TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/01 B6 400575-1/2008

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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Spruch

B6 400.575-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Vorsitzenden und den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Beisitzer über die Beschwerde von K.M., geb. 00.00.2007, StA. Kosovo, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 25.06.2008, FZ. 08 00.152-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1AsylG 2005 BGBL. I Nr. 100 i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die unmündige minderjährige beschwerdeführende Partei führt laut Geburtsurkunde des Standesamtsverbands Neunkirchen vom 00.00.2008 den im Spruch genannten Namen, ist kosovarische Staatsangehörige, gehört der albanischen Volksgruppe an, wurde am 00.00.2007 im Bundesgebiet geboren und stellte durch ihren Vater am 04.01.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin gehört als zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges unverheiratetes Kind der Kernfamilie von L. und K.A. an.

 

Vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache einvernommen, gab die Mutter der beschwerdeführenden Partei zu deren Antrag im Wesentlichen an, dass sie für ihre Tochter eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich erhalten wolle. Die Beschwerdeführerin sei im Falle einer Einreise in die Republik Kosovo keiner Bedrohung oder Gefährdung ausgesetzt. Die Beschwerdeführerin sei lediglich wegen der gesundheitlichen Probleme ihrer Schwester in Österreich.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Partei gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihr der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) nicht zuerkannt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei nicht dartun habe können, dass ihr im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 wurde der beschwerdeführenden Partei der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.03.2009 erteilt (Spruchpunkt III.), da auch ihren Familienangehörigen (Eltern) der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.

 

Gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides wurde innerhalb offener Frist die gegenständliche Beschwerde (bis 30.06.2008 Berufung) mit der Begründung erhoben, dass das Bundesasylamt bei richtiger Würdigung des Vorbringens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der beschwerdeführenden Partei die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

Die Asylanträge der oben genannten Familienangehörigen wurde vom Bundesasylamt mit den Bescheiden vom 30.03.2004, FZ. 03 36.585-BAT und 03 36.583-BAT gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, wobei gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der antragstellenden Parteien in ihren Herkunftsstaat Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, ausgesprochen wurde. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag, GZ. B6 249.092-0/2008/3E und GZ. B6 249.091-0/2008/3E, abgewiesen.

 

2.1. Aufgrund des vom Bundesasylamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die unmündige minderjährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige des Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an, wurde im Bundesgebiet geboren und ist im Kosovo keiner konkreten asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen des Bundesasylamts zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen.

 

2.2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die vom Bundesasylamt getroffene Würdigung der Beweise, insbesondere der Aussage der beschwerdeführenden Partei ist umfassend und schlüssig und wird daher auch der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460).

 

Hierzu ist vorauszuschicken, dass die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesasylamt eine Gefährdung der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Kosovo ausdrücklich verneinte.

 

In der Beschwerde wird nunmehr auf die allgemeine Sicherheitslage im Kosovo verwiesen und "exemplarisch" eine Anfragebeantwortung von Accord vom 07.07.2008 zitiert, in der im Wesentlichen das Justizsystem im Kosovo bemängelt und als teilverantwortlich für ethnisch bzw. politisch motivierte Gewalt in Kosovo dargestellt wird. Im Übrigen wird konkret auf mehrere Gewaltakte gegen Kosovo-Serben verwiesen. Da die Beschwerdeführerin aber der albanischen Volksgruppe angehört, und ihre Familienangehörigen im Kosovo auch nicht aus einer Region stammen, in der die albanische Volksgruppe eine Minderheit darstellt, kann eine asylrelevante Gefährdung der Beschwerdeführerin nicht erkannt werden, zumal auch keine anderen GFK-relevanten Gründe vorgebracht wurden. Aus den Länderfeststellungen im bekämpften Bescheid ergibt sich, dass im Kosovo keine Situation vorliegt, wonach alle Angehörigen der albanischen Ethnie allein auf Grund dieses Umstandes mit Verfolgung rechnen müssen. Dies wurde seitens der beschwerdeführenden Partei weder bekämpft noch anderslautende Berichte vorgelegt bzw. auf solche verwiesen.

 

Die in der Beschwerdeschrift zu dem bisherigen Angaben im Widerspruch stehende neu aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin würde als "Ausländerin" im Kosovo "Ziel von ethnisch/nationalistisch/wirtschaftlich motivierten Angriffen" werden, ist in keiner Weise nachvollziehbar, zumal sie unbestritten kosovarische Staatsbürgerin ist, ihr aber selbst ein Auslandsaufenthalt als unter einem Jahr alten Kleinkind nicht einmal anmerkbar wäre. Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang auf die vom Bundesasylamt im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen zu den Rückkehrbedingungen im Kosovo sowie auf das Neuerungsverbot gemäß § 40 AsylG verwiesen.

 

Da für die Beschwerdeführerin im gesamten Asylverfahren keinerlei substantiierte individuelle Gründe für die Wahrscheinlichkeit einer persönlichen Verfolgung im Kosovo vorgebracht wurden, konnte somit aufgrund ihrer Angaben keine asylrelevante Gefährdung hinsichtlich ihrer Person im Kosovo erkannt werden. Über eine im Rahmen der Refoulementprüfung zu ermittelnde sonstige Gefährdung war im konkreten Fall nicht abzusprechen.

 

2.3. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 und 3 Asylgesetz 2005 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat bzw. die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenats geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamts zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 i.d.g.F.):

 

2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

 

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 als der die Asylgewährung regelnden Bestimmung wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

 

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz auch dann abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Gemäß § 11 Abs. 2 AsylG ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

Was nun das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, wonach die beschwerdeführende Partei entgegen der Angaben ihrer gesetzlichen Vertreter vor dem Bundesasylamt eine nicht näher bestimmte asylrelevante Gefährdung im Kosovo befürchten müsse, so unterliegt diese Vorbringen zusätzlich dem Neuerungsverbot des § 40 AsylG 2005, da es sich hierbei um Umstände handelt, welche die gesetzlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt hätte vorbringen können.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 AsylG dürfen in einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,

 

1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat;

 

2. wenn das Verfahren erster Instanz mangelhaft war;

 

3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nicht zugänglich waren oder

 

4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

 

Gemäß § 40 Abs. 2 AsylG muss über die Zulässigkeit des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweise nicht entschieden werden, wenn diese für die Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht maßgeblich sind.

 

Der Gesetzgeber hat mit der AsylG-Novelle 2003 in § 32 Abs. 1 AsylG 1997 ein sowohl auf "Tatsachen" als auch auf "Beweismittel" bezogenes Neuerungsverbot eingeführt, das vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 15.10.2004, G 237/03 u.a. nur teilweise wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, des Art. 13 EMRK und damit auch des Art. 11 Abs. 2 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Der Verfassungsgerichtshof verband dies (in Punkt III.4.7.4.2. der Entscheidungsgründe) mit dem Hinweis, nach Aufhebung des von ihm als "überschießend" gewerteten Teils der Regelung bleibe vom Neuerungsverbot "ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht". Diese Deutung durch den Verfassungsgerichtshof ist bei der Auslegung des nicht als verfassungswidrig aufgehobenen Restes der Regelung - im Sinne verfassungskonformer Interpretation - zu berücksichtigen (VwGH vom 27.09.2005, 2005/01/0313). Im AsylG 2005 wurde die Bestimmung des § 32 Abs. 1 AsylG 1997 mit nahezu identem Wortlaut (§ 40 Abs. 1 AsylG 2005) übernommen, weshalb sich die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes zum § 32 Abs. 1 AsylG 1997 auch auf die neue Rechtslage übertragen lässt.

 

In der Beschwerde wird in keiner Weise konkret ausgeführt, was einer Schilderung der erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Gefährdung bereits vor dem Bundesasylamt entgegengestanden wäre. Es liegen keine Hinweise auf Verfahrensmängel im Verfahren bei dem Bundesasylamt vor. Weder die Protokollierung, noch die während der Einvernahme tätigen Dolmetscher wurden in irgendeiner Form bemängelt. Weiters fehlen aber auch Anzeichen für eine psychische Ausnahmesituation infolge einer Traumatisierung oder einer ähnlichen Erkrankung, aufgrund welcher die gesetzlichen Vertreter der beschwerdeführende Partei allenfalls gehindert gewesen wären, ihr diesbezügliches Vorbringen zu erstatten (vgl. VfGH vom 15.10.2004, G 237/03; VwGH vom 17.04.2007, 2006/19/0675). Auch der Beschwerdeschrift sind diesbezüglich keine Hinweise auf eine derartige Erkrankung zu entnehmen. Im Asylverfahren sind darüber hinaus keine Umstände hervorgekommen, wonach die gesetzlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei gehindert waren, alle ihre Fluchtgründe vorzubringen.

 

Da sohin die Vorausetzungen des § 40 Abs. 1 AsylG nicht vorlagen, ist davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei das neue Vorbringen mit dem Versuch erstattet haben, das Verfahren missbräuchlich zu verlängern.

 

2.2. Wie das Bundesasylamt im bekämpften Bescheid zutreffend festgestellt hat und in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt ist, ist es der beschwerdeführenden Partei jedoch während des gesamten Verfahrens nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass ihr in ihrem Herkunftsland Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

3. Weiters ist noch darauf hinzuweisen, dass keinem der oben genannten Familienangehörigen der Beschwerdeführerin im Sinne § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 Asyl gewährt wurde. Somit kann der beschwerdeführenden Partei dieser Status auch nicht aufgrund des § 34 AsylG zuerkannt werden.

 

4. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden, es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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