TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/01 C15 401059-1/2008

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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Spruch

C15 401.059-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Vorsitzende und die Richterin Dr. Kirschbaum als Beisitzerin über die Beschwerde des C. alias C.V., geb. 00.00.1981, StA. Indien, p.A. unbekannten Aufenthalts, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.07.2008, FZ. 08 06.101-EAST West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, brachte am 14.07.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.07.2008 vor dem LPK für Oberösterreich, St. Georgen im Attergau EAST, gab der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er Anhänger des Baba Rahem Gurmeet Singh sei, der zurzeit starke politische Probleme in seiner Heimat habe. Die Anhänger würden immer wieder von der Polizei kontrolliert werden. Bei einer Rückkehr nach Indien befürchte er Probleme mit der Alkali Dal Partei.

 

Nach einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17.07.2008 wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG abzuweisen (§ 29 Abs. 3 Z 5 AsylG). In der Folge wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung im Beisein eines Rechtsberaters am 22.07.2008 zur Wahrung des Parteiengehörs erneut einvernommen.

 

2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinen niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi, am 17.07.2008 und am 22.07.2008, wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 25.07.2008, FZ. 08 06.101-EAST West, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des bekämpften Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

3. Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.07.2008, FZ. 08 06.101-EAST West, in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zu. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt. Ferner wurde der Beschwerdeführer in Spruchpunkt III. des Bescheides unter Berufung auf § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

 

4. Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid mangelhaft sei. Es sei ihm vorgeworfen worden, er wisse über keine Prinzipien des Baba Gurmeet Rahim Singh bescheid, sei jedoch danach nie gefragt worden. Ferner sei nachvollziehbar, dass er das Datum des Anschlages nicht wisse, da das Datum kein wichtiger, einprägsamer Bestandteil eines solchen Vorfalls sei. Der Tag hätte sich nur dann in sein Gedächtnis eingeprägt, wenn er eine besondere Bedeutung gehabt hätte.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesasylamt ist aufgrund zahlreicher Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der Tatsache, dass er diese auch bei mehrmaligem Nachfragen durch das Bundesasylamt nicht erklären konnte, davon ausgegangen, dass seine Angaben nicht glaubwürdig sind. Im Rahmen der nachvollziehbaren und schlüssigen Beweiswürdigung führte die Verwaltungsbehörde aus, dass dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei Anhänger des Gurus Baba Gurmeet Rahim Singh, kein Glauben geschenkt werde. Ebenso nachvollziehbar begründete das Bundesasylamt, dass dem Beschwerdeführer auch nicht geglaubt werde, dass er im November 2007 im Ort Gobind Garth einem Angriff ausgesetzt gewesen sei, bei dem es Tote gegeben habe. Ferner hat das Bundesasylamt das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er von der Polizei gesucht werde, nachvollziehbar und ausreichend begründet als unglaubwürdig gewertet. Aus all diesen Gründen ist das Bundesasylamt zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen bzw. seiner Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen im Ergebnis an und erhebt sie zum Inhalt seines Erkenntnisses (vgl. VwGH vom 25.03.1999, Zl. 98/20/0559; VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0366; VwGH vom 30.11.2000, Zl. 2000/20/0356; VwGH vom 22.02.2001, Zl. 2000/20/0557 und VwGH vom 21.06.2001, Zl. 99/20/0460).

 

2. Rechtlich folgt daraus:

 

2.1. Zu Spruchpunkt I:

 

2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505; vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist; sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 mwN).

 

Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht zu "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

 

2.1.2. Da der Beschwerdeführer keine Fluchtgründe hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe. Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 25.07.2008, FZ. 08 06.101-EAST West, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

In der Beschwerde wird zwar die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheides kritisiert; dies jedoch lediglich dahingehend, dass er im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesasylamt nicht nach den Prinzipien des Baba Gurmeet Rahim Singh befragt worden sei, das Bundesasylamt ihm jedoch im angefochtenen Bescheid seine Wissenslücke vorgeworfen habe. Diesbezüglich ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer während beider Einvernahmen mehrfach nach Baba Gurmeet Rahim Singh befragt wurde, jedoch die vom Bundesasylamt gestellten Fragen nicht beantworten konnte (vgl. z.B. AS 35, AS 57 des Verwaltungsaktes). Nicht nachvollziehbar und als reine Schutzbehauptung zu werten ist das Vorbringen in der Beschwerde, der Beschwerdeführer könne sich nicht an das Datum des Angriffes erinnern, da dieses kein wichtiger, einprägsamer Bestandteil eines solchen Vorfalls sei. Den sonstigen Ausführungen im angefochtenen Bescheid ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, insbesondere auch nicht der Tatsache, dass über diesen angeblichen Angriff keinerlei Medienberichte auffindbar waren, obwohl es - den Angaben des Beschwerdeführers zufolge - mehrere Tote gegeben haben soll.

 

Daher finden sich in der Beschwerde keine zulässigen neuen Sachverhaltselemente, welche geeignet wären, die von der verwaltungsbehördliche Instanz getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. Artikel II Abs. 2 Z 43a EGVG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes galt der Sachverhalt im Verfahren vor der damaligen Berufungsinstanz, dem Unabhängigen Bundesasylsenat im Sinne dieser Bestimmung dann als aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt anzusehen, "wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird" (VwGH vom 11.11.1998, Zl. 98/01/0308; u.v.a.). Dies gilt wohl mutatis mutandis auch für den Asylgerichtshof als nunmehrige gerichtliche Beschwerdeinstanz.

 

2.2. Zu Spruchpunkt II:

 

2.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Überdies ist nach § 50 Abs. 2 FPG 2005 die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 8 AsylG wird auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt. Das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG (nunmehr § 50 FPG idF BG BGBl I 100/2005) knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (vgl. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059; vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG - nunmehr § 8 Abs. 1 AsylG - iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Berufungswerber (nunmehr: Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (vgl. VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; vom 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; vom 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (vgl. VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert, und dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

2.2.2. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde.

 

Wie das Bundesasylamt richtig festgestellt hat, kann aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht vom Bestehen einer realen Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgegangen werden, und hat der Beschwerdeführer weiters auch keine Indizien oder Anhaltspunkte aufgezeigt, welche die Annahme rechtfertigen hätten können, dass er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würde, für den Fall der Rückkehr nach Indien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass diesem nach einer Rückkehr nach Indien ein "real risk" drohen würde, einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt zu sein, zumal der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht substantiiert entgegen getreten ist. Hinzuweisen ist auch darauf, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der bei einer Rückkehr nach Indien nicht in seiner Lebensgrundlage bedroht wäre.

 

Es besteht kein Hinweis auf derartige "außergewöhnliche Umstände", die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. Der Beschwerdeführer hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulement-Entscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

2.3. Zu Spruchpunkt III:

 

2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird; 3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG). Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

2.3.2. Das Bundesasylamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers diesen nicht in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) verletzt, zumal im Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass der Beschwerdeführer mit einem Angehörigen in Österreich ein Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK führt. Daher hat das Bundesasylamt ihn zu Recht - zielstaatsbezogen - aus Österreich ausgewiesen.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt ist und sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Mitwirkungspflicht, non refoulement, real risk
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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