TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/08 C2 222082-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2008
beobachten
merken
Spruch

C2 222082-0/2008/13E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Marth als Einzelrichter über die Beschwerde des Z.H., geb. 00.00.1983, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.03.2001, FZ. 01 01.782-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.06.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung von Z.H. vom 12.04.2001 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.03.2001, FZ. 01 01.782-BAS, wird gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

I.1. Verfahrensgang

 

Die nunmehr berufende Partei hat am 30.1.2001 einen Asylantrag gestellt.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der unter i. bezeichnete Asylantrag der berufenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 30.3.2001, erlassen am 2.4.2001, abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der berufenden Partei in die Volksrepublik China zulässig sei. Zur Begründung wird auf jenen Bescheid verwiesen.

 

Mit am 12.4.2001 zur Post gegebener Berufung wurde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid berufen. Die Berufung wurde vom damals noch zuständigen Jugendwohlfahrtsträger eingebracht; zur Begründung wird auf jene verwiesen.

 

Vom entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes wurde - noch als Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates - am 25.5.2007 und am 5.6.2008 jeweils eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin abgehalten. In der zweiten mündlichen Verhandlung war ein Sachverständiger anwesend, der sich jedoch lediglich mit den unter einem verhandelten Fluchtgründen der Mutter des Sohnes des Berufungswerbers befasste.

 

Im Verfahren vor dem Asylgerichtshof wurden folgende Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Berufungswerbers in das Verfahren als Beweismittel eingeführt:

 

European Commision, Conclusions of the China workshop in Brussels, 2006

 

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, in der Volksrepublik China, Oktober 2006

 

Human Rights Watch, China, Jänner 2007

 

Country Reports on Human Rights Practices, China, 2006

 

Amnesty International, China, 2007

 

Home Office, China, Juli 2007

 

Home Office, China, August 2007

 

Freedom House, China, 2007

 

Economic and Social Council, Mission to China, März 2006

 

Weiters wurden im Verfahren vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Asylgerichtshof folgende Beweismittel vorgelegt oder von Amts wegen beigeschafft:

 

Eine Geburtsurkunde, die die Geburt seines Sohnes L.R. bestätigt;

 

Ein Firmenbuchauszug hinsichtlich der Firma des Berufungswerbers;

 

Ein Grundbuchauszug hinsichtlich einer dem Berufungswerber und seiner Lebensgefährtin (Mutter des gemeinsamen Sohnes) gehörenden Wohnung.

 

I.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

 

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die oben erwähnten Beweismittel und auf den gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei ist volljährig und chinesischer Staatsangehöriger.

 

Der Berufungswerber hat während des gesamten Verfahrens zum Geburtsdatum gleiche Angaben gemacht und wirkte bezüglich dieser Daten auch vor dem erkennenden Richter glaubwürdig. Weiters ist dem Berufungswerber in den festgestellten Angaben zu glauben, weil er durch falsche Angaben keinen Vorteil hätte und im Verfahren nichts hervorgekommen ist, was gegen diese Annahme spricht. Auf das Alter des Berufungswerbers lässt zudem der in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Augenschein schließen. Die Staatsangehörigkeit des Berufungswerbers steht auf Grund seiner Angaben, seiner Sprachkenntnisse und seinem Wissen über seinen Herkunftsstaat fest.

 

Im Herkunftsstaat kommt es zu keiner systematischen Verfolgung von Gruppen, denen der Berufungswerber angehört.

 

Dies ergibt sich aus den oben angeführten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei. Insoweit der Berufungswerber angegeben hat einer Gruppe anzugehören, die im Herkunftsstaat verfolgt wird oder werden soll, siehe iii. und iv.

 

Zwar sind die Länderquellen aus dem Verfahren vor dem Bundesasylamt bereits nicht mehr aktuell, es ist jedoch weder amtsbekannt noch vom Berufungswerber vorgebracht worden, dass es in China zu einer Gruppenverfolgung von Menschen kommt, die einer Gruppe angehören, der auch der Berufungswerber - der der Volksgruppe der Chinesen angehört - angehört, kommen würde.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch staatliche Organen oder Privatpersonen nicht glaubhaft gemacht.

 

Vorauszuschicken ist, dass der Berufungswerber die Mutter seines Sohnes erst in Österreich kennen gelernt hat, einen Zusammenhang zwischen den Fluchtgründen der beiden Personen besteht nach deren Aussagen nicht.

 

Der Berufungswerber hatte vor dem Bundesasylamt und dem erkennenden Richter angegeben, dass seine Adoptiveltern - in weiterer Folge als Mutter und Vater bezeichnet - in China Falun Gong praktiziert hätten und deshalb nach dem Verbot durch die chinesische Regierung verfolgt worden wären. Er und seine Familie seien von der Polizei festgenommen worden, er sei von seinen Eltern getrennt und zu Falun Gong befragt worden. Nach vier Tagen sei er mit seiner Mutter aus der Haft entlassen worden. Weiters seien seine Familienangehörigen von den Nachbarn verfolgt worden, man hätte sogar Fensterscheiben zerschlagen. Einige Monate nach der Festnahme sei sein Vater in der Haft verstorben, worauf seine Mutter depressiv geworden sei. Daraufhin hätte seine Mutter veranlasst, dass der Berufungswerber China verlassen hat, später hätte seine Mutter Selbstmord verübt.

 

Allerdings hat es der Berufungswerber nicht vermocht, sein Vorbringen glaubhaft zu machen, da es nicht schlüssig vorgetragen wurde.

 

So hatte der Berufungswerber vor dem Bundesasylamt im März 2001 angegeben, dass sein Vater nach zumindest 3 Monaten Haft im August 1999 verstorben sei, während er vor dem erkennenden Richter am 25.5.2007 angegeben hatte, dass sein Vater nach einem Monat Haft im Winter 1999 verstorben ist. Zwar ist dem Berufungswerber einzugestehen, dass Abweichungen im Detail auf Grund der langen vergangenen Zeit durchaus möglich wären, jedoch ist dem erkennenden Richter nicht nachvollziehbar, wie es zu einer so eklatanten Verwechslung der Jahreszeit bei einem so wichtigem Ereignis wie dem Tod des eigenen (Adoptiv)Vaters kommen kann, wenn dieser wirklich erlebt und schließlich der Grund für den Antritt der Flucht war; auch nicht erklärbar erscheint der doch erhebliche Unterschied der angegebenen Haftdauer des Vaters, wenn man davon ausgeht, dass sich der Berufungswerber für das Schicksal seines Vaters interessiert hat. Auch konnte der Berufungswerber diese Widersprüche nicht hinreichend erklären.

 

Auch nicht nachvollzogen und der Lebenserfahrung widersprechend ist, dass der Berufungswerber nicht über Falun Gong bescheid weiß. Es ist davon auszugehen, dass Eltern Werte und Wissen, dass ihnen so wichtig ist, dass sie dafür behördliche Verfolgung riskieren an ihre Kinder zumindest in den Grundzügen weitergeben; dafür spricht die Lebenserfahrung. Das der Berufungswerber nach eigenen Angaben sich mit Falun Gong überhaupt nicht auskennt, spricht dafür, dass seine Fluchtgeschichte lediglich ein gedankliches Konstrukt darstellt; die Erklärung des Berufungswerbers war insoweit auch nicht einleuchtend, als er angab, dass er sich hiefür nicht interessiert hätte, da es die Lebenserfahrung zeigt, dass Eltern Werte und Wissen zumindest in ihren Grundzügen einerseits unabhängig vom Interesse der Kinder weitergeben wollen und andererseits bei Kindern für das, was ihren Bezugspersonen wichtig ist, ein Interesse entsteht.

 

Auch hatte der Berufungswerber vor dem Bundesasylamt angegeben, dass er seine Mutter immer wieder mit einem Bekannten im Gefängnis besucht hätte, während er vor dem erkennenden Richter angegeben hatte, dass er gemeinsam mit seiner Mutter entlassen worden sei und diese nach der Entlassung nicht mehr festgenommen worden war, sodass ein Besuch der Mutter im Gefängnis denkunmöglich ist. Dieser Widerspruch wird noch dadurch erhärtet, dass der Berufungswerber vor dem Bundesasylamt angegeben hatte, das sich seine Mutter im Gefängnis das Leben genommen hatte, was mit den Angaben vor dem erkennenden Richter ebenfalls in unauflöslichem Widerspruch steht. Diese Widersprüche konnte der Berufungswerber nicht schlüssig erklären.

 

Auf Grund der oben dargestellten Widersprüche war es dem Berufungswerber nicht möglich, sein Vorbringen glaubhaft zu machen; viel mehr geht der erkennende Richter davon aus, dass es sich um ein gedankliches Konstrukt handelt; das gilt auch für die schlechte Behandlung durch die Nachbarn im Herkunftsstaat, da diese auf die als gedankliches Konstrukt erkannte Fluchtgeschichte aufbaut.

 

Da andere Gründe für eine Verfolgung - dass eine solche wegen seiner Zuwendung zum Christentum drohen würde, wurde weder vorgebracht, noch ist dies aus den Länderdokumenten ersichtlich, noch ist vorgebracht worden, dass diese Zuwendung den chinesischen Behörden bekannt sei - nicht hervorgekommen sind, wurde eine solche - weder durch Privatpersonen noch durch staatliche Organe - glaubhaft gemacht.

 

Im Falle einer Verbringung der berufenden Partei in deren Herkunftsstaat droht dieser kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK.

 

Die berufende Partei ist gesund. Daher droht ihr aufgrund einer allenfalls unzureichenden medizinischen Behandlung keine Versetzung in eine hoffnungslose bzw. unmenschliche Lage. Dies ergibt sich aus den Aussagen der berufenden Partei zu ihrem Gesundheitszustand.

 

Die berufende Partei ist jung, gesund und männlich und wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes - wenn auch nicht gutes - Auskommen zu sichern, und daher nicht in eine hoffnungslose Lage kommen. Dies ergibt sich aus ihren Aussagen.

 

Eine nicht asylrelevante Verfolgung der berufenden Partei, die das reale Risiko einer Verletzung der Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK darstellen würde, hat diese nicht glaubhaft gemacht (siehe hiezu iii.).

 

Es besteht kein reales Risiko, dass die berufende Partei im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird.

 

Auf Grund der Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei steht fest, dass es in diesem Staat die Todesstrafe gibt. Dass die berufende Partei einem bestehenden realen Risiko unterliegen würde, hat sich jedoch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde von der berufenden Partei auch nicht behauptet.

 

II.

 

II.1.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter; ebenso entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch Einzelrichter, wenn im vor dem 1.7.2008 anhängigen Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eine Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden hatte; dies ist im vorliegenden Verfahren der Fall, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Die berufende Partei konnte keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende Verfolgung glaubhaft machen. Eine solche ist auch nicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt.

 

Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

II.2.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch genannten Bescheides

 

Zur Anwendbarkeit der relevanten Rechtsvorschriften und zur Zuständigkeit des entscheidenden Senates siehe oben II.1. i. und ii..

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrags zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrags - von Amts wegen vorzunehmen.

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die berufende Partei nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht ihr im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat die berufende Partei weder glaubhaft gemacht noch ist diese von Amts wegen hervorgekommen oder der Behörde bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

II.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
06.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten