TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/03 E8 312781-1/2008

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Veröffentlicht am 03.10.2008
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Spruch

E8 312.781-1/2008-9E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und den Richter Dr. BRACHER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Schwarz über die Beschwerde des Y. F., geb. 00.00.1983, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.06.2007, FZ. 07 04.269 EAST-Ost, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1 Z 1 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der BF, ein Staatsangehöriger der Türkei, ist moslemischen Glaubens und gehört der kurdischen Volksgruppe an. Er gelangte am 07.05.2007 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet, wo er noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

 

2. Am 07.05.2007 wurde der BF vor der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST Ost (AS 17 ff) und in weiterer Folge am 10.05.2007 (AS 31 ff) und am 30.05.2007 (AS 69 ff) vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte der BF im Wesentlichen vor,

 

während seiner Ableistung des Militärdienstes von 2003 bis 2005 aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe geschlagen, beschimpft und beleidigt worden zu sein. Auch nach dem Ende seiner Militärzeit habe er Diskriminierungen aufgrund seiner ethnischen Abstammung erfahren, da er keine Anstellung gefunden habe und seinen Eltern von einem Arzt die Behandlung verweigert worden sei. Er selbst habe mit Ärzten jedoch keine Probleme gehabt, da er Türkisch sprechen könne (AS 41).

 

3. Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 10.05.2007 erfolgte an den BF eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG, wonach beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen. (AS 83).

 

4. Mit Aktenvermerk vom 22.05.2007 (AS 65) hielt das Bundesasylamt fest, dass der BF der ihm am 10.05.2007 persönlich ausgefolgten Ladung für den 15.05.2007 nicht Folge geleistet habe und der Einvernahme unentschuldigt ferngeblieben sei. Aus den Aufzeichnungen der European Homecare gehe hervor, dass der BF das Lager verlassen habe und am 11.05.2007 von der Grundversorgungsstelle abgemeldet worden sei. Nach einer Meldeanfrage beim Zentralen Melderegister konnte festgestellt werden, dass der BF seit 2005 einen aufrechten Wohnsitz in Graz habe.

 

5. Nach Zustellung einer neuerlichen Ladung für den 30.05.2007 (AS 67) erschien der BF zur niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde und führte aus, am 15.05.2007 auf das Erscheinen vor dem Bundesasylamt "vergessen" zu haben (AS 71).

 

6. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.06.2007, Zahl: 07 04.269-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs 1 AsylG ab; in Spruchteil II wurde dem BF gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gleichzeitig wurde der BF in Spruchteil III des Bescheides gem. § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischem Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen (AS 75 ff). Die Erstbehörde begründete ihre Entscheidung zusammengefasst damit, dass die Ausführungen des BF zwar nur zum Teil als unwahr zu qualifizieren gewesen seien, jedoch gänzlich als nicht asylrelevant einzustufen seien. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesasylamt zunächst aus, dass die beim Militär geschilderten Diskriminierungen mangels zeitlichen Konnexes nicht mehr fluchtrelevant seien und der Vorfall beim Arzt lediglich die Eltern des BF betreffe (AS 145 f). Was die erschwerte Arbeitssuche angeht, so habe der BF nicht glaubhaft dartun können, dass er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit abgelehnt worden sei und habe der BF selbst ausgeführt, dass ihn nicht wirtschaftliche Gründe zur Ausreise bewogen hätten (AS 147). Im Rahmen der Refoulementprüfung führte die Erstbehörde begründend aus, dass seitens des BF das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 AsylG nicht glaubhaft gemacht worden sei (AS 159). Auch hätte es sonst keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der BF in seinem Herkunftsstaat aus sonstigen Gründen mit einer Verletzung der ihm aus Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zustehenden Rechte rechnen müsste. Die Entscheidung zur Ausweisung begründete die Behörde erster Instanz im Wesentlichen damit, dass das Verhältnis zu dem in Österreich lebenden Bruder nicht die geforderte Intensität iSd Art 8 EMRK aufweise und daher die Ausweisung keinen Eingriff in Artikel 8 EMRK darstelle. (AS 161).

 

5. Gegen diesen am 06.06.2007 (AS 169) zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 14.06.2007 (AS 179 ff) fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wird darauf hingewiesen, dass die Erstbehörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, zumal sich eine Behörde nicht bloß "passiv mit dem zufrieden geben könne, was ein Asylwerber von sich gibt" (AS 181), sondern habe ein Ermittlungsverfahren zu erfolgen, welches den Bestimmungen der §§ 37 bis 55 AVG entspreche. Weiters wird ausgeführt, dass die Erstbehörde dazu verpflichtet gewesen wäre, den Aufenthaltsstatus des in Österreich lebenden Bruders und der in Norwegen lebenden Schwester zu ermitteln. Da dem Bescheid derartige Feststellungen zur Gänze fehlen, sich daraus aber "die Möglichkeit einer Sippenhaftung" ergebe, leide das Ermittlungsverfahren an Mangelhaftigkeit. Zur Entkräftung der Länderfeststellungen im Erstbescheid erfolgen in weiterer Folge (AS 183 ff) Ausführungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in der Türkei. Quellenangaben dazu sind in der Beschwerde jedoch nicht enthalten. Ausgeführt wird auch, dass das Bundesasylamt verkannte, dass der BF bei der Rückkehr in seine Heimat möglicherweise verdächtigt werden könnte, mit der PKK oder anderen kurdischen Organisationen im Ausland zusammengearbeitet zu haben und deshalb ein "Abschiebungshindernis" vorliege. Zur weitern Abklärung wird die Einholung eines Gutachtens zur Frage des Vorliegens von Menschenrechtsverletzungen bei exponierter exilpolitischer Tätigkeit beantragt (AS 187).

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt des BF.

 

2. Rechtlich ergibt sich folgendes:

 

2.1. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, treten mit 1. Juli 2008 die Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 in Kraft.

Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Gemäß Z 1 leg. cit. wird mit 1. Juli 2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Gemäß Z 4 leg. cit. sind die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.

 

2.2. Nichtgewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz

 

2.2.1. Gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Das Vorbringen des Asylsuchenden muss geeignet sein, eine asylrelevante Verfolgung im rechtlichen Sinne glaubhaft darzulegen. Hiezu muss zunächst eine konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlung glaubhaft gemacht werden, aus der eine wohlbegründete Furcht im Sinne von § 3 Absatz 1 Asylgesetz iVm

Artikel 1 Abschnitt A Z 2 GFK rechtlich ableitbar ist. Hiezu genügt der bloße Hinweis auf die allgemeine Lage in dem Heimatland des Asylwerbers nicht (vgl hiezu zB VwGH 10.03.1994, Zahl 94/19/0056). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl hiezu zB VwGH 12.05.1999, Zahl 98/01/0649). Eine Verfolgungshandlung setzt einen Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen voraus, der geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl hiezu zB VwGH 25.04.1999, Zahl 99/01/0280).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

2.2.2. Nach Ansicht des Asylgerichtshofes hat das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinandergesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei auf Grundlage umfangreichen und aktuellen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Die Beschwerdebehörde schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (zB. VwGH

v. 25.03.1999, 98/20/0559; 30.11.2000, 2000/20/0356).

 

2.2.3. Aus der Sicht des Asylgerichtshofes ist der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht entgegenzutreten, wenn es das Vorbringen des BF, beim Militärdienst von 2003 bis 2005 aufgrund seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit diskriminiert und misshandelt worden zu sein, mangels zeitlichen Zusammenhanges zur Ausreise am 02.05.2007 als "nicht fluchtrelevant" qualifiziert. Der Umstand, dass der BF erst zwei Jahre nach der Ableistung des Militärdienstes seinen Herkunftsstaat verließ, zeigt deutlich, dass die möglicherweise beim Militär erfolgten Diskriminierungen und Misshandlungen nicht der wahre Grund für seine Ausreise waren und verweist das Bundesasylamt in diesem Zusammenhang auch zutreffend auf die Aussage des BF, wonach eher die Geschehnisse nach seiner Militärzeit "fluchtauslösend" gewesen seien (AS 39).

 

Auch hinsichtlich der vom BF ins Treffen geführten Vorfälle rund um seine Arbeitssuche und den Arztbesuch mit seinen Eltern erkannte die Erstbehörde richtig, dass diese ebenso keine Asylrelevanz entfalten. Zum einen handelt es sich bei der Verweigerung der Behandlung seiner Eltern durch den konsultierten Arzt nicht um eine individuell und konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungshandlung, zum anderen kann allein aus einer schwierigen Arbeitsmarktsituation keine allgemeine Diskriminierung der Kurden abgeleitet werden. Anhaltspunkte dafür, dass der BF aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Anstellung fand, lieferte der BF zudem zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens und ergibt sich dies auch nicht aus den dem Erstverfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen. Dem Bundesasylamt ist auch dahingehend zuzustimmen, wenn es in den Aussagen des BF, nämlich aufgrund seiner Türkischkenntnisse keine Probleme mit Ärzten gehabt zu haben und seine Heimat nicht aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, eine Bestätigung sieht, dass im gegenständlichen Fall keine asylrelevante Verfolgung vorliegt.

 

Wenn nun der BF in der Beschwerdeschrift erstmals darauf hinweist, dass er bei einer allfälligen Rückkehr in die Türkei einer "Sippenhaftung" unterliegen würde und sich dies jedenfalls aus noch vorzunehmenden Einvernahmen seines Bruders und seiner Schwester ergeben würde, so ist dazu Folgendes auszuführen:

 

Vorweg sei darauf hingewiesen, dass die im Beschwerdeschriftsatz erstmals vorgebrachte "Sippenhaftung" dem Neuerungsverbot gemäß § 40 AsylG unterliegt und dieses Vorbringen nur dann zu berücksichtigen ist, wenn einerseits das Verfahren erster Instanz mangelhaft gemäß § 40 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz war oder andererseits die nunmehr vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 40 Absatz 1 Ziffer 3 leg. cit. dem BF zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nicht zugänglich waren oder dieser gemäß § 40 Absatz 1 Ziffer 4 leg. cit. nicht in der Lage war, diese vorzubringen. Das gegenständliche Verfahren hat aber nicht den geringsten Anhaltspunkt für das Vorliegen auch nur eines dieser Neuerungstatbestände hervorgebracht, zumal dem BF einerseits seitens der Erstbehörde im Zuge der Einvernahmen mehrfach die Möglichkeit eingeräumt worden ist, alle ausreiserelevanten Geschehnisse ausführlich darzulegen und andererseits es sich bei diesen erstmals vorgebrachten Tatsachen um persönliche Erlebnisberichte des BF handelt, die diesem bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens bekannt waren und auch keine Anhaltspunkte zutage getreten sind, die darauf hindeuten, dass der BF zu deren Schilderung nicht in der Lage gewesen wäre. Folglich ist auf das Beschwerdevorbringen im dargestellten Umfang inhaltlich nicht näher einzugehen.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich die Ausführungen zur Sippenhaftung darauf beschränken, dass diese bei einer Rückkehr in die Türkei vorliegen würde. Nähere Ausführungen dazu lässt der Beschwerdeschriftsatz jedoch vermissen und wird weder dargestellt, auf welche Informationen bzw. Kenntnisse sich diese Befürchtung stützt, noch wird ausgeführt, welche Form der "Sippenhaftung" den BF erwarten würde. Selbst wenn man das neue Vorbringen zulassen würde, könnte es aufgrund der bereits oben dargestellten unbestimmten und spekulativen Formulierung keine ergänzende Ermittlungspflicht der Beschwerdebehörde auslösen, zumal nach der Judikatur ein bloßes - nicht näher substantiiertes - Behaupten bzw. Bestreiten von Umständen in der Beschwerdeschrift von vornherein nicht geeignet ist, der erstinstanzlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten (VwGH 30.1.2000, 2000/20/0356). Nicht nur annähernd denklogisch nachvollziehbar ist diesbezüglich das in der Beschwerde erstattete Vorbringen (AS. 181), wonach Feststellungen hinsichtlich des Aufenthaltsstatus des Bruders (und der in Norwegen lebenden Schwester) des BF für die Entscheidungsfindung unumgänglich gewesen wären, zumal "sich daraus ja schon per se die Möglichkeit einer Sippenhaftung bei einer allfälligen Rückkehr des BW in die Türkei" ergebe. Erklärungen dazu, inwiefern nun der Aufenthaltsstatus von in Westeuropa aufhältigen Angehörigen eine "Sippenhaftung" des BF zu bewirken vermöge, bleibt der BF in seiner Beschwerde schuldig.

 

Soweit in der Beschwerde beantragt wird, es möge ein Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage des Vorliegens von Menschenrechtsverletzungen bei exponierter exilpolitischer Tätigkeit eingeholt werden, ist auszuführen, dass ein Beweisantrag "prozessual ordnungsgemäß" gestellt werden muss. Entscheidend für einen Beweisantrag sind vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthemas, also der Punkt und jene konkreten Tatsachen, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. So sieht dies auch der Verwaltungsgerichtshof, wenn er argumentiert, dass ein tauglicher Beweisantrag nur dann vorliegt, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.01.1996, 94/13/0125). Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der BF zwar das Beweismittel und das Beweisthema nannte, seine Ausführungen dazu jedoch keine Entscheidungsrelevanz aufweisen, zumal der BF zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens Angaben dazu gemacht hat, dass er exilpolitisch tätig sei und finden sich auch in der Beschwerde keine Hinweise darauf. Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass zurückgeschobene Kurden "oftmals" verdächtigt werden, mit der PKK oder anderen kurdischen Organisationen zusammengearbeitet zu haben und daher häufig Opfer von Drohungen, Beschimpfungen bis hin zu Misshandlungen sind, so widerspricht dies den Länderfeststellungen der Erstbehörde, die im Gegensatz zum Vorbringen in der Beschwerde durch Quellenangaben nachprüfbar sind. Zudem finden sich in der Beschwerde keine Ausführungen dazu, warum gerade der BF zu den "oftmals" verdächtigten Kurden zählen soll, zumal er nie exilpolitisch tätig war und sich aus den Länderfeststellungen der Erstbehörde eindeutig ergibt, dass der BF nicht aufgrund der Tatsache, dass er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, von den türkischen Behörden verfolgt werden wird (AS 135). Folglich ist dieser Beweisantrag nach der Judikatur des VwGH mangels Sachverhaltsrelevanz nicht beachtlich.

 

Selbiges gilt auch für den Antrag auf Einvernahme des Bruders und der Schwester des BF zum Beweis dafür, dass die erstmals in der Beschwerde vorgebrachte "Sippenhaftung" tatsächlich vorliegt, zumal dieses Vorbringen - wie oben bereits ausgeführt - unter das Neuerungsverbot gemäß § 40 AsylG fällt und daher auch diesem Beweisantrag mangels Sachverhaltsrelevanz keine Berechtigung zukommt. Vor diesem Hintergrund kann daher nicht angenommen werden, dass das Beweisthema entscheidungsrelevant wäre. Im Übrigen ist der Beweisantrag hinsichtlich der nicht näher begründeten "Sippenhaftung" auch völlig unsubstantiiert und könnte auch schon aus diesem Grunde keine Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung bewirken.

 

Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

2.3. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei

 

2.3.1. Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen zukommt. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit der abweisenden Entscheidung zu verbinden.

 

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde dann zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Zur Auslegung des § 8 AsylG ist aus Sicht der Beschwerdebehörde weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den BF betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; 14.10.1998, 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

2.3.2. Der Asylgerichtshof schließt sich auch den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulement-Entscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. Wie bereits ausgeführt begründen auch die Ausführungen in der Beschwerde, wonach der BF nach seiner Rückkehr in die Türkei verdächtigt werden würde, mit der PKK oder anderen kurdischen Organisationen zusammenzuarbeiten, kein Abschiebungshindernis, da diesen Ausführungen jedenfalls die Länderfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides entgegenzuhalten sind, aus welchen sich ergibt, dass abgeschobenen Asylwerbern keine Repressionsmaßnahmen drohen und Misshandlungen oder Folterungen allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, ausgeschlossen werden können (AS 135). Auch die Befürchtung, aufgrund des Verstoßes gegen das Passrecht bestraft zu werden, ist unbegründet, zumal seitens der türkischen Behörden bei der Rückkehr lediglich überprüft wird, ob eine Straftat oder ein Haftbefehl vorliegt und kein weiteres Interesse vorliegt, die rückkehrenden Personen aus sonstigen Gründen zu inhaftieren (AS 135). Überdies wird darauf hingewiesen, dass es sich beim BF um einen jungen gesunden, arbeitsfähigen Mann handelt, der nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsstaat verfügt. Der BF könnte - wie schon vor seiner Ausreise - bei seinem Vater in der Landwirtschaft arbeiten und sich dadurch seinen Lebensunterhalt verdienen.

 

Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

2.4. Zulässigkeit der Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz:

 

2.4.1. Ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen und wurde festgestellt, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen nicht zukommt, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 10 Abs. 1 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 10 Abs. 1 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Nach § 10 Abs 2 Z 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde. Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

2.4.2. Die Erstbehörde stellte fest, dass ein Bruder des BF in Österreich aufhältig ist und führte in diesem Zusammenhang zutreffend aus, dass die Beziehung zu diesem nicht in den Schutzbereich des Familienlebens fällt, da er mit diesem nicht einmal im gemeinsamen Haushalt lebt und auch sonst kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Ergänzend ist auszuführen, dass der Bruder des BF seit mittlerweile neunzehn Jahren in Österreich lebt, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und bereits in der Türkei nicht mit dem BF in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Dass dem BF der Aufenthaltsstatus seines Bruders nicht bekannt war und auch die Erstbehörde keine Ermittlungen dahingehend führte, ändert nichts daran, dass kein ausreichender Bezug zu einem in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden vorliegt und daher kein unzulässiger Eingriff in das durch Art 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben erfolgt. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die Schwester des BF, da diese in Norwegen lebt und daher schon von vornherein keine Beziehung bestehen kann, welche vom Schutzbereich des Art 8 EMRK umfasst ist.

 

2.4.3. Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben des BF zu verneinen, so bleibt noch zu prüfen, ob mit der Ausweisung des BF ein Eingriff in sein Privatleben einhergeht und - falls dies zutrifft, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art 8 Absatz 2 EMRK).

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

2.4.4. Im Falle des am 07.05.2007 illegal nach Österreich eingereisten BF hat das bisherige Verfahren keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des BF in Österreich ergeben bzw. wurden solche von diesem auch nicht behauptet. Aber auch eine anderweitige Aufenthaltsverfestigung, die die Annahme einer Prävalenz der ho. Bindungen gegenüber jenen zum Herkunftsstaat rechtfertigen würden, wird durch den gerade einmal rund sechzehnmonatigen Aufenthalt hier in Österreich kontraindiziert. Ein Eingriff in das Privatleben des BF kann daher im Falle einer Ausweisung in die Türkei nicht festgestellt werden, weshalb es einer Interessenabwägung im Sinne des Artikel 8 Absatz 2 EMRK nicht bedarf.

 

Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

3. 1. Auf das Verfahren nach dem Asylgesetz findet gemäß § 23 AsylGHG das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des

 

B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG Anwendung. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt 67 d AVG, wonach eine mündliche Verhandlung dann unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und nach schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. dazu etwa VwGH 11. 11.1998, Zahl 98/01/0308, sowie VwGH 14.12.2000, Zahl 98/20/0556). Wird hingegen im Beschwerdeverfahren ein konkreter, neuer Sachverhalt zulässigerweise behauptet, so ist es dem unabhängigen Bundesasylsenat verwehrt, durch Würdigung der Beschwerdeangaben als unglaubwürdig den Sachverhalt ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und insbesondere ohne den Asylwerber selbst persönlich einzuvernehmen als geklärt anzusehen (vgl. dazu etwa VwGH 22. 04.1999, Zahl 98/20/0411). Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Wichtigkeit des persönlichen Eindruckes des entscheidenden Organes der Behörde für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers (vgl. dazu auch das obzitierte Erkenntnis VwGH 11. 11.1998, Zahl 98/01/0308, sowie VwGH 21.01.1999, Zahl 98/20/0339). Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung eines Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (vgl. dazu zB VwGH 25.03.1999, Zahl 98/20/0577). Bezogen auf die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung liegt ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel daher nur dann vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Unabhängige Bundesasylsenat im Falle einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil er beispielsweise auf Grund des dadurch vom BW gewonnen persönlichen Eindruck dessen Vorbringen zur Gänze als glaubwürdig erachtet hätte (vgl. dazu zB. VwGH 14.12.2000, Zahl 98/20/0556).

 

3.2. Gemessen an diesen vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien ist der gegenständliche Sachverhalt als geklärt zu betrachten. Insbesondere ist der negativen Glaubwürdigkeitsbeurteilung des BF durch die Erstbehörde nicht entgegenzutreten, zumal das Vorbringen des BF von der Erstbehörde in ausführlicher und schlüssiger Weise dargelegt und gewürdigt wurde. Die bloße zusätzliche Erörterung von verfahrensgegenständlichen Beweismitteln oder Ermittlungsergebnissen sowie Rechtsfragen hätte auch keine anders lautende Entscheidung herbeigeführt. Der BF ist der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegengetreten. Eine mündliche Beschwerdeverhandlung konnte daher gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 unterbleiben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Abhängigkeitsverhältnis, aktuelle Gefahr, Ausweisung, Diskriminierung, familiäre Situation, Glaubwürdigkeit, Intensität, Interessensabwägung, Lebensgrundlage, Militärdienst, Misshandlung, Neuerungsverbot, soziale Verhältnisse, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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