C8 252337-0/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des S. alias P.S. alias S.S., geb. 00.00.1964, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.07.2004, AZ: 04 06.086-BAW, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde von S. alias P.S. alias S.S. vom 11.08.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.07.2004, Zahl 04 06.086-BAW, wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2003 seinen ersten Asylantrag. Bei seiner am 17.11.2003 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er in Indien Taxilenker gewesen sei und im Juli 2003 zwei Personen befördert habe, welche gesuchte Terroristen aus Kashmir gewesen seien. Er sei daraufhin von der Polizei festgenommen, angehalten und geschlagen worden. Gegen eine Kaution von 90.000 Rupien sei er wieder freigekommen. Etwa einen Monat später sei er nochmals von der Polizei festgenommen worden und abermals gegen Bestechungsgeld in der Höhe von 10.000 Rupien wieder entlassen worden. Danach habe der Beschwerdeführer Indien verlassen.
Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2003, Zl. 03 34.243-BAW, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde vom Bundesasylamt als unglaubwürdig gewertet.
Mangels Erhebung einer Berufung ist der Bescheid am 18.12.2003 in Rechtskraft erwachsen.
Am 26.02.2004 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.03.2004 gemäß § 71 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wurde.
2. Am 30.03.2004 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Asylantrag.
Bei der am 24.06.2004 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer dieselben Fluchtgründe wie in seinem ersten Asylverfahren an und brachte weiters vor, dass inzwischen die Polizei bei ihm zu Hause gewesen sei und sich nach ihm erkundigt habe. Er befürchte daher, dass er weiterhin Probleme mit der Polizei haben werde.
Mit Bescheid vom 27.07.2004, Zl. 04 06.086-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 30.03.2004 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.
Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht am 11.08.2004 eine Beschwerde.
Die Beschwerde langte zusammen mit dem Akt des Bundesasylamtes am 20.08.2004 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Beschwerde nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Beschwerdeverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).
Im zweiten Asylverfahren gab der Beschwerdeführer dieselben Fluchtgründe wie im ersten Asylverfahren an. Weiter brachte er vor, dass er inzwischen erfahren habe, dass die Polizei auch nach seiner Flucht bei ihm zu Hause gewesen sei und ihn gesucht habe.
Dieses Vorbringen nimmt auf die im vorigen Verfahren behaupteten Schwierigkeiten mit der Polizei und damit in Verbindung stehende Ereignisse Bezug, die vor dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens stattgefunden haben. Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf stellen sich nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.
In diesem Vorbringen könnte auch kein "glaubhafter Kern" erblickt werden, dem Asylrelevanz zukommen könnte. Schon im rechtskräftigen ersten Asylverfahren wurden die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers als unglaubhaft gewertet. Insofern erscheint die im zweiten Verfahren behauptete neuerliche Suche durch die Polizei schon unter diesem Gesichtspunkt als nicht glaubwürdig, stützt sie sich auf die Fluchtgründe des ersten Asylverfahrens.
Was das Vorbringen in der Beschwerde, wonach nach der Erlassung des ersten Asylbescheides Wahlen in Indien stattgefunden haben und der Beschwerdeführer nunmehr auch aus politischen Gründen in Indien verfolgt werde, betrifft, ist festzustellen, dass auch in diesem Vorbringen aufgrund unglaubhafter Steigerung der Fluchtgründe und mangels jeglicher Substanz und Plausibilität kein "glaubhafter Kern" erblickt werden kann, dem Asylrelevanz zukommen könnte. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass neue Gründe zur Begründung des Begehrens auf neuerliche Entscheidung in der Beschwerde nicht erstmalig geltend gemacht werden können.
Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine Situation in Indien bezogen auf den Gesamtstaat in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht entscheidungswesentlich geändert hat, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage versichert hat - und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.
Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylG war in diesem Fall durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.