E12 318.551-1/2008-7E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Vorsitzende und den Richter Dr. Markus STEININGER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mittermayr über die Beschwerde des A.I., geb. 00.00.1971, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.03.2008, FZ. 06 06.387 BAW, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idgF als unbegründet a b g e w i e s e n.
BEGRÜNDUNG:
I VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT:
Der Beschwerdeführer (folgend kurz: BF; vormals: Berufungswerber), seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 18.06.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am 19.06.2006 (AS 3ff) erstbefragt und am 23.06.2006 ( AS 75 ff) und am 31.05.2007 ( AS 255 ff) von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wiedergegeben, weshalb hierauf verwiesen wird.
Als Begründung für das Verlassen seines Herkunftsstaates brachte er im Rahmen der Asylantragstellung im Wesentlichen vor, dass er zwischen 1991 und 1999 seinen Militärdienst in der türkischen Armee abgeleistet habe. Er sei bereits 1991 einmal aus Österreich in die Türkei zurückgeschickt worden. 1992 bis 1996 habe er sich in Rumänien aufgehalten und sei 1996 nach 2 Monaten Schubhaft in die Türkei abgeschoben worden. Er sei während des Militärdienstes wegen seiner kurdischen Abstammung, seiner Religion und der politischen Vergangenheit seiner Mutter, zwei Mal gefoltert worden (einmal nach seiner Rückkehr aus Österreich und einmal nach seiner Rückkehr aus Rumänien). Weiters sei er über seine Aufenthalte in Österreich und Rumänien befragt worden. Wegen der ersten Folterung habe er nach ca. 4 Monaten seine Einheit verlassen und sich nach Rumänien abgesetzt. Er sei 1996 vor seiner Abschiebung in die Türkei 2 Monate in Rumänien in Schubhaft gewesen. Er sei dann in der Türkei von einem Militärgericht verurteilt worden und für ein Jahr ins Gefängnis gekommen. 1998 sei er vom Militärdienst entlassen worden. Er habe den Militärdienst komplett abgeleistet. Er fühle sich jedoch observiert, öfter hätten Polizisten in Zivil sich nach seiner Mutter erkundigt. Ab 1999 sei ab und zu nach ihm gefragt worden und was er tue. Er habe gesagt, dass er in der Türkei sei und bei seinem Vater lebe. Es habe keine Vorfälle gegeben.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 04.03.2008, Zahl: 06 06.387-BAW, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt (Spruchpunkt III.).
Das BAA führte dazu im Wesentlichen aus, dass für eine Asylgewährung nur solche Gründe maßgebend sein können, welche Ursache für die Flucht gewesen sind. Schon länger zurückliegende Verfolgungshandlungen begründen keinen Asylanspruch. Da es den vom BF erwähnten Vorfällen während des Militärdienstes am notwendigen zeitlichen Konnex zu seiner Ausreise mangelt, kommt diesen keine Relevanz zu. Weiters sei der Zweck der gegen ihn ergriffenen Maßnahmen nach seinem Militärdienst lediglich der gewesen, allgemeine Erkundigungen bezüglich seiner Mutter einzuholen. Dies stellt jedoch keine Verfolgung aus einem in der GFK genannten Gründe dar, zumal man dem BF selbst eine bestimmte politische Gesinnung nicht unterstellt oder ihn einer solchen nicht verdächtigt hat. Außerdem haben diese behaupteten Maßnahmen nicht jenes Maß an Intensität erreicht, dass von einer Sippenhaftung gesprochen werden könnte.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Telefax vom 20.03.2008 innerhalb offener Frist Berufung (nunmehr: Beschwerde) erhoben. Diesbezüglich wird im Wesentlichen auf den Akteninhalt verwiesen.
Insbesondere wurde das Ermittlungsverfahren moniert und nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen das Vorbringen in dessen wesentlichen Teilen wiederholt. Weiters stehe er unter besonderer Beobachtung durch die türkischen Behörden, da seine Mutter gesucht werde. Daher sei er immer von Polizisten in Zivil gefragt worden, wo seine Mutter sei und was diese mache. Es sei somit nicht ausgeschlossen, dass er aufgrund der Verfolgung seiner Mutter in der Türkei denselben Verfolgungen ausgesetzt sein könne. Es liege somit eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie vor. Eine Abschiebung verletze Art. 8 EMRK, da seine Mutter, seine Schwester und zwei Brüder hier in Österreich leben würden und er bei seiner Mutter wohne. Er habe auch vor seiner Ausreise aus der Türkei ein besonderes Naheverhältnis zu seiner Mutter gehabt, wenn auch nicht unmittelbarer Natur, aber doch so stark, dass sie ihm öfter Geld überwiesen habe. Weiters seien viele Onkel und Tanten, sowie Cousins in Österreich. Es möge zwar sein, dass zu seinen sonstigen Verwandten hier in Österreich kein ausreichendes Beziehungsverhältnis bestehe, jedoch die Beziehung zu seiner Kernfamilie sei sehr wohl von ausreichender Intensität. Ein aktuelles Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt sei nicht einmal erforderlich um ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu begründen und werde diesbezüglich auf den UBAS-Bescheid, GZ: 314.583-1/4E-II/04/07, vom 01.10.2007, verwiesen. Die neueren EGMR-Urteile würden zeigen, dass nicht in jedem Fall Beweise der individuellen Gefährdung erbracht werden müssten, sondern je nach den Umständen auch gut dokumentierte Belege genügen würden, dass die betroffene Person in eine nachweisbar für Personen ihrer Art und Kategorie gefährliche Situation zurückkehren müssten. Würde er zurückgehen, würde er auf jeden Fall wieder denselben Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein und würde kein Leben in Frieden führen können.
Hinsichtlich des Verfahrensherganges bzw. des Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
Maßgeblicher Sachverhalt:
Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Identität und Nationalität des BF konnten aufgrund der Vorlage des türkischen Personalausweises, , ausg. am 00.00.1998, festgestellt werden. Es handelt sich demnach zweifelsfrei um A.I., geboren am 00.00.1971 in Icel. Er reiste am 17.06.2006 über den Flughafen Wien Schwechat illegal in Österreich ein und brachte am 18.06.2006 den Antrag auf internationalen Schutz ein.
Der Mutter des BF, A.P., geb. am 00.00.1952, wurde mit Bescheid des BMI vom 16.12.1991, Zahl: 4.223.461/10-III/13/91, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (AS 193). Der BF ist an gemeinsamer Adresse mit der Mutter gemeldet.
Weiters sind seine Schwester, 2 Brüder, viele Onkel, Tanten und Cousins in Österreich, zu welchen jedoch kein ausreichendes Beziehungsverhältnis besteht.
Der Vater des BF, A.D., lebt in Istanbul in einem Restaurant, in welchem er arbeitet und auch schläft. In diesem Restaurant lebte auch der BF bis zu seiner Ausreise nach Österreich (AS 257). Der Vater sorgte für den BF in der Türkei (AS 77).
Weiters lebt ein verheirateter Bruder des BF in der Türkei, welcher nach Angaben des BF ein ruhiges Leben führt (AS 77).
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF asylrelevanten Übergriffen im Herkunftsland ausgesetzt war. Insbesondere konnten keinerlei Fluchtgründe im Sinne des § 3 Asylgesetz 2005 bzw. Art. I Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht werden.
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe, in der Türkei einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle der Rückkehr in die Türkei in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.
Die BF leidet unter keiner Erkrankung, die ein Abschiebehindernis iSv Artikel 3 EMRK darstellen würde.
Zur Zuständigkeit des Asylgerichtshofes:
Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I 1/1930 idF 2/2008 lauten:
(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:
Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.
Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.
Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. [.....]
(2) [.....]
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
[......]
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Im gegenständlichen Fall hat daher im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung zu gelangen.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu Ende zu führen ist.
Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden. Die Berufungsbehörde schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Berufungsbescheides (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Sofern in der Beschwerde seitens des BF das Ermittlungsverfahren des BAA moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt auszugehen.
Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.
Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.
Zur Beschwerdeangabe, die neueren EGMR-Urteile würden zeigen, dass nicht in jedem Fall Beweise der individuellen Gefährdung erbracht werden müssten, sondern je nach den Umständen auch gut dokumentierte Belege genügen würden, dass die betroffene Person in eine nachweisbar für Personen ihrer Art und Kategorie gefährlichen Situation zurückkehren müssten, er, würde er zurückgehen, auf jeden Fall wieder denselben Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein würde und kein Leben in Frieden führen können würde, wird festgestellt, dass seitens des BF eben keinerlei Belege vorgelegt wurden, weshalb diese Beschwerdeangabe ins Leere geht.
Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in die Türkei auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.
Zu den Beschwerdeangaben, eine Abschiebung verletzte Art. 8 EMRK, da seine Mutter, seine Schwester und zwei Brüder hier in Österreich leben würden und er bei seiner Mutter wohne, er auch vor seiner Ausreise aus der Türkei ein besonderes Naheverhältnis zu seiner Mutter gehabt habe, zwar nicht unmittelbarer Natur, aber doch so stark, dass sie ihm öfter Geld überwiesen habe, weiters viele Onkel und Tanten, sowie Cousins in Österreich seien, es zwar sein möge, dass zu seinen sonstigen Verwandten hier in Österreich kein ausreichendes Beziehungsverhältnis bestehe, jedoch die Beziehung zu seiner Kernfamilie sehr wohl von ausreichender Intensität sei, ein aktuelles Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt nicht einmal erforderlich sei um ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu begründen und diesbezüglich auf den UBAS-Bescheid, GZ: 314.583-1/4E-II/04/07, vom 01.10.2007, verwiesen wurde, wird festgestellt, dass seitens des Bundesasylamtes zu Recht ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK angenommen wurde. Deshalb gehen auch die Beschwerdeangaben hinsichtlich der Nichterforderlichkeit eines aktuellen Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt zur Begründung eines Familienlebens und der Verweis auf den UBAS-Bescheid, ins Leere.
Hinsichtlich der Statthaftigkeit des Eingriffes in das Recht auf Achtung des Familienlebens, wird auf die Ausführungen des BAA zu Art. 8 Abs. 2 EMRK verwiesen und diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt. Zur Beschwerdeangabe, dass mittelbar ein besonderes Naheverhältnis zur Mutter vorliege, da diese ihm öfter Geld überwiesen habe, wird festgestellt, dass es der Mutter künftig ebenfalls möglich ist, dem BF nach dessen Ausweisung Geld in die Türkei zu überweisen. Überdies besteht auch zum Vater, bei dem der BF laut eigener Angabe von 1988 bis zu seiner neuerlichen Einreise in Österreich im Jahr 2006 aufhältig war , ein zumindest gleichwertiges Naheverhältnis. Der Eingriff in das Familienleben wird auch dadurch relativiert, dass der BF erwachsen ist und nichts darauf hindeutet, dass er auf das Zusammenleben mit seiner Mutter angewiesen wäre
Ebenfalls ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass mangels entsprechender Beziehungsintensität in Bezug auf die sonstigen Verwandten kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK festgestellt wurde. Selbst in der Berufungsschrift wurde festgestellt, dass es sein möge, dass zu den sonstigen Verwandten in Österreich kein ausreichendes Beziehungsverhältnis bestehe.
4. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. I Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ( GFK) droht.
Flüchtling nach der GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Im gegenständlichen Fall wurde erstmals in der Beschwerde der Fluchtgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie geltend gemacht, da aufgrund der Frage von Polizisten in Zivil , wo seine Mutter sei und was diese mache, nicht ausgeschlossen sei, dass er derselben Verfolgung wie seine Mutter ausgesetzt sein könne. Dies trifft allerdings aus folgenden Gründen nicht zu:
Es wird in diesem Zusammenhang dem Bundesasylamt zugestimmt, dass lediglich aufgrund der Frage nach dem Aufenthaltsort der Mutter und was diese mache, nicht jene seitens der GFK geforderte ausreichende Intensität einer etwaigen Verfolgung in die zu schützende Rechtsphäre zu verstehen ist, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Selbst wiederholte Vorladungen zur Polizei und Befragungen nach dem Aufenthalt von Verwandten kommt nicht der Charakter von Eingriffen zu, die ihrer Intensität nach als Verfolgung im Sinne der GFK qualifiziert werden können (VwGH v. 21.04.1993, Zl.: 92/01/1059 mwN; 21.2.1995, Zl: 94/20/0720; 19.12.1995, Zl.: 95/20/0104; 10.10.1996, Zl: 95/20/0487). Auch wiederholte Befragungen durch die Polizei nach dem Aufenthaltsort eines Verwandten stellen keinen Umstand dar, aus dem Verfolgung bzw. begründete Furcht vor einer solchen abgeleitet werden könnte (VwGH v. 17.6.1993, Zl.: 93/01/0348, 0349).
Der Vollständigkeit halber wird festgestellt, dass der Terminus "soziale Gruppe", der als Auffangtatbestand in die GFK aufgenommen wurde, in Lehre und Rechtsprechung durchaus unterschiedlich definiert wird: In der Judikatur des VwGH wurde einerseits auf die Definition des UNHCR abgestellt, der zufolge eine soziale Gruppe in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialem Status umfasst (s. Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 219, aber auch den Gemeinsamen Stanpunkt des Rates der Europäischen Union vom 4.3.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 des Genfer Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge), wobei aber - unter Hinweis auf das gesamte Handbuch des UNHCR - darauf hingewiesen wird, dass hinter der angesprochenen Regelung die Erwägung stehe, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Anlass zu Verfolgung sein kann, wenn kein Vertrauen in die Loyalität der Gruppe der Regierung gegenüber bestehe oder wenn die politische Ausrichtung, das Vorleben oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder der Gruppe oder auch schon allein die Existenz der Gruppe an sich als Hindernisse für die Politik der Regierung angesehen werden ( VwGH 18.12.1996, 96/20/0793).
Andererseits wies der VwGH auf die Definition des kanadischen Obersten Gerichtshofes (Supreme Court) hin, nach eine soziale Gruppe im Sinne der GFK folgende drei Personenkreise umfasse:
Personen, die ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches Merkmal wie Geschlecht, sprachliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung aufweisen; Personen, die freiwillig aus Gründen verbunden sind, die für ihre Menschenwürde derart fundamental sind, dass sie nicht gezwungen werden sollten, diese Verbindung aufzugeben und schließlich Personen, die durch einen früheren freiwilligen Zustand verbunden sind, der aufgrund seiner historischen Dauer nicht geändert werden kann (vgl. die in Goodwin-Gill, The refugee in International Law, 1996, p 359f, wiedergegebenen Fälle, insbesondere Canada v. Ward). Auf diese Definitionen nimmt zumindest zum Teil auch Art. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 ("Statusrichtlinie") Bezug, auf den auch § 2 Abs. 1 Z 12 Asylgesetz 2005 verweist, wenn er in seiner lit. d eine bestimmte soziale Gruppe folgendermaßen umschreibt:
Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten und
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet; als sexuelle Ausrichtung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedsstaaten als strafbar gelten. Geschlechterbezogene Aspekte können berücksichtigt werden, rechtfertigen aber für sich allein noch nicht die Annahme, dass dieser Artikel anwendbar ist.
Für die Glaubhaftmachung der Gründe für eine gesetzmäßige Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK reicht im Gegensatz zu einer Beweisführung der Nachweis der Wahrscheinlichkeit aus.
Dieser Nachweis der Wahrscheinlichkeit ist dem BF aber nicht gelungen. Auch liegen dem Gerichtshof keinerlei aktuelle Hinweise dahingehend vor, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von Personen gibt, welche hinsichtlich des Aufenthaltsortes bzw. der Aktivitäten von Familienangehörigen befragt werden. Deshalb kann auch nicht von einer diesbezüglichen homogenen Gruppe von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, gesprochen werden. Eine derart extensive Interpretation des Terminus "soziale Gruppe" würde auch die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK getroffene Beschränkung der für die Asylbegründung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen und dazu führen, dass sämtlichen Personen, welche wie oben ausgeführt befragt werden, Asyl gewährt werden müsste. Dies wäre mit dem Charakter der sozialen Gruppe als Auffangtatbestand nicht vereinbar und würde diesen in weiterer Folge ad absurdum führen (s. auch Bescheid des UBAS vom 29.1.2007, 307.280-C1/3E-XIX/62/07).
Da somit ein Fluchtgrund vom BF nicht glaubhaft gemacht werden konnte, war der Status des Asylberechtigten nicht zuzuerkennen. Aus dem Vorbringen des BF konnte bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen auch kein Hinweis abgeleitet werden, dass er in der Türkei mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden, maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Als soziales Auffangnetz stehen überdies die in der Türkei lebenden Familienangehörigen (Vater, verheirateter Bruder) zur Verfügung.
Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.
Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.