TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/07 A9 253064-0/2008

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Veröffentlicht am 07.10.2008
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Spruch

A9 253.064-0/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Vorsitzende und den Richter Dr. Pipal als Beisitzer über die Beschwerde von O.O.P., geb. 00.00.1979, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.09.2004, GZ. 04 16.373-EAST Ost, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:

 

"Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 wird OO.O.P. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Die Beschwerdeführerin brachte nach ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.08.2004 den gegenständlichen Asylantrag ein.

 

Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 23.08.2004 gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen folgendes an (Seite 27-33 des erstinstanzlichen Aktes):

 

"Frage: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

 

Antwort: Ich bin Nigerianerin.

 

Frage: Welcher Religionszugehörigkeit gehören Sie an?

 

Antwort: Penticostal.

 

Frage: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

 

Antwort: Ibo.

 

Frage: Welche Barmittel haben Sie?

 

Antwort: 150 Naira.

 

Frage: Sind Sie vorbestraft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wurden Sie jemals von Behörden in Ihrem Heimatland erkennungsdienstlich behandelt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals im Gefängnis?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer politischen Partei an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten Gruppierung an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Nennen Sie uns bitte alle Gründe warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

 

Antwort: In meiner Region wo ich wohnte gibt es einen Ibo-Brauch, einige Menschen werden als Aussätzige behandelt. Man spricht mit Ihnen nicht und sie können andere aus dem Dorf nicht heiraten. Ich war Mitglieder NIFES (Nigerian Fellowship of evangelist students). Ich bin gegen diesen Brauch. Als ich und meine Freunde mit den Bewohnern meines Dorfes M. sprachen waren Sie immer verärgert über unsere Bemühungen, diesen Brauch abzuschaffen. Ein anderes Problem in unserer Gesellschaft ist die Beschneidung der Frauen. Auch diesbezüglich sprach ich mit den Frauen, ich bin gleichzeitig Mitglied der Menschrechtsorganisation CLO (Civic Liberties Organisation). Die Bevölkerung war sehr böse auf mich, weil ich mich gegen die Traditionen stelle, noch dazu weil ich eine Frau bin. Ich lebte auch in einem Dorf in der Nähe von Port Hacourt. Im vergangenen Jahr fanden Wahlen statt. Es war im Mai, wir waren mit dem Ausgang der Wahl nicht glücklich. Aber wir nahmen den Ausgang der Wahl einfach zur Kenntnis. Wir hatten auch Veranstaltungen organisiert um über Frauenrechte zu sprechen. Das war in der Ortschaft O., in der Nähe von Port Hacourt. Ich wollte die Frauen überzeugen, dass wir für unsere Rechte kämpfen sollten, dass Öl wird nämlich in unserer Gegend gefördert, ich sagte, dass wir der Regierung nicht erlauben sollten unser Öl für ihre Zwecke zu missbrauchen. Wir organisierten eine Demonstration, es kam zu Krawallen, die Polizei schritt ein und wir mussten davonlaufen.

 

Frage: Wann fanden diese Ausschreitungen statt?

 

Antwort: Am 00.00.2004.

 

Frage: Setzen Sie fort.

 

Antwort: Das war alles was ich zu sagen habe.

 

Frage: Wie lange sind Sie diesen Tätigkeiten nachgegangen?

 

Antwort: ca. sieben Jahre

 

Frage: War dies der erste Vorfall, der Sie zur Flucht bewegte?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Hab ich richtig verstanden dass Sie sich in Ihrem Dorf für die Rechte der Frauen einsetzten und im Dorf in der Nähe von Port Harcourt für die richtige Verwendung des Erdöls stark machten?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Wie viele Einwohner hat Ihr Dorf?

 

Antwort: Ca. 5000.

 

Frage: Vor wem konkret flüchten Sie nun?

 

Antwort: Ich habe Angst vor den Behörden sowie vor der Bevölkerung meines Dorfes und vor den anderen.

 

Frage: Was befürchten Sie vor den Behörden Ihres Heimatlandes?

 

Antwort: Sie könnten mich einsperren.

 

Frage: Am 00.00.2004 war angeblich die Demonstration. Am 22.07.2004 haben Sie dass Land verlassen. Wie konnten Sie so schnell Ihre Ausreise organisieren?

 

Antwort: Einige Frauen haben mir geholfen.

 

Frage: Wer hat Ihre Ausreise finanziert?

 

Antwort: Das weiß ich nicht genau, ein gewisser Mister "P."

 

Frage: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie jemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär Ihres Heimatlandes gehabt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie sonst Probleme in Ihrem Heimatland?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum haben Sie sich nicht in einen anderen Landesteil Ihres Heimatlandes niedergelassen.

 

Antwort: Ich wäre wo anders in Nigeria nicht sicher gewesen. Ich habe Familienangehörige in Lagos.

 

Frage: Wie viele Einwohner hat Nigeria?

 

Antwort: Mehr als 100 Mio.

 

Frage: Wie viele Polizisten gibt es in Nigeria?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Wenn Sie nichts getan haben, Sie auch nicht gesucht werden, warum flüchten Sie vor der Polizei?

 

Antwort: Wissen Sie, unser System ist dermaßen schlecht, dass man der Polizei nicht trauen kann.

 

Frage: Wie viele Einwohner hat z.B. Lagos Stadt?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Werden Sie offiziell gesucht, gibt es einen Haftbefehl?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Nigeria hat ca. 133 Mio. Einwohner, es gibt keine Meldesystem, sie werden nicht gesucht und gegen Sie besteht auch kein Haftbefehl. Warum haben Sie sich nicht in einem anderen Landesteil von Nigeria niedergelassen?

 

Antwort: Als ich das Schiff bestieg wusste ich gar nicht, dass ich nach Europa komme. Ich hätte in den Norden gehen können, dort gibt es aber andere Probleme.

 

Frage: Kennen Sie die Stadt Ogshogbo? Gibt es dort Probleme?

 

Antwort: Ja. Dort gibt es eigentlich keine Probleme.

 

Frage: Fühlen Sie sich gegenüber anderen Mitglieder ihrer Volksgruppe benachteiligt?

 

Antwort: Wenn man Traditionen kritisiert, bekommt man Probleme.

 

Frage: Erwarten Sie irgendwelche Probleme im Falle Ihrer Rückkehr?

 

Antwort: Ich habe Angst, weil es hier um mein Leben geht.

 

Frage: Wie weiß z.B. die Polizei in Lagos, wenn Sie nicht gesucht werden, dass Sie in einem kleinen Dorf in der Nähe von Port Harcourt, eine Demonstration mitorganisiert haben?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Wenn Sie nicht wissen, wie man Sie zB. in Lagos finden kann, warum sind Sie nicht nach Lagos Stadt gegangen?

 

Antwort: Ich vertraue den heimischen Behörden einfach nicht.

 

Anmerkung: Die Frage wurde dreimal wiederholt. AW wirkt gelangweilt und abwesend. AW wird vom Referenten aufgefordert an der Befragung mitzuwirken.

 

Frage: Wollen sonst noch irgendwelche Angaben tätigen?

 

Antwort: Wenn ich jetzt zurückgehe wäre es gefährlich für mich. Wenn ich aber im Dezember dieses Jahres zurückgehe nach Nigeria, dann gibt es keine Probleme mehr für mich."

 

In ihrer Einvernahme vom 25.08.2004 brachte sie - sachverhaltsbezogen - ergänzend folgendes vor (Seite 45 des erstinstanzlichen Aktes):

 

"Frage: Sie haben gesagt, dass Sie eigentlich nur bis Dezember nicht nach Nigeria gehen können. Was ändert sich mit Dezember an Ihrer Situation in Nigeria?

 

Antwort: Im Dezember wird Weihnachten gefeiert und die Menschen in meiner Heimat sind generell nicht so aggressiv. Deswegen habe ich das gesagt.

 

Frage: Gibt es gesundheitliche Probleme

 

Antwort: Nein, ich war nur im Krankenhaus, weil der Verdacht bestand, dass ich TBC habe. Ich bin aber völlig gesund."

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen, II. festgestellt, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei und sie III. gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

II. Der Asylgerichtshof führte am 07.10.2008 eine mündliche

Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin unter Beiziehung

eines Dolmetschers für die englische Sprache einvernommen wurde. Der

genaue Verhandlungsverlauf ist der Verhandlungsniederschrift (OZ 3)

zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin wiederholte im Wesentlichen

ohne Abweichungen die schon in der erstinstanzlichen Einvernahme

dargelegten Fluchtgründe und beantwortete die Fragen nach ihrer

aktuellen Rückkehrgefährdung sowie zu allfälligen

Ausweisungshindernissen folgendermaßen ("VR"= vorsitzende Richterin,

"BF" = Beschwerdeführerin):

 

"VR: Sie haben auch ausgeführt, dass Sie für den Fall der Rückkehr im Dezember 2004 nicht mehr gefährdet wären (Seite 31 unten und 45 oben)!

 

BF: Ja, ich habe gesagt, dass das Problem während der Weihnachtszeit möglicherweise nicht so akut sein würde.

 

VR: Was würden Sie im Falle einer aktuellen Rückkehr fürchten müssen, es sind inzwischen vier Jahre vergangen?

 

BF: Da ich selbst zuletzt nicht in Nigeria war, weiß ich nicht, was dort im Moment vor sich geht oder möglicherweise noch passieren wird.

 

VR: Was konkret würde Ihnen nach Ihrer Ansicht passieren?

 

BF: Ich persönlich habe Angst davor, dass die Gesellschaft in Nigeria überhaupt nicht sicher ist und zu jedem Zeitpunkt alles mögliche geschehen kann.

 

VR: Ist diese Demonstration der einzige Grund für Ihre Flucht oder hat es auch andere Gründe gegeben?

 

BF: Ja, das war der Hauptgrund warum ich weggegangen bin.

 

VR: In der Erstinstanz haben Sie noch andere Gründe genannt, wollen Sie diese aufrecht halten?

 

BF: Ja.

 

VR: Bitte führen Sie die Gründe näher aus!

 

BF: Ich war Mitglied einer Organisation in unserem Dorf namens NIFES. Bei uns in den Dörfern gibt es nämlich noch immer ein System, wo bestimmte Personen als Geächtete gelten. Wir nennen diese Personen Osu. Unsere Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Angelegenheit mit den Bewohnern unseres Dorfes zu besprechen, diese Gespräche waren aber nicht angenehm. Denn es handelt sich um eine alte Tradition, die besagt, dass Osus keine Personen heiraten dürfen, die nicht selbst auch geächtet sind. Wir haben gesagt, dass wir jetzt das Christentum in unserem Dorf eingeführt haben und diese alte Form der Ächtung abschaffen sollten, das war ein weiteres Problem. Osus sind Leute, deren Vorväter zu den Göttern gegangen sind. Deshalb dürfen Osus nicht andere Bewohner des Dorfes heiraten.

 

VR: In wie fern droht Ihnen aus dieser Tätigkeit eine Gefahr?

 

BF: Es gibt so viele Leute im Dorf, welche die alte Tradition vertreten. Wenn man diese kritisiert, bekommt man selbst Probleme, sobald sich eine Gruppe im Dorf findet, die beschließt, dass jemand nicht mehr ins Dorf zurück darf, kann diese Person nie wieder ins Dorf zurückkehren. Das passiert immer wieder.

 

VR: Sind Sie geächtet worden von Ihrem Dorf?

 

BF: Nein, das nicht, aber man war nicht gerade froh über meine Aktivitäten.

 

VR: Sie sind aber in Imo-State und in Lagos in die Schule gegangen, Sie haben dort auch andere Verwandte, sie könnten dort Aufenthalt nehmen!

 

BF: Ich wäre nirgendwo sicher gewesen, ich hatte Angst. Das Problem ist, dass nirgends Sicherheit garantiert ist.

 

VR: Was haben Sie seit Sie nach Österreich gekommen sind alles gemacht, haben Sie einen Beruf ausüben oder eine Ausbildung machen können oder haben Sie eine Familie gegründet? Gibt es bei Ihnen möglicherweise integrationsbegründende Umstände?

 

BF: Ich habe hier keine Familie. Ich muss noch ein Zeugnis vorlegen, damit ich an der Universität Wien meine Ausbildung fortsetzen kann. Ich habe eigentlich schon alle Zeugnisse vorgelegt, damit ich hier studieren kann.

 

VR: Wovon leben Sie?

 

BF: Ich bekomme eine monatliche Beihilfe von der Caritas und passe öfter auf die Kinder von Kirchenmitgliedern der afrikanischen Kirche auf, dadurch bekomme ich auch ein bisschen Unterstützung."

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin wird festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria, gehört der Volksgruppe der Ibo an, ihr Heimatdorf liegt im Imo State, sie besuchte nach der Grundschule Mittelschule und College in Lagos State und Imo State und arbeitete zwischen 2002 und 2004 als Lehrerin. Sie hat Verwandte in Nigeria, und zwar jedenfalls die Mutter und neun Geschwister in Lagos, Imo State und Abia State.

 

Die Beschwerdeführerin begab sich nach einer am 00.00.2004 abgehaltenen Demonstration gegen die Misswirtschaft im Ölfördersektor, bei der es - ohne ihr Zutun - zu Ausschreitungen (Sachbeschädigungen) kam, ins Ausland, da sie Sorge hatte, sie könnte als eine der Mitorganisatoren zur Verantwortung gezogen werden. Auch erachtet sie sich in ihrem Heimatort als angefeindet, weil sie sich im Rahmen einer christlichen Organisation wiederholt gegen Traditionen, die z.B. zur Ausgrenzung einzelner Dorfbewohner führen, engagiert hat.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten aktuell von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Es konnten auch keine konkreten Gründe festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Gefahr liefe, in Nigeria einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

1.2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z. B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu mittlerweile beendeten Unruhen, es herrscht kein Bürgerkriegszustand.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Staaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Grundsätzlich kann, insbesondere wegen des fehlenden Registrierungswesens, örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen hätten. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z. B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben, es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. Grundsätzlich besteht auch für wirtschaftlich und sozial schwache Frauen die Möglichkeit, im Falle einer Rückkehr eine - wenn auch auf niedrigem Niveau - wirtschaftliche Existenzgrundlage zu erwirtschaften.

 

2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin und zu ihren Fluchtgründen stützen sich auf ihre eigenen Angaben in den erstinstanzlichen Einvernahmen und der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof. Sie wirkte durchwegs persönlich aufrichtig. Die Feststellung einer mangelnden aktuellen Gefährdung im Falle einer heutigen Rückkehr gründet sich letztlich auf die eigene Einschätzung der Beschwerdeführerin: Zunächst meinte sie in den erstinstanzlichen Einvernahmen, bereits zu Weihnachten 2004, also etwa ein halbes Jahr nach der besagten Demonstration, hätte sich die Situation soweit beruhigt, dass sie wieder zurückkehren könnte. Vor dem Asylgerichtshof konnte sie keine ausreichend konkreten Gründe darlegen, inwiefern ihr aktuell tatsächlich Gefahr drohte: Weder der Umstand nämlich, dass "die Gesellschaft in Nigeria überhaupt nicht sicher" sei "und zu jedem Zeitpunkt alles mögliche geschehen" könne bzw. "dass nirgends Sicherheit garantiert" sei, noch jener, dass sich die Dorfbevölkerung über ihre traditionskritischen Aktivitäten "nicht gerade froh" zeigte, indizieren eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende - ausreichend intensive - Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführerin. Dass aber etwa nach der Beschwerdeführerin bundesweit gefahndet würde, hat sie nicht einmal behauptet.

 

2.2. Die Feststellungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria und der Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr auch als Frau ein wirtschaftliches Fortkommen - wenn auch möglicherweise auf niedrigem Niveau - hätte, stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007 sowie den Bericht von Dr. Peter Gottschligg vom 13.4.2007 zu den "Erwerbsmöglichkeiten wirtschaftlich und sozial schwacher Frauen in Nigeria".

 

.

 

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster und zweiter Satz AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Nach § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe näherer Bestimmungen weiterzuführen.

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 werden Verfahren über Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.

 

Da der im Berufungsfall zu prüfende Antrag nach dem 1. Mai 2004 (und vor dem 31.12.2005) gestellt wurde, wird das gegenständliche Berufungsverfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 129/2004 geführt.

 

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Asylgewährung):

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).

 

Nach den getroffenen Feststellungen ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, eine ihr konkret im Falle einer aktuellen Rückkehr drohende ausreichend intensive Gefährdung glaubhaft zu machen, zumal eine Bedrohung nach Ausschreitungen bei einer Demonstration 2004 - sofern die Bedrohung je tatsächlich bestanden haben sollte - jedenfalls in der Zwischenzeit nicht mehr vorliegt und die vorgebrachte "Anfeindung" durch die Dorfbevölkerung keine ausreichende Intensität aufweist, zumal die Beschwerdeführerin weder konkret bedroht noch geächtet wurde, sodass nicht einmal die Gefahr des Verlustes ihrer Existenzgrundlage im Heimatdorf drohte. Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin eine fundierte Ausbildung erhalten und bereits in mehreren Bundesstaaten gelebt hat, sodass sie sich selbst im Falle einer sich noch ergebenden Bedrohung jedenfalls in einem anderen Landesteil Nigerias, etwa in einer der großen Städte, auf zumutbare Weise niederlassen und auf diese Weise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Gefahr entziehen könnte. Sie hat zudem in mehreren Bundesstaaten nahe Verwandte.

 

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher der Erfolg versagt.

 

3. 3. Zu Spruchpunkt II. (Ausspruch über den subsidiären Schutz):

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Zur Auslegung des § 57 FrG ist im Wesentlichen weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer solchen Gefahr in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Zu diesem Punkt wird auf die getroffenen Feststellungen (Punkt III. 1.1.) verwiesen, wonach eine konkrete Bedrohung der Beschwerdeführerin nicht festgestellt wurde. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr auf exzeptionelle Umstände träfe, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortung liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, zumal sie an keiner schweren Krankheit leidet, eine überdurchschnittliche Ausbildung genossen hat und zudem nahe Angehörige in Nigeria hat. Dementsprechend liegt insgesamt gesehen keine der Beschwerdeführerin drohende Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG vor.

 

3. 4. Zu Spruchpunkt III. (Ausspruch über die Ausweisung):

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 31.07.2008, 265/07, Omoregie; 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 20.06.2008, 2008/01/0060; 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219; 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423;

Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194;

Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005³, S. 282ff).

 

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Nigeria allein angesichts ihres mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich einen Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellte. Denn selbst bei Bejahung dieser Frage führte eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 08.09.2000, 2000/19/0043), zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen überwiegen und dass dieser Eingriff in das Grundrecht notwendig und verhältnismäßig ist: Die Beschwerdeführerin lebte bis 2004 in Nigeria, reiste illegal in Österreich ein und stützte ihren Aufenthalt von Anfang an ausschließlich auf den vorliegenden Asylantrag. Der Beschwerdeführerin musste daher ihr bloß vorläufiger Aufenthaltsstatus klar gewesen sein. Es ist auch nicht erkennbar, dass in Ansehung der Beschwerdeführerin besondere integrationsbegründende Umstände vorlägen. Die von der Erstbehörde ausgesprochene Ausweisung als solche begegnet daher keinen Bedenken. Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war allerdings der seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2005, Zahl 2005/20/0108, ständigen Rechtsprechung folgend im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG dahin abzuändern, dass die Ausweisung zielstaatsbezogen ausgesprochen wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
aktuelle Gefahr, Ausweisung, Demonstration, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative, Lebensgrundlage, non refoulement, soziale Verhältnisse, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
02.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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