C9 239425-0/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Dr. René BRUCKER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Daniel LEITNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Tanja ANTOVIC über die Beschwerde von T.N., geb. 00.00.1956, StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.06.2003, FZ. 03 00.290-BAG in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid b e h o b e n und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt z u r ü c k v e r w i e s e n.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) brachte am 04.01.2003 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen (BAT), einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
2. Am 30.06.2003 fand eine niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz (BAG), statt. Im Zuge dieser Einvernahme erklärte die Antragstellerin, dass bis zu ihrer Ausreise in Haiphong gelebt habe. Am 05.12.2002 habe sie schließlich Haiphong verlassen und sei nach Hanoi gereist, wo sie sich zwei Tage lang aufgehalten habe. Von dort sei sie mit dem Flugzeug nach Russland geflogen und weiter mit dem Pkw bis nach Österreich gereist. Über die Reiseroute könne sie keine Angaben machen, sie sei schließlich am 04.01.2003 in Österreich angekommen. Aus ihrer Heimat Sie sei mit einem vietnamesischen Pass ausgereist, diesen habe ihr der Schlepper besorgt. Ihren Personalausweis habe sie dem Schlepper gegeben und nicht zurück erhalten. Zu ihrem Fluchtgrund führte die Genannte aus, dass sie chinesischer Abstammung sei und es in Vietnam Unterschiede zwischen "normalen" Vietnamesen und den Vietnamesen chinesischer Abstammung gebe. In ihrer Heimat gebe es keine Gleichberechtigung, aus diesem Grund habe sie Vietnam verlassen. Seit 1979 herrsche zwischen Vietnam und China Krieg, seit damals würden die chinesischen Vietnamesen anders behandelt; Menschen mit chinesischer Abstammung hätten nicht die gleichen Rechte. Sie persönlich habe keine konkreten Probleme gehabt, sie sei jedoch mit Ungleichbehandlung konfrontiert gewesen, wenn sie jetzt zurückkehren würde, würde sie noch schlechter behandelt.
3. Mit Bescheid vom 30.06.2003, AZ. 03 00.290-BAG, zugestellt am 02.07.2003 (durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt), wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 04.01.2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I 1997/76 (AsylG) ab (Spruchpunkt I), und erklärte gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Vietnam für zulässig (Spruchpunkt II).
Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Antragstellerin in ihrem Vorbringen darauf beschränkt habe, dass sie chinesischer Abstammung sei und die Vietnamesen chinesischer Abstammung generell schlechter behandelt würden, als andere Vietnamesen. Eine sich aus diesem Umstand ergebende Bedrohung ihrer Person habe die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft machen können, auch nach wiederholter Nachfrage sei sie nicht in der Lage gewesen, eine individuelle Bedrohung ihrer Person zu konkretisieren. Die Antragstellerin habe vielmehr ausgeführt, persönlich keine Probleme gehabt zu haben. Das gesamte Verfahren erfülle somit in keiner Weise die für das Asylverfahren notwendigen Glaubwürdigkeitskriterien, die Angaben der Genannten seien völlig vage bzw. in keinster Weise nachvollziehbar.
4. Gegen den og. Bescheid des BAG richtet sich die beim BAG am 14.07.2003 fristgerecht eingelangte Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat (in der Folge: UBAS) vom 09.07.2003. In ihrer Berufung monierte die Bf., dass die Ausführungen der Erstbehörde, wonach ihr in Bezug auf deren Fluchtgrund offensichtlich nicht den Tatsachen entsprochen habe, nicht richtig seien. Sie habe glaubhaft angegeben, dass sie auf Grund ihrer chinesischen Abstammung in Vietnam nicht gut behandelt worden sei. Sie sei ständigen Repressalien ausgesetzt gewesen. In Vietnam könne sie keine staatliche Hilfe erwarten. Im Falle ihrer Rückkehr müsse sie zudem damit rechnen, dass sie verhaftet und zu einer langen Haftstrafe verurteilt werden würde.
5. Das anhängige Berufungsverfahren in der ggst. Rechtssache ist nunmehr von dem nach der Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat C9 des Asylgerichtshofes weiterzuführen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Anzuwendendes Recht
1. Am 01.07.2008 beim UBAS anhängige Verfahren sind nach Maßgabe der Übergangsbestimmung des § 75 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
2. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 sind Verfahren gegen abweisende Bescheide, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind und in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichthofes zuständigen Senat weiterzuführen. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, eine mündliche Verhandlung hatte nicht stattgefunden. Das Verfahren war nach Maßgabe der Geschäftsverteilung vom zuständigen Senat C9 des Asylgerichtshofes zu führen.
3. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes in Senaten oder, soweit dies bundesgesetzlich besonders vorgesehen ist, durch Einzelrichter.
Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden
gegen zurückweisende Bescheide
wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4,
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und
wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie
die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
4. Die Fälle der Entscheidung des Asylgerichtshofes durch Einzelrichter sind in § 61 Abs. 3 AsylG 2005 taxativ aufgezählt. Da in der ggst. Rechtssache keiner dieser Fälle vorliegt, ist von einer Senatszuständigkeit des Asylgerichtshofes auszugehen.
5. Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (in der Folge: AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
II.2. Zum Spruch
1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Gemäß § 23 AsylGHG findet die Bestimmung des § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof Anwendung.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den UBAS im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt:
"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen."
In seinem Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Abs. 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung oder Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist dies in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:
3.1. Die Erstbehörde hat im gegenständlichen Fall in ihrer Beweiswürdigung ausgeführt, dass die Bf. keine Verfolgung ihrer Person habe glaubhaft machen können. Die Bf. habe angegeben, auf Grund ihrer chinesischen Abstammung in Vietnam schlechter behandelt zu werden, jedoch keinerlei individuelle Verfolgung geschildert.
In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Bf. lediglich in der niederschriftlichen Einvernahme vom 30.06.2003 die Möglichkeit hatte, sich zu ihren Fluchtgründen zu äußern. Die Erstbehörde kommt zur o.g. Rechtsansicht, ohne jedoch Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat zu treffen, welche ihre Ansicht argumentativ stützen könnten. Um die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Antragstellerin zu beurteilen, hätte es einer umfassenderen Befragung der Bf. zu ihrem Fluchtgrund und auf dieses Vorbringen konkret abgestellter Länderfeststellungen (über die Situation für Angehörige der chinesischen Ethnie in Vietnam) bedurft. Auf Grund des augenscheinlich mangelnden Ermittlungsverfahrens 3.2. Zu Ihrer Entscheidung hinsichtlich Non-Refoulement führte das Bundesasylamt im verfahrensgegenständlichen Bescheid aus:
"Das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 57 FrG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint. Ihre Angaben zu Ihrer angeblichen Verfolgung haben sich als nicht glaubhaft erwiesen. Damit ist auch nicht glaubhaft, dass sie in Vietnam einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG ausgesetzt sein könnten."
Die Erstbehörde kommt zu dieser Rechtsansicht wiederum ohne Feststellungen zur konkreten Situation im Herkunftsstaat der Bf. zu treffen, welche ihre Ansicht argumentativ stützen würden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Refoulementschutz im Unterschied zum Asyl um einen ursachenunabhängigen Schutz handelt. Zwischen den Begriffen "subsidiärer Schutz" oder "Non-Refoulement" und "Asyl" bestehen zwar enge Beziehungen, weshalb sich in weiten Bereichen die rechtliche Prüfung überschneidet, der Prüfungsumfang ist aber nicht ident (vgl. Frank/Anerinhof/Filzwieser, Kommentar zum AsylG 2005, 4. Auflage, 283, Anm. K7 und K8).
Die Erstbehörde hat sich bei deren Refoulement-Entscheidung offensichtlich ausschließlich von ihrer Beurteilung leiten lassen, dass sie keine asylrelevante Verfolgung der Bf. feststellen konnte, weil die auf Vietnam bezogene Verfolgungsbehauptung der Bf. nicht als Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK bzw. als unglaubwürdig gewertet wurde.
Das Bundesasylamt hat somit hinreichende Feststellungen zur konkreten Rückkehrsituation im Herkunftsstaat Vietnam unterlassen, obwohl solche unter dem Gesichtspunkt der Entscheidung gemäß § 8 AsylG 1997 notwendig gewesen wären, da wie oben bereits dargelegt, der diesbezügliche Prüfungsrahmen ein wesentlich weiterer ist.
3.3. Die belangte Behörde wird zudem - korrespondierend mit den entsprechenden Feststellungen - von Amts wegen zu prüfen haben, ob die Bf. auf Grund der im gegenständlichen Fall vorliegenden Umstände (Asylantragstellung und der Verbleib in einem westeuropäischen Land) im Falle ihrer Rückkehr - wie von der Bf. in ihrer Berufung ausgeführt - mit einer unverhältnismäßigen Bestrafung zu rechnen hätte. Einschlägig ist in diesem Zusammenhang nunmehr das Erkenntnis des VwGH vom 02.03.2006, Zl. 2003/20/0342. In diesem Erkenntnis führte der VwGH unter anderem aus:
"Vor diesem Hintergrund kommt es daher entscheidungswesentlich darauf an, ob die Einschätzung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe bei einer Rückkehr nach Vietnam nicht mit einer Bestrafung nach der genannten Bestimmung zu rechnen, tragfähig begründet wurde. [...] Die belangte Behörde hätte daher auch prüfen müssen, ob die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Umstände - die Asylantragstellung, mit der sie ihre mangelnde Rückkehrabsicht zum Ausdruck gebracht habe, und der lange Verbleib außerhalb Vietnams in einem westeuropäischen Land - den genannten Straftatbestand (Anmerkung: gemeint Art. 274 des vietnamesischen Strafgesetzbuches) erfüllen und ob die Beschwerdeführerin trotz legaler Ausreise deshalb mit einer - im oben erwähnten, Asylrelevanz begründenden Sinn - unverhältnismäßigen Bestrafung zu rechnen hätte."
Zusammenfassend ist auszuführen, dass es die Erstbehörde verabsäumt hat, konkrete herkunftsstaatsbezogene Feststellungen über die allfälligen spezifischen Gefährdungen der Bf. im Falle ihrer Rückkehr nach Vietnam zu treffen. Korrekterweise hätte sie sich mit Hilfe aktueller Länderberichte unter anderem mit der Frage der Situation von Rückkehrern, der Behandlung dieser durch die vietnamesischen Behörden und der konkreten Versorgungslage in Vietnam auseinander zu setzen gehabt. Weil dies unterblieb, liegt ein wesentlicher Ermittlungsmangel vor. Nochmals wird festgehalten, dass die Aufnahme von aktuellen Feststellungen zu diesen Fragen jedenfalls hinsichtlich des Spruchpunktes II des bekämpften Bescheides entscheidungsrelevant ist. Dabei wird die Erstbehörde auf die Heranziehung aktueller Quellen zu achten haben.
3.4. Es hätte jedenfalls im Sinne des § 45 Abs 3 AVG auch einer Konfrontation der Partei mit dem (wie oben aufgezeigt) amtswegig zu ermittelnden Sachverhalt und den diesbezüglichen Beweismitteln bedurft. Den Parteien ist das Ergebnis der behördlichen Beweisaufnahme in förmlicher Weise zur Kenntnis zu bringen und ausdrücklich unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit zu geben, zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen (VwGH 05.09.1995, Zl. 95/08/0002), was in der ggst. Rechtssache aber nicht geschehen ist. Gegenstand des Parteiengehörs sind sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch soweit die Behörde bestimmte Tatsachen als offenkundig behandelt, ist dies der Partei bekannt zu geben (VwGH 17.10.1995, Zl. 94/08/0269). Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) ist die Verletzung des Parteiengehörs zwar saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten die Berufungsbehörde das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062).
Durch die oben dargestellte mangelhafte Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ist dieses Erfordernis aber nicht erfüllt.
3.5. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner jüngsten Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389). Auf Grund des augenscheinlich mangelnden Ermittlungsverfahrens der Erstbehörde hat diese jedenfalls eine solche ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen, da das Bundesasylamt dieses offensichtlich nicht anhand der konkret entscheidungsrelevanten aktuellen Situation gewürdigt hat.
4. Aus Sicht des Asylgerichtshofes verstößt das Prozedere der belangten Behörde auch gegen die von § 28 AsylG 1997 determinierten Ermittlungspflichten. Der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 28 AsylG 1997 bestimmt nämlich, dass die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG i.V.m. § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen ist, hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet.
5. Das erstinstanzliche Verfahren wurde somit in einer Art und Weise mangelhaft geführt, dass sämtliche diesbezügliche Erhebungen, welche grundsätzlich von der Erstbehörde durchzuführen sind, vom Asylgerichtshof zu tätigen wären. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Asylgerichtshofes gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
6. Es wird schließlich auch erforderlich sein, das Ergebnis der zusätzlichen Ermittlungen mit der Bf. in einer weiteren Einvernahme zu erörtern und dabei auch eine vertiefende Befragung zu ihren Lebensumständen in Beziehung auf eine mögliche Rückkehr durchzuführen.
7. Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis als so mangelhaft zu beurteilen, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren vor dem Bundesasylamt mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Sämtliche Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch den Asylgerichtshof zu tätigen, sohin verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten eine Heranziehung des § 66 Abs. 3 AVG.
8. Die Rechtssache war daher spruchgemäß an das Bundesasylamt als belangte Behörde zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesasylamt wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben.