TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/02 D9 243929-0/2008

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Veröffentlicht am 02.10.2008
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Spruch

D9 243929-0/2008/11E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Stark als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Thurner über die Beschwerde der L.P. alias P., geb. 00.00.1956, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Oktober 2003, Zahl 02 33.500-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. August 2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird in Anwendung des § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, in Verbindung mit § 61 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und brachte am 19. November 2002 bei der belangten Behörde einen Asylantrag ein.

 

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 2. September 2003 wurde die Beschwerdeführerin zu ihrem Reiseweg und ihren Fluchtgründen befragt.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2003, Zahl 02 33.500-BAW, wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF, abgewiesen und in Spruchpunkt II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin in die Ukraine gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt. Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin.

 

Genannter Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 31. Oktober 2003 durch Hinterlegung zugestellt.

 

Mit Schreiben vom 9. November 2003, eingelangt bei der belangten Behörde am 10. November 2003, erhob die Beschwerdeführerin Berufung (nunmehr: Beschwerde), wiederholte im Wesentlichen das in der Einvernahme vom 2. September 2003 erstattete Vorbringen und betonte, dass sie und ihre Kinder massiv bedroht werden würden.

 

Mit 1. Juli 2008 wurde die ursprünglich zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat aufgelöst, an seine Stelle trat der neu eingerichtete Asylgerichtshof. Nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes wurde gegenständliches Beschwerdeverfahren dem nunmehr zuständigen vorsitzenden Richter zugewiesen.

 

Am 28. August 2008 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof statt, an welcher die Beschwerdeführerin und ihr Sohn teilnahmen. Die belangte Behörde wurde ordnungsgemäß geladen, folgte der Ladung jedoch nicht.

 

In der Verhandlung wurden nach ausführlicher Erörterung des Vorbringens der Beschwerdeführerin die im Verfahren herangezogenen Erkenntnisquellen zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin gab eine kurze Stellungnahme ab, dass zwar seit der "Orangen Revolution" viele zurückgekehrt seien, aber "alles anders" sei. Die Verkündung des Erkenntnisses entfiel und es wurde angekündigt, den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen.

 

Die Verhandlungsschrift vom 28. August 2008 wurde dem Bundesasylamt am 4. September 2008 per E-Mail übermittelt.

 

Eine Stellungnahme der Parteien langte innerhalb der gewährten Frist nicht ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Im Rahmen der Verhandlung am 28. August 2008 wurden zur Beurteilung der Lage in der Ukraine im konkreten Verfahren folgende relevante Erkenntnisquellen herangezogen:

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, Stand März 2008, (http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ukraine/Innenpolitik.html, Zugriff am 13. August 2008)

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, März 2003

 

US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11. März 2008

 

Freedom House Nations in Transit Report 2007 - Ukraine

 

Human Rights Watch, Universal Periodic Review of Ukraine vom 05. Mai 2008

 

Commission of the European Communities, ENP Progress Report: Ukraine [SEC(2006) 1505/2] vom 4. Dezember 2006

 

Commission of the European Communities, 'Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2007': Progress Report Ukraine, 3. April 2008

 

Caritas Ukraine, Our Activity, 2007;

http://www.caritas-ua.org/index.php, Zugriff am 13. August 2008

 

U.K. Home Office, Country of Origin Information Report, vom Juni 2006

 

Ukrainian Helsinki Human Rights Union, Human Rights in Ukraine - 2007

 

International Religious Freedom Report 2005, Released by the Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, 8. März 2006

 

ACCORD Anfragebeantwortung vom 29. August 2006 zur medizinischen Versorgung und allgemeine Informationen zum Gesundheitssystem in der Ukraine

 

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, der vor dem Asylgerichtshof durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und den in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichten zur Lage in der Ukraine, insbesondere zu Polizeigewalt und Korruption, Gerichtsbarkeit sowie Grund- und medizinische Versorgung wird seitens des Asylgerichtshofes Folgendes festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist volljährige ukrainische Staatsangehörige. Ihre Identität steht nicht fest.

 

Die Beschwerdeführerin war keinen asylrelevanten Übergriffen ausgesetzt und drohen solche auch nicht. Die von ihr vorgebrachten Gründe ihrer Ausreise aus der Ukraine werden mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens nicht festgestellt.

 

Der Beschwerdeführerin droht in der Ukraine weder eine unmenschliche Behandlung, Todesstrafe oder unverhältnismäßige Strafe bzw. eine sonstige individuelle Gefahr.

 

Die Beschwerdeführerin ist arbeitsfähig und -willig. Es kann nicht festgestellt werden, dass im Falle der Rückkehr in die Ukraine eine Existenzgefährdung bestünde.

 

Die Beschwerdeführerin leidet unter keinen Erkrankungen und verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen in und zu Österreich.

 

Auf Grundlage der herangezogenen Quellen ergeben sich folgende Länderfeststellungen:

 

Innenpolitische Lage

 

Die Ukraine erreichte im Jahr 1991 ihre staatliche Unabhängigkeit. Gemäß der Verfassung vom 28. Juni 1996 war die Ukraine ursprünglich eine Präsidialdemokratie mit Gewaltenteilung. Politik und Verwaltung waren stark auf den Staatspräsidenten als zentrale Verfassungsinstitution und Ausdruck staatlicher Macht ausgerichtet. Verfassungsgesetzliche Grundrechte wurden ebenfalls verabschiedet.

 

Am 8. Dezember 2004 wurde die Verfassung im Zuge der "Orangefarbenen Revolution" wesentlich geändert. Diese Änderungen traten zum Jahresbeginn 2006 in Kraft. Sie stärkten das Parlament, das nun weitgehend selbst die Regierung einsetzen und durch Misstrauensvotum abberufen kann. Der Präsident hat jedoch faktisch bei der Regierungsbildung weiterhin eine einflussreiche Rolle und zudem die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen das Parlament aufzulösen.

 

Die Kompetenzen der einzelnen Verfassungsorgane sind im geltenden Verfassungstext nur unzureichend abgegrenzt. Dies führte im Frühjahr 2007 zu einem Verfassungskonflikt zwischen Staatspräsident Juschtschenko und der damaligen Regierung unter Premierminister Janukowitsch, in dem sich beide Seiten gegenseitig Verfassungsbruch vorwarfen. Das Verfassungsgericht erwies sich dabei als nicht fähig, diesen Streit zu schlichten. Präsident Juschtschenko hat Anfang 2008 einen Verfassungsrat aus Politikern und Experten gebildet, der Vorschläge zu einer Verfassungsreform erarbeiten soll.

 

Die Ukraine wird zentralistisch regiert. Das Land ist in 27 Verwaltungseinheiten aufgeteilt: Dies sind die 24 Bezirke (Oblaste), deren Gouverneure vom Präsidenten ernannt und entlassen werden, außerdem die Autonome Republik Krim und die Städte Kiew und Sewastopol, die einen Sonderstatus haben. Organe der regionalen und lokalen Selbstverwaltung haben mit Ausnahme der Krim relativ geringe Kompetenzen.

 

Bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst 2004 standen sich der damalige Premierminister Viktor Janukowitsch und der Oppositionskandidat Viktor Juschtschenko gegenüber. Nach Wahlfälschungen zugunsten von Janukowitsch kam es zu starken Protesten der ukrainischen Bevölkerung. Juschtschenko und seine Verbündete Julija Tymoschenko standen über Wochen an der Spitze einer breiten, gewaltlosen Volksbewegung. Schließlich erreichte die "Orange Revolution" eine Wiederholung der Präsidentschaftswahlen. Juschtschenko gewann am 26. Dezember 2004 und trat Anfang 2005 sein Amt als dritter Präsident der seit 1991 unabhängigen Ukraine an. Julija Tymoschenko wurde Premierministerin (bis September 2005). Als sie wegen Differenzen mit Staatspräsident Juschtschenko ihr Amt verlor, wurde ein Vertrauter Juschtschenkos, der heutige Verteidigungsminister Juri Jechanurow, Premierminister.

 

Bei den Parlamentswahlen am 26. März 2006 wurde Janukowitschs "Partei der Regionen" (PdR) deutlich stärkste Fraktion vor dem "Block Julija Tymoschenko" (BJuT) und Juschtschenkos "Unsere Ukraine" (UU). Als die Spannungen zwischen Präsident und Premierminister zunahmen, ging die Partei "Unsere Ukraine" (UU) in die Opposition und zog ihre fünf (zusätzlichen) Minister aus der Regierung zurück.

 

Im April 2007 löste Präsident Juschtschenko das ukrainische Parlament auf und ordnete Neuwahlen an. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Auflösung sind umstritten. Das vom Parlament angerufene Verfassungsgericht erwies sich als gespalten, politisch instrumentalisiert und nicht hinreichend legitimiert, weshalb es zu keiner Entscheidung imstande war.

 

Der Auflösungsbeschluss führte zu Kundgebungen, Pressegesprächen, Auslandsreisen und Verhandlungen der beiden Lager vor und hinter den Kulissen. Beide Seiten respektierten weitgehend die in der Revolution errungene Presse-, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Die Sicherheitsbehörden agierten mit Augenmaß. Ende Mai einigten sich schließlich Präsident, Premierminister und Parlamentspräsident auf Neuwahlen am 30. September 2007.

 

Die Regierung Janukowitsch blieb im Amt.

 

Nach Einschätzung der OSZE-Wahlbeobachter entsprachen die Parlamentswahlen vom 30. September 2007 im wesentlichen demokratischen Standards und den internationalen Verpflichtungen der Ukraine.

 

Am 18. Dezember 2007 wurde Julija Tymoschenko im dritten Wahlgang in namentlicher Abstimmung zur neuen ukrainischen Premierministerin gewählt. Als wesentliche Aufgaben ihrer Regierung nannte Premierministerin Tymoschenko die Themen Energiesicherheit, Gerichtsreform, Verbesserung des Investitionsklimas und eine aktive Sozialpolitik. Der Haushalt 2008 wurde vom Parlament noch kurz vor Jahresende verabschiedet. Von Mitte Januar 2008 an blockierte die Opposition die Parlamentsarbeit; Anlass war die Unterschrift von Parlamentspräsident Jazenjuk unter die ukrainische Bitte an die NATO um einen Mitgliedschaftsaktionsplan. Diese Blockade endete am 6. März 2008, als das Parlament mehrheitlich eine Resolution verabschiedete, dass ein Beitritt zur NATO erst nach einem Referendum möglich sei (was Staatspräsident Juschtschenko schon seit längerem zugesagt hatte). (Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, Stand März 2008)

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Der Schutz der Menschenrechte sowie das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip sind in der Verfassung verankert. Auf Grundlage der Verfassung ist das Amt der Ombudsperson für Menschenrechte beim ukrainischen Parlament als unabhängige Kontrollinstanz geschaffen worden (am 8. Februar 2007 wurde Nina Karpatschowa erneut zur Menschenrechtsbeauftragten gewählt). Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen.

 

Seit der "Orange Revolution" berichten die Medien auch kritisch über einzelne Fälle von Menschenrechtsverletzungen. Die Bürgergesellschaft ist deutlich lebendiger als früher. Unabhängige Menschenrechtsorganisationen können weitgehend ungehindert arbeiten und werden von der Regierung als Gesprächspartner akzeptiert.

 

Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen (insbesondere Untersuchungshaftanstalten), schleppende Gerichtsverfahren, die Lage ausländischer Flüchtlinge und der Roma und die Zunahme fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt.

 

Die politische Lähmung des Landes im vergangenen Jahr blockierte viele Gesetzesvorhaben zur Justizreform. Geplant sind eine einheitliche, transparentere Richterauswahl, die Stärkung der richterlichen Selbstverwaltung, mehr Öffentlichkeit im Strafprozess, Rechtsmittel gegen Untersuchungshaft und eine Beschränkung des Einflusses der Staatsanwaltschaft.

 

Die Ukraine ist 2007 in 108 Fällen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, häufig wegen Verletzung von Prozessgrundrechten (unfaires oder zu langes Verfahren).

 

(Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, Stand März 2008, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ukraine/Innenpolitik.html, Zugriff am 15.07.2008)

 

Die schwerwiegendsten Bedenken in Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte bleiben Rechtsverletzungen im Bereich der Polizei und des Strafrechtssystems. Hierzu gehören Folter in Untersuchungshaftanstalten, schlechte Haftbedingungen sowohl in Straf- als auch in Untersuchungshaftanstalten und willkürliche und übermäßig lange Anhaltung in Untersuchungshaft. Hinzu kommen fortgesetzte gewaltsame Schikanen gegenüber Wehrpflichtigen und die Überwachung privater Kommunikation durch die Verwaltung ohne gerichtliche Kontrolle. Die Rückgabe religiösen Eigentums wurde fortgesetzt. Fälle von Gewalt gegen Juden und antisemitische Veröffentlichungen sowie vermehrte Gewalt gegen Personen nichtslawischer Abstammung wurden berichtet. Korruption in allen Regierungsbereichen und dem Militär und die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz wurden ebenfalls kritisiert. Gewalt und Diskriminierungen gegen Kinder und Frauen, häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz und Kinderarbeit blieben ebenso wie Fälle von Menschenhandel weiterhin problematisch. Aufgrund unzureichender Gesetzgebung im Bereich des Arbeitsrechts sind die Rechte von Arbeitnehmern, Gewerkschaften zu gründen und beizutreten oder Kollektivverträge abzuschließen, sowohl im öffentlichen Dienst wie auch im privaten Sektor eingeschränkt.

 

Die Regierung begegnete dem Problem ethnisch motivierter Angriffe mit der Gründung von Sondereinheiten im Innenministerium (MOI) und dem Inlandsgeheimdienst (SBU) und der Einrichtung einer neuen Position eines Sonderbotschafters für den Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung im Bereich des Außenministeriums. Ein erstes Gerichtsverfahren im Fall eines ethnisch motivierten Übergriffs wurde im Februar 2007 eingeleitet.

 

Es gibt keine Berichte über Fälle von politisch motiviertem Verschwinden von Menschen.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Korruption

 

Im August 2007 nahm der Ministerrat ein Dekret über einen Maßnahmenplan betreffend die Implementierung eines Konzeptes für mehr Integrität (Maßnahmenplan) an, welcher der einzige nennenswerte Entwurf blieb. Nach dem Maßnahmenplan werden einige konkrete Richtwerte, die bis 2010 erreicht werden sollen, Ziele des Konzepts und die zuständigen Staatsorgane festgelegt, und ein Zeitplan für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen aufgestellt. Darüber hinaus werden die obersten Organe der Zentralverwaltung verpflichtet, dem Innenminister jährlich bis zum 20. Jänner des Folgejahres über den Fortschritt der in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich fallenden Teile des Planes Bericht zu erstatten. Trotz der Annahme des Maßnahmenplanes bleibt die Korruption jedoch ein vorherrschendes Element in der ukrainischen Gesellschaft.

 

Das Parlament hat ein Gesetz betreffend die Ratifizierung der UN Konvention gegen Korruption, ein Gesetz über die Ratifizierung der Strafrechtskonvention des Europarates gegen Korruption sowie ein Gesetz über die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Strafrechtskonvention des Europarates gegen Korruption, die ihm vom Präsidenten im Jahr 2006 vorgelegt wurden, angenommen. Das Parlament hat in erster Lesung auch ein Gesetz über die Verantwortlichkeit von Rechtsträgern für Korruptionsvergehen angenommen, das sowohl den staatlichen als auch den örtlichen Behörden die Verantwortung für die Verfolgung von Schmiergeldfällen überträgt. Darüber hinaus wurde ein Gesetz betreffend Prinzipien der Vermeidung und Bekämpfung der Korruption sowie ein Gesetz über die Änderung einiger Gesetze der Ukraine betreffend die Verantwortlichkeit für Korruptionsvergehen angenommen.

 

(Quelle: Freedom House Nations in Transit Report 2007 - Ukraine, vom 01.06.2007)

 

Das Innenministerium ist zuständig für die Umsetzung der Gesetzgebung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Ihm sind die Polizei sowie eigene Militärabteilungen unterstellt. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU untersteht unmittelbar dem Präsidenten.

 

Problematisch ist weiterhin die Korruption im Bereich der Polizei. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2007 gegen 35.737 Vollzugsorgane Disziplinarverfahren eingeleitet und in 495 weiteren Fällen ermittelt. Das Büro des Generalstaatsanwaltes bestätigte, dass in den ersten zehn Monaten des Jahres in 257 Fällen Ermittlungen wegen Korruption eingeleitet wurden, von denen 206 an die Gerichte weitergeleitet wurden. Die Behörden unternahmen verstärkt Anstrengungen, Polizeiübergriffe aufzuklären, und leiteten im Vergleich zu den vergangenen Jahren vermehrt Disziplinarverfahren gegen Vollzugsorgane ein.

 

In einigen Fällen wurden hohe Strafen gegen Vollzugsbeamte für die Annahme von Bestechungsgeldern verhängt. Im Mai 2007 berichtete die Zeitung Silski Visti, dass seit Jahresbeginn die Staatsanwaltschaft des Oblast Saporischschja Anklage gegen 365 Polizeibeamte wegen Amtsvergehen erhoben hat. In den meisten Fällen ging es um Rechtsverletzungen im Zuge der Entgegennahme von Geständnissen sowie im Zusammenhang mit Ermittlungen und Durchsuchungen im Zuge gerichtlicher Ermittlungsverfahren und bei Verhaftungen. Gegen weitere 358 Polizeibeamte wurden interne Disziplinarverfahren geführt, in sieben Fällen wurden Strafverfahren eingeleitet.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Auch im Bereich der Vollzugs- und Gesetzgebungsabteilungen der Regierung inklusive des Militärs ist Korruption weiterhin ein schwerwiegendes Problem. Nach Berichten des Inlandsgeheimdienstes wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2007 in 131 Fällen Ermittlungen wegen Bestechung eingeleitet. Medienberichten zufolge waren Mitte des Jahres 2 721 Fälle vor Gericht anhängig, in denen Beamte wegen Korruption angeklagt waren, 15% mehr als im Jahr 2006. Die Presseabteilung der Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dass in den ersten drei Monaten des Jahres 432 Strafverfahren gegen 474 wegen Korruption angeklagter Personen an die Gerichte weitergeleitet wurden. Davon betrafen 64 Fälle Veruntreuung von Staatseigentum in großem Ausmaß, 274 Fälle betrafen Amtsmissbrauch und 94 Fälle Bestechung. In den ersten drei Monaten des Jahres wurden 38 Beamte verurteilt, sowie 83 Verwaltungsbedienstete und 44 gewählte Beamte der Gemeinden, 23 Bedienstete der Verwaltungen der Oblaste und Bezirke, 27 Bedienstete der Steuerbehörden und sieben Zollbeamte.

 

Nach einer im März durchgeführten Umfrage eines Projekts zur aktiven Zivilbeteiligung an der Bekämpfung der Korruption in der Ukraine gaben 67% der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten unmittelbar in einen unregelmäßigen Vorgang involviert gewesen zu sein, bei dem Beamte beteiligt gewesen seien, 26% gaben an, ein Bestechungsgeld bezahlt zu haben. Die Befragten gaben an, dass in den vergangenen zehn Jahren die Zahlung von Schmiergeldern im Gesundheitswesen, der Polizei, im Wohnungswesen, Zoll, bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und in Schulen erheblich zugenommen habe, während die Praxis der Schmiergeldzahlung bei Steuerprüfungen, bei Kontrollen im Straßenverkehr und beim Erhalt von Sozialleistungen zurückgegangen sei.

 

Beamte sind gesetzlich verpflichtet, Offenlegungserklärungen über ihre finanzielle Situation abzugeben, obwohl diese meist das tatsächliche Einkommen unterschreiten. Mit dem Gesetz gegen Korruption wurden besondere Unterabteilungen des Innenministeriums, des Inlandsgeheimdienstes, der Staatsanwaltschaften und der Militärpolizei eingerichtet, die für die Bekämpfung der Korruption verantwortlich sind.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Gerichtsbarkeit

 

Die ukrainische Verfassung garantiert den Schutz von Menschen- und Bürgerrechten und -freiheiten sowie das Recht der Bürger, Entscheidungen, Maßnahmen oder Versäumnisse der Staatsregierung oder der Regierungen der Oblaste und ihrer Beamten vor Gericht anzufechten. Die Rechte, Freiheiten und Interessen der Rechtsunterworfenen gegenüber Rechtsverletzungen durch die Regierungen und Staatsbedienstete sind gesetzlich geschützt. Die Gesetzgebung gewährleistet den Zugang zu einem Gerichtsverfahren in Fällen ungesetzlichen Verwaltungshandelns oder mangelnder Umsetzung gesetzlicher Garantien und erlaubt einem möglichen Opfer von Rechtsverletzungen, eine Klage gegen Gesetze, die möglicherweise Grundrechte und -freiheiten einschränken könnten, einzureichen, ohne ihre unmittelbare Betroffenheit von solcher Gesetzgebung nachweisen zu müssen. Rechtsunterworfene können die Menschenrechtsbeauftragte des Parlaments anrufen und - nach Ausschöpfung des Instanzenzuges - Fälle an internationale Einrichtungen, wie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder den UN Menschenrechtsausschuss bringen. Die Gerichte für allgemeine Rechtssprechung teilen sich in jene die nach administrativer Ebene (Distrikte-, Regionen- und Höchstgericht), und jene die nach Spezialisierung eingerichtet sind. Die höchste Instanz ist hier das Höchstgericht. Das Verfassungsgericht interpretiert die Verfassung und Gesetze. Handelsgerichte haben ein eigenes System, das Höchstgericht kann Urteile der Handelsgerichte aufheben. Militärgerichte zählen zu den spezialisierten Gerichten.

 

Trotz verfassungsgesetzlich gewährleistetem Schutz ist die Justiz in der Praxis starkem Druck von der Exekutive und der Legislative ausgesetzt. Außerdem gilt der Justizapparat als korrupt und ineffizient. Kritisiert werden von ukrainischen Richtern unter anderem Einmischungen durch Politiker und Höchstgericht, oder versuchte Einflussnahme bei Gerichtsverhandlungen, die Regierungsmitglieder betreffen.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Zu den wesentlichen Schwächen des ukrainischen Justizsystems gehören die mangelnde öffentliche Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen sowie des Gerichtssystems insgesamt, die unzureichende Finanzierung der Justiz sowie das ineffiziente und intransparente Verfahren der Richterernennung. Diese Probleme blieben im Jahr 2007 unangetastet. Das gesamte Justizsystem geriet durch die Entlassung des Generalstaatsanwaltes im Mai 2007 sowie durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtes, wonach das Recht des Präsidenten, Gerichtsvorsitzende und deren Stellvertreter zu ernennen und zu entlassen, aufgehoben wurde, ins Ungleichgewicht und führte zu breiten medialen Diskussionen über die Notwendigkeit einer Reform des Justizwesens. Durch die bevorstehenden Wahlen und den darauf folgenden Prozess der Regierungsbildung blieben jedoch substantielle Initiativen aus.

 

(Quelle: Freedom House Nations in Transit Report 2007 - Ukraine, vom 01.06.2007)

 

Auch im Bereich der Gerichtsbarkeit kam es zu Fällen von Korruption. Nach Pressemitteilungen des Inlandsgeheimdienstes wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2007 24 Strafverfahren gegen Richter eingeleitet und 49 Fälle der Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens übermittelt. Im Ergebnis wurden vier Gerichtsbedienstete zu Geldstrafen verurteilt und in 30 Fällen wurden Verwarnungen an den Richterrat, die Vorsitzenden der Berufungsgerichte und den Hohen Justizrat erteilt.

 

Richter genießen Immunität vor Strafverfolgung und dürfen nicht ohne Zustimmung des Parlaments angehalten oder verhaftet werden. Am 15. Februar 2007 stimmte das Parlament der Ausstellung eines Haftbefehls gegen den Richter Oleh Pampura zu, der der Forderung eines Bestechungsgeldes in Höhe von USD 6.000,- für die Reduzierung einer Haftstrafe beschuldigt wurde. Zum Zeitpunkt der Abstimmung war der Aufenthaltsort des Richters unbekannt.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Free access to justice is a constitutional right and the foundation of just legal proceedings. The principle of free access to justice entails the duty of the courts to not refuse to examine cases within their jurisdiction in order to defend a person's violated rights, liberties or interests; convenient location of courts and a sufficient number of courts and judges in the country. There is a serious problem with the number of judges: over 800 vacancies remain unfilled and for over 400 judges their first five-year term has ended and they are awaiting indefinite appointment.

 

(Quelle: Human Rights Watch, Universal Periodic Review of Ukraine vom 5. Mai 2008)

 

Haftbedingungen

 

Die ukrainischen Gefängnisse entsprechen nicht internationalen Standards. Zu den größten Problemen zählen Überbelegung der Zellen, Gewalt zwischen den Insassen, Misshandlung der Insassen durch Gefängniswärter, und mangelnde medizinische Versorgung. Die sanitären Einrichtungen und die Lebensmittelversorgung haben sich in den letzten Jahren hingegen leicht verbessert. 2007 kamen zwei Gefängnisinsassen durch Gewalt der Sicherheitsbehörden ums Leben.

 

Sowohl das UN Komitee gegen Folter, also auch das Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter kritisierten die Misshandlungen und Folter, die bei Verhaftungen und in ukrainischen Haftanstalten vorkommen.

 

(Quellen: Commission of the European Communities, 'Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2007': Progress Report Ukraine, 3.4.2008;

 

Human Rights Watch, World Report 2008: Ukraine, 31.1.2008;

 

U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices 2007: Ukraine, 11.3.2008)

 

Das Strafvollzugssystem besteht aus 183 Einrichtungen, dazu gehören 138 Strafkolonien, 33 Untersuchungshaftanstalten, zwei Anstalten für chronisch Alkoholkranke und 10 Strafvollzugsanstalten für Minderjährige. Die staatliche Strafvollzugsbehörde teilte mit, dass mit 1. Dezember 2007 150.950 Personen in Strafvollzugsanstalten und

33.424 Personen in den Untersuchungshaftanstalten angehalten wurden. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen kommt es aufgrund von Reformen im Strafvollzug und durch die Einrichtung mobiler Überwachungseinheiten im Innenministerium trotz anhaltend unzureichendem Standard zu einer stetigen Verbesserung der Haftbedingungen.

 

Nach Angaben des Innenministeriums bestanden mit Oktober 2007 487 Polizeianhaltezentren für vorübergehende Anhaltungen, in welchen

197.586 Personen festgehalten wurden. Die Bedingungen in diesen Polizeianhaltezentren und in Untersuchungshaftanstalten sind schlechter als in anderen Gefängnissen niedriger Sicherheitsstufe. Bisweilen gibt es ungenügende oder nicht vorhandene Sanitätseinrichtungen und medizinische Versorgung. Das Innenministerium bestätigte, dass mit 25. Oktober 2007 in diesen Anstalten 13 Todesfälle zu berichten waren, darunter fünf Selbstmorde. Das Büro der Menschenrechtsbeauftragten berichtete von 98 Todesfällen in Untersuchungshaftanstalten in den ersten zehn Monaten des Jahres aus verschiedenen Ursachen, unter anderem auf Grund von schlechten Haftbedingungen, was einen Anstieg im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren darstellt.

 

Die Überfüllung und die schlechten Haftbedingungen in Untersuchungshaftanstalten haben Fälle von Tuberkulose unter den Häftlingen massiv ansteigen lassen. Nach Angaben der Gefängnisleitungen wurden die Infektionsraten allerdings durch eine verpflichtende Untersuchung aller Insassen gesenkt und auch NGOs sehen in der Installation von Röntgengeräten in einer Reihe von Gefängnissen eine positive Entwicklung. Laut Berichten der staatlichen Strafvollzugsbehörde hat sich die Zahl der an Tuberkulose erkrankten Personen im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Während der vergangenen fünf Jahre konnte die Zahl der Todesfälle aufgrund von Tuberkulose um 25% gesenkt werden. Während in Polizeianhaltezentren und in Strafvollzugsanstalten das Auftreten von Tuberkulose reduziert werden konnte, steht in Untersuchungshaftanstalten keine umfassende Behandlung von Tuberkulose zur Verfügung.

 

Im Oktober 2006 wurde von einem Kiewer Bezirksgericht der Familie einer Frau, die in einer Untersuchungshaftanstalt an einer Lungenentzündung verstorben war, Schadenersatz zugesprochen, da ihre Behandlung unzureichend gewesen wäre.

 

Gefangene und Angehaltene haben das Recht, Beschwerden an die Menschenrechtsbeauftragte betreffend ihre Haftbedingungen einzubringen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen werden diese jedoch häufig vom Aufsichtspersonal zensiert oder abgeschreckt. Nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation in Charkow erhielt die Strafvollzugsbehörde im ersten Halbjahr 2007 fast 500 Beschwerden, von denen 164 Schläge oder Körperverletzungen betrafen, die Strafvollzugsbehörde habe jedoch keinerlei Vorkommnisse anerkannt.

 

(Quelle: US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Ukraine, vom 11.03.2008)

 

Ombudsmann

 

Rund ein Drittel der Beschwerden im Büro des Ombudsmanns für Menschenrechte beziehen sich auf unfaire Gerichtsverhandlungen. Darunter das Nicht-Einhalten von Gerichtsregeln, ungesetzliche Handlungen der Richter, und die lange Dauer der Gerichtsverfahren. Vor allem die Gerichte in Zaporizhzhya, Zakarpattia, Ivano-Frankivsk, Mykolayiv, Poltava, Kharkiv, Chernihiv oblasts und Sevastopol werden beschuldigt, den verurteilten Personen die Einsicht in ihre Akte zu verwehren, um nicht berufen zu können. Das Höchstgericht stimmte nach einem diesbezüglichen Protestschreiben des Ombudsmanns zu, dass das Justizgesetz in allen Gerichten gleich ausgelegt werden sollte.

 

Mit 10. Oktober 2007 waren 63.839 Beschwerden im Büro des Ombudsmanns eingegangen: 53,8% bezogen sich auf Bürgerrechtsverletzungen, 18,6% auf Sozialrechtsverletzungen, 15,4% auf Verletzungen wirtschaftlicher Rechte, 11,2% auf Verletzungen von Persönlichkeitsrechten. Nur 0,9% der Beschwerden standen mit politischen Rechten in Zusammenhang.

 

(Quelle: U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices 2007: Ukraine, 11.3.2008;)

 

Rückkehrfragen

 

Citizens who wished to travel abroad generally were able to do so freely. Exit visas were required for citizens who intended to take up permanent residence in another country, but there were no known cases of exit visas being denied to citizens during the year. The government could deny passports to individuals in possession of state secrets; such individuals could appeal the denial of a passport.

 

The law prohibits forced exile, and the government did not employ it.

 

(Quelle: U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices 2007: Ukraine, 11.3.2008;

 

A new system of registration was introduced during the year 2005, replacing most elements of the propyska system that inhibited the free movement of individuals. Human rights groups stressed that a major difference between the new system and the propyska system is that a person may live, work, and receive services anywhere in the country. There was no indication that individuals were denied access to services because they were not registered in the locality where they resided.

 

(Quelle: U.K. Home Office, Country of Origin Information Report, vom Juni 2006)

 

Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte Asylwerber wegen Stellung eines Asylantrags behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer in den Ort, an dem sie zuletzt gemeldet waren, begeben. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie auch bei anderen Personengruppen - faktische Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben.

 

(Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, Stand März 2003)

 

Grundversorgung

 

Im Jänner 2007 wurde ein staatliches Programm für wirtschaftliche und soziale Entwicklung verabschiedet, mit dem vor allem das Sozialversicherungs- und Pensionssystem reformiert werden sollten. Vier Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.

 

Die Arbeitslosenrate ist auf 6,8% gefallen. Der Mangel an Facharbeitern und ein großer informeller Wirtschaftsmarkt stellen jedoch immer noch große Herausforderungen dar.

 

(Quelle: Commission of the European Communities, 'Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2007': Progress Report Ukraine, 3.4.2008)

 

Die Caritas Ukraine hat zahlreiche Projekte, welche die Unterstützung sozial schwacher Bürger zum Ziel haben. Seit kurzem gehört zu dem weiten Spektrum an Hilfestellungen auch Unterstützung bei der Rückkehr von ukrainischen Flüchtlingen. Bislang beschränkt sich diese Hilfe jedoch auf ein Projekt in der Hauptstadt Kiew, das ausschließlich Rückkehrer aus Belgien betrifft.

 

(Caritas Ukraine, Our Activity, 2007;

http://www.caritas-ua.org/index.php, Zugriff am 16.04.2008 )

 

2. Der Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin wurde bereits im Bescheid der belangten Behörde festgestellt. Deren Identität konnte mangels Vorlage von Identitätsdokumenten nicht festgestellt werden.

 

Die Feststellungen zum Ausreisegrund der Beschwerdeführerin beruhen auf dem insgesamt unglaubwürdigen Vorbringen im Rahmen des Asylverfahrens.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25. 03. 1999, Zl. 98/20/0559).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24. 06. 1999, Zl. 98/20/0453; VwGH 25. 11. 1999, Zl. 98/20/0357); dies unbeschadet der behördlichen Anleitungs- und Manuduktionspflicht, sondern als von der Mitwirkungspflicht des Asylwerbers mit umfasst. Das Bundesasylamt bzw. der Asylgerichtshof ist demnach nicht verpflichtet, Asylwerber derart anzuleiten, dass ein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss (VwGH 8. 7. 1993, Zl. 92/01/0715) oder Unterweisungen dahingehend zu erteilen, wie ein Vorbringen auszuführen ist, damit einem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (VwGH 2. 2. 1994, 93/01/1219, 23. 3. 1994, 93/01/1186).

 

Die belangte Behörde geht in ihrem Bescheid im Wesentlichen kurz zusammengefasst zu Recht von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin aus. Unbeschadet der bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgezeigten Widersprüche in den Aussagen vor der belangten Behörde wäre es nach Ansicht des Asylgerichtshofes - auch im Hinblick auf die behördliche Ermittlungspflicht - sinnvoll gewesen, die (Un)glaubwürdigkeit des Vorbringens durch eine weitere (zweite) Einvernahme vor dem zur Entscheidung befugten Organwalter der belangten Behörde zu manifestieren.

 

Der zur Entscheidung berufene Senat des Asylgerichtshofes gelangte im Laufe der öffentlichen mündlichen Verhandlung, ebenso wie die belangte Behörde, zu der Überzeugung, dass die Angaben der Beschwerdeführerin bezüglich der angeblichen Gründe für ihre Ausreise aus der Ukraine unglaubwürdig waren.

 

Die Beschwerdeführerin schilderte im Rahmen ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde sowie in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof angebliche fluchtauslösende Ereignisse, denen insgesamt die Glaubwürdigkeit versagt werden muss.

 

Vorauszuschicken ist, dass sich der von der Beschwerdeführerin in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt und auch vor dem erkennenden Senat dargetane und als fluchtauslösendes Ereignis geschilderte Vorfall vom April 2002, bei dem die Beschwerdeführerin geschlagen worden sei, ca. sieben Monate vor ihrer tatsächlichen Ausreise im November 2002 zugetragen haben soll. Schon daraus lässt sich erkennen, dass die Beschwerdeführerin nicht in Furcht vor weiteren Übergriffen gelebt haben kann, da sie sich ansonsten zur unverzüglichen Ausreise veranlasst gesehen hätte und sofort ausgereist wäre. Auch auf Vorhalt des vorsitzenden Richters war die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, diesen langen Zeitraum zu erklären. Vielmehr gab sie in der Verhandlung an, nach ihrem Krankenhausaufenthalt wieder in ihrem Haus gelebt zu haben und täglich zur Arbeit gegangen zu sein (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 10).

 

Weiters ist voranzustellen, dass die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof trotz vorheriger Belehrung und Hinweis auf ihre Mitwirkungspflicht und die Bedeutung der mündlichen Verhandlung nur zögernd auf die Fragen des Senates antwortete und sich mit einem Verweis auf den Akt des Bundesasylamtes begnügen wollte ("VR: Wie sind Sie im Jahre 2002 nach Österreich gekommen?

BF1: Meine Freunde haben gesehen, in welchem Zustand ich war und wollten mir helfen, nach Österreich zu kommen. VR: Was kostete die Reise? BF1:Ich weiß es nicht, meine Freundin hat das alles bezahlt.

Ungefähr 700 USD. VR: Wer bezahlte? BF1: Ich habe nichts bezahlt.

Meine Freundin hat das bezahlt, glaube ich. VR: In welchem Zustand waren Sie? Aus welchem Grund? BF1: Sie drohten, mich umzubringen.

VR: Wer? BF1: Die Leute, wo ich gewohnt habe. VR: Die Nachbarn? BF1:

Das steht alles im Akt des BAA.", Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 4).

 

In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 2. September 2003 hat die Beschwerdeführerin zu den Personen, die sie angeblich in ihrem Haus aufgesucht und geschlagen hätten, angegeben, dass es sich um zwei Männer und eine Frau gehandelt habe (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 29), um in derselben Einvernahme nach Rückfrage des einvernehmenden Organwalters des Bundesasylamtes anzugeben, dass ein Mann und zwei Frauen anwesend gewesen seien (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 33). Vor dem erkennenden Senat führte sie wiederum aus "ganz sicher" zu sein, es seien zwei Männer und eine Frau gewesen (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 8).

 

Die Beschwerdeführerin sei nach ihren Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt bereits zwei Wochen im Krankenhaus aufhältig gewesen, als ein Untersuchungsbeamter zum ersten Mal ins Krankenhaus gekommen sei und sie eine Anzeige wegen des Vorfalls erstattet habe (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 33). In der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof gab die Beschwerdeführerin hiezu widersprüchlich an, nach zwei bis drei Tagen Anzeige erstattet zu haben (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 8).

 

Ein weiterer Widerspruch im Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt sich in Bezug auf den neuerlichen Besuch des Untersuchungsbeamten in der Krankenanstalt. Gab Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt an, dieser sei zu ihr ins Krankenhaus gekommen und hätte das Protokoll über ihre Anzeigeerstattung zerrissen (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 33), schilderte sie über Nachfrage des vorsitzenden Richters Gegensätzliches: "VR: Hatte der Polizist die erste Niederschrift, die Sie unterschrieben hatten, mit? BF1: Nein. Er hat nur den einen Zettel mitgehabt, auf dem gestanden ist, dass ich auf dem Heimweg von der Arbeit gefallen bin."

 

Soweit die Beschwerdeführerin in der Einvernahme vor der belangten Behörde behauptete, dass ihr mit dem Umbringen ihrer Kinder gedroht worden sei (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 31) erachtet es der Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar als Reaktion auf diese Drohung allein auszureisen ("Ich habe niemanden was gesagt, ich bin einfach geflohen.", erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 29). Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin selbst in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 35) angegeben, dass ihre beiden Söhne, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Gefahr gewesen seien, nach wie vor in der Ukraine mit ihren jeweiligen Familien leben. Ebenso hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof geschildert, dass ihre Söhne verheiratet seien und mit Familie in der Ukraine leben würden (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 4). Für den erkennenden Senat ist daher eine aktuelle Gefahr für die Beschwerdeführerin im Hinblick darauf, dass ihre Kinder in der Ukraine leben, nicht nachvollziehbar. Auch zum Aufenthalt ihres jüngsten Sohnes während ihres angeblichen 40-tägigen Krankenhausaufenthaltes befragt, sah sich die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, eine nachvollziehbare Antwort zu geben (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 9).

 

Im Laufe der Beschwerdeverhandlung wurde die Beschwerdeführerin auch zum Aufenthalt ihres Ehegatten zum Zeitpunkt des angeblichen Übergriffes auf ihre Person gefragt, worauf die Beschwerdeführerin zwei verschiedene Antworten gab: "VR: Was hat Ihr Mann dazu gesagt?

BF1: Er war damals nicht da. Er hat in Turkmenien gearbeitet und mein Sohn war in der Schule. Die Kinder waren auf alle Fälle nicht da. Ich nehme an, sie waren in der Schule. Ich kann mich aber nicht genau erinnern, weil ich auf den Kopf geschlagen wurde. VR: Wann war das? BF1: Im April 2002." (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 7). An anderer Stelle (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 11) gab die Beschwerdeführerin Folgendes an: "VR: Ab wann war Ihr Mann arbeitslos? BF1: Seit Jänner, Februar 2002. VR: Ihr Mann war seit Jänner, Februar 2002 arbeitslos und zu Hause? BF1: Ja. VR: Dann wäre er ja auch zum Zeitpunkt im April 2002 arbeitslos und zu Hause gewesen. BF1: Ich kann es nicht genau sagen. Die Firma ist immer wieder in Konkurs gegangen. VR: Sie sprechen von Ihrem Ehegatten, mit dem Sie zusammen gelebt haben und Sie wissen das nicht? BF1: Im April 2002 war er arbeitslos und zu Hause. VR: Dann wäre er bei dem Vorfall mit den Steinen doch zu Hause gewesen. BF1: Ich glaube, damals hat er als Maurer in der Umgebung gearbeitet, kam aber nicht regelmäßig nach Hause." Auch in Bezug auf dieses maßgebliche fluchtauslösende Ereignis, verstrickte sich die Beschwerdeführerin wie aus den Zitaten aus der Verhandlungsschrift hervorgeht, in gravierende Widersprüche, die selbst über Vorhalt des vorsitzenden Richters von der Beschwerdeführerin nicht aufgeklärt werden konnten.

 

Die Beschwerdeführerin entzieht ihrem Vorbringen den Boden, indem sie selbst in der Beschwerdeverhandlung Folgendes angibt: "VR: Haben Sie gar nicht versucht, um Ihr Haus zu kämpfen und Ihre Familie zu schützen? BF1: Ich hatte Angst, bin aber trotzdem täglich zur Arbeit gegangen und habe mit M. weiterhin in unserem Haus gelebt. VR: Warum sagte Ihr Ehegatte nichts? BF1: Er war nur froh, dass ich den 2. Zettel mit dem angeblichen Unfallhergang unterschrieben habe, damit keine Gefahr für die Familie besteht." (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 10). Daraus ergibt sich, dass nach ihrem eigenen Vorbringen in weiterer Folge ein routinemäßiges "Alltagsleben" im Kreise ihrer Familie erfolgte.

 

Nach ihrem Fluchtgrund befragt gab die Beschwerdeführerin vor dem erkennenden Senat an, dass es "relativ viele Gründe" seien und schilderte als Erstes, dass eine Quelle, von der sie Wasser geholt hätte, mit Exkrementen vergiftet worden sei und brachte als zweiten Grund vor, dass "Pflanzen auf ihrem Grund ausgerissen" worden seien (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 6). Selbst bei Wahrheitsunterstellung dieses Vorbringens ist in diesem Zusammenhang nicht von einer intensiven Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe auszugehen und herauszustreichen, dass der von der Beschwerdeführerin angeführte körperliche Übergriff auf ihre Person erst über Nachfrage des vorsitzenden Richters zur Sprache kam.

 

Wenn die angeblichen Verfolger der Beschwerdeführerin tatsächlich an dem Haus interessiert gewesen wären, wäre es ihr und der Familie nicht möglich gewesen, in dem betreffenden Haus zu leben, wie es die Beschwerdeführerin aber nach eigenen Angaben bis zu ihrer Ausreise im November 2002, somit knapp fünf Monate nach dem behaupteten gegen sie gerichteten körperlichen Angriff, nach eigenen Angaben getan hat und in dem ihr Mann nach ihrer Vermutung immer noch lebt (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 11). Einerseits behauptete die Beschwerdeführerin in Angst um ihr Leben in ihrer Heimat gelebt zu haben; andererseits gab sie an, die Hoftore nicht verschlossen zu haben (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, Seite 10). Der erkennende Senat musste auch aus diesem Grund vom Nichtbestehen einer individuellen Verfolgungsgefahr ausgehen.

 

Der Beschwerdeführerin ist es daher auf Grund der zahlreichen dargestellten Widersprüche und Unstimmigkeiten sowohl in ihrem zentralen Fluchtvorbringen als auch in Randbereichen der Fluchtgeschichte nicht gelungen, den erkennenden Senat von ihrer Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Auch die aufgezeigten Widersprüche konnte die Beschwerdeführerin trotz zahlreicher Gelegenheiten in der Beschwerdeverhandlung vor dem erkennenden Senat nicht hinreichend aufklären. Festzuhalten ist weiters, dass die Beschwerdeführerin weder Beweis- noch Bescheinigungsmittel vorlegen konnte.

 

Eine direkte unmittelbare individuelle asylrelevante Bedrohung hat die Beschwerdeführerin somit glaubwürdig nicht vorgebracht.

 

Bei Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Falles, auf Grund der zahlreichen Ungereimtheiten und der Widersprüche in den Einvernahmen der Beschwerdeführerin kann den Angaben zur behaupteten Verfolgung keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden, sondern ist vielmehr von einem wahrheitswidrigen, gesteigerten Konstrukt mit der Zielsetzung der Asylerlangung bzw. Verlängerung des Aufenthaltes auszugehen.

 

Somit war die Beschwerde insgesamt abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Feststellungen zum Herkunftsland der Beschwerdeführerin ergeben sich aus aktuellen Hintergrundberichten. Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches konkretes Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in der Ukraine in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.

 

Rechtlich folgt daraus:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, in der Fassung BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Auf die Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind gemäß § 23 AsylGHG, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 AsylG 2005 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der jeweils geltenden Fassung geführt.

 

Gegenständlicher Asylantrag wurde am 19. November 2002 gestellt, weshalb dieses Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG 1997), in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, zu führen ist.

 

2. Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51, hat die Berufungsbehörde außer in dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzten und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 1. Satz AsylG 1997 begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 1. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21. 12. 2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 19. 04. 2001, Zl. 99/20/0273).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die immanente Prognose abzustellen, ob der Asyl

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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