor dem Asylgerichtshof eine Beschwerdeverhandlung statt, in der der Beschwerdeführer Folgendes angab:
"VR: Aus welchem Grund haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
BF: Bei der Trennung von Indien und Pakistan 1947 flüchtete mein Vater aus dem Gebiet, das jetzt Pakistan ist und hat sich in Kashmir niedergelassen. Ich bin dort geboren und Kashmir ist meine Heimat. Aber seit einigen Jahren gibt es dort das Problem des Terrorismus. Die pakistanischen Terroristen kommen über die Grenze und terrorisieren die Bewohner. Falls wir zur Polizei gehen, bekommen wir auch von dieser Probleme. Ich musste flüchten, um mein Leben zu retten.
VR: Hatten Sie jemals Probleme mit den Terroristen oder der Polizei?
BF: Ja, ich wurde zweimal von der Armee mitgenommen und geschlagen.
VR: Wohin wurden Sie mitgenommen?
BF: Dorthin, wo sie ihre Location haben.
VR: Wo genau?
BF: Es gibt sehr viele Armeestützpunkte, sowohl in Sri Nagar als auch in Punch.
VR: Wie lange wurden Sie dort festgehalten?
BF: Beide Male wurde ich 2 Tage angehalten.
VR: Sie hatten Probleme mit dem Militär und nicht mit der Polizei?
BF: Nein, nicht mit der Polizei, nur mit der Armee. In meinem Bundesland gibt es sehr viel Armee.
VR: Warum hat man Sie mitgenommen und festgehalten?
BF: Sie haben mich beschuldigt, dass ich die Terroristen in der Nacht bei mir beherbergt habe, dies habe ich aber nicht getan.
VR: Haben Sie die Terroristen in irgendeiner anderen Form unterstützt - sei es mit Nahrungsmitteln, Gewand?
BF: Nein.
VR: In Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 15.05.2002 gaben Sie jedoch ganz etwas anderes an, und zwar gaben Sie an, dass Sie zweimal von der Polizei, einmal für 2 Tage, einmal für eine Woche, festgehalten worden seien, sowie gaben Sie an, dass Sie die Terroristen verpflegt haben. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.
BF: Eigentlich war das so, dass das Militär gemeinsam mit der Polizei zu mir gekommen ist, aber ich wurde zu einem Militärstützpunkt gebracht und dort geschlagen. Mein Haus liegt direkt an der Grenze zu Pakistan. Das ist die Line of Control. Die Terroristen haben bei mir gegessen, indem sie mich unter Druck gesetzt haben.
VR wiederholt den Vorhalt.
BF: Ich kann mich nicht erinnern, was ich damals gesagt habe, da das 6 oder 7 Jahre her ist und ich kein Deutsch lesen kann. Außerdem ist mein Vater vor 2 oder 3 Jahren verstorben. Wegen dem Schock bin ich umgekippt, das war eine Art Schlaganfall und ich wurde im Spital behandelt.
VR: Sie haben einen Schlaganfall bekommen?
BF: Ja.
VR: Sie müssen auch nicht Deutsch lesen können, sondern nur die Wahrheit angeben. So haben Sie z.B. in Ihrer eigenhändig geschriebenen Berufung angegeben, dass Sie lediglich einmal von der Polizei festgenommen worden wären, dies für 7 oder 8 Tage, und geschlagen worden seien und dass Sie danach das Land verlassen hätten. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.
BF: Wegen dieses Schlaganfalls habe ich vieles vergessen.
VR: Was befürchten Sie bei einer etwaigen Rückkehr in Ihr Heimatland?
BF: Ich kann nicht nach Kashmir zurückkehren. Wie Sie wissen, gibt es dort große Probleme wegen des Terrorismus. Außerdem habe ich niemanden dort. Mein Vater ist auch verstorben. Ich möchte hier bleiben.
VR: Sie könnten doch auch in einen anderen Teil Indiens ziehen?
BF: Ich habe niemanden sonst in einem anderen Teil, zu wem würde ich gehen?
VR: Haben Sie noch Familienangehörige in Ihrem Heimatland?
BF: Nein, niemanden. Ich bin Einzelkind, meine Mutter ist schon in meiner Kindheit verstorben, mein Vater ist vor 2 oder 3 Jahren verstorben.
VR: Waren Sie jemals verheiratet bzw. haben Sie Kinder?
BF: Nein. In meinem Dorf in Punch gab es nur 5 bis 7 Sikh-Familien, um eine passende Sikh-Frau zu finden, müsste man nach Jammu reisen. Ich hatte nicht die Mittel dazu.
VR hält dem BF seine Angaben vor dem BAA vom 25.05.2002 vor, wonach er verheiratet sei, 2 Kinder (eine Tochter und einen Sohn) habe sowie dass seine Mutter noch lebe.
BF: Das ist falsch. Der Dolmetscher hat falsch übersetzt. Ich habe ihm das nicht gesagt.
VR: Das Verhandlungsprotokoll wurde Ihnen rückübersetzt und Sie hätten etwaige Fehler monieren können.
BF: Nein, mir wurde das Protokoll nicht rückübersetzt, ich habe aber unterschreiben müssen.
VR: Wann waren Ihre Verhaftungen?
BF: Das war vor meiner Ausreise aus Indien.
VR: Genauer bitte.
BF: Ich kann mich nicht erinnern. Mein Gehirn funktioniert nicht, ich bin in letzter Zeit krank gewesen.
VR: Sie können auch nicht angeben, ob das ein Jahr oder mehrere Jahre oder ein oder mehrere Monate vor Ihrer Ausreise war?
BF: Das war 2001.
VR: Wann 2001?
BF: Das 2. Mal war im Dezember 2001, das Datum der 1. Festnahme weiß ich nicht mehr.
VR: In Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BAA gaben Sie an, dass Ihre Festnahmen im Juni/Juli/August 2001 gewesen seien, nehmen Sie dazu bitte Stellung.
BF: Es kann sein, dass die 1. Festnahme im Juni oder Juli erfolgte, das Militär warf mir vor, dass ich die Terroristen verpflegt habe. Ich habe gesagt, wenn ich diesen das Essen nicht gegeben hätte, hätten sie mich erschossen."
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Im Jahr 2002 hat er sein Heimatland verlassen. Am 13.04.2002 stellte er gegenständlichen Asylantrag.
Zu Indien:
Indien ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem, der mit Einschränkungen gut funktioniert. Die Parteienlandschaft ist vielfältig. Die Presse ist im Wesentlichen frei. Verfassungs- und Rechtsordnung garantieren die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Justiz ist unabhängig. Die Verfahrensdauer ist allerdings häufig extrem lang; Korruption im Einzelfall kann nicht ausgeschlossen werden. Es gibt menschenrechtsverletzende Übergriffe von Polizei- und Sicherheitskräften, eine Systematik ist dabei nicht erkennbar.
Zu Menschenrechtsverletzungen kommt es im besonderen Maße in den Unruhegebieten. Besonders gefährdet sind sozial niedrige Schichten und auch Frauen. Berichte über politische Gefangene gibt es nicht.
Im Mai 2004 wurde die von der hindunationalen BJP geführte NDA ("National Democratic Alliance") Koalitonsregierung durch eine Koalition der UPA ("United Progressive Alliance") unter Führung der Kongress-Partei abgelöst. Ein wichtiges Ziel der neuen Regierung ist die Stärkung des Säkularismus und der Harmonie zwischen den Religionsgruppen. Sie zeigt sich auch an der Verbesserung der Menschenrechtslage interessiert. So wurde im September 2004 das umstrittene Terrorbekämpfungsgesetz POTA außer Kraft gesetzt. Was die Provinz Punjab anbelangt, so ist, nachdem der Terrorismus im Punjab, der sich die Unabhängigkeit von "Khalistan" auf die Fahnen geschrieben hatte, in den 1980er Jahren niedergeschlagen wurde, die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation hat sich normalisiert. Ein Anschlag auf ein Kino in Neu Delhi im Mai 2005, der der Babbar Khalsa zugeschrieben wird, hat zu keiner weiteren Gewalt geführt.
Die Kongresspolitikerin Pratibha Patil wurde zur neuen Präsidenten Indiens gewählt und am 25. Juli vereidigt. Sie besiegte ihren Gegenkandidaten, den bisherigen Vizepräsidenten Bhairon Shekhawat.
Am 24.09.2007 wurde Rahul Gandhi zum Generalsekretär der regierenden Kongresspartei ernannt. Mitglieder der Akali Dal und der Kongresspartei die sich vor Verfolgung durch die Mitglieder der jeweils anderen Partei fürchten können sich an die zuständigen staatlichen Stellen wenden bzw. können sich in einem anderen Landesteil niederlassen (vgl. UK Home Office, Operational Guidance Note India, 20.02.2007, Abschnitt 3.10.6).
Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen haben Punjab verlassen und operieren aus anderen Bundesstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland. Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen ist es im Zuge der Bekämpfung der Militanz zwischen 1984 und 1994 zu ungesetzlichen Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei gekommen, der in der Vergangenheit vor allem extralegale Tötung, willkürliche Verhaftung, Inhaftierung ohne richterliche Kontrolle, Folter und Verschwindenlassen vorgeworfen wurde. Bis 2001 zählte Amnesty International 500 Ermittlungsverfahren gegen Polizeikräfte und 75 Verurteilungen sowie weitere 2555 unbearbeitete Strafanträge von Menschenrechtsgruppen und Privatpersonen. Ein Bericht einer Kommission unter dem ehemaligen Richter Nanavati zu dem Pogrom gegen Sikhs 1984 (ca. 3000 Tote) wurde am 9. August 2005 veröffentlicht. Er entlastet die damalige Regierungsspitze, erhebt aber den Verdacht, dass einzelne Mitglieder der Congress-Partei des Schürens von Gewalt verdächtig seien. In Folge der Veröffentlichung ist einer der Beschuldigten von seinem Amt als Unionsminister zurückgetreten. PM Singh versprach am 10. August 2005, die Verdächtigen rechtlich zu belangen.
Grundsätzlich gibt es im Punjab keine Sicherheitsprobleme mehr.
Was Angehörige der Sikhs betrifft: Sikhs gelten als mobile und unternehmerische Gemeinschaft. In ganz Indien sind Sikhs in verschiedenen Berufen (Kraftfahrer, Mechaniker, Inhaber von Restaurant, Hotels oder Reisebüros etc.) und im öffentlichen Dienst sowie in der Armee anzutreffen. Bedürftigen Sikhs wird zumindest vorübergehend in den in ganz Indien verbreiteten Sikh-Tempeln (Gurudwara) Nahrung und Unterkunft gewährt. Sikhs aus dem Punjab könnten sich gegebenenfalls problemlos in Bundesstaaten wie Rajasthan, Haryana oder Uttar Pradesh niederlassen, außerdem in den Metropolen Delhi oder Bombay.
Die indische Verfassung enthält eine Garantie zum Schutz von Minderheiten vor Diskriminierungen wegen ihrer Zugehörigkeit zu besonderen Religionen, Rassen, Kasten Geschlecht oder Geburtsort (Art. 15). Minderheiten haben das Recht auf eigene Bildungseinrichtungen sowie auf Pflege ihrer eigenen Sprache, Schrift und Kultur (Art. 29 und 30). Unter eine besondere gesetzliche Regelung fallen die anerkannten religiösen Minderheiten der Muslime, Sikhs, Christen, Buddhisten und Parsen, deren Vertreter in einer staatlichen Nationalen Minderheiten-Kommission sitzen. Die seit 1978 bestehende Kommission wurde 1992 neu konstituiert. Um benachteiligte Minderheiten stärker in das öffentliche Leben zu integrieren und um die Chancengleichheit zu erhöhen, erfahren die unterste Schicht der Kastenordnung ("Dalits") sowie die so genannte Stammesbevölkerung ("Adivasis") eine positive Diskriminierung, die auch in der Verfassung niedergelegt ist (Art. 46).
Trotz aller staatlichen Bemühungen werden Minderheiten im öffentlichen und im privaten Bereich weiter benachteiligt, besonders deutlich auf dem Lande. Glaubwürdigen Berichten zufolge sind einige Minderheiten, Muslime und in einzelnen Fällen Christen weiterhin diskriminierenden Praktiken durch Polizei und Strafjustiz ausgesetzt. Oft schreiten Polizei und Ordnungskräfte bei Gewalttaten gegen Minderheiten nicht oder nicht mit der gebotenen Tatkraft ein. So gibt es Berichte aus
Bihar und Uttar Pradesh, wonach staatliche Organe tatenlos zusehen, wenn von Großgrundbesitzern ausgehaltene Banden gegen Landlose vorgehen.
(Quelle: Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", Stand Oktober 2006, vgl. auch UK Home Office, India Country Report, April 2006, Abschnitt 6.529-6.541)
Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger. Die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Wer sich verfolgt fühlt, kann sich demnach in einem anderen Landesteil niederlassen.
Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Diese Rechte unterliegen gewissen Einschränkungen im öffentlichen Interesse. Es gibt keine Überprüfungen von Personen, die neu aus einem Teil von Indien in einen anderen Teil von Indien ankommen, auch wenn es sich um einen Sikh aus dem Punjab handelt. Die lokalen Polizeidienststellen haben weder die Ressourcen noch die sprachlichen Fähigkeiten, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Es gibt kein allgemeines Meldewesen und häufig haben die Menschen auch keine Identitätsausweise.
Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. In Neu Delhi wurden Separatisten aus dem Punjab nach mehreren Jahren friedlichen Aufenthaltes aufgespürt und verhaftet.
Allerdings besteht die Gefahr, von staatlichen Behörden (strafrechtlich) verfolgt zu werden, in der Regel für hochrangige Führungspersonen separatistischer Bewegungen oder militanter Organisationen ("high profile activists") oder ihre Familienangehörige und weniger für "low profile activists".
Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat das Stellen eines Asylantrags allein keine nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden unter Einschluss einer Überprüfung, ob der Rückkehrer auf der unionsweiten Suchliste steht - keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu befürchten. Auf diese Liste werden jedoch nur Personen gesetzt, die im Verdacht schwerwiegender Delikte stehen, worunter nicht jedes schwere Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches zu verstehen ist, sondern nur solche Delikte die die öffentliche Sicherheit in gravierender Weise zu bedrohen geeignet sind, wie insbesondere Anschläge auf Politiker und sonstige terroristische Akte. Gesuchte Personen werden allerdings den Sicherheitsbehörden übergeben.
In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Privater angewiesen.
Diese Ausführungen gründen sich auf folgende Berichte, die in das Verfahren eingeführt wurden:
Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", 19.11.2006
UK Home Office, India Country Report, April 2005
UK Home Office, Bericht zur allgemeinen, politischen und menschenrechtlichen Situation (Operational Guidance Note India), Februar 2007
UK Home Office, COI Report India, 30.09.2007
Human Rights Watch, Country Summary India, January 2007
US Department of State, India, Country Report on Human Rights Practices - 2005, 08.03.2006; 2006-06.03.2007
Mag. Christian Brüser, Gutachten Indien, Oktober 2003, Punkt 7 (Interne Fluchtalternative und Möglichkeit der Existenzsicherung außerhalb der engeren Heimat)
Mag. Christan Brüser, Gutachten Teil B vom 13.11.2007 zu Zahl:
207.131
BAA Staatendokumentation, Länderfeststellungen zu Indien, März 2006.
Die getroffenen Feststellungen zur Person ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers. Die allgemeine Lage ergibt sich aus den jeweiligen angeführten Quellen, deren Inhalt nicht zu bezweifeln ist, und auch vom Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret bestritten wurde.
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen hingegen konnten nicht als Sachverhalt festgestellt werden, da das diesbezügliche Vorbringen aufgrund der eklatanten Widersprüche nicht glaubhaft war:
Vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, dass er im Juni, Juli oder August 2001 zweimal von der Polizei verhaftet und das erste Mal für zwei und das zweite Mal für eine Woche festgenommen worden sei, sowie, dass er die Terroristen verpflegt habe. Hingegen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er von der Armee zweimal mitgenommen und je zwei Tage angehalten worden sei - die zweite Festnahme sei im Dezember 2001 gewesen - sowie, dass er die Terroristen nicht mit Nahrungsmitteln verpflegt habe. Weiters gab der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift an, dass er einmal von der Polizei für 7-8 Tage festgenommen worden sei und danach das Land verlassen habe.
Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, dass er sich nicht mehr erinnern könne was er damals gesagt habe, da dies 6 oder 7 Jahre her sei, sowie, dass er aufgrund eines Schlaganfalles viel vergessen habe, vermag derart gravierende Widersprüche nicht zu beseitigen. Vor dem Asylgerichtshof gab der Beschwerdeführer weiters an, dass er ein Einzelkind sei, nie geheiratet und keine Kinder habe, sowie, dass seine Mutter in seiner Kindheit verstorben sei. Hingegen bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15.05.2002 gab dieser an, dass er verheiratet sei, zwei Kinder (Tochter und Sohn) sowie einen Bruder habe und dass seine Mutter noch lebe. Auch diese krassen Widersprüche konnte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar aufklären.
Insgesamt betrachtet haben sich so gravierende Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben, die einzig und allein den Schluss zulassen, dass das Vorbringen des Asylwerbers betreffend eine konkrete ihn selbst betreffende Verfolgungsgefahr nicht den Tatsachen entspricht.
Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG 1997), zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Verfahren zu obgenanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es sohin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Da der gegenständliche Asylantrag bereits vor obgenanntem Zeitpunkt gestellt worden war, ist das Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 anzuwenden. § 44 Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 101/2003 findet - im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation - nur in jenen Fällen Anwendung, die am 01.05.2004 beim Bundesasylamt anhängig waren.
Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides:
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.
Aus dem festgestellten Sachverhalt folgt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht, sodass nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass der Asylwerber Flüchtling im Sinne der GFK ist.
Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Indien zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hiebei auch die Anzahl der dort lebenden Personen in Betracht zu ziehen (über 1 Milliarde Menschen), womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass auch unter Berücksichtigung dieser Berichte über Menschenrechtsverletzungen keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 50 FPG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Situation allein mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden kann.
Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass es dem Asylwerber möglich wäre, etwaigen Repressionen auszuweichen, zumal sich aus dem Vorbringen des Asylwerbers jedenfalls nicht ergibt, dass er selbst eine exponierte Persönlichkeit wäre, die landesweit gesucht würde und lässt sich auch sonst seinem Vorbringen entnehmen, dass die behaupteten Probleme regional begrenzt sind. Da es Existenzmöglichkeiten für den Asylwerber außerhalb seines Heimatgebietes gibt, ist es ihm auch zumutbar, sich in einen anderen Teil Indiens zu begeben. Da sohin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative gegeben sind, kommt auch aus diesem Grunde die Gewährung von Asyl nicht in Betracht.(vgl. VwGH 24.01.2008, 2006/19/0985)
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Asylantrages durch das Bundesasylamt im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides:
Gemäß § 8 AsylG 1997 hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
§ 8 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG). Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Gem. § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Überdies ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).
Der Prüfungsrahmen des § 50 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat beschränkt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, Zl. 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.
Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Verfolgungsgefahr zur Gänze unglaubwürdig, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG erkannt werden kann.
Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG bedroht wäre. Auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen Ausführungen wird verwiesen.
Auch hier ist die bereits oben getätigte Alternativbegründung zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides einschlägig (innerstaatliche Fluchtalternative), weshalb auf diese verwiesen wird und auch aus diesem Grunde eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht in Betracht kommt.
Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre, ist die durch das Bundesasylamt ausgesprochene Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien nicht zu beanstanden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.