A5 224.839-0/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Vorsitzende und die Richterin Mag. UNTERER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin VB Wilhelm über die Beschwerde des D.P., geb. 00.00.1975, Staatsangehöriger von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2001, Zl. 00 15.750-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde des D.P. wird gemäß §§ 7, 8, AsylG 1997 idF BGBl.126/2002 abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 10.11. 2000 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 leg.cit. für zulässig erklärt.
I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde).
I.3. Mit Einrichtung des Asylgerichthofes am 1.7.2008 ging gegenständliche Angelegenheit in die Zuständigkeit des nunmehr erkennenden Senates über.
I.4. Der Asylgerichtshof brachte dem Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.8.2008 aktuelle Länderfeststellungen, die nunmehr auch den Gegenstand dieses Erkenntnisses bilden, gemäß § 45 Abs .3 AVG zur Kenntnis und räumte ihm eine zwei Wochen währende Frist zur Stellungnahme ein. Eine Stellungnahme langte innerhalb der gesetzten Frist nicht ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
II.1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
II.1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität konnte nicht festgestellt werden. Er reiste am 9.11.2000 illegal nach Österreich ein und stellte am darauf folgenden Tag einen Asylantrag.
II.1.1.2. Am 12.2 .2001 führte die belangte Behörde eine niederschriftliche Einvernahme mit dem nunmehrigen Beschwerdeführer durch. Er gab zu Protokoll, von 1998 bis 8. November 2000 in seiner Heimat in Haft gewesen und frei gekommen zu sein, weil die Regierung gesagt habe, er habe keine strafbare Handlung begangen. Ein Wärter habe ihn befreit und könne er nicht angeben, ob die Polizei nach ihm suche, da er unmittelbar nach seiner Freilassung seine Heimat verlassen habe. Er sei nie verurteilt worden oder vor einem Gericht gestanden.
II.1.1.3. Aufgrund der Annahme der belangten Behörde, der nunmehrige Beschwerdeführer habe sich vor seiner Einreise nach Österreich in einem anderen europäischen Land aufgehalten, wurde ein Konsultationsverfahren mit Spanien eingeleitet, welches allerdings negativ verlief.
II.1.1.4. Am 19.10.2001 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer neuerlich von der belangten Behörde einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, Nigeria aufgrund von Stammeskämpfen zwischen den Itsekiri und den Urhobos im Jahr 1998 verlassen zu haben. Er gehöre dem Volksstamm der Benin an, sei aber durch seine Mutter auch Itsekiri. 1998 hätten die Urhobos Anspruch auf den Landbesitz der Itsekiri erhoben und sei es zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen, in deren Rahmen auch der nunmehrige Beschwerdeführer verletzt worden sei. Der Präsident habe nicht eingegriffen, wodurch sich die Urhobos in ihrer Position bestärkt gefühlt hätten. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei im Zuge der Unruhen ums Leben gekommen. Anfang 1999, konkret am 2.1., sei der nunmehrige Beschwerdeführer verhaftet worden. Nachdem er der Anführer der Itsekiri gewesen sei und bei den Kämpfen zahlreiche Menschen, darunter auch Urhobos gestorben seien, befürchte der Genannte im Fall seiner Rückkehr aus Rache getötet zu werden. Der Grund für die Festnahme wäre seine Rolle als Anführer gewesen, er habe aber lediglich sein Dorf verteidigen wollen und niemanden getötet. Am 8.11.2000 sei ein weißer Mann ins Gefängnis gekommen und habe der Wärter den Beschwerdeführer darüber informiert, dass hier jemand sei, der ihm zur Flucht verhelfen wolle. Er wisse nicht, warum der weiße Mann ihm geholfen habe, es sei wohl Gott gewesen, der ihn gerettet hätte.
Der Beschwerdeführer gab über Nachfrage der belangten Behörde zu Protokoll, niemanden namhaft machen zu können, der seine Angaben bestätigen könne. Er habe sich nach den Kämpfen, die ungefähr im April oder Mai 1998 ausgebrochen seien, rund 9 Monate in seinem Heimatdorf I. aufgehalten, bevor er dann festgenommen worden sei.
II.1.1.5. Die belangte Behörde wies den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und erklärte die Rückführung des Genannten nach Nigeria für zulässig. Begründend führte die belangte Behörde ins Treffen, die Angaben des Beschwerdeführers seien unglaubwürdig. Sie untermauerte diese Beurteilung durch die Darstellung der im erstinstanzlichen Verfahren aufgetretenen Widersprüche.
II.1.1.6. Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung der belangten Behörde fristgerecht mittels Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde).
II.1.1.7. Dem Beschwerdeführer wurden, wie bereits unter Punkt I.4 ausgeführt, seitens des Asylgerichtshofes aktuelle Feststellungen zur Lage in Nigeria zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers erfolgte innerhalb der gesetzten Frist nicht.
II.2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
II.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.
II.2.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
II.2.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.
II.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
II.2.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
II.2.6. Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.
Im gegenständlichen Fall liegen die genannten Voraussetzungen des § 41 Abs.7 AsylG 2005 für den Entfall einer mündlichen Verhandlung vor.
Zwar enthalten die Übergangsbestimmungen des § 75 AsylG 2005 keine Regelung, die eine Anwendung des § 41 Abs.7 leg. cit. auf so genannte "Altverfahren" (i.e. Verfahren auf Grundlage des AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002) explizit vorsehen.
Für den Asylgerichtshof ergibt sich die Geltung dieser Bestimmung auch im gegenständlichen (Alt)Fall allerdings aus dem Wortlaut der Überschrift des 6. Abschnitts "Sonderbestimmungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof" einerseits und der Überschrift der in diesem Abschnitt enthaltenen Bestimmung des § 41 leg. cit. selbst, die folgendermaßen lautet: "Verfahren vor dem Asylgerichtshof". Nachdem der Asylgerichtshof am 1.7. 2008 seine Arbeit aufgenommen hat, die besagten Sonderbestimmungen in ihrer weiteren Textierung keine Unterscheidung nach "Altverfahren" oder "Neuverfahren" treffen, kann davon ausgegangen werden, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Regeln uneingeschränkt auf sämtliche Verfahren vor dem Asylgerichtshof , unabhängig vom Zeitpunkt ihres Anfalls, anzuwenden sind.
Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533, VwGH vom 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317), kann nur dann angenommen werden, dass ein Sachverhalt nicht aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung (nunmehr Beschwerde) als geklärt anzusehen ist, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in einem entscheidenden Punkt nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall des Beschwerdeführers nicht vor.
Der Asylgerichtshof erachtet es des Weiteren im gegenständlichen Fall nicht für notwendig, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes um zusätzliche (über bloße Zusatzbemerkungen oder Eventualausführungen hinausgehende) eigene Argumente zu ergänzen.
Nach der Rechtssprechung des VwGH widerspräche lediglich diese Notwendigkeit der Annahme eines hinreichend geklärten Sachverhaltes mit der Folge, dass von einer mündlichen Verhandlung nicht Abstand genommen werden dürfte (vgl. VwGH vom 30.9.2004, Zl. 2001/20/0140).
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und enthält der Beschwerdeschriftsatz zudem kein Vorbringen, das geeignet wäre, die in der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Beurteilung der belangten Behörde zu entkräften oder in Zweifel zu ziehen.
Der verfahrensrelevante Sachverhalt ist daher nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes als aus der Aktenlage geklärt anzusehen.
II.2.7. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
II.2.8. Auf die oben zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, demzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.
II.2.9. Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 in Kraft getreten. Gemäß § 75 Abs.1 erster Satz AsylG 2005 sind alle am 31. 12. 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Die letztgenannte Übergangsbestimmung normiert in ihrem Absatz 1, dass Verfahren zur Entscheidung von Asylanträgen, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden.
Gemäß § 124 Abs.2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Gegenständlicher Antrag auf Gewährung von Asyl wurde am 10.11.2000 gestellt, so dass die Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 vollinhaltlich zur Anwendung gelangen.
II.2.10. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht und keiner der in Art.1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht", aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
Gemäß § 8 Abs.1 AsylG hat die Behörde, im Fall einer Abweisung des Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Der Asylgerichtshof schließt sich der Beurteilung der belangten Behörde in Bezug auf die von dieser festgestellten fehlenden Asylrelevanz vollinhaltlich an und qualifiziert die Angaben des Beschwerdeführers übereinstimmend als unglaubwürdig. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Detail die Widersprüche und Ungereimtheiten in den Aussagen des Beschwerdeführers dargestellt und wird auf diese daher verwiesen.
Der Beschwerdeführer ist diesen Vorhalten im Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegen getreten, im Gegenteil, er hat sogar zugegeben, teilweise (vorsätzlich) falsche Angaben gemacht zu haben.
Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, dass es die belangte Behörde verabsäumt hat, konkrete Feststellungen zu den Auseinandersetzungen der Itsekiri und der Urhobos zu treffen. Dies ist allerdings vor dem Hintergrund der völlig begründet angenommenen Unglaubwürdigkeit verfahrensrechtlich auch nicht zwingend erforderlich.
Der Asylgerichtshof bestreitet in diesem Zusammenhang nicht, dass es in Delta State Ende der neunziger Jahre zu den beschriebenen ethnisch- motivierten Auseinandersetzungen gekommen ist. Der Beschwerdeführer konnte aber aus den bereits von der belangten Behörde dargestellten Erwägungen seine persönliche Betroffenheit von diesen Vorgängen nicht glaubhaft machen. Eine nähere Erörterung dieser Vorkommnisse kann deshalb unterbleiben. Der Beschwerdeführer hat es außerdem unterlassen, sich zu den Feststellungen des Asylgerichtshofes, die ihm im Wege des Parteiengehörs vor wenigen Wochen zur Kenntnis gebracht wurden, zu äußern.
Die vom Genannten ins Treffen geführten Umstände seiner Freilassung aus dem Gefängnis widersprechen tatsächlich jeder Lebenserfahrung und sind als nahezu haarsträubend zu bezeichnen. Es gibt keinen Grund, weshalb ein dem Beschwerdeführer unbekannter Mann nach fast zweijähriger Haft von einem Tag auf den anderen im Gefängnis auftauchen und einen einfachen Wärter dazu bringen sollte, den Beschwerdeführer gehen zu lassen. Bezeichnend ist die Bemerkung des Beschwerdeführers, es habe sich bei seinem Retter wohl um Gott gehandelt.
Zudem ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer bei seiner ersten Einvernahme vor der belangten Behörde zu diesem Thema noch angemerkt hatte, er sei freigekommen, weil die Regierung den Standpunkt vertreten habe, er habe keine Straftat begangen. Dass die Geschichte um die Inhaftierung erfunden ist, zeigt sich auch an den Divergenzen in Bezug auf die Frage, ob es eine Gerichtsverhandlung und/oder Verurteilung gegeben habe. Dies verneinte der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde, sprach aber aus eigenem bei einer weiteren Einvernahme plötzlich davon, dass es einen "Prozess" gegeben habe.
Aufgrund der angenommenen Unglaubwürdigkeit sind die Voraussetzungen für eine Asylgewährung nicht erfüllt.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass aber selbst im rein hypothetischen Fall des Wahrheitsgehaltes nichts für den Beschwerdeführer zu gewinnen wäre, zumal es sich bei den beschriebenen ethnischen Auseinandersetzungen, soweit sie überhaupt noch als aktuell zu bezeichnen sind, um einen regional begrenzten Konflikt handelt. Diesfalls wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar, sich in einem anderen Landesteil Nigerias niederzulassen.
II.2.11. § 8 AsylG verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.
Gemäß § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen der innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppen oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Gemäß § 50 Abs.3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs.1 oder Abs.2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.
Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs.1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits geprüft und verneint.
Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).
Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Es sind während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine auswegslose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.