TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/02 E3 316674-1/2008

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Veröffentlicht am 02.10.2008
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Spruch

E3 316.674-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. GABRIEL als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des A.C., geb. 00.00.1987, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.12.2007, FZ. 06 13.086-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, brachte am 02.12.2006 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Am selben Tag fand hiezu vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen eine Erstbefragung statt. In weiterer Folge wurde er am 12.12.2006 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost sowie am 07.11.2007 vor der Außenstelle Wien des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei Kurde und wolle seinen Militärdienst nicht in der Türkei ableisten, da er nicht gegen "sein Volk" kämpfen wolle und gehört habe, dass die kurdischen Rekruten schlecht behandelt und jeder Kurde in den Osten der Türkei geschickt werde, um dort zu kämpfen. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, am Flughafen verhaftet, zum Militärdienst eingezogen und an die Front geschickt zu werden, wo gerade ein Konflikt stattfinde. Weiters brachte er vor, dass viele Kurden des Terrorismus verdächtigt werden und er auch befürchte, deshalb zu sterben. Es gebe große Probleme zwischen Türken und Kurden in der Türkei und würden Kurden unterdrückt und bei Behörden als Bürger "zweiter Klasse" behandelt werden. Man werde auch umgebracht, wenn man Kurdisch spreche. Er selbst sei in den Jahren 2004 und 2005 im Zuge der Newroz-Feierlichkeiten in seinem Dorf K. festgenommen und 2004 dabei auch geschlagen und verletzt worden. Ende 2005/Anfang 2006 sei er zudem im Zuge des Erwerbs seines Führerscheines benachteiligt worden.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.12.2007, Zahl: 06 13.086-BAW, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 3 AsylG abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm gem. § 8 Abs. 1 Z 1 des AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Das Bundesasylamt traf darin hinreichend aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zu den Themen Wehrdienst, Wehrdienstverweigerung, Alternativen, Kurden im Wehrdienst, Rechtsschutz, Menschenrechte, Justiz, Rückkehr und Newroz in der Türkei. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen als unglaubwürdig. Aufgrund der - vom Bundesasylamt im Einzelnen aufgezeigten (näheres vgl. Seiten 25 bis 29 des erstinstanzlichen Bescheides) - oberflächlichen, nicht schlüssig nachvollziehbaren, spekulativen, vagen, unplausiblen und widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers gelangte die Erstbehörde zu dem Schluss, dass eine reale Verfolgung des Beschwerdeführers in der Zeit vor seiner Ausreise nicht bestanden habe und auch aktuell nicht bestehe.

 

3. Dagegen wurde vom Beschwerdeführer am 24.12.2007 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) erhoben.

 

4. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

6. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

3. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

3.1. Der Beschwerdeführer war, wie das Bundesasylamt jedenfalls richtig aufgezeigt hat, nicht in der Lage, in den verschiedenen Einvernahmen gleich bleibende und widerspruchsfreie Angaben zu den behaupteten Festnahmen im Zuge von Newroz-Feierlichkeiten und zu den von ihm vorgebrachten, im Zusammenhang mit der Erlangung seines Führerscheines erlittenen, Benachteiligungen zu machen. So brachte der Beschwerdeführer bei der am 02.12.2006 erfolgten Erstbefragung zunächst vor, er sei "einige Male zur Gendarmerie mitgenommen worden", während er dann aber im weiteren Verfahren konkret lediglich zwei Festnahmen behauptete. Am 12.12.2006 gab er gegenüber der Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes an, er sei 2004 und 2005, jeweils am 21. März, bei den Newroz-Feierlichkeiten in seinem Dorf K. "eine Stunde" festgehalten worden, ohne dazu Näheres auszuführen. Im Gegensatz dazu sprach er bei seiner Einvernahme am 07.11.2007 davon, im Jahr 2004 "eine Nacht" bei den Gendarmen festgehalten worden zu sein und führte erstmals dazu aus, dass er dabei von einem Gendarm geschlagen und in weiterer Folge an seinem linken Arm schwer verletzt worden sei. Vom Bundesasylamt auf die unterschiedlich angegebene Festnahmedauer angesprochen, antwortete der Beschwerdeführer lediglich, dass er bereits vor der Erstaufnahmestelle gesagt habe, er sei eine Nacht festgehalten worden, ohne jedoch eine plausible Erklärung für die derart auffallende Diskrepanz in seinen Aussagen anzubieten. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer dargestellten Benachteiligungen im Zusammenhang mit der Erlangung seiner Lenkerberechtigung ist mit dem Bundesasylamt überein zu stimmen, dass auch diesbezüglich die Angaben des Beschwerdeführers in einer nicht erklärbaren Weise divergieren. So gab er zunächst vor der Erstaufnahmestelle an, er habe im April 2006 seine Fahrprüfung absolvieren wollen, habe jedoch aufgrund dessen, da er Kurde sei, drei Monate keinen Prüfungstermin erhalten. Dagegen brachte er vor der Außenstelle Wien vor, ihm sei, nur weil er Kurde sei, nach seiner Führerscheinprüfung, welche er Ende 2005/Anfang 2006 absolviert habe, drei Monate die Ausstellung des Führerscheins verweigert worden und habe er den Führerschein schließlich im Februar oder März 2006 erhalten. Auf diese Unterschiede und darauf angesprochen, dass sein Führerschein erst am 19.06.2006 ausgestellt worden sei und somit auch seine zeitlichen Angaben nicht stimmen können, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine hinreichend nachvollziehbare Erklärung dafür zu geben (vgl. Niederschrift vom 07.11.2006, AS 81-83).

 

3.2. Zutreffend verwies das Bundesasylamt auch darauf, dass die Schilderungen der vom Beschwerdeführer behaupteten Ereignisse sehr oberflächlich und vage blieben und er trotz entsprechender Aufforderungen und auch nach mehrmaligem konkreten Nachfragen seitens des Bundesayslamtes nicht in der Lage war, diese Vorfälle annährend detailliert und plausibel zu beschreiben. So enthält das Vorbringen des Beschwerdeführers diesbezüglich keine näheren Angaben, weder zum genauen Ort, Zeitpunkt noch zu Einzelheiten dazu, wie die Festnahmen abliefen, sodass insgesamt der vom Bundesasylamt vertretenen Ansicht, der Beschwerdeführer habe diese, von ihm geschilderten, Vorfälle nicht tatsächlich erlebt, nicht entgegenzutreten ist. Tatsächlich ist es auch nicht glaubwürdig, dass, wie vom Beschwerdeführer dargestellt, in einem Dorf mit 200 bis 300 Häusern eine Newroz-Feier mit "ein paar Tausend" Teilnehmern abgehalten wurde, und im Zuge dessen außer Frauen und Kinder "sonst fast alle" festgenommen worden sein sollen. Auch der Umstand, dass es der Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Zusage in der Einvernahme vom 07.11.2007 ohne Angabe von Gründen unterlassen hat, dem Bundesasylamt eine ärztliche Bestätigung aus der Türkei betreffend seine Verletzung (Narbe am linken Oberarm), welche er während einer von ihm geschilderten Anhaltung erlitten haben soll, in Vorlage zu bringen, spricht gegen den, von ihm behaupteten Zusammenhang und somit auch gegen die Glaubwürdigkeit seines diesbezüglichen Vorbringens.

 

3.3. Selbst in der Beschwerdeschrift wurde zugestanden, dass es zu "für sich genommen tatsächlich widersprechenden Angaben des Asylwerbers" gekommen ist. Dem in der Beschwerde erhobenen Einwand, wonach dies aufgrund der Befragung "insbesondere in juristisch determinierten Begriffen" nicht verwunderlich sei, da der Beschwerdeführer über die "westliche Terminologie, insbesondere von juristischen Begriffen im Sinne der Menschenrechtskonvention" nicht verfüge, ist zu entgegnen, dass dem Beschwerdeführer weder komplexe und abstrakte Fragen gestellt noch eine speziell "westliche" oder "juristische" Terminologie dabei verwendet wurde, sondern der Beschwerdeführer vielmehr in klaren und einfachen, allgemein verständlichen Worten dazu aufgefordert wurde, die ihm in der Türkei widerfahrenen Geschehnisse und die konkreten Gründe für seine Ausreise im Einzelnen genau und vollständig darzulegen (vgl. dazu die Niederschriften zu den einzelnen Einvernahmen) und wäre daher sehr wohl zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer annährend gleich lautende bzw. gleich bleibende Angaben tätigt und auch fähig ist, von ihm persönlich Erlebtes einigermaßen detailliert und umfangreich zu schildern. Nach den soeben erfolgten Ausführungen erweist sich daher der in der Beschwerde erhobene Einwand als völlig haltlos und ergibt sich zusammen mit dem Umstand, dass mit der Beschwerdeschrift auch nicht die Gelegenheit genutzt wurde, etwaige Richtigstellungen zu den von der Behörde im Einzelnen aufgezeigten Widersprüchen oder Ergänzungen vorzunehmen, dass es nicht gelingt, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in dieser Hinsicht zu entkräften.

 

3.4. Soweit der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt allgemeine Benachteiligungen von Kurden behauptet hat und in der Beschwerdeschrift - allgemein - von der "Kurdenproblematik" gesprochen wurde, ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung rechtfertigt, sofern nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden, was dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall jedoch, wie zuvor dargelegt, nicht gelungen ist.

 

3.5. Insoweit der Beschwerdeführer seinen Asylantrag vor dem Bundesasylamt und in der Beschwerdeschrift damit begründete, seinen Wehrdienst in der Türkei aufgrund der von ihm geäußerten Befürchtungen (zu diesen sogleich) nicht ableisten zu wollen, ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass die Nichtbefolgung der Wehrdienstpflicht für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung als Konventionsflüchtling rechtfertigt.

 

Im Zusammenhang mit Wehrdienstverweigerung und Desertion kommt nämlich dem Umstand, dass die Heranziehung zur Militärdienstleistung in einem "grundsätzlichen Recht eines souveränen Staates Deckung findet", Bedeutung zu. Die Überschreitung der Grenzen, die diesem Recht in Bezug auf die Verwendung der Militärdienstleistenden insbesondere durch Vorschriften des Völkerrechtes gesetzt sind, ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft im Einzelfall zu berücksichtigen. Nach der älteren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war Furcht vor Verfolgung im Fall der Wehrdienstverweigerung oder Desertion nur dann als asylrechtlich relevant anzusehen, wenn der Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während dieses Militärdienstes im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichenderweise benachteiligt würde oder davon auszugehen sei, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsbürgern härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung drohte (Verstärkter Senat vom 29.06.1994, Slg Nr. 14.089/A; VwGH vom 21.08.2001, 98/01/0600). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in seiner jüngeren Rechtsprechung, insbesondere im Erkenntnis vom 21.12.2000, 2000/01/0072 ausgeführt, dass verschärfte Strafdrohungen gegen Wehrdienstverweigerer in Kriegszeiten dann eine Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK darstellen können, wenn diese im Wesentlichen dazu dienen, dass Einberufene erhöhtem Druck zu Teilnahme an Handlungen ausgesetzt sind, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten (vgl. Art. 1 Abschnitt F), und dem Wehrdienstverweigerer zumindest eine gegen den Staat gerichtete politische Gesinnung unterstellt wird. In den Erkenntnissen vom 21.03.2002, 99/20/0401 und vom 16.04.2002, 99/20/0604 brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung ua. dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei Anwendung der Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt.

 

Soweit im konkreten Fall der Beschwerdeführer bezüglich seines bevorstehenden Militärdienstes gegenüber dem Bundesasylamt die Befürchtungen äußerte, als Kurde im Zuge der Ableistung seines Militärdienstes "schlecht behandelt" zu werden (ohne dies näher zu erläutern) sowie in den "Osten" der Türkei geschickt zu werden, und er vorbrachte, nicht gegen "sein eigenes Volk" kämpfen zu wollen, ist mit dem Bundesasylamt auf dessen, auf unterschiedlichen und hinreichend aktuellen Quellen basierenden, Länderfeststellungen zu verweisen, aus denen sich ergibt, (vgl. dazu die Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid, Seiten 11-14), dass es weder systematische Diskriminierungen von Angehörigen der kurdischen Bevölkerungsgruppe gibt noch, dass Kurden in der Nähe ihres Wohnsitzes ausgebildet oder eingesetzt werden und somit nicht die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst im Osten oder Südosten der Türkei ableisten muss. Dagegen gelingt es dem Beschwerdeführer mit seinem diesbezüglich unsubstantiierten Vorbringen nicht, eine ausreichende Gefährdung aufzuzeigen, zumal sich dieses Vorbringen seinen eigenen Angaben zufolge lediglich auf unbelegte Gerüchte und Spekulationen stützt. In der Beschwerdeschrift werden die konkret vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichten - sinngemäß - lediglich pauschal als ungeeignet bezeichnet und die Existenz "authentischer und glaubwürdiger Berichte über die Kurdenproblematik im Staatsgebiet der Republik Türkei" generell in Abrede gestellt. Dagegen wurde in der Beschwerde den seitens der Erstbehörde herangezogenen nicht im Einzelnen substantiiert entgegen getreten, sondern bloß unbelegte Mutmaßungen und Behauptungen aufgestellt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch ein bloßes - nicht näher substantiiertes - Behaupten bzw. Bestreiten von Umständen in der Berufungsschrift, von vornherein nicht geeignet der Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten und dadurch eine ergänzende Ermittlungspflicht der Berufungsbehörde auszulösen (vgl. zB. VwGH 30.1.2000, 2000/20/0356).

 

Zumal auch keine Hinweise darauf gefunden werden konnten, dass die Sanktionen gegen Wehrdienstverweigerer aus Gründen, die in der GFK liegen, differieren oder, dass die Sanktionen grundsätzlich jeder Verhältnismäßigkeit entbehren, zeigt sich, wie bereits das Bundesasylamt richtig festgestellt hat - insgesamt, dass im Falle des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht gegeben sind.

 

3.6. Des Weiteren ist noch wie folgt auszuführen:

 

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er bis dato seinen Wehrdienst noch nicht geleistet hat und den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich zwar, dass der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst unentschuldigt nicht abgeleistet hat. Es ist daher möglich, dass er im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit einem Verfahren vor einem türkischen Militärgericht nach Art. 63 des türkischen Militärstrafrechts zu rechnen hat, und ihn in diesem Verfahren eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren drohen könnte. Nachdem der Beschwerdeführer seine Haftstrafe abgebüßt hat, wird er seinen Wehrdienst ableisten müssen, ein Recht auf Wehrdienstverweigerung gibt es nicht. Dies alles ergibt sich aus den getroffenen Länderfeststellungen sowie dem Amtswissen. Dass die Haftstrafe in Vollstreckung einer (auch real drohenden) Haft zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führt, ist nicht zu erkennen, da sich dies aus den Länderberichten nicht hinreichend ergibt. Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass es in der Türkei während der Ableistung des Wehrdienstes zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann (vgl. etwa EGMR Ulke v Turkey), es ergibt sich jedoch aus den getroffenen Länderfeststellungen und dem Amtswissen, dass nur dann ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK besteht, wenn bestimmte Faktoren in einer Gesamtbetrachtung für eine solche Verletzung sprechen. Dies wären eine (gegen die Streitkräfte gerichtet) oppositionelle Tätigkeit - etwa bei einer Friedensbewegung -, die öffentliche Vernichtung des Einberufungsbefehls oder eine andere vergleichbare Handlung, mehrere strafrechtliche Verfolgungen (soweit der Betreffende in dieser Zeit in der Türkei war) und daraus resultierend mehrere Bestrafungen, sich wiederholende und aufeinanderfolgende gleichartige Bestrafungen. Der Beschwerdeführer brachte zwar vor, dass er nicht gegen "sein eigenes Volk" vorgehen wolle; er hat diese Einstellung jedoch in keiner Art und Weise nach außen getragen. Insoweit ist Länderfeststellungen zu folgen, wonach kein reales Risiko einer relevanten Menschenrechtsverletzung im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes gegeben ist. Es wird nicht verkannt, dass Personen, welchen aus Sicht des Militärs eine oppositionelle Gesinnung vorzuwerfen ist - etwa weil sie bei oppositionellen Gruppen tätig waren oder nicht hinreichend türkisch sprechen -, durchaus in Gefahr schweben können, unmenschlich und erniedrigend behandelt zu werden; eine allgemeine Gefahr - als ein auch den Beschwerdeführer treffendes reales Risiko einer relevanten Verletzung der Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK unterworfen zu werden - ist aber im gegebenen Fall nicht zu sehen. Bei Würdigung sämtlicher Umstände ist sohin ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte während einer wohl drohenden Haft wegen der Wehrdienstverweigerung oder während des Wehrdienstes im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Amtswissen und den Länderdokumenten, denen der Beschwerdeführer nicht hinreichend entgegengetreten ist.

 

Die hier getroffene Würdigung zum Militärdienst in der Türkei entspricht auch der überwiegenden jüngsten Entscheidungspraxis, respektive Rechtsprechung in Deutschland (angesichts des notorischen Prozesses der Vergemeinschaftung des Asylrechts können solche Umstände jedenfalls nicht (mehr) als für die österreichische Rechtsordnung gänzlich unbeachtlich angesehen werden) und steht auch nicht mit der bekannten österreichischen höchstgerichtlichen Judikatur in Widerspruch.

 

So führt das Verwaltungsgericht Ansbach beispielsweise in seinem Urteil vom 28.11.2007, Az: AN 1 K 06.30930 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes wie folgt aus:

 

"Sollte der Kläger tatsächlich bei einer Rückkehr in die Türkei dort seinen Wehrdienst ableisten müssen, hätte jedoch ein damit begründetes Vorgehen der türkischen Behörden gegen den Kläger einen reinen strafrechtlichen und keinen politisch motivierten Hintergrund, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 10. September 1999, 9 B 7/99) die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen, selbst wenn sie von weltanschaulich totalitären Staaten ausgehen, nicht schlechthin eine politische Verfolgung darstellen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen nur dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen. Dies trifft jedoch nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 25. Oktober 2007 für türkische Staatsangehörige, die sich durch Aufenthalt im Ausland der Einberufung zum Wehrdienst entzogen haben, ersichtlich nicht zu."

 

Auch das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder führt in seinem Urteil vom 10.07.2007, Az: 3 K 815/01.A zum Wehrdienst in der Türkei und Asylrelevanz wie folgt aus:

 

"(..)der Kläger kann auch mit Blick auf den Wehrdienst in der Türkei keinen Abschiebungsschutz beanspruchen. Eine Verurteilung wegen Wehrdienstentziehung würde erst dann in eine politische Verfolgung umschlagen, wenn sie nicht zur Durchsetzung einer gesetzlich allgemein festgelegten staatsbürgerlichen Pflicht und Sicherung der Wehrfähigkeit diente, sondern zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden würde, die durch diese Maßnahmen gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1988 - 9 C 22.88 -, InfAuslR 1989, 169; Urteil vom 31. März 1992 - 9 C 57.91 -, NVwZ 1993, 193 [194]). Hiervon kann bei dem Kläger nicht die Rede sein. Der Kläger muss auch während der Ableistung seines Wehrdienstes aufgrund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit keine ausgrenzende Behandlung im Hinblick auf asylerhebliche Merkmale befürchten. So gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Soldaten kurdischer Herkunft etwa gezielt in Kampfgebieten oder bei besonders gefährlichen Einsätzen eingesetzt würden (Oberdiek vom 2. April 1997 an OVG Mecklenburg-Vorpommern; Auswärtiges Amt vom 13. Oktober 1997 an VG Wiesbaden; vgl. zum Ganzen auch VG Berlin, Urteil vom 17. Mai 2001 - VG 36 X 682.95 -, S. 8 f.)."

 

Ferner ist auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 18.06.2007, Az: 4 K 840/07.A zu verweisen in welchem ausgeführt wird, dass der Kläger auch keine politische Verfolgung wegen seiner Desertierung vom Wehrdienst zu befürchten habe. Kurden drohe nämlich im Allgemeinen weder bei Erfüllung der Wehrpflicht noch im Zusammenhang mit einer etwaigen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung oder Fahnenflucht politische Verfolgung in der Türkei (vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. April 2005 - 8 A 273/04.A -, S. 74 ff.).

 

Auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg kommt in seinem Beschluss vom 16.04.2007, Az: 4 Bf 241/00.A zum Ergebnis, dass der Kläger als kurdischer Volkszugehöriger hinreichend sicher vor asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen während des von ihm in der Türkei wahrscheinlich noch abzuleistenden Militärdienstes oder weil er sich während seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet dem türkischen Wehrdienst entzogen hat, ist. Dies entspräche der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt Urt. v. 3.5.2006, 4 Bf 3/92.A, UA Seite 26).

 

Letztendlich ist noch auf das Urteil der Verwaltungsgerichtes Berlin vom 23.06.2006, Az: VG 36 X 393.97, zu verweisen, in welchem dieses wie folgt ausführt:

 

"Der Kläger, der die Türkei im Alter von 13 Jahren verließ, kann auch nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hat.

 

Da der Kläger bisher nicht gemustert worden ist und seinen Militärdienst bislang nicht angetreten hat, ohne davon befreit oder zumindest vorübergehend zurückgestellt worden zu sein, muss er im Falle seiner Rückkehr in die Türkei daher damit rechnen, dass seine Militärdienstsituation im Rahmen der Einreisekontrolle überprüft und er daraufhin sofort der Militärdienstbehörde überstellt und zu seiner Einheit beordert wird (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. August 2003, S. 53). Zugleich mag ihm womöglich ein Strafverfahren wegen Wehrdienstentziehung drohen. Dies allein ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und der obergerichtlichen Rechtsprechung als asylrechtlich unbeachtlich anzusehen, da die Heranziehung zum Wehrdienst und deren staatliche Sanktionen für sich genommen keine politische Verfolgung darstellt. Der Kläger muss auch während der Ableistung seines Wehrdienstes aufgrund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit keine ausgrenzende Behandlung im Hinblick auf asylerhebliche Merkmale befürchten."

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher getroffener Ausführungen, welche sowohl im Einklang mit der Judikatur des VwGH als auch der jüngsten deutschen Rechtssprechung stehen, kann somit nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in die Türkei wegen der drohenden Einbeziehung zum Wehrdienst sowie den Konsequenzen im Falle der Wehrdienstverweigerung eine Verletzung der Menschenrechtskonvention bedeuten würde und eine Abschiebung daher nicht zulässig ist.

 

3.7. Soweit in der Beschwerdeschrift auf "zwischenzeitig viele Änderungen und Entwicklungen von höchster Bedeutung" und in diesem Zusammenhang auf "aktuelle, internationale Berichte" verwiesen wurde, wonach ein aktueller Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden des Iraks bestehe, dies weitreichende und tiefgreifende Folgen mit sich bringe und der Umstand der Angriffe des türkischen Militärs in dem von Kurden bewohnten Teil des Iraks die Lage noch gefährlicher und bedenklicher mache, sowie ausgeführt wurde, dass die vom Bundesasylamt zitierten Quellen zur Kurdenproblematik und zur allgemeinen Lage der Menschenrechte in der Türkei vollständig versagen würden und veraltet seien (vgl. dazu die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz), so blieb es bei der bloßen Behauptung, die durch nichts bescheinigt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen jedoch konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geforderte Furcht ableitbar ist. Der Hinweis auf die allgemeine Lage (hier: der kurdischen Minderheit in der Türkei) genügt dazu nicht (vgl Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1989, Zl 89/01/0362, und vom 19. September 1990, Zl 90/01/0113; VwGH 7. 11. 1990, 90/01/0171), weshalb auch die in der Beschwerde erhobenen Vorwürfe und Ausführungen ins Leere gehen. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die von der Erstbehörde getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall, insbesondere im Hinblick auf die festgestellte mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, sowie die mangelnde Asylrelevanz, ausreichend und hinreichend aktuell. Quellen neueren Datums zeigen keine Verschlechterung der Situation in Türkei. Ergänzend wird dazu hingewiesen, dass - auch unter Berücksichtigung des zur Zeit wieder verschärften Vorgehens des türkischen Staates gegen militante Kurden - derzeit keine aktuellen Berichte über die Lage der Kurden in der Türkei und damit keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen würden. Ein systematisches, flächendeckendes Vorgehen gegen Kurden, welches dieser Personengruppe einen Verbleib in der Türkei unerträglich machen würde, ist sohin nicht feststellbar. Der Beschwerdeführer selbst gab in seiner Einvernahme am 07.11.2007 an, dass er mit seiner Familie (Mutter, Schwestern, Onkel) in telefonischem Kontakt stehe und es dieser gut gehe. Der Beschwerdeführer äußerte sich zu keinem Zeitpunkt weder dahingehend, dass seine Familienangehörigen in irgendeiner Form einer Gefährdung oder Übergriffen auf ihre Person oder sonstigen Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe ausgesetzt wären, noch, dass sich die Situation aufgrund der türkischen Interventionen im Nordirak auf irgendeine Weise auf das Leben seiner Familienangehörigen negativ ausgewirkt hat. Mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gelingt es somit insgesamt nicht, eine (asylrelevante) Verfolgung glaubhaft zu machen.

 

3.8. Es haben sich somit in einer Gesamtschau aus dem erstinstanzlichen Vorbringen des Beschwerdeführers und auch aus der gesamten Beschwerdeschrift keine substantiierten und konkreten Ausführungen ergeben, welche die schlüssige Beweiswürdigung der Erstbehörde entkräften oder in Zweifel ziehen hätten können, weshalb sich der Asylgerichtshof dadurch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlasst sieht; dies insbesondere auch unter dem Aspekt des insgesamt mängelfreien und umfassenden Verfahrens des Bundesasylamtes.

 

Der Asylgerichtshof gelangt daher - wie schon das Bundesasylamt - zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn selbst gerichteten oder von ihm zu befürchtenden asylrelevanten Verfolgungshandlungen glaubhaft vorbringen konnte.

 

3.9. Schließlich ist noch auszuführen, dass in der Türkei weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Daher ist es auch dem Beschwerdeführer als jungen Mann zuzumuten zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Der Beschwerdeführer war vor seine Ausreise aus seiner Heimat in der familieneigenen Landwirtschaft, welche sowohl Vieh- als auch Landwirtschaft umfasst, tätig und half auch seinem Onkel, der im selben Ort eine Trafik betreibt, weshalb nicht ersichtlich ist, warum ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, wie es auch vor der Ausreise möglich war. Zudem leben seine nächsten Angehörigen (Mutter, zwei Schwestern, Onkel) in der Türkei und ist sohin auch ein soziales Netz gegeben. Aus den Länderfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei sehr wohl gesichert ist. Er ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.

 

Letztendlich ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage sowie der Lage der Kurden, der Situation im Falle von Wehrdienstverweigerung oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde.

 

Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor.

 

3.10. Auch hinsichtlich der Ausweisung in die Türkei ist festzuhalten, dass das Bundesasylamt eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtssprechung vorgenommen hat, familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie in Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sind vor der Erstbehörde bis zur Ausfertigung gegenständlichen Erkenntnisses nicht behauptet worden, bzw. hervorgekommen. Ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt.

 

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich. Er stellte hier einen unbegründeten Asylantrag mit einer nicht asylrelevanten Verfolgungsbehauptung, der vom Bundesasylamt nach knapp einem Jahr abgewiesen wurde. Zum Entscheidungszeitpunkt hält sich der Beschwerdeführer insgesamt knapp zwei Jahre in Österreich auf. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang zentral auf VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet. Zentral ist auch auf das jüngste Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06 (NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich) zu verweisen, in welchem der EGMR im Rahmen der Interessensabwägung zum Ergebnis gelangt, dass grundsätzlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle bei erfolglosen Asylanträgen höher wiegen muss als ein während des Asylverfahrens begründetes Privatleben.

 

4. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

In diesem Sinne war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, Militärdienst, non refoulement, soziale Verhältnisse, strafrechtliche Verfolgung, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
28.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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