D3 266115-0/2008/8E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde der S.A. auch S., geb. 00.00.1968, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.10.2005, ZI. 04 16.494-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung 26.02.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und S.A. auch S. gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. 101/2003 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass S.A. auch S. damit Kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Beschwerdeführerin, eine armenische Staatsangehörige, gelangte am 16.08.2004 gemeinsam mit ihrem Ehegattin S.R. und den drei minderjährigen Kindern G., H. und M. unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag.
Am 18.08.2004 wurde die Antragstellerin nach Befragung zum Fluchtweg erstmals durch die Erstaufnahmestelle West zu ihren Fluchtgründen wie folgt befragt:
Frage: Schildern Sie bitte, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?
Antwort: Der Grund, warum ich mein Heimatland verlassen habe, ist mein Mann. Seit den Demonstrationen im April 2004 hat er Probleme gehabt. Er ist dann in zusammengeschlagenem Zustand mit Soldaten nachhause gekommen. Danach wurden wir bedroht, dass wir das Land verlassen sollen, sonst würde uns etwas passieren. Ich weiß nicht, wer der Anrufer war, er hat sich nicht vorgestellt. Nachdem Videokassetten von zuhause mitgenommen worden waren, vermute ich, dass dies damit zu tun hat. Mein Mann hat bei den Demonstrationen von den ganzen Ereignissen Videoaufnehmen gemacht. Ich nehme an, dass die Beamten der Meinung waren, dass mein Mann noch weitere Aufnahmen bei sich hat, weil eine Videokassette ihm während der Demonstration abgenommen wurde. Die Demonstration war 2004. Das Haus wurde am Morgen des 00.00.2004, gegen 06.00 Uhr von Soldaten durchsucht. Ich wurde von den Soldaten nicht bedroht oder verletzt, auch nicht die Kinder. Ich durfte aber nicht in die Nähe meines Mannes kommen, ich wurde immer abgestoßen. Ich durfte keine Fragen stellen, ich musste ruhig sein. Mein Mann hatte keine politischen Interessen, die Demonstrationen hatte er nur für private Zwecke aus Interesse gefilmt. Ich selbst habe keine konkreten Gründe für eine Flucht, ich will aber mit meinem Mann zusammen sein. Wegen seiner Probleme bin ich hierher gekommen, das gleich gilt auch für die Kinder. Wir haben aber sicher Angst, unsere Kinder könnten umgebracht werden.
Anschließend wurde der Antragstellerin sogleich mitgeteilt, dass ihr Asylverfahren zugelassen werde.
Am 19.07.2005 wurde die Antragstellerin - nach Befragung zum Fluchtweg - auf dem Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, wie folgt zu ihren Fluchtgründen einvernommen:
Angaben zum Fluchtgrund:
F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft?
A: Nein.
F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von der Polizei angehalten, festgenommen oder verhaftet?
A: Nein.
F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?
A: Nein.
F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?
A: Nein.
F: Was war der konkrete Grund, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?
A: Wie ich schon erzählt habe, hatte mein Gatte Probleme, weil er an Kundgebungen gegen die Regierung teilgenommen hat. Am 00.00.2004 kamen Polizisten mit meinem Mann nach Hause und durchsuchten die Wohnung. Sie nahmen Geld und Videokassetten mit. Am 00.00.2004 erhielt ich einen Anruf von einem unbekannten Mann, der nach meinem Mann verlangte. Mein Mann schlief und ich fragte, worum es gehen würde. Er sagte, dass er uns nur mitteilen wolle, dass unsere Familie bedroht ist und wenn wir können so sollen wir das Land bald verlassen. Das erzählte ich meinem Mann und wir gingen noch am selben Tag zum Onkel meines Gatten. Dort blieben wir bis zur Ausreise.
F: Ist sonst noch etwas vorgefallen?
A: 2 oder drei Tage nach der Durchsuchung kam ein Polizist noch einmal zu uns und brachte die Videokassetten zurück. Wir mussten die Rückgabe bestätigen. Nachdem wir unterschrieben hatten, schob er eine Kassette in den Videorecorder. Auf der Kassette war eine Kundgebung zu sehen. Er hielt meinem Mann vor, dass er behauptet hätte, dass er keine Kundgebungen aufgezeichnet hätte. Er ließ uns eine Nichtausreiseerklärung unterschreiben und sagte, dass mein Mann auch noch weitere Kassetten haben müsse, wenn er auch diese Kassette hätte. Mein Mann entgegnete, dass die Kassette zwar ihm gehöre, aber die Aufzeichnung der Kundgebung nicht von ihm wäre. Der Beamte hielt ihm vor, dass er ihm nicht glauben würde und dass er bis zum Monatsende Zeit hätte, die Kassetten bei der Polizei abzugeben. Dann ging der Beamte weg.
F: Haben Sie zum Fluchtgrund sonst noch etwas zu sagen?
A: Nein.
F: Kann man abschließend sagen, dass Sie nur wegen Ihres Gatten ausgereist sind und selbst keine Probleme in der Heimat hatten?
A: Ja, so ist es.
F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?
A: Mein Mann wurde von der Polizei verprügelt. Ich habe Angst vor den Polizisten, die Drohungen ausgesprochen haben. Es waren keine konkreten Drohungen gegen mich persönlich, sondern allgemeine Drohungen. Ich weiß nicht, was mir bei einer Rückkehr in die Heimat passieren könnte.
F: Gab es irgendwelche Vorfälle Ihre Kinder betreffend?
A: Nein.
F: Haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?
A: Nein. Meine Kinder und ich sind nur wegen meines Mannes ausgereist.
F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?
A: Nein.
F: Wovon leben Sie in Österreich?
A: Wir werden vom Land durch die Grundversorgung unterstützt.
F: Haben Sie irgendwelche nahen Bindungen zu Österreich?
A: Nein.
F: Haben Sie nahe Verwandte oder Familienangehörige in Österreich?
A: Ja, meine Schwester und mein Bruder sind als Asylwerber hier in Österreich.
F: Wann und von wem haben Sie die beglaubigte Übersetzung der Arbeitsbücher Ihres Gatten erhalten?
A: Mein Vater hat die Bücher zu einem Freund gebracht und der hat die beglaubigten Übersetzungen besorgt. Dann hat mir mein Vater die Übersetzungen per Post nach Österreich geschickt. Wir wohnten damals in M. (phonetsich). Das war ca. 3 Monate nach unserer Ankunft in Österreich.
F: Warum sind diese Übersetzungen angekommen und die restlichen Urkunden, die sich Ihr Gatte schicken ließ verloren gegangen?
A: Das war eine Sendung, die per Post geschickt wurde. Die Dokumente wurden über eine Firma geschickt. Die sind zwar auch in Österreich angekommen, aber dann irgendwie verloren gegangen.
F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?
A: Nein, ich habe alles gesagt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.10.2005, ZI 04 16.494-BAI, wurde unter Spruchteil I der Asylantrag vom 16.08.2004 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ausgesprochen und unter Spruchteil III gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Antragstellerin aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
In der Begründung des Bescheides wurden zunächst die beiden - hinsichtlich der Angaben zu den Fluchtgründen - vollständig wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt, einschließlich jener Einvernahmensteile, welche sich auf den Fluchtweg bezogen. In der Folge wurden Feststellungen zu Armenien getroffen und auch die Quellen hiefür angeführt. Unter dem Punkt der Beweiswürdigung wurde zunächst festgehalten, dass die Antragstellerin zur Kernfamilie des S.R., sowie des S.G., H. und der M. gehöre. In der Folge wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass der Antragstellerin hinsichtlich ihrer Person mangels Vorlage eines Personaldokumentes nicht glaubwürdig sei, jedoch auf Grund ihrer Sprach- und sonstigen Kenntnisse von ihrer armenischen Staatsbürgerschaft und Zugehörigkeit zur armenischen Volksgruppe auszugehen sei. Die Angaben zum Fluchgrund - Ausreise auf Grund der Probleme ihres Gatten - seien denkmöglich.
In der rechtlichen Beurteilung wurde zunächst festgehalten, dass ein Familienverfahren nach § 10 AsylG vorliege und anschließend zu Spruchteil I. festgehalten, dass der vorgebrachte Sachverhalt in seiner Gesamtheit als nicht glaubhaft zu beurteilen gewesen sei und daher nicht als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 7 AsylG festgestellt werden könne. Für den hypothetischen Fall der Annahme, dass das Vorbringen der Antragstellerin den Tatsachen entsprechen würde, habe die von Unbekannten ausgehende Bedrohung nicht unter die Bestimmungen des GFK subsumiert werden können. Das Bundesasylamt sei daher nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht gelangt, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Antragstellerin im Herkunftsstaat Verfolgung drohe.
Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der Bezug habenden Rechtslage und Judikatur zunächst festgehalten, dass ein Bestehen einer Gefährdungssituation nach § 57 Abs. 2 FrG bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei und dass die Antragstellerin keine konkret auf sie bezogene Verfolgung oder Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK habe glaubhaft machen können. Ebensowenig sei allein aus der allgemeinen aktuellen Lage im Heimatland der Antragstellerin ein Umstand abzuleiten, der ein Hindernis für eine Abschiebung darstellen könnte. Es ergebe sich für die Antragstellerin gegenwärtig kein Abschiebungshindernis nach Armenien, weil eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage, in der die Antragstellerin im Falle ihrer Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde, nicht gegeben sei.
Zu Spruchteil III. wurde - ebenfalls nach Darlegung der Bezug habenden Rechtslage und Judikatur - festgehalten, dass kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege und der Aufenthalt des Gatten und der Kinder, sowie jener der Antragstellerin nur ein vorübergehender sei und die Ausweisung daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin Beschwerde. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass entgegen der Ansicht der Behörde ihr Vorbringen als glaubwürdig anzusehen sei, da sie ihr Vorbringen genügend substantiiert habe und über ihre Erlebnisse konkrete, detaillierte Angaben gemacht habe. Sie beantrage daher nicht nur eine mündliche Berufungsverhandlung zum Beweise ihrer Glaubwürdigkeit, sondern auch die Beiziehung eines Sachverständigen für Armenien, damit dieser die Gefahrensituation, in welcher sie sich befunden habe, darstelle. Auch ein Vorbringen zum Refoulement und zur Ausweisung wurde erstattet.
Die (damalige) Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, beraumte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 26.02.2008 an, zu der sich die Behörde erster Instanz entschuldigen ließ. Die Beschwerdeführerin erschien zu der mit den Verfahren ihrer Familie verbundenen Verhandlung in Begleitung ihrer (nunmehrigen) Rechtsvertreterin Maga Nadja LORENZ und brachte über Befragen durch den Verhandlungsleiter und ihre Vertreterin Folgendes vor:
VL: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BW2: Ich bin Armenierin. Ich gehöre der armenisch apostolischen Kirche an.
VL: Gehören auch Ihre Vorfahren zur armenischer Volksgruppe?
BW2: Ja.
VL: Wo sind Sie geboren?
BW2: In J..
VL: Wo haben Sie im Laufe Ihres Lebens gelebt? Geben Sie das bitte möglichst genau an.
BW2: Immer in J..
VL: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?
BW2: Ich habe 10 Klassen Mittelschule absolviert, dann 2 Jahre und 9 Monate die Fachschule für Chemie mit Abschluss besucht.
VL: Waren Sie selbst in Armenien berufstätig?
BW2: Zuerst arbeitete ich als technische Zeichnerin in einer Chemiefabrik. Ich war später in einer Personalabteilung in einem Speditionsunternehmen.
VL: Haben Sie sich in Armenien politisch betätigt?
BW2: Nein.
VL: Hatten Sie in Armenien selbst Probleme mit Behördenorganen oder Privatpersonen?
BW2: Nein.
VL: Hatten Sie wegen Ihres Mannes Probleme in Armenien?
BW2: Ich persönlich nicht.
VL: Können Sie die Vorfälle in Ihrer Wohnung nach der Demonstration 2004 näher schildern?
BW2: Am 00.00.2004 kam mein Mann in verprügeltem Zustand nach Hause. Danach entstanden Probleme wegen Kassetten, die mein Mann angeblich aufgenommen hatte. Es wurden von meinem Mann Videokassetten verlangt. Mein Mann sagte, dass er zu Hause keine anderen Kassetten hätte. Man sagte zu ihm, dass ihm eine Frist bis Ende des Monates eingeräumt werde, dass er die Kassetten, die er über Demonstration aufgenommen habe, übergebe. Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurden unsere privaten Videokassetten sichergestellt. Wir haben die Verpflichtung unterschrieben das Land nicht zu verlassen. Man sagte zu uns, dass sie wieder kommen werden.
Vorhalt: Ihr Mann hat angegeben, dass er bei einem zweiten Besuch von Polizisten aufgefordert worden sei, alle Videokassetten bis Ende des Monats der Polizei zu übergeben. Sie sprechen jetzt davon, dass dies bereits beim ersten Besuch der Polizisten, nach der Demonstration am 00.00.2004, verlangt worden sei.
BW2: Ja, sie kamen auch ein zweites Mal. Sie haben uns die Kassetten zurückgebracht und dann haben wir die Entgegennahme der Videokassetten bestätigt.
Vorhalt: Beim BAI am 19.07.2005 haben Sie einmal gesagt, Sie hätten eine Erklärung unterschrieben, dass Sie das Land verlassen, ein anderes Mal jedoch in derselben Einvernahme (so wie heute in der Berufungsverhandlung), dass Sie eine Erklärung unterschrieben haben, dass Sie das Land nicht verlassen sollen. Was stimmt jetzt?
BW2: Nein, wir haben unterschrieben, dass wir das Land nicht verlassen sollen. Das war ein Missverständnis.
VL: Wie ist der zweite Besuch der Polizisten in Ihrer Wohnung vor sich gegangen? Können sie das näher schildern?
BW2: Es wurden uns die Kassetten gebracht. Man fragte uns, ob die Kassetten uns gehören. Wir haben ja gesagt. Sie haben dann eine Kassette vorgespielt und auf der Kassette war eine Demonstration aufgenommen. Man hat uns vorgehalten, dass diese Aufnahmen von meinem Mann gemacht worden seien. Mein Mann sagte, er hätte keine Aufnahmen von Demonstrationen gemacht und warum auf der Kassette, die uns gehöre, eine Demonstration aufgenommen sei. Mein Mann antwortete, dass das nicht seine Aufnahme sei.
VL: Haben Sie oder Ihr Mann bestätigt, dass Sie die Kassetten wieder übernommen haben?
BW2: Wir haben beide unterschrieben.
VL: War die Kassette, die die Polizisten vorgespielt haben, unter den Kassetten, die Sie zurückerhalten haben?
BW2: Ja.
VL: Wurde diese Kassette dann von den Polizisten wieder mitgenommen oder in ihrer Wohnung gelassen?
BW2: Alle Kassetten, mit Ausnahme jener, die vorgespielt wurde, haben sie zurückgelassen. Jene, die vorgespielt wurde, haben sie mitgenommen.
VL: Was war der unmittelbare Anlass für ihre Ausreise?
BW2: Unsere Angst, dass unserem Leben Gefahr droht. Von uns wurde verlangt, was wir nicht geben können. Wir haben große Angst gehabt.
VL: Was konnten Sie nicht geben?
BW2: Von uns wurden Videoaufnahmen von Demonstrationen gegen die Regierung verlangt. Man behauptete, wenn mein Mann solche Aufnahmen einmal gemacht habe, dass er schon mehrere solche Aufnahmen gemacht habe. Er sollte solche Aufnahmen der Polizei geben.
VL: Haben Sie dafür eine Frist gesetzt bekommen?
BW2: Man sagte meinem Mann, dass er weitere Aufnahmen habe. Er habe Zeit bis Ende des Monats.
VL: Bei ihrer erstinstanzlichen Einvernahme, aber auch Ihr Mann in der Berufungsverhandlung, sprach von einem Anruf vom 00.00.2004, bei dem Sie zur Ausreise aufgefordert wurden. Können Sie dazu Näheres sagen?
BW2: Ja. Es kam ein Anruf, mein Mann war im Bett. Nach dem Vorfall ging es ihm nicht gut. Ich habe den Hörer abgehoben und habe am Telefon gesprochen. Der Anrufer sagte, dass unsere Familie, unserem Leben Gefahr droht und dass wir das Land, wenn wir die Möglichkeit dazu haben, verlassen sollten.
VL: Haben Sie irgendeinen Verdacht, wer der Anrufer gewesen sein könnte?
BW2: Nein, ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen.
VL: Haben Sie noch Familienangehörige in Armenien?
BW2: Ja.
VL: Haben Sie noch Kontakt mit Ihren Familienangehörigen?
BW2: Ja, aber nicht immer.
VL: Haben Sie von Ihren Familienangehörigen irgendetwas Ihre Person Betreffendes gehört?
BW2: Ich weiß, dass die Nachbarn mitgeteilt haben, dass nach uns gefragt wird.
VL: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie nach Armenien zurückkehren würden?
BW2: Ich habe Angst um meinen Mann und meine Kinder. Wir sind einfache Leute, wenn mit uns etwas passiert, wird keiner zur Verantwortung gezogen. Es wird sich keiner darum kümmern.
VL: Gibt es noch etwas was Ihnen zur Begründung Ihres Asylantrages wichtig erscheint und Sie noch nicht gesagt haben?
BW2: Ich kann nur sagen, ich habe 3 Kinder. Ich möchte Sie bitten, mir zu ermöglichen in Ruhe zu leben. Ich mache mir Sorgen um meine Kinder, wenn ich nach Armenien zurückkehren müsste. Ich bitte Sie uns zu ermöglichen, hier zu bleiben, damit meinen Kindern nichts zustößt.
Über Befragen durch die BWV:
BWV: In welchem Zustand war Ihr Mann, als die Polizisten das zweite Mal in die Wohnung gekommen sind?
BW2: Er war noch in Behandlung. Ihm ging es schlecht. Mein seelischer Zustand war auch schlecht. Ich hatte sogar Angst die Kinder in die Schule zu schicken.
BWV: Gehen die Kinder in Österreich in die Schule?
BW2: Die Kinder gehen in die Schule. Wir haben die Zeugnisse der Buben vergessen.
BW2 legt Zeugnis der Tochter vor.
BW2: Die Lehrerin ist mit der Tochter sehr zufrieden.
BWV: Wie schaut sonst Ihr soziales Umfeld aus? Haben sie österreichische Freunde?
BW2:Wir sind mit zwei österreichischen Familien befreundet. Wir haben uns in Österreich gut verhalten, alle sind mit uns zufrieden. Wir dürfen nicht arbeiten, aber wir machen soziale Arbeiten.
BWV: In welcher Form?
BW2: Ich arbeite in einem Kloster als Bügelhelferin und Reinigungsfrau.
Nach Befragung des Gatten der Beschwerdeführerin räumte der Verhandlungsleiter gemäß § 45 Abs. 3 AVG zu folgenden Dokumenten eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen ein:
Russland und GUS, Deutsche Welle
APA Meldung vom 00.00.2004
ACCORD Anfragebeantwortung vom 12.01.2006 betreffend die Partei HHK
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien des Deutschen Außenamtes vom 20.03.2007
Länderkundliche GA der Dr. T.S. vom 20.06.2007
Bericht zur Fact Finding Mission des BAA und UBAS vom 01.11.2007. Teil Armenien
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, betreffend die HHSCH vom 05.11.2007
Deutsche Welle Focus Ost-/Südosteuropa vom 21.02 2008, betreffend Präsidentenwahlen in Armenien
Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte nur die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin Gebrauch. Darin wurde - zusammenfassend - ausgeführt, dass die Grund- und Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit in Armenien keineswegs gewährleistet wäre und sogar Personen, denen eine oppositionelle politische Einstellung bloß unterstellt werde, systematisch verfolgt, kriminalisiert und ohne Rechtsgrundlage von der Polizei festgehalten würden, wobei sie Gefahr liefen, Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt zu sein.
Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter wie folgt festgestellt und erwogen:
Zur Person der Beschwerdeführerin wird Folgendes festgestellt:
Sie ist armenische Staatsbürgerin und gehört der armenisch-apostolischen Kirche an. Am 00.00.1968 wurde sie in J. geboren, wo sie auch Zeit ihres Lebens lebte. Nach 10 Jahren Mittelschule, schloss sie nach 2 Jahren und 9 Monaten eine Fachschule für Chemie ab. Sie arbeitete zunächst als technische Zeichnerin in einer Chemiefabrik und war später in der Personalabteilung einer Speditionsfirma beschäftigt. Im Gegensatz zu ihrem Gatten war sie selbst nicht aktiv politisch tätig.
Ihr Gatte filmte die Vorgänge (und auch die Gewaltanwendung durch die Polizei) im Zuge einer Demonstration 2004 welche in der Nähe des Parlamentsgebäudes stattfand und schließlich gewaltsam von der Polizei aufgelöst wurde. Nach seiner Festnahme und Misshandlung auf einem nahen Polizeirevier wurde er nach Hause gebracht. Anschließend fand bei der Beschwerdeführerin eine Hausdurchsuchung statt, wobei alle Videofilme ihres Gatten beschlagnahmt wurden. Zwei Tage später wurden dem Gatten der Beschwerdeführerin die Videokassetten gegen seine und die Unterschrift der Beschwerdeführerin wieder zurückgegeben, wobei ihrem Gatten jedoch eine Kassette, wo Demonstranten gefilmt wurden, unterschoben wurde. Dem Gatten der Beschwerdeführerin wurde eine Frist gesetzt, sämtliche Videoaufnahmen von Demonstrationen vorzulegen. Am 00.00.2004 wurde die Familie der Beschwerdeführerin von einem Unbekannten zur Ausreise aufgefordert. Daraufhin versteckte sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Gatten und den Kindern zunächst bei einem Onkel ihres Mannes und reiste am 30.04.2004 gemeinsam mit ihrer Familie aus Armenien aus. Sie gelangte am 16.08.2004 über die Ukraine gemeinsam mit ihren Angehörigen nach Österreich und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag.
Sie ist in Österreich weder polizeilich noch gerichtlich negativ in Erscheinung getreten. Vielmehr hilft sie in einem Kloster als Bügelhelferin und Reinigungsfrau.
Der Asylgerichtshof gab in seinem Erkenntnis vom 30.09.2008, Zahl D3 266126-0/2008/13E, der gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Gatten der Antragstellerin erhobenen Beschwerde gemäß § 7 AsylG statt und stellte gemäß § 12 AsylG fest, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Über die bereits im erstinstanzlichen im Akt enthaltenen länderspezifischen Feststellungen wird Folgendes verfahrensbezogen festgestellt:
2004 fand eine von mehreren oppositionellen Kräften veranstaltete Großkundgebung gegen den (damaligen) armenischen Präsidenten Robert KOTSCHARJAN statt, welche in den frühen Morgenstunden des 00.00.2004 von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurde, wobei mehrere Personen verletzt und zahlreiche Demonstranten verhaftet wurden. Die Kundgebung fand in der Nähe des Parlamentes und des Präsidentenpalastes in der jerewaner Innenstadt statt. Während einige prominente Oppositionspolitiker, welche im Zuge dieser Demonstration verhaftet wurden, nach einem Tag freigelassen wurden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob tatsächlich zwischenzeitig alle übrigen Verhafteten wieder freigelassen wurden.
Mitarbeiter der Polizei dürfen sich nicht an Demonstrationen beteiligen. Ab welchem Zeitpunkt nach Beendigung des Dienstverhältnisses zur Polizei ehemalige Polizeiangehörige Armenien verlassen dürfen, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
Die Haftbedingungen in armenischen Gefängnissen sind weiterhin kritikwürdig bzw. unterhalb des internationalen Standards. Misshandlungen von Haftinsassen, vor allem in Administrativ- und Polizeihaft, kommen immer wieder vor und werden häufig als Mittel gegen Oppositionelle eingesetzt. Auch besteht ein hohes Krankheitsrisiko (vor allem an Tuberkulose zu erkranken) und eine mangelhafte medizinische Versorgung in Gefängnissen.
Beweis wurde erhoben durch Einvernahme der Asylwerberin durch die Behörde erster Instanz am 18.08.2004 und am 19.07.2005, sowie durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 26.02.2008, sowie durch Vorhalt der oben näher bezeichneten länderkundlichen Dokumente.
Die Beweise werden wie folgt gewürdigt:
Die ergänzenden länderspezifischen Feststellungen, insbesondere zu den Demonstrationen 2004, sind den dem Parteiengehör unterzogenen Meldungen der offiziellen österreichischen Nachrichtenagentur APA, sowie der "Deutschen Welle" entnommen; die Ausführungen zur Situation in den Gefängnissen Armeniens beruhen auf einem in einem früheren Verfahren eingeholten Gutachten der länderkundlichen Sachverständigen Dr. T.S.. Die genannte Sachverständige wird regelmäßig von deutschen Verwaltungsgerichten und Gerichtshöfen und auch vom Unabhängigen Bundesasylsenat als Gutachterin für spezielle Fragenstellungen betreffend Armenien herangezogen und ist eine international höchst renommierte Expertin für Armenien. Sie ist seit Anfang der 80-Jahre wissenschaftlich tätig. Fr. Dr. T.S., arbeitet hauptsächlich am Osteuropainstitut der Freien Universität Berlin, Garystraße 55, D- 14195 Berlin. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht bzw. herausgegeben, darunter das im Münchner Verlag D. Beck erschienene Buch mit dem Titel "Annäherung an Armenien".
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV Blg Nr. XVIII GP; AB 328 Blg Nr XVIII GP] zu verweisen, welche auf Grund der diesbezüglichen Verwaltungsgerichtshof-Judikatur erarbeitet wurden):
Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkret und detaillierte Angaben über sein Erlebnis zu machen.
Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Vorraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).
Das Vorbringen der Asylwerberin ist durchaus substantiiert, konkret und detailliert, insbesondere konnte sie genaue und detaillierte Angaben über ihre Erlebnisse im Zuge der polizeilichen Suche nach ihrem Gatten, die letztlich in Verbindung mit den ihren Gatten betreffenden Vorfällen fluchtauslösend waren, machen. Auch das Bundesasylamt sah in der Flucht der Antragstellerin wegen der Verfolgung ihres Gatten kein unglaubwürdiges Vorbringen, sondern stellte vielmehr fest, dass dieses Vorbringen denkmöglich sei. Das Vorbringen war auch in sich nicht widersprüchlich. Eine kleinere Unstimmigkeit hinsichtlich des schriftlichen Versprechens Armenien nicht zu verlassen konnte die Beschwerdeführerin in der Verhandlung schlüssig aufklären. Schließlich war auch im Wesentlichen eine gute Übereinstimmung zwischen den Aussagen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten feststellbar.
Von einem Austauschen eines wesentlichen Vorbringens, der Steigerung des Vorbringens oder von einem mangelnden Interesse am Verfahrensablauf kann nicht gesprochen werden, vielmehr wurde die Beschwerdeführerin durch eine engagierte frei gewählte Rechtsanwältin vertreten und hat auch eine sehr fundierte Stellungnahme im abschließenden Parteiengehör der Berufungsinstanz erstattet. Auch als Person machte die Beschwerdeführerin, die auch in Österreich nie negativ in Erscheinung getreten ist, keinen unglaubwürdigen Eindruck.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Asylgerichtshof dem Vorbringen der Antragstellerin Glaubwürdigkeit zubilligt.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 sind Verfahren, welche am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und einem Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenats zugeteilt waren, welches als Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, von diesem als Einzelrichter weiterzuführen, soweit eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Da der gegenständliche Asylantrag am 16.08.2004 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des Asylgesetzes 1997 idF BGBI I 2003/101 (Asylgesetznovelle), woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt, zu beurteilen.
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling i.S.d. AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, (zB VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262).
Die der Berufungswerberin drohende Verfolgung steht im Zusammenhang mit der Verfolgung ihres Ehemannes wegen politischer Gesinnung und stellt über die soziale Gruppe der Familie auch für die Berufungswerberin eine Verbindung zu den in der GFK taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen her. Wenn es auch noch zu keinen konkreten Übergriffen gegenüber der Beschwerdeführerin gekommen ist, wurde diese, so wie ihr Gatte, bedroht. Es ist mit durchaus maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Berufungswerberin bei einer Rückkehr Eingriffen von hoher Intensität in ihre zu schützende Sphäre (Leben, Gesundheit, Freiheit) ausgesetzt wäre, zumal aus mehreren Gründen von einem weiterhin aktuellen Interesse der Polizei an der Betretung ihres Gatten auszugehen ist, wodurch auch Übergriffe auf die Beschwerdeführerin, um an diesen zu gelangen, nicht ausgeschlossen werden können.
Schließlich ist auch festzuhalten, dass dem Ehemann der Berufungswerberin mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.09.2008, D3 266126-0/2008/13E, Asyl gewährt wurde. Aufgrund des Vorliegens eines Familienverfahrens hat die Berufungswerberin gemäß § 10 Abs 5 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 den gleichen Schutzumfang zu erhalten.
Der Beschwerde war daher letztlich - unter Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro fugitivo - Folge zu geben und der Beschwerdeführerin Asyl zu gewähren.