TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/01 C3 240192-0/2008

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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Spruch

C3 240.192-0/2008/8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Vorsitzende und den Richter Mag. Schlaffer als Beisitzer über die Beschwerde des S.K., geb. 00.00.1980 alias 00.00.1981, StA.

Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2003, FZ:

03 11.050-BAW nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.09.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF BGBl. I Nr. 126/2002 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und stellte am 12.04.2003 einen Asylantrag. Am gleichen Tag wurde er von der Grenzkontrollstelle Flughafen Wien-Schwechat befragt und gab Folgendes als Fluchtgrund zu Protokoll:

 

"Als Angehöriger der Hindu-Glaubensgemeinde wurde ich von fundamentalistischen Moslemen verfolgt. Wir sind in unserer Heimat in Minderheit. Ich ersuche hier um Asyl".

 

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 18.07.2003 vor dem Bundesasylamt gab er Folgendes zu Protokoll:

 

"Zur Person: Ich gehöre der indischen Unterkaste Chamar an. Das bedeutet, dass ich zu einer Unterkaste der Hindus gehöre. Traditionell haben die Angehörigen dieser Kaste Leder verarbeitet. Deshalb waren diese Leute als unberührbar eingeordnet, weil diese schmutzige Arbeit verrichtete. In Indien habe ich teilweise meine eigene Landwirtschaft bearbeitet und teilweise habe ich als Taglöhner verschiedene Arbeiten für andere Leute verrichtet.

 

DOKUMENTE:

 

Ich besaß in Indien einen, vom Passamt, problemlos ausgestellten Reisepass. Das Ausstellungsdatum ist mir nicht bekannt, weil diesen mein Schlepper organisiert hat. Den Reisepass hat mir der Schlepper in Delhi abgenommen. Bei den Passkontrollen hat er meinen Reisepass vorgewiesen. Ich habe diesen nicht mehr bekommen. Ansonsten habe ich keine weiteren Dokumente.

 

FLUCHTWEG:

 

Ich habe am 1.4.2003 mein Heimatdorf B. verlassen, fuhr mit dem Bus nach Neu-Delhi und flog von dort am 2.4.2003 an einem mir unbekannten Ort. 2 Tage später flog ich mit meinem Schlepper an einen weiteren mir unbekanntem Ort und von dort ca. 9 Tage später nach Wien Schwechat. Bei der Ausreise aus Indien und bei den verschiedenen Landungen hatte ich keine Probleme. In Österreich reiste ich am 11.4.2003 illegal ein.

 

Frage: Warum haben Sie Indien verlassen und bringen in Österreich einen Asylantrag ein?

 

Antwort: In meinem Dorf machen mir die Leute von höheren Kasten Schwierigkeiten. Deshalb habe ich mein Land verlassen.

 

Frage: Wie sahen die Schwierigkeiten aus, die Ihnen die Leute in Ihrem Dorf gemacht haben?

 

Antwort: Ich wollte ein Mädchen einer höheren Kaste heiraten. Der Vater dieses Mädchens ist ein höherer Polizeibeamter. Er hat mir mit Hilfe der Polizei Schwierigkeiten gemacht. Ich wurde 2 Mal auf Anordnung dieses Polizeibeamten festgenommen und geschlagen. Bei diesen Vorfällen wurde ich nicht verletzt. Angehörige der höheren Kaste waren nicht nur in unserem Dorf, sondern auch in den umliegenden Dörfern, gegen diese Heirat, weil dies als Schande angesehen wurde. Der Bruder dieses Mädchens, das ich heiraten wollte, hat mir einen Stein an den Kopf geworfen, wodurch ich verletzt wurde. Es kam wegen der beabsichtigten Heirat nicht nur mit den Familienangehörigen des Mädchens, sondern auch mit anderen Angehörigen der höheren Kaste, mehrmals zu Streitereien. Ich wurde öfters verprügelt. Meine Felder wurden zerstört, meine Nutztiere wurden mehrmals von der Wassertränke verjagt. Mein Büffel wurde vergiftet. Auch mein Vater hatte wegen meiner beabsichtigten Heirat ebenfalls Streit mit Angehörigen der höheren Kaste.

 

Frage: Haben Sie den Vorfall, als der Bruder des Mädchens Sie verletzt hat, bei der Polizei angezeigt?

 

Antwort: Ja, die Polizei hat nichts auf Grund meiner Anzeige unternommen. Ich wurde von der Familie des Mädchens beschuldigt, dass ich in deren Haus gekommen sei, um dort zu stehlen. Das hat mir auch die Polizei vorgeworfen.

 

Frage: Bei welcher Polizeibehörde haben Sie die Anzeige eingebracht?

 

Antwort: Beim Hauptpolizeiposten im Bezirk M..

 

Frage: Liegt gegen Sie eine Anzeige oder ein Haftbefehl vor?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals in Haft?

 

Antwort: Ja, 2 Mal. Das erste Mal war ich vom 00.00.2002 an für 3 Tage im Gefängnis von M.. Ich wurde festgenommen und beschuldigt, dass ich bei einer Busstation in B. betrunken war und mit den Leuten gestritten habe. Das war nicht wahr, denn ich bin bei dieser Busstation nur gestanden. Das zweite Mal war ich vom 00.00.2002 an für 4 Tage im Gefängnis von M. eingesperrt. Bei diesem Vorfall wurde ich beim Einkaufen in M. festgenommen. Als Grund wurde mir mitgeteilt, dass von oben der Befehl dazu gekommen sei. Ich wurde auch geprügelt, aber nicht verletzt.

 

Frage: Haben Sie diese beiden, Ihren Angaben zufolge unberechtigten Festnahmen, angezeigt?

 

Antwort: Ich habe das probiert, ich wurde aber überall gefragt, ob ich dafür Beweise oder Zeugen hätte.

 

Frage: Wo wollten Sie diese Anzeige einbringen?

 

Antwort: Das war bei den übergeordneten Polizeistellen in M..

 

Frage: Sind die Anzeigen dort entgegengenommen worden?

 

Antwort: Nein, das wurde dort abgelehnt.

 

Frage: Haben Sie versucht, bei anderen übergeordneten Dienststellen die Anzeigen einzubringen?

 

Antwort: Ich habe auch einen Rechtsanwalt kontaktiert, der mir mitteilte, dass dies viel Geld kosten würde und dass es mehrere Verhandlungen geben würde. Man könne aber trotzdem nicht sicher sein, ob man den Fall vor Gericht durchbringt. Deshalb habe ich auf weitere Schritte verzichtet.

 

Frage: Waren Sie jemals aktiv politisch tätig oder einer Partei zugehörig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie, außer den bereits genannten Fällen, jemals Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

 

Antwort: Das Mädchen, das ich heiraten wollte, hat sich vergiftet. Die Angehörigen dieses Mädchens haben mir angedroht, dass sie mich nicht am Leben lassen würden. Der Landtagsabgeordnete von unserem Gebiet gehört der gleichen Kaste an, wie die Familie des Mädchens. Wenn ich ihn um Hilfe gebeten habe, wurde mir dies verwehrt, weil dieser Abgeordnete mit der Familie des Mädchens sympathisiert.

 

Frage: Wann hat sich das Mädchen, das Sie heiraten wollten, vergiftet?

 

Antwort: Im Dezember 2002.

 

Frage: Wurden seitens des erwähnten Abgeordneten etwas gegen Sie unternommen?

 

Antwort: Nein, er hat über andere Leute etwas machen lassen.

 

Frage: Was konkret wurde gegen Sie unternommen?

 

Antwort: Das kann ich nicht genau sagen. Er hat die Maßnahmen der Polizei gegen mich unterstützt.

 

Frage: Sie haben angegeben, dass die Familie des Mädchens angedroht hat, dass man Sie nicht am Leben lassen würde. Haben Sie diesen Vorfall bei der Polizei angezeigt?

 

Antwort: Ja, bei der Polizeibehörde von M.. Man hat mir dort nur gesagt, dass ich von hier so schnell wie möglich verschwinden soll, um mein Leben zu retten. Es würde angeblich seitens der Familie des Mädchens versucht werden, gegen mich eine Anzeige einzubringen und einen Haftbefehl zu erwirken.

 

Frage: Wurden Sie aus Gründen der Religion, der Rasse, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt (Begriffe werden vom Dolmetscher erklärt)?

 

Antwort: Wegen der Zugehörigkeit zu meiner Kaste hatte ich die genannten Schwierigkeiten. Wegen der anderen Gründe hatte ich keine Schwierigkeiten.

 

Frage: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren würden?

 

Antwort: Die Polizei würde mich gleich festnehmen, weil die Familie des Mädchens mich angeblich angezeigt hat. Die Familie des Mädchens hat mir gedroht, dass sie mich umbringen würden. Entweder würden sie es selber machen oder über die Polizei erledigen lassen, weil der Vater des Mädchens ein Polizeibeamter ist.

 

Frage: Könnten Sie in einem anderen Bundesstaat Indiens leben?

 

Antwort: Ich habe versucht, in Delhi zu bleiben. Im Dezember 2002 habe ich in Delhi gewohnt. Dort wurde ich aber auch von der Polizei bedroht.

 

Frage: Warum wurden Sie dort von der Polizei bedroht?

 

Antwort: Seitens der Polizei wurde ich aufgefordert, von dieser Siedlung zu verschwinden, weil ich ansonsten am nächsten Morgen verhaftet werden würde.

 

Frage: Warum sollten Sie verhaftet werden?

 

Antwort: Der Grund wurde mir nicht mitgeteilt. Ich vermute, dass der Vater des Mädchens hinter dieser Aktion steht.

 

Frage: Was haben Sie nach diesem Vorfall gemacht?

 

Antwort: Ich bin zurück zu einem meiner Freunde in M. und habe dort meinen Vater wegen dieser Probleme kontaktiert. Der Vater verkaufte ein Grundstück und beauftragte einen Schlepper, der mich nach Europa brachte.

 

Frage: Wie lange waren Sie nach der Rückkehr in M..

 

Antwort: Ca. 4 Tage.

 

Frage: Wann genau haben Sie Delhi verlassen, nachdem Sie von der Polizei dazu aufgefordert wurden?

 

Antwort: Anfang Februar 2003.

 

Frage: Wo haben Sie sich dann bis zu Ihrer Ausreise aus Indien aufgehalten?

 

Antwort: Ich habe M. verlassen und mich in J. versteckt. Dieser Aufenthalt wurde von meinem Schlepper organisiert. Danach fuhr ich vor meiner Ausreise aus Indien noch einmal kurz nach B., um mich von Freunden und Angehörigen zu verabschieden.

 

Frage: Möchten Sie noch weitere Angaben zur Begründung Ihres Asylantrages machen?

 

Antwort: Ich kann das Foto von dem Mädchen bringen lassen, sowie eine Anzeige, die gegen mich bei der Polizei in M. vorliegt.

 

Frage: Warum haben Sie vorher angegeben, dass gegen Sie kein Haftbefehl und auch keine Anzeige vorliegt?

 

Antwort: Ich habe von Anfang an die Geschichte erzählt, wie sie war.

 

Der Leiter der Amtshandlung übernimmt um 10.00 Uhr die Befragung. Das bisher Vorgebrachte wird dem AW zusammengefasst vorgehalten. Dieser hat keine Ergänzungen vorgebracht.

 

Frage:d.L.: Warum glauben Sie, nicht in einem anderen Ort oder Bundesstaat leben und arbeiten zu können?

 

Antwort: Überall gibt es Probleme mit der Polizei. Sie könnten mich festnehmen oder wieder anzeigen.

 

Frage:d.L.: Woher wissen Sie, dass man Sie rechtswidrigerweise wegen des Todes des Mädchens angezeigt hat?

 

Antwort: Ich war bei der Polizei und habe versucht, die Bedrohungen anzuzeigen. Dort hat man mir gesagt, dass mich die Familie sicher anzeigen wird. Meine Anzeige wurde nicht weiter bearbeitet.

 

Anmerkung: Dem AW wird vorgehalten, dass sein gesamtes Vorbringen absolut unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar ist. Der AW wird darauf hin nochmals gefragt, was ihn warum vorgeworfen wurde und warum er nicht in ganz Indien Aufenthalt nehmen könne. Der AW schweigt, blickt durch den Raum und sagt nichts mehr.

 

Frage:d.L.: Warum haben Sie das Geld des Grundstücksverkaufes nicht dazu verwendet, über einen Rechtsanwalt den Sachverhalt richtig zu stellen und das angebliche Verfahren gegen Sie zu beenden?

 

Antwort: Man Vater hat es so entschieden, daher habe ich so gehandelt.

 

Frage:d.L.: Möchten Sie noch etwas vorbringen?

 

Antwort: Nein. Mir wurde die Niederschrift vom der Dolmetscher Wort für Wort rückübersetzt und ich bestätige mit meiner Unterschrift die Richtigkeit der Niederschrift und dass ich dem nichts mehr hinzuzufügen habe.

 

Frage: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden?

 

Antwort: Sehr gut."

 

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 18.07.2003, Zahl 03 11.050-BAW, den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idgF ab und stellte fest, dass gem. § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien zulässig ist.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht "Berufung" (nunmehr "Beschwerde") .

 

Am 18.09.2008 fand vor dem Asylgerichtshof eine Beschwerdeverhandlung statt, in der der Beschwerdeführer als Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes angab:

 

"Ich gehöre der Kaste der Sangwan an. Die Mitglieder dieser Kaste haben 42 Dörfer, welche nebeneinander liegen. In meinem College studierte auch ein Mädchen von der Sangwan-Kaste, welches aus meinem Dorf stammte. Wir haben uns ineinander verliebt und wollten heiraten. Nach unserer Tradition darf man ein Mädchen aus der gleichen Kaste nicht heiraten. Deswegen sind wir gemeinsam im Jahr 2000 aus unserem Dorf geflüchtet, mit der Absicht, dass wir heiraten werden und sind nach Kalkutta gereist. In Kalkutta bekamen wir auch Probleme und sind deswegen nach Bombay gereist. Meine Freundin war schwanger und ist bei der Geburt gestorben. Diese Nachricht erreichte unser Dorf und alle Dorfbewohner sind zu meinen Feinden geworden und wollten mich töten. Nach meiner Flucht aus meinem Dorf gab es eine Dorfratsversammlung und in dieser wurde entschieden, dass meine Eltern aus dem Dorf verbannt wurden. Niemand darf unsere Länder bestellen und unser Haus kaufen. Nach dem Tod meiner Freundin bin ich aus Indien ausgereist, da ich um mein Leben Angst hatte."

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und verließ mit seinem eigenem Reisepass sein Heimatland. Er stellte am 12.04.2003 einen Asylantrag.

 

Zu Indien:

 

Indien ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem, der mit Einschränkungen gut funktioniert. Die Parteienlandschaft ist vielfältig. Die Presse ist im Wesentlichen frei. Verfassungs- und Rechtsordnung garantieren die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Justiz ist unabhängig. Die Verfahrensdauer ist allerdings häufig extrem lang; Korruption im Einzelfall kann nicht ausgeschlossen werden. Es gibt menschenrechtsverletzende Übergriffe von Polizei- und Sicherheitskräften, eine Systematik ist dabei nicht erkennbar.

 

Zu Menschenrechtsverletzungen kommt es im besonderen Maße in den Unruhegebieten. Besonders gefährdet sind sozial niedrige Schichten und auch Frauen. Berichte über politische Gefangene gibt es nicht.

 

Im Mai 2004 wurde die von der hindunationalen BJP geführte NDA ("National Democratic Alliance") Koalitonsregierung durch eine Koalition der UPA ("United Progressive Alliance") unter Führung der Kongress-Partei abgelöst. Ein wichtiges Ziel der neuen Regierung ist die Stärkung des Säkularismus und der Harmonie zwischen den Religionsgruppen. Sie zeigt sich auch an der Verbesserung der Menschenrechtslage interessiert. So wurde im September 2004 das umstrittene Terrorbekämpfungsgesetz POTA außer Kraft gesetzt. Was die Provinz Punjab anbelangt, so ist, nachdem der Terrorismus im Punjab, der sich die Unabhängigkeit von "Khalistan" auf die Fahnen geschrieben hatte, in den 1980er Jahren niedergeschlagen wurde, die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation hat sich normalisiert. Ein Anschlag auf ein Kino in Neu Delhi im Mai 2005, der der Babbar Khalsa zugeschrieben wird, hat zu keiner weiteren Gewalt geführt.

 

Die Kongresspolitikerin Pratibha Patil wurde zur neuen Präsidenten Indiens gewählt und am 25. Juli vereidigt. Sie besiegte ihren Gegenkandidaten, den bisherigen Vizepräsidenten Bhairon Shekhawat.

 

Am 24.09.2007 wurde Rahul Gandhi zum Generalsekretär der regierenden Kongresspartei ernannt. Mitglieder der Akali Dal und der Kongresspartei die sich vor Verfolgung durch die Mitglieder der jeweils anderen Partei fürchten können sich an die zuständigen staatlichen Stellen wenden bzw. können sich in einem anderen Landesteil niederlassen (vgl. UK Home Office, Operational Guidance Note India, 20.02.2007, Abschnitt 3.10.6).

 

Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen haben Punjab verlassen und operieren aus anderen Bundesstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland. Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen ist es im Zuge der Bekämpfung der Militanz zwischen 1984 und 1994 zu ungesetzlichen Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei gekommen, der in der Vergangenheit vor allem extralegale Tötung, willkürliche Verhaftung, Inhaftierung ohne richterliche Kontrolle, Folter und Verschwindenlassen vorgeworfen wurde. Bis 2001 zählte Amnesty International 500 Ermittlungsverfahren gegen Polizeikräfte und 75 Verurteilungen sowie weitere 2555 unbearbeitete Strafanträge von Menschenrechtsgruppen und Privatpersonen. Ein Bericht einer Kommission unter dem ehemaligen Richter Nanavati zu dem Pogrom gegen Sikhs 1984 (ca. 3000 Tote) wurde am 9. August 2005 veröffentlicht. Er entlastet die damalige Regierungsspitze, erhebt aber den Verdacht, dass einzelne Mitglieder der Congress-Partei des Schürens von Gewalt verdächtig seien. In Folge der Veröffentlichung ist einer der Beschuldigten von seinem Amt als Unionsminister zurückgetreten. PM Singh versprach am 10. August 2005, die Verdächtigen rechtlich zu belangen.

 

Grundsätzlich gibt es im Punjab keine Sicherheitsprobleme mehr.

 

Was Angehörige der Sikhs betrifft: Sikhs gelten als mobile und unternehmerische Gemeinschaft. In ganz Indien sind Sikhs in verschiedenen Berufen (Kraftfahrer, Mechaniker, Inhaber von Restaurant, Hotels oder Reisebüros etc.) und im öffentlichen Dienst sowie in der Armee anzutreffen. Bedürftigen Sikhs wird zumindest vorübergehend in den in ganz Indien verbreiteten Sikh-Tempeln (Gurudwara) Nahrung und Unterkunft gewährt. Sikhs aus dem Punjab könnten sich gegebenenfalls problemlos in Bundesstaaten wie Rajasthan, Haryana oder Uttar Pradesh niederlassen, außerdem in den Metropolen Delhi oder Bombay.

 

Die indische Verfassung enthält eine Garantie zum Schutz von Minderheiten vor Diskriminierungen wegen ihrer Zugehörigkeit zu besonderen Religionen, Rassen, Kasten Geschlecht oder Geburtsort (Art. 15). Minderheiten haben das Recht auf eigene Bildungseinrichtungen sowie auf Pflege ihrer eigenen Sprache, Schrift und Kultur (Art. 29 und 30). Unter eine besondere gesetzliche Regelung fallen die anerkannten religiösen Minderheiten der Muslime, Sikhs, Christen, Buddhisten und Parsen, deren Vertreter in einer staatlichen Nationalen Minderheiten-Kommission sitzen. Die seit 1978 bestehende Kommission wurde 1992 neu konstituiert. Um benachteiligte Minderheiten stärker in das öffentliche Leben zu integrieren und um die Chancengleichheit zu erhöhen, erfahren die unterste Schicht der Kastenordnung ("Dalits") sowie die so genannte Stammesbevölkerung ("Adivasis") eine positive Diskriminierung, die auch in der Verfassung niedergelegt ist (Art. 46).

 

Trotz aller staatlichen Bemühungen werden Minderheiten im öffentlichen und im privaten Bereich weiter benachteiligt, besonders deutlich auf dem Lande. Glaubwürdigen Berichten zufolge sind einige Minderheiten, Muslime und in einzelnen Fällen Christen weiterhin diskriminierenden Praktiken durch Polizei und Strafjustiz ausgesetzt. Oft schreiten Polizei und Ordnungskräfte bei Gewalttaten gegen Minderheiten nicht oder nicht mit der gebotenen Tatkraft ein. So gibt es Berichte aus

 

Bihar und Uttar Pradesh, wonach staatliche Organe tatenlos zusehen, wenn von Großgrundbesitzern ausgehaltene Banden gegen Landlose vorgehen.

 

(Quelle: Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", Stand Oktober 2006, vgl. auch UK Home Office, India Country Report, April 2006, Abschnitt 6.529-6.541)

 

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger. Die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Wer sich verfolgt fühlt, kann sich demnach in einem anderen Landesteil niederlassen.

 

Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Diese Rechte unterliegen gewissen Einschränkungen im öffentlichen Interesse. Es gibt keine Überprüfungen von Personen, die neu aus einem Teil von Indien in einen anderen Teil von Indien ankommen, auch wenn es sich um einen Sikh aus dem Punjab handelt. Die lokalen Polizeidienststellen haben weder die Ressourcen noch die sprachlichen Fähigkeiten, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Es gibt kein allgemeines Meldewesen und häufig haben die Menschen auch keine Identitätsausweise.

 

Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. In Neu Delhi wurden Separatisten aus dem Punjab nach mehreren Jahren friedlichen Aufenthaltes aufgespürt und verhaftet.

 

Allerdings besteht die Gefahr, von staatlichen Behörden (strafrechtlich) verfolgt zu werden, in der Regel für hochrangige Führungspersonen separatistischer Bewegungen oder militanter Organisationen ("high profile activists") oder ihre Familienangehörige und weniger für "low profile activists".

 

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat das Stellen eines Asylantrags allein keine nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden unter Einschluss einer Überprüfung, ob der Rückkehrer auf der unionsweiten Suchliste steht - keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu befürchten. Auf diese Liste werden jedoch nur Personen gesetzt, die im Verdacht schwerwiegender Delikte stehen, worunter nicht jedes schwere Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches zu verstehen ist, sondern nur solche Delikte die die öffentliche Sicherheit in gravierender Weise zu bedrohen geeignet sind, wie insbesondere Anschläge auf Politiker und sonstige terroristische Akte. Gesuchte Personen werden allerdings den Sicherheitsbehörden übergeben.

 

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Privater angewiesen.

 

Diese Ausführungen gründen sich auf folgende Berichte, die in das Verfahren eingeführt wurden:

 

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien", 19.11.2006

 

UK Home Office, India Country Report, April 2005

 

UK Home Office, Bericht zur allgemeinen, politischen und menschenrechtlichen Situation (Operational Guidance Note India), Februar 2007

 

UK Home Office, COI Report India, 30.09.2007

 

Human Rights Watch, Country Summary India, January 2007

 

US Department of State, India, Country Report on Human Rights Practices - 2005, 08.03.2006; 2006-06.03.2007

 

Mag. Christian Brüser, Gutachten Indien, Oktober 2003, Punkt 7 (Interne Fluchtalternative und Möglichkeit der Existenzsicherung außerhalb der engeren Heimat)

 

Mag. Christan Brüser, Gutachten Teil B vom 13.11.2007 zu Zahl:

207.131

 

BAA Staatendokumentation, Länderfeststellungen zu Indien, März 2006.

 

Die getroffenen Feststellungen zur Person ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage ergeben sich aus den oben angeführten Quellen, deren Inhalt nicht zu bezweifeln ist und auch vom Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret bestritten wurde.

 

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen hingegen konnten nicht als Sachverhalt festgestellt werden, da das diesbezügliche Vorbringen aufgrund der eklatanten Widersprüche nicht glaubhaft war:

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der BPD Schwechat am 12.04.2003 und sein Vorbringen vor dem Bundesasylamt am 18.07.2003 weisen keinen gemeinsamen Nenner auf, sowie stellt das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Asylgerichtshof lediglich eine Abänderung seines Vorbringens in der zweiten Einvernahme dar. So gab der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 12.04.2003 vor der BPD Schwechat an als Hindu von fundamentalistischen Moslems verfolgt worden zu sein; bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt am 18.07.2003 gab dieser an der indischen Unterkaste Chamar anzugehören und, dass er ein Mädchen einer höheren Kaste heiraten habe wollen, deren Vater und die Dorfbewohner jedoch dagegen gewesen seien und er zwei Mal verhaftet und öfters verprügelt worden sei und sich dieses Mädchen im Dezember 2002 vergiftet habe; in der Beschwerdeverhandlung am 18.09.2008 gab der Beschwerdeführer wiederum an, der Kaste der Sangwan anzugehören und sich in ein Mädchen der gleichen Kaste verliebt zu haben, was nach deren Tradition nicht zulässig sei, und sie deswegen nach Kalkutta gereist seien, wobei in weiterer Folge die schwangere Freundin im Sommer 2001 bei der Geburt ihres Kindes verstorben sei.

 

Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, dass er früher aus Angst falsche Daten und Angaben gemacht habe, er aber nun die Wahrheit sage, vermag derart gravierende Widersprüche nicht zu beseitigen, zumal der Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret erklären konnte warum er zuvor zweimal falsche Angaben getätigt hat und er in der Beschwerdeverhandlung selbst seine falschen Angaben abänderte und er sich in der Verhandlung in einen weiteren Widerspruch verwickelte. So gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er, als er im Jahr 2003 aus der Schubhaft entlassen worden sei, mit einem Rechtsanwalt gesprochen habe, der einen Antrag auf Namenskorrektur gestellt habe, revidierte jedoch diese Aussage, nach Vorhalt, dass dieser Antrag erst am 25.01.2005 gestellt worden ist, dahingehend, dass er erst 2005 bei einem Rechtsanwalt gewesen sei.

 

Die drei oben angeführten Vorbringen des Beschwerdeführers sind sohin nicht miteinander in Einklang zu bringen. In der inhaltsleeren Beschwerde wurde den vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüchen nicht engegengetreten und konnte der Beschwerdeführer die aufgezeigten Widersprüche in der mündlichen Verhandlung auch nicht entkräften, sodass einzig und allein der Schluss zulässig ist, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend einer Bedrohungssituation in Indien nicht der Tatsache entspricht.

 

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG 1997), zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Verfahren zu obgenanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es sohin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Da der gegenständliche Asylantrag bereits vor obgenanntem Zeitpunkt gestellt worden war, ist das Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 anzuwenden. § 44 Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 101/2003 findet - im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation - nur in jenen Fällen Anwendung, die am 01.05.2004 beim Bundesasylamt anhängig waren.

 

Zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides:

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar. Es liegt in der Natur der Sache, dass die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht nicht nur objektivierbar sein und von ihm nicht bloß behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden muss. Dabei steht die Vernehmung des Asylwerbers als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt folgt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht, sodass nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass der Asylwerber Flüchtling im Sinne der GFK ist.

 

Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Indien zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hiebei auch die Anzahl der dort lebenden Personen in Betracht zu ziehen (über 1 Milliarde Menschen), womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass auch unter Berücksichtigung dieser Berichte über Menschenrechtsverletzungen keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 50 FPG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Situation allein mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden kann.

 

Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass es dem Asylwerber möglich wäre, etwaigen Repressionen auszuweichen, zumal sich aus dem Vorbringen des Asylwerbers jedenfalls nicht ergibt, dass er selbst eine exponierte Persönlichkeit wäre, die landesweit gesucht würde, was sich auch daran erweist, dass der Asylwerber laut seinen eigenen Angaben mit seinem Reisepass ausreiste, und lässt sich auch sonst seinem Vorbringen entnehmen, dass die behaupteten Probleme regional begrenzt sind. Da es Existenzmöglichkeiten für den Asylwerber außerhalb des Punjabs gibt, ist es ihm auch zumutbar, sich in einen anderen Teil Indiens zu begeben. Da sohin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative gegeben sind, kommt auch aus diesem Grunde die Gewährung von Asyl nicht in Betracht.(vgl. VwGH 24.01.2008, 2006/19/0985)

 

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Asylantrages durch das Bundesasylamt im Ergebnis nicht zu beanstanden.

 

Zu Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides :

 

Gemäß § 8 AsylG 1997 hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG). Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Gem. § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Überdies ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat beschränkt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, Zl. 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Verfolgungsgefahr zur Gänze unglaubwürdig, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG erkannt werden kann.

 

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG bedroht wäre. Auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. getätigten Ausführungen wird verwiesen.

 

Auch hier ist die bereits oben getätigte Alternativbegründung zu Spruchpunkt I. einschlägig (innerstaatliche Fluchtalternative), weshalb auf diese verwiesen wird und auch aus diesem Grunde eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht in Betracht kommt.

 

Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre, ist die durch das Bundesasylamt ausgesprochene Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien nicht zu beanstanden, und ist der Ausweisung in der Beschwerde auch nicht entgegen getreten worden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative, non refoulement, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
24.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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