TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/07 E12 401301-1/2008

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Veröffentlicht am 07.10.2008
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Spruch

E12 401.301-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Vorsitzende und den Richter Dr. Markus STEININGER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mittermayr über die Beschwerde des G.B., geb. 00.00.1972, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.08.2008, FZ. 08 02.845-BAG, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idgF als unbegründet a b g e w i e s e n.

Text

BEGRÜNDUNG:

 

I VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT:

 

Der Beschwerdeführer (folgend kurz: BF; vormals: Berufungswerber), seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger der Türkei, der Volksgruppe der Kurden angehörig, stellte am 27.03.2008 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am 27.03.2008 (AS 13ff) erstbefragt und am 26.05.2008 (AS 89 ff) von einem Organwalter der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Der Ladung zur zweiten Einvernahme am 07.08.2008 kam der BF zwar nach, verweigerte jedoch die Einvernahme mit der Begründung, nicht türkisch sprechen zu wollen. Der Verlauf der Erstbefragung und der Einvernahme, sowie ein Aktenvermerk über die versuchte zweite Einvernahme (AS 121), sind im angefochtenen Bescheid vollständig wiedergegeben, weshalb hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen seines Herkunftsstaates brachte er im Rahmen der Asylantragstellung im Wesentlichen vor, dass sein Leben in der Türkei nicht sicher gewesen wäre. Er sei Kurde und wolle frei leben. Er sei nie im Gefängnis gewesen, jedoch festgenommen worden. Die Türken hätten gewollt, dass er für den türkischen Staat als Spion arbeite. Dies habe er abgelehnt.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 18.08.2008, Zahl: 08 02.845-BAG, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Das BAA führte mit umfangreicher Begründung im Wesentlichen aus, dass der BF eine Verfolgung im Sinne der GFK nicht glaubhaft machen konnte. Die Ausführungen zum Fluchtgrund waren widersprüchlich und konnten durch keinerlei Beweismittel gestützt werden. Weiters waren die Ausführungen nicht schlüssig und stellte die Verweigerung der Aussage ein mangelndes Interesse am Ausgang des Asylverfahrens dar.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Telefax vom 27.08.2008 innerhalb offener Frist Berufung (nunmehr: Beschwerde) erhoben. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

In der Beschwerde wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen das Vorbringen in dessen wesentlichen Teilen wiederholt und das erstinstanzliche Verfahren moniert. Ein Verfahrensmangel liege dahingehend vor, dass bei der zweiten Einvernahme ein Dolmetsch türkischer Abstammung beigegeben worden sei, welcher die Einvernahme auf türkisch habe durchführen wollen, was ihm jedoch nicht recht gewesen sei. Der Grund liege darin, dass er in der Türkei als Kurde unterdrückt worden sei und es absurd sei, von ihm zu verlangen, die Einvernahme mit einem Dolmetsch türkischer Herkunft durchzuführen. Er könne sich nicht sicher sein, ob der Dolmetscher jedes Wort genau übersetzen würde, dies sei somit ein Grund gewesen, die Unbefangenheit des Dolmetschers in Frage zu stellen.

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges bzw. des Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Maßgeblicher Sachverhalt:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Die Identität des BF konnte mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht festgestellt werden. Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist jedoch davon auszugehen, dass der BF türkischer Staatsangehöriger ist und der kurdischen Volksgruppe angehört, wovon auch das BAA ausgeht. Er reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in Österreich ein und brachte am 27.03.2008 den Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Laut eigenen Angaben hat der BF keine Angehörigen in Österreich. Familiäre Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen durch die Eltern und acht Geschwister.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF asylrelevanten Übergriffen im Herkunftsland ausgesetzt war. Insbesondere konnten keinerlei Fluchtgründe im Sinne des § 3 Asylgesetz 2005 bzw. Art. I Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht werden.

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe, in der Türkei einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr in die Türkei in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

 

Die BF leidet unter keiner Erkrankung, die ein Abschiebehindernis iSv Artikel 3 EMRK darstellen würde.

 

Zur Zuständigkeit des Asylgerichtshofes:

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I 1/1930 idF 2/2008 lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Im gegenständlichen Fall hat daher im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung zu gelangen.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu Ende zu führen ist.

 

Beweiswürdigung:

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten mit der Einschränkung an, dass aus der Aktenlage nach Ansicht des AsylGH nicht hervorgeht, dass der BF jemals eine Einvernahme in englischer Sprache gewünscht hätte.

 

Im gegenständlichen Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass sich das Vorbringen des BF vor dem Hintergrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens als unglaubwürdig erwies.

 

Das Bundesasylamt hat ein mit oben angeführter Ausnahme mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden. Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Berufungsbescheides (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Sofern in der Beschwerde seitens des BF das Ermittlungsverfahren des BAA moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt, mit dortiger Ausnahme, das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt auszugehen.

 

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde einen Verfahrensmangel dahingehend vorbringt, dass bei seiner zweiten Einvernahme ein Dolmetsch türkischer Abstammung beigegeben worden sei, welcher die Einvernahme auf türkisch habe durchführen wollen und es in Bezug auf sein Fluchtvorbringen absurd sei, von ihm zu verlangen, die Einvernahme mit einem Dolmetsch türkischer Herkunft durchzuführen, da er nicht sicher sein könne, ob der Dolmetsch jedes Wort genau übersetzen würde und somit die Unbefangenheit des Dolmetsch in Frage zu stellen gewesen sei, wird festgestellt, dass laut Aktenvermerk seitens der belangten Behörde vom 07.08.2008 (AS 121) der BF bei seiner Einvernahme am 26.05.2008 angab, seine Muttersprache sei kurdisch, er spreche auch türkisch und englisch, wolle jedoch aufgrund seiner Probleme mit den Türken nicht türkisch sprechen. Da es in Graz keinen geeigneten Dolmetsch für die kurdische Sprache gibt, wurde eine gerichtlich beeidete Dolmetscherin für die türkische Sprache und Dolmetscherin für die englische Sprache, Frau N.R., welche jahrelang für das BAA Graz, sowie bei Gericht und der Polizei tätig ist, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und ursprünglich aus Zypern stammt, zur Einvernahme bestellt. Trotz des Beherrschens der türkischen Sprache und der Feststellung der Dolmetscherin, dass sie den BF einwandfrei verstehe und es keine Verständigungsschwierigkeiten gebe, verweigerte der BF die Einvernahme in der türkischen Sprache. Auch verweigerte dieser eine Einvernahme in englischer Sprache. Begründend führte der BF aus, er wolle einfach einen Nichttürken haben. Daraufhin wurde dem BF seitens des Organwalters der belangten Behörde mitgeteilt, dass es sich bei der anwesenden Dolmetscherin um keine türkische Staatsangehörige handeln würde und verweigerte der BF daraufhin trotzdem die Einvernahme in türkisch als auch in englisch. Auch nachdem der BF über die Folgen der Verweigerung und die nunmehrige Entscheidung aufgrund der Aktenlage belehrt wurde, blieb dieser bei seinen Angaben und der Verweigerung der Dolmetscherin, weshalb den oben angeführten Beschwerdeangaben und den Beschwerdeangaben, es sei ihm eine türkische Dolmetscherin zur Verfügung gestellt worden, es wäre zu hinterfragen gewesen, ob diese aus dem Norden Zyperns komme, die belangte Behörde hätte versuchen können, ihn über die Herkunft der Dolmetscherin aufzuklären, da er statt dessen einfach nach Hause geschickt worden sei und ihm sein Recht auf Parteiengehör verwehrt worden sei, nicht gefolgt wird. Lediglich aus diesen Behauptungen kann keinesfalls abgeleitet werden, dass die am 07.08.2008 eingesetzte Dolmetscherin in irgendeiner Form befangen gewesen wäre und wurden seitens des BF auch keine denkmöglichen Tatsachen für eine Befangenheit vorgebracht. Unabhängig von der Unterlassung der Mitwirkungspflicht seitens des BF wird der Vollständigkeit halber festgestellt, dass, selbst bei Annahme einer Verletzung des Parteiengehörs dieser die Gelegenheit hatte, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen. Deshalb wäre sogar im Falle der Verletzung des Parteiengehörs davon auszugehen, dass diese durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen wäre (vgl. für viele: VwGH vom 11.9.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.2.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.2.2002, 98/21/0299).

 

Zur Beschwerdeangabe, ein angeblicher Widerspruch zwischen der Einvernahme am 27.03.2008, als er gesagt habe dass er nur einmal anlässlich einer Demonstration festgenommen worden sei und der Einvernahme am 26.05.2008, wo er gesagt habe, dass er ein paar Mal festgenommen worden sei, habe sich nur deshalb ergeben, da er bei der ersten Einvernahme nur von einem Vorfall habe erzählen dürfen, wird festgestellt, dass der BF bei der Befragung am 27.03.2008 nach dem Grund des Verlassens seines Landes befragt wurde (AS 19). Nachdem dieser ausführte, dass das Leben als Kurde mit den Türken unerträglich sei und es auch mit den türkischen Behörden Probleme gebe, wurde er gefragt, ob er jemals misshandelt worden sei. Daraufhin gab dieser an, er sei 1 Mal bei einer Demonstration festgenommen worden. Seither sei er ständig unter Kontrolle bzw. Aufsicht gestanden. Auf Nachfrage, wie lange er festgenommen gewesen sei bzw. bei welcher Polizei, gab der BF an, 6 oder 7 Tage lang in N.. Somit kann dieser Beschwerdeangabe in keinster Weise gefolgt werden, da sich aus der Niederschrift vom 27.03.2008 nicht ergibt, dass der BF nur einen Vorfall habe erzählen dürfen. Vielmehr ist er nach dem Grund für das Verlassen seines Landes gefragt worden und wurde nach dem Vorbringen von Problemen mit Türken und türkischen Behörden nachgefragt, ob er jemals misshandelt worden sei und wurde in weiterer Folge nach der seitens des BF von sich aus lediglich behaupteten einmaligen Festnahme sogar weiter nachgefragt, wie lange er festgenommen worden sei und von welcher Polizei und konnte er auch diesbezüglich noch Ausführungen tätigen. Deshalb geht aus der Aktenlage eindeutig hervor, dass der BF sehr wohl die Möglichkeit hatte, ganz konkret sein Fluchtvorbringen darzulegen.

 

Zur Beschwerdeangabe, es sei schlicht und einfach falsch, dass er sich geweigert habe an seinem Verfahren mitzuwirken, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihrer Pflicht gemäß § 28 AsylG nachzukommen, wird festgestellt, dass nach Ansicht des erkennenden Gerichts das Bundesasylamt richtigerweise davon ausgegangen ist, dass der BF seine Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzt hat. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen und diese zum Inhalt gegenständlichen Bescheides erhoben. Weiters wird festgestellt, dass gemäß § 18 Abs. 2 AsylG im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen ist und kann auch vor diesem Hintergrund der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht entgegen getreten werden. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtssprechung zu den asylrechtlichen Vorschriften davon aus, dass die mangelnde Mitwirkung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist (VwGH, 23.5.1990, 89/01/0392).

 

Sofern in der Beschwerde zu den Länderfeststellungen ganz allgemein ausgeführt wird, dass Kurden in der Türkei unterdrückt würden bzw. Parteimitglieder der "HAK-PAR" wegen des Gebrauchs der kurdischen Sprache verurteilt worden wären, auf die Rechtsanwältin Eren Keskin verwiesen wird, welche wegen der Verwendung des Begriffs Kurdistan verurteilt worden sei und ersichtlich sei, dass die Verwendung der kurdischen Sprache und allem Anderen was mit der ethnischen Gruppe der Kurden zu tun habe, verboten sei, wird festgestellt, dass diese Behauptungen lediglich ganz allgemein in den Raum gestellt werden und in keinster Weise in diesen Angaben substantiiert dargetan wird, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für den BF ergeben soll. Der AsylGH ist vielmehr der Ansicht, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313, ebenso 30.8.2007, 2006/19/0554-7).

 

Auch das in der Beschwerde zitierte Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29.05.2005, wonach Kurden, welche in die Türkei zurückkehrten und landesweit gesucht wurden, einer politisch asylrelevanten Verfolgung in Gestalt von Misshandlungen in Polizeigewahrsam ausgesetzt sind, geht ins Leere, da im gegenständlichen Fall zu Recht festgestellt wurde, dass dem BF keine Verfolgung in der Türkei droht und somit nicht von einer landesweiten Suche auszugehen ist.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich festzustellen, dass die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft wird, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in die Türkei auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. I Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ( GFK) droht.

 

Flüchtling nach der GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Für die Glaubhaftmachung der Gründe für eine gesetzmäßige Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK reicht im Gegensatz zu einer Beweisführung der Nachweis der Wahrscheinlichkeit aus.

 

Dieser Nachweis der Wahrscheinlichkeit ist dem BF aber nicht gelungen. Da somit ein Fluchtgrund vom BF nicht glaubhaft gemacht werden konnte, war der Status des Asylberechtigten nicht zuzuerkennen. Aus dem Vorbringen des BF konnte bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen auch kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser in der Türkei mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden, maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Als soziales Auffangnetz stehen überdies die in der Türkei lebenden Familienangehörigen (Eltern, Geschwister) zur Verfügung. Beim BF handelt es sich um einen 36-jährigen, gesunden Mann, der in der Lage ist, in seiner Heimat einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Es kam im gesamten Verfahren kein Sachverhalt hervor, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort einer Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Bei Setzung einer solchen aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Es bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in die Türkei auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen der mündlichen Verhandlung auf die 1. und ergänzend auch auf die 2. Fallvariante gestützt werden. Der Sachverhalt konnte aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

 

Im konkreten Fall wurde im Rahmen der Erwägungen auch dargestellt, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen für den erkennenden Asylgerichtshof zweifelsfrei ergab, dass das Vorbringen im dargestellten Ausmaß nicht den Tatsachen entspricht. Wenn die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass aus der Beschwerdeschrift nicht ersichtlich ist, welcher aufklärungsbedürftige Sachverhalt von der Durchführung einer Verhandlung umfasst sein soll. Auch ergibt sich ein solcher aufklärungsbedürftiger Sachverhalt bei Berücksichtung sämtlicher bekannter Tatsachen auch nicht aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Es konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Lebensgrundlage, non refoulement, soziale Verhältnisse, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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