TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/03 A5 401709-1/2008

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Veröffentlicht am 03.10.2008
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Spruch

A5 401709-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde des J. alias D.F. alias R., geb. 00.00.1988, Staatsangehöriger von Kamerun, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.09.2008, Zl. 08 07. 632-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von J. alias D.F. alias R. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, und § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Dem erstinstanzlichen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

I.1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Kamerun, seit seinem dritten Lebensjahr wohnhaft in Nigeria, reiste im September 2005 unter Verwendung eines gefälschten Reisedokuments illegal aus Nigeria in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.09.2005 einen Asylantrag. Er wurde hiezu am 27.09.2005 und am 03.10.2005 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, sowie am 18.10.2006, Außenstelle Salzburg, niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er kursorisch an, er habe Nigeria verlassen, da er unfreiwilliges Mitglied einer Geheimgesellschaft gewesen sei, der auch sein Onkel angehört habe. Er sei unter anderem gezwungen worden, das Blut jener Menschen zu trinken, die zuvor von der Gesellschaft getötet worden seien. Am 10.08.2005 habe er sich gemeinsam mit seinem Onkel entschlossen, trotz Verbotes aus dieser Geheimgesellschaft auszutreten, woraufhin die Gesellschaft das Haus des Onkels bombardiert und dieser bei dem Angriff ums Leben gekommen sei. Daraufhin habe er sich entschlossen, Nigeria zu verlassen. Eine Umsiedelung in einen anderen Landesteil Nigerias und auch eine Rückkehr in seine Heimat Kamerun sei in Anbetracht der Tatsache, dass diese Geheimgesellschaft in ganz Afrika operiere, ausgeschlossen.

 

I.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 00.00.2005 wegen des Vergehens nach § 224 StGB iVm § 223 Abs. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen, zweimonatigen Freiheitsstrafe, sowie mit Urteil vom Landesgericht für Strafsachen Wien vom 00.00.2006 wegen eines Vergehens nach §§ 15 StGB, 27 Abs. 1 und 2 Ziffer 2 erster Fall SMG, zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe, davon drei Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt.

 

I.3. Gegen den Beschwerdeführer wurde von der Bundespolizeidirektion Wien ein am 17.05.2006 ausgesprochenes, auf fünf Jahre befristetes Rückkehrverbot verhängt.

 

I.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.11.2006, Zl. 05 15.343-BAS, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs.2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun ausgewiesen. Das Bundesasylamt begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer seitens der Behörden Kameruns oder quasistaatlicher Einrichtungen in keinster Weise auch nur ansatzweise in asylrelevanter Weise bedroht oder verfolgt worden sei. Der seinerzeitige Umzug nach Nigeria habe lediglich familiäre Gründe gehabt, weshalb auch kein Anhaltspunkt eines verfolgungsrelevanten Sachverhaltes als unmittelbare Konsequenz der Ausreise aus Kamerun vorliege. Die Behauptung, jene Geheimgesellschaft habe in Ganz Afrika Zweigorganisationen, so stelle dies eine nicht verifizierbare Behauptung dar. Selbst bei Zutreffen seines Vorbringens wäre es ihm aber jedenfalls möglich gewesen, sich unter den Schutz seines Heimatstaates Kamerun zu begeben.

 

I.5. Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde dem Antragsteller am 09.11.2006 durch Hinterlegung am Postamt rechtswirksam zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels am 25.11.2006 in Rechtskraft.

 

I.6. Am 25.08.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005.

 

Im Rahmen der daraufhin am Tag der Antragstellung stattgefundenen niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, Österreich seit seiner Einreise im Jahr 2005 nicht mehr verlassen zu haben. Er stelle einen neuerlichen Asylantrag, da er erst durch seine Festnahme vom negativen Ausgang seines ersten Asylverfahrens erfahren habe. Seine damals präsentierten Fluchtgründe hätten sich nicht geändert und er habe auch sonst nichts hinzuzufügen.

 

Er wurde in der Folge am 09.09.2008 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er aus, er habe den sein Erstverfahren abschließenden Bescheid nicht erhalten und daher erst anlässlich seiner Verhaftung vom Ausgang des damaligen Verfahrens Kenntnis erlangt. Aus diesem Grund habe er sich entschlossen, nochmals um Asyl anzusuchen.

 

I.9. Dieser neuerliche Antrag auf internationalen Schutz vom 25.08.2008 wurde mit Bescheid vom 11.09.2008, Zl. 08 07.632 EAST-Ost, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen sowie der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idgF nach Kamerun ausgewiesen.

 

Ein etwaiges asylrelevantes Fluchtvorbringen konnte seitens des Bundesasylamtes nicht festgestellt werden, da zur Begründung dieses zweiten Asylantrages lediglich Umstände geltend gemacht worden seien, die schon vor Rechtskraft des ersten Bescheides, Zahl 05 15.343-BAS, bestanden hätten. Ein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt liege somit nicht vor. Bezüglich Spruchpunkt II der angefochtenen Entscheidung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer über keinen Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich verfüge und auch sonst keine Umstände vorlägen, die seine Ausweisung im Lichte des Art. 8 EMRK als unzulässig erscheinen ließen.

 

I.10. Gegen die letztgenannte Entscheidung erhob der Antragsteller am 26.09.2008 über seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und bekämpfte den Bescheid des Bundesasylamtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liege sehr wohl eine Sachverhaltsänderung vor, das Bundesasylamt habe es lediglich verabsäumt, die verfahrensrelevanten Erhebungen zu veranlassen.

 

Dazu wurde wie folgt festgestellt:

 

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem der Kopie seines kamerunschen Reisepasses, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Kamerun ist.

 

Im gegenständlichen Rechtsgang beruft sich der im Betreff Genannte dem Kerne nach auf seine bereits im ersten Rechtsgang getätigten Fluchtgründe.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das Aktenkonvolut betreffend den ersten Rechtsgang im Asylverfahren, den Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 25.08.2008, die niederschriftlichen Einvernahmeprotokolle vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und dem Bundesasylamt, den bekämpften Bescheid sowie den Berufungsschriftsatz.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 2008/4, nimmt der Asylgerichtshof mit 1.7.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 1.7.2008 außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. I/1930, dem Asylgesetz 2005, AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985- VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991-AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs " Berufung" der Begriff " Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amtswegen beizuschaffen. Gemäß Abs. 2 ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 15 AsylG 2005 hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Weiters hat er bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken sowie unter anderem auch dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Auf die zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, derzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

Der Beschwerdeführer hat den gegenständlichen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz am 25.08.2008 gestellt. Daher gelangen im gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen des AsylG 2005 vollumfänglich zur Anwendung.

 

Zur Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab - oder zurückweisende Bescheide aufgrund des AsylG, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321). "Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag

 

zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Antragsteller auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH v. 20.03.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).

 

Im Rahmen des ersten Rechtsganges wurde das Vorbringen des im Betreff Genannten zu seinen (behaupteten) Fluchtgründen in Hinblick auf deren Wahrheits- bzw. Glaubhaftigkeitsgehalt untersucht und letztlich abschließend beurteilt.

 

Der Beschwerdeführer behauptet im nunmehrigen Rechtsgang keine weiteren - allenfalls geänderten - Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären. Er beruft sich in gegenständlichem zweitem Asylverfahren ausschließlich auf seine bereits anlässlich seines Erstantrages präsentierten Fluchtgründe.

 

Die tatsächlich maßgeblichen Gründe, die den Beschwerdeführer zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen haben, haben sich daher seit seiner ersten Asylantragstellung vom 20.09.2005 nicht verändert und liegt seinem neuerlichen Asylantrag in Wahrheit derselbe Sachverhalt (derselbe Ausreisgrund) zugrunde wie zum Zeitpunkt des Erstantrages.

 

Der Antragsteller begehrt faktisch die Auseinandersetzung mit seinen bereits in seinen vorangegangenen - rechtskräftig beendeten - Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 - 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Es liegt somit keine Änderung des Sachverhalts vor, weshalb das Bundesasylamt zu Recht den Folgeasylantrag wegen entschiedener Sache i. S.d. § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat. Dass sich im Herkunftsstaat Kamerun maßgebliche Änderungen ergeben hätten, welche für sich alleine bereits einen neuen asylrelevanten Sachverhalt bewirken würden, konnte von Amts wegen nicht festgestellt werden und wird nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und es ergeben sich nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes keine Anhaltspunkte, dass konkret-individuelle Erhebungen hinsichtlich des gegenständlichen Vorbringens seitens der belangten Behörde zu veranlassen verabsäumt wurden. Der Beschwerdeführer behauptet in diesem nunmehr zweiten Verfahren keine anderweitigen Gründe betreffend seine Flucht aus Nigeria, weshalb die nochmalige Überprüfung seines Vorbringens hinsichtlich des Wiederholungsverbotes als nicht geboten erscheint. Worin die vom Beschwerdeführer behauptete Sachverhaltsänderung bestehen soll, ist somit ausgehend von den getroffenen Feststellungen gänzlich unverständlich. Am Rande bemerkt wird schließlich, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt eine von seinem Heimatstaat Kamerun ausgehende Verfolgungsgefahr geltend macht, sondern auf Grund - angeblicher - in Nigeria vorgefallener Ereignisse geflüchtet sei.

 

Nach dem Gesagten erweist sich die Zurückweisung des neuerlichen Antrages im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG als rechtmäßig, sodass die Beschwerde gegen Spruchteil I des angefochten Bescheides abzuweisen war.

 

Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

Es liegen in gegenständlichem Verfahren keine Umstände vor, die eine Rückführung des Beschwerdeführers nach Kamerun als unzulässig erscheinen ließen. Eine sein Leben und seine körperliche Integrität verletzende Verfolgungsgefahr in Kamerun vermochte er nicht in schlüssiger Weise vorzubringen. Die Lage in Kamerun hat sich überdies seit der erstmaligen Asylantragstellung nicht maßgeblich verändert, so dass ausgehend des als notorisch anzusehenden Amtswissens nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist.

 

Seine anlässlich der Erstbefragung sowie während der niederschriftlichen Einvernahme erwähnte Beziehung zu einer polnischen Staatsbürgerin weist seinen eigenen Schilderungen zufolge, wonach sie nicht zusammenleben und sich nur gelegentlich sehen würden, keine Art. 8 EMRK berührende Intensität auf. Dass der Beschwerdeführer darüber hinaus über relevante familiäre Bindungen im Bundesgebiet verfügen würde, ist nicht erkennbar. Solches wird von ihm selbst auch nicht behauptet.

 

Der Umstand, dass sein Aufenthalt überdies nur auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, mindert das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren (Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007/4, S. 857). Der seit seinem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens am 25.11.2006 illegaler Verbleib im österreichischen Bundesgebiet kann im Ergebnis nicht als positive Integration und als ein Recht zum weiteren Aufenthalt herangezogen werden. Vielmehr ist zu betonen, dass der Beschwerdeführer in gegenständlichem Fall keine rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, sich in Österreich legal aufzuhalten, wenn er nicht einen zweiten Asylantrag gestellt hätte.

 

Gesundheitliche Probleme konnten von Amts wegen nicht festgestellt werden und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

 

Es ist darüber hinaus festzuhalten, dass in ganz Kamerun keine derart extreme Gefahrenlage gegeben ist, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine reale Gefahr für Leib und Leben in hohem Maße droht. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegenständlichen Beschwerde konnte somit unterbleiben.

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen erwachsenen Mann mit Schulbildung, von dem die grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben aus Sicht des Asylgerichtshofes vorausgesetzt und auch durchaus erwartet werden kann.

 

In Summe überwiegen somit auch in Hinblick seiner strafrechtlichen Verurteilungen zweifelsfrei die öffentlichen Interessen an der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Ausweisung, weshalb die Beschwerde letztlich vollinhaltlich abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Ausweisung, Identität der Sache, Interessensabwägung, Lebensgrundlage, Prozesshindernis der entschiedenen Sache, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
28.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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