TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/02 S9 400967-1/2008

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Veröffentlicht am 02.10.2008
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Spruch

S9 400.967-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des M.S., geb. 00.00.2008, StA. RUSSISCHE FÖDERATION, gesetzlich vertreten durch O. auch O.M. auch M., diese vertreten durch Michael Genner, Asyl in Not in 1090 Wien, Währingerstraße 59/2, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008, FZ: 08 04.952-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 AsylG idF. BGBL. I Nr. 100/2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger, wurde am 00.00.2008 in ÖSTERREICH geboren und stellte am 06.06.2008 durch seine Mutter und gesetzliche Vertreterin, O. auch O.M. auch M., den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Der Beschwerdeführer ist der minderjährige Sohn des M. auch M.A. (GZ: S9 315.092-2/2008/2E) und der O. auch O.M. auch M. (GZ S9 315.094-2/2008/2E). Das Verfahren wird gemeinsam mit den Verfahren seiner Eltern als Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 geführt.

 

2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 22.07.2008, FZ:

08 04.952-EAST Ost, wurde der Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 POLEN zuständig sei. Gleichzeitig wurde der nunmehrige minderjährige Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach POLEN ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung nach POLEN gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

 

Das Bundesasylamt traf umfangreiche länderkundliche Feststellungen zu POLEN, insbesondere zum polnischen Asylwesen sowie zur medizinischen Versorgung. Beweiswürdigend hielt die Erstbehörde im Wesentlichen fest, dass der nunmehrige minderjährige Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass er konkret Gefahr liefe, in POLEN Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm durch die Überstellung eine Verletzung der durch Art. 3 oder Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Der Bescheid wurde am 13.08.2008 der gesetzlichen Vertreterin persönlich im Amt ausgefolgt.

 

3. Gegen den genannten Bescheid richtet sich die fristgerecht am 07.08.2008 eingebrachte Beschwerde, in welcher die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptete. Sie habe der Verhandlung nicht folgen können, weil sie in Russisch einvernommen worden sei, obwohl sie angegeben habe, dass sie Tschetschenisch spreche. Sie beherrsche die russische Sprache aufgrund ihrer geringen Schulbildung nur unzureichend. Das Bundesasylamt habe seine Ermittlungspflicht unterlassen; es hätte als Zeugen ihre beiden Brüder, O.A. und S. einvernommen müssen, um die Intensität der Beziehung zwischen den Geschwister feststellen zu können. Sie seien vorerst in Wien untergebracht worden. Danach seien sie in die Steiermark im Rahmen der Grundversorgung verlegt worden. Sie habe mehrmals versucht auf legalem Weg nach Wien zu kommen, ohne die Leistungen aus der Grundversorgung zu verlieren; dies sei allerdings nicht möglich gewesen. Eine Ausweisung nach POLEN würde daher ihre in Art. 8 EMRK gewährleisteten Grundrechte verletzten. Aufgrund des Vertretens rechtlicher Sonderpositionen gegenüber tschetschenischen Asylwerbern bestehe die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin nicht den benötigten Schutz in POLEN bekomme und in der Folge eine Abschiebung in den Verfolgerstaat befürchten müsse. Überdies seien die Lager in POLEN nicht sicher, da Skinheads in die Lager eindringen und Tschetschenen verprügeln würden. Auch wenn sie subsidiären Schutz in POLEN erhalten würde, würde dies den Entzug von existenziellen Lebensgrundlagen bedeuten. Überdies leide sie an einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung und sei dies in Hinblick auf Art. 3 EMRK relevant. In POLEN gebe es keine ausreichende medizinische oder psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeit.

 

Die gegenständliche Beschwerde langte samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt am 11.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

Die Beschwerden des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers, M. auch M.A., und der Mutter, O. auch O.M. auch M., wurden jeweils mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag, GZ S9 315.092-2/2008/2E und GZ S9 315.094-2/2008/2E, gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

In der gegenständlichen Beschwerde wurden keine darüber hinausgehenden Beschwerdegründe geltend gemacht.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den Ausführungen zu Punkt I sowie aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

 

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

2.1. Es wird auf die rechtlichen Ausführungen (Punkt II.2.1.) in den die Eltern des minderjährigen Beschwerdeführers betreffenden Erkenntnissen vom heutigen Tag verwiesen, welche auch zum Inhalt dieses Erkenntnisses erhoben werden. Unter diesen dort aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkten haben sich im Einklang mit der diesbezüglichen Rechtsmeinung des Bundesasylamtes keine Anhaltspunkte ergeben, Österreich zwingend zur Anwendung des Art 3 Abs. 2 VO 343/2003 infolge drohender Verletzung von Art 3 oder Art 8 EMRK zu verpflichten. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde zu bestätigen.

 

2.2. Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren vollinhaltlich zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung des minderjährigen Beschwerdeführers gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder erforderlich erscheinen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.

 

2.3. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
29.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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