D6 216271-3/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Einzelrichter über die Beschwerde des S. alias K. alias K. auch K. alias A. auch A. alias A.S. alias S. alias A. alias A., geb. 00.00.1977, StA.: Weißrussland/Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.09.2008, FZ. 08 07.634-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruchteil II. wie folgt zu lauten hat:
S. alias K. alias K. auch K. alias A. auch A. alias A.S. alias S. alias A. alias A. wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Weißrussland ausgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1 Der Beschwerdeführer stellte im Rahmen eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots am 13.08.1999 nach einer strafgerichtlichen Verurteilung in der Strafhaft unter dem Namen A.A., geb. 00.00.1974, als russischer Staatsangehöriger einen (ersten) Antrag auf Gewährung von Asyl. Er wurde am 26.8.1999 und am 28.10.1999 niederschriftlich einvernommen und begründete seinen Antrag im Wesentlichen damit, aus Tschetschenien zu stammen und keinen Militärdienst leisten zu wollen; auch werde er von Muslimen verfolgt, da er 1994 vor einer Diskothek wegen seiner Religionszugehörigkeit zusammengeschlagen worden sei.
Mit Bescheid vom 09.11.1999 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gem. § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes ab und erklärte zugleich die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gem. § 8 leg. cit. für zulässig. In der Begründung wies das Bundesasylamt darauf hin, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts vom 00.00.1999 wegen des Verbrechens des Bandendiebstahles und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten unbegründeten Gebrauchs von Fahrzeugen und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe (unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vier Monate) verurteilt worden und das Urteil in Rechtskraft erwachsen sei. Hinsichtlich seiner Refoulement-Entscheidung wies das Bundesasylamt darauf hin, dass die Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig seien. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
2. Am 17.01.2000 stellte der Beschwerdeführer (gemeinsam mit zwei weiteren russischen Asylwerbern) erneut einen Antrag auf Gewährung von Asyl, den er damit begründete, dass er wegen des Tschetschenien-Krieges, an dem er nicht teilnehmen wolle, nicht zurückkehren könne und er gemäß einer Information eines "SOS-Mitarbeiters" enthaftet würde, wenn er einen neuen Asylantrag stelle. Im Schriftsatz vom 19.01.2000, der vom Beschwerdeführer sowie den beiden anderen Antragstellern unterfertigt wurde, wurde ausgeführt, dass sich die Antragsteller "etwas antun" würden, wenn sie nicht "aufgenommen" werden.
Mit Bescheid vom 22.03.2000 wies das Bundesasylamt diesen Antrag wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurück. Die dagegen erhobene Berufung wies der Unabhängige Bundesasylsenat - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.11.2004 - mit Bescheid vom 08.11.2004 ab. Der Bescheid erwuchs mit 11.11.2004 in Rechtskraft. In der Verhandlung hatte der Beschwerdeführer behauptet, dass er K.S. heiße, Asyl "grundlos" beantragt habe und "das alles" nicht stimme, was er bisher gesagt habe. Er sei Weißrusse und im Alter von 4 Jahren nach dem Atomkraftwerksunfall in Tschernobyl 1986 von der Ukraine nach Weißrussland gezogen. Ferner bezeichnete er ein Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien an die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien vom 00.00.2004 zwecks Einvernahme des Beschwerdeführers als (auch in dieser Hinsicht) falsch, worin seine Staatsangehörigkeit als Ukrainisch aufgenommen worden war.
3. Am 29.10.2000 hatte der Beschwerdeführer unter dem Namen A.A., geboren am 00.00.1982, einen weiteren Asylantrag gestellt. Das diesbezügliche Verfahren war schließlich am 24.11.2000 mangels Feststellbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes gem. § 30 Abs. 1 AsylG 1997 eingestellt worden.
4. Am 26.03.2003 brachte der Beschwerdeführer unter dem Namen K.S., geboren am 00.00.1982, einen weiteren Asylantrag ein. Er sei weißrussischer Staatsangehöriger und aus seiner Heimat geflohen, weil er im Rahmen seines Militärdienstes Ende Mai 1997 (vom KGB) zusammen mit anderen Rekruten mit Militärkraftwägen zur Auflösung einer Demonstration in Minsk geschickt worden und in der Folge wegen der dortigen Tumulte desertiert sei, weshalb er im Falle seiner Rückkehr nach Weißrussland eine hohe Haftstrafe bzw. die Todesstrafe wegen Staatsverrates befürchte. Auch seine Mutter sei vom KGB nicht mehr in Ruhe gelassen worden, weshalb sie Ende 1999 bzw. Anfang 2000 in die Ukraine gezogen sei. Seine bis dahin falschen Angaben begründete der Beschwerdeführer mit seiner Angst vor der Abschiebung nach Weißrussland und der allfälligen Verfolgung durch die Militärpolizei, die ihn jedoch nach seiner Vollendung des 28. Lebensjahres nicht mehr suchen würde.
Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 16.11.2006 gem. § 7 AsylG 1997 ab und stellte die Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Weißrussland fest. Ferner wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Weißrussland ausgewiesen. In seiner Begründung stellte das Bundesasylamt die Nationalität des Beschwerdeführers als weißrussisch fest, erachtete die vorgebrachten Fluchtgründe jedoch als unglaubwürdig.
In der dagegen erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer seine Gefährdung in Weißrussland durch den KGB sowie seine Invalidität infolge einer in Österreich durchgeführten Operation. Der Unabhängige Bundesasylsenat wies diese Berufung mit Bescheid vom 27.03.2008 ab und schloss sich der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes an. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bein-, Hand- und Leberschmerzen verwies der Unabhängige Bundesasylsenat - unter Berufung auf die Judikatur des EGMR sowie die erstinstanzlichen Länderfeststellungen zur Versorgungslage in Weißrussland - auf die amtsärztliche Auskunft vom 15.11.2006, derzufolge eine Physiotherapie wünschenswert, aber nicht unbedingt notwendig sei.
5. Nach seiner Festnahme wegen illegalen Aufenthaltes stellte der Beschwerdeführer am 25.08.2008 in der Schubhaft (neuerlich) einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, S.S. zu heißen, am 00.00.1977 geboren und ukrainischer Staatsangehöriger zu sein. Am 25.08.2008 und 09.09.2008 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen.
Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte der Beschwerdeführer - zusammengefasst - aus, dass er in der Vergangenheit bei den von ihm angegebenen Fluchtgründen bisher immer gelogen habe und nunmehr die Wahrheit sagen werde. Nachdem er im Jahre 1990 in eine Nachschule der nationalistischen Partei UNA-UNSO von seinem Vater geschickt worden sei, habe er nach dem Zerfall der Sowjetunion in der Folge an mehreren Demonstrationen der Partei im Osten des Landes teilgenommen, Sprengstoffe installiert und Denkmäler in die Luft gesprengt. Geschäftslokale, die sich geweigert hätten, russische Schilder zugunsten ukrainischer Schilder auszutauschen, seien zerstört oder angezündet worden. Nachdem man ihn zur Teilnahme am Tschetschenien-Krieg zwingen habe wollen, sei er geflüchtet. In der Ukraine sei sein Leben in Gefahr, weshalb er alles dafür tun werde, nicht in die Ukraine zurückkehren zu müssen. Er sei auch bereit, Selbstmord zu begehen. In Österreich lebe er mit seiner Freundin, einer russischen Staatsangehörigen mit Studentenvisum, zusammen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.09.2008 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 (im Folgenden: AsylG), aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine aus. In seiner Begründung verwies das Bundesasylamt auf ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, das bis 22.02.2014 bestehe, sowie darauf, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren keinen Sachverhalt, der nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorigen Asylverfahrens (somit vor dem 01.04.2008) entstanden sei, vorgebracht habe. Die Angaben im vorliegenden Verfahren seien als unglaubwürdige Erweiterung des bereits im ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren erstatteten Vorbringens anzusehen. Durch die unglaubwürdige Steigerung des Vorbringens versuche der Beschwerdeführer seinen Angaben neue Asylrelevanz zu verleihen und durch "Missbrauch des Asylwesens" das gültige Aufenthaltsverbot zu vereiteln. Zur Drohung, im Falle der Abschiebung in die Ukraine Selbstmord zu begehen, führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer sich seit 22.08.2008 in Schubhaft befinde und keine schwere Krankheit oder schwere psychische Störung in dieser Zeit hervorgekommen sei, andernfalls auch keine Haftfähigkeit gegeben gewesen wäre. Dazu verweist die belangte Behörde auf die Judikatur des EGMR zur Abschiebung psychisch kranker Personen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer auf eine sehr schwere Operation im Jahre 2003 hinweist, die zu einer Teilamnesie geführt habe. Deshalb sei es bei der Einvernahme zu Widersprüchen gekommen. In seiner Heimat bestehe für ihn Todesgefahr "seitens der Partei". Abschließend hebt der Beschwerdeführer seinen fast 10-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und seine fortgeschrittene Integration hervor.
II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Einzelrichter erwogen:
Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.03.2008 wurde dem Beschwerdeführer am 01.04.2008 durch Hinterlegung zugestellt und damit rechtskräftig.
1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; es ist daher nach dem AsylG zu führen.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (in der Folge: AsylGHG, Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 AsylGHG hat der Asylgerichtshof - sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist - immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamtes zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Zuständigkeit des Einzelrichters ergibt sich aus § 61 Abs. 3 Z 1 lit. c und Z 2 AsylG.
2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2007, 2004/20/0100). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (zweiten) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266).
Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.02.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. zB VwGH 04.05.2000, 99/20/0192; 21.09.2000, 98/20/0564; 24.08.2004, 2003/01/0431; 04.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund des selben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn das selbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183 mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431).
Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen i.S.d. § 18 Abs. 1 AsylG - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls sie festgestellt werden kann - zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG, nämlich § 28 AsylG 1997). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.02.2000, 99/20/0173; 19.07.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl. auch VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 04.05.2000, 98/20/0578; 99/20/0193; 07.06.2000, 99/01/0321; 21.09.2000, 98/20/0564; 20.03.2003, 99/20/0480; 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.03.2005, 2003/20/0468; 30.06.2005, 2005/18/0197; 26.07.2005, 2005/20/0226; 29.09.2005, 2005/20/0365; 25.04.2007, 2004/20/0100). Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 04.05.2000, 99/20/0192).
Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (VwGH 29.09.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 16.02.2006, 2006/19/0380; vgl. auch VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; 26.07.2005, 2005/20/0343; 27.09.2005, 2005/01/0363; 22.12.2005, 2005/20/0556; 22.06.2006, 2006/19/0245; 21.09.2006, 2006/19/0200; 25.04.2007, 2005/20/0300; vgl. weiters VwGH 26.09.2007, 2007/19/0342).
Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtskräftigen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Bei der Prüfung, ob Identität der Sache vorliegt, ist vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne seine sachliche Richtigkeit - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. zB VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2002, 2000/07/0235).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat; in der Berufung (hier: Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.5.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 4.4.2001, 98/09/0041; 25.4.2002, 2000/07/0235). Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321; 29.06.2000, 99/01/0400).
Aus dem Neuerungsverbot im Berufungsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) folgt, dass die Berufungsbehörde (hier: der Asylgerichtshof) den bekämpften Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bundesasylamtes zu kontrollieren hat.
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 AsylGHG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
3. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat seine Entscheidung vom 27.03.2008 tragend damit begründet, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführers, dessen weißrussische Nationalität festgestellt wurde, nicht den Tatsachen entsprechen und er folglich nicht wegen Desertion in Weißrussland einer (asyl- oder zumindest refoulement-relevanten) Verfolgung ausgesetzt sei.
3.1 Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, haben die nunmehr geltend gemachten Fluchtgründe, die jedenfalls in den 1990er Jahren stattgefunden haben sollen, schon vor Rechtskraft des Berufungsbescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.03.2008 bestanden und sind daher von Vornherein nicht geeignet, eine neue Sachentscheidung herbeizuführen. Der Asylgerichtshof schließt sich im Übrigen auch der Ansicht der belangten Behörde an, dass die neu vorgebrachten Umstände nicht glaubwürdig sind:
In der Tat erscheint bereits die Begründung des Beschwerdeführers für seine bisher falschen Angaben, er habe dies aufgrund eines falschen Rates getan, angesichts der Zahl an Asylanträgen unter gänzlich verschiedenen Identitäten, Nationalitäten und Fluchtgründen nicht nachvollziehbar. Dies gilt in gleichem Maße für die in der Beschwerde vorgebrachte Begründung, aus Angst vor Abschiebung in seinen Heimatstaat falsche Fluchtgründe genannt zu haben. Bereits in seiner Einvernahme vom 19.10.2006 im Zuge des vorigen Asylverfahrens hatte der Beschwerdeführer die Unrichtigkeit seiner zuvor gemachten Aussagen mit der Angst vor der Militärpolizei in seiner Heimat gerechtfertigt (AS 73).
Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift "Widersprüche" in den Einvernahmen mit einer erstmals vorgebrachten (aufgrund einer behaupteten schweren Operation im Jahr 2003 erlittenen) Teilamnesie zu erklären versucht, so erscheint dies - mangels Substanziierung sowie weiterer Anhaltspunkte, die sich weder aus den zahlreichen Einvernahmen noch aus dem Zeitraum seines Aufenthaltes in Strafvollzugsanstalten ergeben haben - vor dem Hintergrund der unterschiedlichen und konkreten Fluchtschilderungen in den verschiedenen Asylverfahren nicht überzeugend.
Betrachtet man die diversen Fluchtgründe, die der Beschwerdeführer im Laufe seiner Asylverfahren geltend gemacht hat, so ist seine persönliche Glaubwürdigkeit, auf deren Bedeutung der Beschwerdeführer in zahlreichen Einvernahmen hingewiesen wurde, erheblich gemindert. Es hätte daher lebensnaher und überzeugender Angaben des Beschwerdeführers zur Erklärung bedurft, aus welchen Gründen - ungeachtet seiner mehrfachen Beteuerungen in früheren Verfahren, die Wahrheit zu sagen - ausgerechnet seine nunmehrigen Aussagen den Tatsachen entsprechen. Auch in der Beschwerde hat der Beschwerdeführer diesbezüglich keine Äußerungen gemacht. Obwohl angesichts früherer anders lautender Fluchtschilderungen erheblicher (und von der belangten Behörde ausdrücklich vorgehaltener) Erklärungsbedarf für den Beschwerdeführer bestand, unterließ er eine entsprechend konkrete und substanziierte Darlegung der (nunmehrigen) Fluchtgründe, vor allem warum ihm aufgrund von so lange zurückliegenden Geschehnissen heute noch Verfolgung drohen soll.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, kann das gesamte (neue) Vorbringen lediglich dahingehend gewertet werden, dass damit der Aufenthalt im Bundesgebiet trotz des Bestehens eines Aufenthaltsverbotes verlängert werden soll.
3.2 Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, liegen auch nicht vor, da sich die allgemeine Situation in Weißrussland in der kurzen Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht wesentlich geändert hat.
3.3 Somit hat sich weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch im Hinblick auf jenen, der von Amts wegen aufzugreifen ist, die maßgebliche Sachlage geändert. Das neue Begehren zielt auf dasselbe wie das ursprüngliche, nämlich darauf, dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren. Auch die maßgebliche Rechtslage hat sich nicht geändert, da durch § 75 Abs. 4 AsylG klargestellt ist, dass u.a. abweisende Bescheide auf Grund des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem AsylG den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache iSd § 68 AVG begründen.
Mithin steht die Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.03.2008 einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Das Bundesasylamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit seinem vorliegenden Antrag die Überprüfung eines der Beschwerde nicht mehr unterliegenden Bescheides begehrt hat. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
4. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine zurückweisende Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden; die Ausweisung gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 MRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 MRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG (idF der K BGBl. I 75/2007) die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
4.1 Die Voraussetzungen einer Ausweisung liegen vor, wie das Bundesasylamt richtig erkannt hat. Es hat die durch § 10 Abs. 2 AsylG iVm Art. 8 Abs. 2 MRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen: Der Beschwerdeführer wurde - neben den oben unter I.1. erwähnten strafgerichtlichen Verurteilungen - mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 00.00.2003, wegen §§ 127, 130 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 00.00.2004, wegen §§ 105 Abs. 1, 141 Abs. 1, 15 StGB zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe sowie mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 00.00.2004, wegen §§ 130, 127, 297 StGB und § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt. Angesichts dessen überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung bei weitem die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet, worunter sein langjähriger (allerdings lediglich auf verschiedenen unbegründeten Asylanträgen basierender) Aufenthalt sowie seine Beziehung zu einer russischen Staatsangehörigen, die aufgrund eines Studentenvisums in Österreich aufhältig ist, zu nennen sind.
4.2 Was die im Zuge seiner Einvernahme geäußerte Selbstmorddrohung anbelangt, ist Folgendes zu beachten: Bereits im zweiten Asylverfahren hatte der Beschwerdeführer im - gemeinsam mit zwei anderen Asylwerbern unterfertigten - Schriftsatz vom 19.1.2000 für den Fall einer Abschiebung gedroht, sich "etwas anzutun". Im zuletzt rechtskräftig gewordenen Asylverfahren hatte der Beschwerdeführer insbesondere in seiner Berufung physische Beschwerden, nämlich Bein-, Hand- und Leberschmerzen, behauptet, nie aber psychische Probleme ins Treffen geführt, die auch im Zuge einiger (u.a. amtsärztlicher) Untersuchungen nicht hervor gekommen sind (vgl. AS 51, AS 55 und AS 333). Wie die belangte Behörde ausführt, hat der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner erstinstanzlichen Einvernahmen im vorliegenden Verfahren keine Äußerungen gemacht, die auf psychische Störungen hindeuteten (oder gar solche behaupteten). In seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer jene Aussage nicht mehr wiederholt.
Davon abgesehen erachtet - worauf die belangte Behörde bereits zutreffend hingewiesen hat - die Judikatur des EGMR zur Abschiebung psychisch kranker Personen eine Ausweisung vor dem Hintergrund des Art. 3 EMRK nur unter exzeptionellen Umständen als unzulässig:
Während der EGMR die Unzulässigkeit der Abschiebung im Falle eines an AIDS im Endstadium erkrankten Staatsangehörigen von St. Kitts konstatierte (EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997, 93, D v. United Kingdom), verneinte er eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle der Abschiebung einer an einem posttraumatischen Stresssyndrom und an Depressionen leidenden Person (EGMR 31.5.2005, Appl. 1383/04, Ovdienko; vgl. ferner zur Zulässigkeit der Abschiebung eines HIV-infizierten, aber noch nicht an AIDS erkrankten tansanianischen Staatsangehörigen [EGMR 22.6.2004, Appl. 17.868/03, Ndangoya]). Im Fall Ayegh drohte einem Beschwerdeführer, dem in zwei Gutachten eine schwere Traumatisierung, Depressionen, Angstzustände und die Gefahr, Selbstmord zu begehen, attestiert wurde, die Abschiebung in den Iran; der EGMR begründete seine Entscheidung, die Beschwerde für unzulässig zu erklären, damit, dass schlechtere Behandlungsmöglichkeiten im Iran kein Abschiebehindernis seien und dass auch die Selbstmorddrohung für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran hindere, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes vom Staat ergriffen werden (EGMR 07.11.2006, Appl. 4701/05). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung geht auch der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass eine Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zur Verletzung von Art. 3 EMRK führt (VfGH 06.03.2008, B 2400/07 mwH).
Derartige Umstände sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher gleichfalls - jedoch mit der Maßgabe - abzuweisen, dass die Ausweisung nach Weißrussland zu erfolgen hat (die belangte Behörde hat - im Gegensatz zu ihrem Bescheid vom 16.11.2006, der vom Unabhängigen Bundesasylsenat auch in dieser Hinsicht bestätigt wurde - die neu behauptete Nationalität des Beschwerdeführers nicht festgestellt, sodass folglich von der weißrussischen Nationalität auszugehen war).
5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 erster Satz AsylG entfallen.