E9 302.642-1/2008-8E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Reinhard Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. Hermann Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde des O.R., geb. 00.00.1986, StA. Türkei (vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz), gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.06.2006, FZ. 03 19.071-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerdeführer (BF), seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 26.6.2003 beim Bundesasylamt (BAA) einen Asylantrag.
Das BAA hat folglich den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des konkreten Inhaltes der Beschwerde, der bei den Erwägungen des Asylgerichtshofes berücksichtigt wurde, wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung wird hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.
2. Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 44 Abs 1 AsylG 1997 werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs 3 leg cit idF BGBl I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs 1 anzuwenden.
Nachdem der gegenständliche Asylantrag vor dem 30.04.2004 gestellt wurde, ist zusammengefasst also das AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 mit den soeben genannten Maßgaben anzuwenden.
Gemäß § 38 Abs 1 AsylG 1997 entscheidet der unabhängige Bundesasylsenat über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Das gegenständliche Verfahren war am 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und es hat noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Zuständigkeit des erkennenden Senates ergibt sich sohin gemäß § 75 Abs 7 Z 2 AsylG 2005 aus der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes.
Gemäß § 61 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof - von hier nicht zutreffenden Ausnahmefällen abgesehen - in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Nach § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005 und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Dies gilt laut den Gesetzesmaterialien (vgl. AB 371 XXIII. GP) auch für zusammengesetzte Begriffe, die den Wortbestandteil "Berufung" enthalten (zB "Berufungsbehörde" oder "Berufungsantrag" in §§ 66 und 67 AVG).
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde [der Asylgerichtshof], wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde [der Asylgerichtshof] jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Eine kassatorische Entscheidung darf vom Asylgerichtshof nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Das Gericht hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa VwGH 14.3.2001, 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084).
Gemäß § 37 AVG hat die Behörde - und damit auch das BAA - den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Insbesondere ist ihnen gem. § 45 Abs 3 AVG (vgl auch §43 Abs 3 u. 4 sowie § 65 AVG) Gelegenheit zu geben vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Als elementarer Prozessgrundsatz soll dieses Mitwirkungsrecht sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages der Partei haben. Ohne Gewährung von Parteiengehör kann nicht von einem Ermittlungsverfahren iSd AVG gesprochen werden (Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 11 zu § 37). Daraus ergibt sich, dass erst dann der "maßgebliche Sachverhalt" festgestellt wurde, wenn die Behörde die Stellungnahme der Partei im Rahmen des zu gewährenden Gehörs in ihre Entscheidung einbezogen hat.
Im gegenständlichen Fall hat das BAA das Parteiengehör zu den Länderfeststellungen nicht gewahrt und der BF war erstmals durch die Darstellung im angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdevorbringens in der Lage dazu Stellung zu beziehen. Der anwaltlich vertretene BF bezieht umfangreich zum Wehrdienst und der Situation der Kurden beim Militär Stellung und behauptet am Ende, dass er bei Ableistung seines Militärdienstes Gefahr liefe unmenschlich behandelt bzw. gefoltert zu werden. Es kann nicht gesagt werden, dass dieser Sachvortrag von vornherein nicht von Entscheidungsrelevanz wäre. Hätte die belangte Behörde das Parteiengehör gewahrt, so hätte sich schon das BAA mit diesen Behauptungen als Teil seines Sachvortrages unter Zugrundelegung aktueller Berichte auseinanderzusetzen gehabt. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Verletzung des Parteiengehörs durch die Darstellung der - hier im übrigen nicht hinreichenden -Feststellungen zum Herkunftsstaat durch die Möglichkeit in der Beschwerde dazu Stellung zu beziehen, als geheilt betrachtet werden könnte. Ergibt sich aber aus dieser Stellungnahme ein entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der - wenn die Erstbehörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Parteiengehör gewahrt hätte - schon von ihr zu berücksichtigen gewesen wäre und wird durch diese Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ein ergänzendes Ermittlungsverfahren bzw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für den Asylgerichtshof erforderlich, so kann dies grds. zu einer Zurückverweisung an die Erstbehörde führen. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit für den BF, da seit 1.7.2008 der Asylgerichtshof und nicht mehr der Verwaltungsgerichtshof die (letzte) Kontrollinstanz für einfachgesetzliche Verletzungen in Asylsachen ist. Weiters kann von einer Sanierung des Verfahrensmangels nur dann gesprochen werden, wenn die belangte Behörde im Bescheid die für den konkreten Fall maßgeblichen Feststellungen zum Herkunftsstaat trifft bzw. darstellt, die dem Parteiengehör unterliegen würden. Hier hat die Erstbehörde aber schon auf Grund seines Vorbringens nicht die notwendigen Ermittlungen durchgeführt bzw. dazu keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Der BF hatte am 1.10.2005 nach seiner Wiedereinreise im Rahmen der Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Begründung seiner Ausreise im Wesentlichen ausgeführt, dass er in der Türkei den "Wehrdienst verweigert" habe und dass er fürchte Opfer von Blutrache zu werden. Das BAA setzte sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem auch als ausreisekausal bezeichneten Vorbringen, hinsichtlich Weigerung den Wehrdienst anzutreten, nicht auseinander, obwohl er im Rahmen der Einvernahme auch eine diesbezügliche Bescheinigung vorlegte. Mangels beweiswürdigender Auseinandersetzung mit diesem Vorbringensteil ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde diesen Sachverhalt als Ausreisemotiv für wahr erachtete (vgl. VwGH 14.12.2006, 2006/01/0271). Da von vornherein nicht gesagt werden kann, dass sich daraus keine Asyl- oder Refoulementrelevanz ergeben kann, ist auch aus diesem Grund der Behörde vorzuwerfen, dass sie diesbezüglich nicht den maßgeblichen Sachverhalt feststellte, zumal betreffend der Situation von Kurden im Zusammenhang mit dem Wehrdienst keine hinreichenden Feststellungen getroffen wurden, die eine Beurteilung des Vorbringens ermöglichen würden.
Das BAA hat nunmehr unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und der eingebrachten Beweismittel sich sachgerecht mit dem Vorbringen auseinanderzusetzen, die maßgeblichen Ermittlungen im Hinblick auf die behaupteten Umstände zu tätigen, die Feststellungen zum Herkunftsstaat der Partei mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu Gehör zu bringen und sich auch unter Einbeziehung dieser Stellungnahme mit dem Vorbringen beweiswürdigend auseinanderzusetzen.
Ergänzend ist anzumerken, dass unter Betrachtung der gesamten "Asylgeschichte" des BF, beginnend von seiner Antragstellung 2003, erhebliche Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit bestehen, weshalb auch die bisherige Beweiswürdigung hinsichtlich der vorgebrachten Gefährdung durch Blutrache bzw. den Vorfällen mit der Polizei grds. nicht als unschlüssig erachtet werden kann, wenngleich das BAA bei weitem nicht alle erheblichen Widersprüche und Unplausibilitäten in seinem Vorbringen verwertet.
Prioritär hat sich die belangte Behörde jedoch mit der Beweiskraft der vorgelegten Urkunden auseinanderzusetzen. Der BF legte im erstinstanzlichen Verfahren eine auf "seinen Namen" ausgestellte Ladung zur Musterung vor. In weiterer Folge legte er im Beschwerdeverfahren ein Schriftstück mit dem Betreff "Verhaftung des Wehrdienstflüchtigen" vor. Bei Betrachtung seines im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten und im Akt befindlichen Identitätsdokumentes (NÜFUS) ergeben sich bei laienhafter Betrachtung erhebliche Zweifel an der Echtheit und Unverfälschtheit (zB ist die Plasikschweißnaht auf der Seite des Lichtbildes geöffnet, wodurch das Bild leicht austauschbar wäre) dieses Dokumentes. Auch berücksichtigend, dass der BF im Verfahren schon angab, dass er auch einen gefälschten Reisepass hatte, er also offensichtlich keine gröberen Probleme hat derartige Falsifikate zu besorgen. Bestärkt wird die Ansicht des Asylgerichtshofes insbesondere dadurch, dass er beim BAA im Jahr 2006 angab, dass er schon "ca. 15 Jahre" im Frisörgeschäft gearbeitet habe. Ausgehend von seinem angegebenen und im NÜFUS ausgeführten Geburtsdatum "1986" würde das aber bedeuten, dass er bereits im zarten Alter von rund 5 Jahren in das Erwerbsleben als Frisör eintrat. Dem BAA wird daher aufgetragen zumindest dieses Idenentitätsdokument zur Bewertung seiner Echtheit und Unverfälschtheit einer sachverständigen Stelle vorzulegen und abhängig vom Untersuchungsergebnis sich beweiswürdigend mit der Beweiskraft der vorgelegten Bescheinigungen - die auf seinen Namen mit dem Geburtsjahr 1986 lauten - betreffend des Wehrdienstes auseinanderzusetzen. Ausgehend von seinem eigenen Vorbringen in der Niederschrift, das er auch im Rahmen der Rückübersetzung nicht ergänzte oder korrigierte, nämlich dass er bereits seit 15 Jahren im Erwerbsleben steht, könnte sich auch ergeben, dass er in Wirklichkeit bereits ein Alter erreicht hat, in dem ein türkischer Staatsangehöriger idR seinen Wehrdienst schon abgeleistet hat.
Durch die gegenständliche Ergänzungsbedürftigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wäre ein ergänzendes Ermittlungsverfahren und die Durchführung einer mündliche Verhandlung durch den Asylgerichtshof unvermeidlich.
Von der durch § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde (Beschwerdebehörde) eingeräumten Möglichkeit, die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme selbst durchzuführen, wenn "hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist", war im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht Gebrauch zu machen:
Gemäß Art 129c B-VG erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges (unter anderem) über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen.
Bereits aus dieser Bestimmung ist einleuchtend, dass es dem Bundesasylamt als erster und einziger Instanz im Asylverfahren zukommt, den gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Dies hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.09.2004, 2001/20/0315, bereits im Zusammenhang mit dem unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt und hat sich an diesem Grundsatz nichts geändert. Vielmehr würde die Beschwerdemöglichkeit des Asylwerbers an den Asylgerichtshof andernfalls zu einer bloßen Formsache degradiert werden, wenn letzterer, statt seine "umfassende und letztinstanzliche" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Instanz ist, die erstmals den gesamten entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Dies gilt umso mehr nach dem der Verwaltungsgerichtshof in Asylsachen grds. keine einzelfallbezogene Kontrollbefugnis mehr hat und diese hinsichtlich einfachgesetzlicher Verletzungen nunmehr dem Asylgerichtshof zukommt. Würde man gegenteilige Ansicht vertreten, - nämlich dass der Asylgerichtshof jenes Organ ist, das erstmals den maßgeblichen Sachverhalt feststellt, so würde dem Asylwerber im Hinblick auf einfachgesetzliche Verletzungen eine Kontrollinstanz entzogen werden.
Dies spricht auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der Beschwerdeinstanz beginnen und zugleich enden soll, für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2.
Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall das dem Asylgerichtshof gemäß § 66 Abs. 2 und 3 AVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung zu üben. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Berufungswerbers gegen eine Kassation des erstinstanzlichen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII. GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.
Im gegenständlichen Fall konnte die mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs 4 AVG entfallen, da ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war und durch eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Sache zu erwarten war.