TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/08 E2 313163-1/2008

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Veröffentlicht am 08.10.2008
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Spruch

E2 313.163-1/2008-24E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des Y.D., geb. 00.00.1971, StA. VR Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.06.2007, FZ. 06 14.213-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.02.2008 und am 17.09.2008 beschlossen:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 ,10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, (in der Folge kurz "BF 1"), seinen Angaben nach mongolischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, D.O. (im Folgenden: "BF 2"; ho. GZ E2 313165-1/2008) illegal nach Österreich ein und stellte am 30.12.2006 einen Asylantrag. Er konnte lediglich einen nationalen mongolischen Führerschein vorweisen, der sich nach Überprüfung als Totalfälschung erwies. Ansonsten konnte er keinerlei Dokumente, welche die von ihm angegebene Identität bestätigen, vorlegen.

 

Seinen Asylantrag begründete der BF bei der Erstbefragung am 30.12.2006 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen wie folgt: Er sei in der Heimat wegen politischer Tätigkeit ungerechtfertigt verhaftet worden und 4 Monate im Gefängnis gewesen. Seine Freundin hätte der Polizei Kaution bezahlt und er sei bis zur Gerichtsverhandlung aus dem Gefängnis entlassen worden. Er habe befürchtet, dass er nach der Gerichtsverhandlung ein Leben lang ins Gefängnis müsse und sei vorher geflüchtet. Es sei ihm vom mongolischen Geheimdienst vorgeworfen worden, dass er ein Mitglied des chinesischen Geheimdienstes sei. Weiters werde seine Nationalität diskriminiert und er könne in der Mongolei nicht ohne Angst leben.

 

2. Der BF wurde in der Folge vom Bundesasylamt am 27.02.2007 niederschriftlich einvernommen. Bei dieser Einvernahmen führte er aus, dass er mit seiner Lebensgefährtin schlepperunterstützt von der Mongolei nach Österreich gereist sei und deren gemeinsame achtjährige Tochter beim Schwager zurückgelassen habe. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF im Wesentlichen an, dass er das Heimatland wegen einer politischen Tätigkeit verlassen hätte müssen. Ein Bekannter hätte ihn gebeten, eine Tasche zur chinesisch-mongolischen Grenze mitzunehmen, ein Freund würde diese Tasche dort wieder abholen. Dort angekommen, seien am Abend drei Männer zu ihm gekommen und hätten sein ganzes Zimmer kontrolliert und ihn gefesselt. Die drei hätten die Tasche gefunden und in der Tasche ganz unten wäre noch eine Tasche mit Dokumenten gewesen. Die Männer hätten ihn verhaftet, obwohl er nicht gewusst habe, dass sich in der Tasche Dokumente befanden. Er sei vier Monate in Haft gewesen. Ein Major von der Kriminalpolizei habe immer Fragen bezüglich der Dokumente gestellt. Er sei auch gefragt worden, für welche politischen Leute der BF arbeite und wer ihm die Dokumente gegeben habe. Ihm sei gesagt worden, falls er nicht die Wahrheit sagt, müsse er das ganze Leben im Gefängnis bleiben. Der BF gab an, dass die mongolische Polizei gedacht hätte, er sei Chinese sei und er arbeite für China . Nachdem eine internationale Kontrolle im Gefängnis stattgefunden habe, sei der BF aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes und nach Bezahlung einer Kaution bis zur Gerichtsverhandlung enthaftet worden. Bei einer nachfolgenden Einvernahme durch den Major sei der BF von diesem geschlagen und getreten worden, sodass ihm der Fuß gebrochen worden sei. Nach ärztlicher Behandlung sei die Flucht von einem Freund organisiert worden. Der Vater des BF sei Chinese und dieser wäre 1987 in der Mongolei verhaftet worden. Der BF habe seither nichts mehr vom Vater gehört. Im Jahr 1999 sei außerdem mit einer Pistole auf den BF geschossen worden. Der BF vermute hierbei einen Zusammenhang mit seinem Vater.

 

Bei der zweiten Aussage vor dem Bundesasylamt am 12.06.2007 bekräftigte der Berufungswerber sein Asylvorbringen und wiederholte im Wesentlichen die bereits gemachten Angaben, jedoch verwickelte sich der BF zur Aussagen über vorhandene Dokumente, über die Tasche als Transportmittel, über den Major im Gefängnis und über seine behauptete politische Tätigkeiten in Widersprüche, die er auf Vorhalt des Bundesasylamtes nicht entkräften konnte. So behauptete der BF nunmehr, dass er in seinem Heimatland keinerlei Dokumente besessen habe, obwohl sich der BF beim Bundesasylamt mit einem in der Mongolei ausgestellten Führerschein ausgewiesen und auch Schulen besucht und Eigentum an einer Jurte erworben hat. Der BF gab auch an, dass die Tasche einen doppelten Boden gehabt hätte, in dem sich die verdächtigen Dokumente in einer Folie befunden hätten. Der Major im Gefängnis, der den BF mehrfach verhört habe, sein nun vom Zentralen Amt für Spionage gewesen. Der BF habe vermutet, dass der Major angenommen habe, er - der BF - plane einen Sturz gegen einen hochrangigen Politiker. Die aufgezeigten Widersprüche konnte sich der BF nur mit Übersetzungsfehlern durch die Dolmetscherin erklären. Der BF gab abschließend an, dass sich seine Lebensgefährtin und seine zwei Kinder in Österreich aufhalten und ebenfalls Asylwerber seien. Die minderjährige Tochter, O.N. (im Folgenden: "BF 3"; ho. GZ E2 313.166-1/2008) sei den Eltern erst später nach Österreich nachgereist. Das zweite Kind, Y.M. (im Folgenden: "BF 4"; ho. GZ E2 313.164-1/2008) ist in Österreich geboren.

 

3. Der Antrag auf internationalen Schutz des Y.D. vom 30.12.2006 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.06.2007, Zahl: 06 14.213-BAI gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Antragsteller der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Mit gleichem Bescheid wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

4. Die Erstbehörde begründete ihre Entscheidung zusammengefasst damit, dass der BF eine begründete Furcht vor Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Konvention genannten Gründen nicht glaubhaft gemacht habe und es sei daher aus diesem Grund die Asylgewährung ausgeschlossen. Dies sei aus den widersprüchlichen Angaben des BF in den Niederschriften, die in den wesentlichen Punkten erhebliche Differenzen aufgewiesen hätten, zu schließen. So habe es bzgl. der Darstellungen über vorhandene Dokumente, über die Tasche als Transportmittel, über Misshandlungen durch den Major im Gefängnis, über seine behaupteten politischen Tätigkeiten jeweils unterschiedliche Darstellungen gegeben. Das Bundesasylamt erachtete auch die Behauptungen des BF, dass er während seiner Inhaftierung keinen Rechtsbeistand bekommen habe und keinem Richter vorgeführt worden sei, als nicht glaubhaft, zumal der BF selbst erklärt habe, dass das Gefängnis von einer Delegation bestehend aus der Staatsanwaltschaft und Menschenrechtsorganisationen besucht worden sei. Auch dass der BF gegen Kaution freigelassen worden sei, obwohl er angeblich wegen des schwer wiegenden Deliktes der Spionage vier Monate ohne Rechtsbeistand inhaftiert worden sei, war für das Bundesasylamt nicht glaubhaft. Der BW habe diese Behauptungen nicht näher konkretisieren können und habe alle weiteren Angaben lediglich auf vage Vermutungen gestützt.

 

Die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten begründete die Erstbehörde mit Verweis auf die Judikatur des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es der betroffenen Person obliege, eine Verletzung von Artikel 3 EMRK im Falle einer Abschiebung zu behaupten und soweit als möglich Informationen vorzulegen, die eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben. Insoweit sich die betroffene Person auf eine allgemeine Gefährdungssituation im Heimatstaat berufe, habe sie darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates. Weiters wurde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk" erfordere, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen habe. Eine Verletzung des Artikels 3 EMRK würde nur dann vorliegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände glaubhaft gemacht wurden. Das Bestehen einer solchen Gefährdungssituation sei bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint worden und aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland des Antragstellers ergebe sich eine solche Gefährdung nicht. Die erstinstanzliche Behörde verwies in diesem Zusammenhang auf ihre im Bescheid enthaltenen Feststellungen der aktuellen allgemeinen Situation in der Mongolei und es sei zusammenfassend festzustellen, dass bei dem Antragsteller keine individuellen Umstände vorliegen, die für eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK oder für eine extreme Notlage im Falle der Rückkehr in die Mongolei sprechen würden.

 

Die Ausweisungsentscheidung wurde damit begründet, dass der Berufungswerber keinerlei Familienbezug (im Sinne der Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich habe und daher die Ausweisung kein Eingriff in Artikel 8 EMRK darstelle. Die Erstbehörde berücksichtigte in ihrer Entscheidung auch, dass die Angehörigen des BW, die Lebensgefährtin und die zwei gemeinsamen Kinder in Österreich aufhältig sind, jedoch seien auch diese nicht zum dauernden Aufenthalt in Bundesgebiet berechtigt. Es könne nur mit der Maßnahme der Ausweisung vorgegangen werden, da der BF nicht ausreisewillig sei und die Ausweisung das gelindeste Mittel darstelle, um den illegalen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet zu beenden.

 

5. Der abweisende Bescheid wurde dem BF am 20.06.2007 persönlich an seiner Wohnadresse zugestellt.

 

6. Gegen den abweisenden Bescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Die widersprüchlichen Angaben bezüglich der Fluchtgründe wurden damit begründet, dass sich der BF bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt unter Druck gesetzt gefühlt habe und ihn die vielen Fragestellungen und Vorhalte sehr verwirrt hätten. Der BF habe weiters das Gefühl gehabt, dass die Dolmetscherin nicht richtig übersetzt hat. Der BF stamme aus der Inneren Mongolei, sei staatenlos und deswegen diskriminiert worden, jedoch habe er vor dem Bundesasylamt keine Gelegenheit bekommen, mehr dazu zu erzählen. Das Bundesasylamt habe keine Feststellungen zur Inneren Mongolei getroffen und hier liege ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor. Weiters werden in der Beschwerdeschrift die Fluchtgründe wiederholt, ohne jedoch diese Angaben näher zu konkretisieren. Die Beschwerde rügt ganz allgemein die Feststellungen und die Beweiswürdigung der Erstbehörde, ohne diesen aber explizit entgegenzutreten.

 

Die Non-Refoulement Entscheidung und die Ausweisungsentscheidung werden in der Berufung unter Verweis auf Punkt I. bekämpft und abschließend werden die Anträge gestellt, den Bescheid aufzuheben und dem Asylantrag stattzugeben, in eventu den Status des subsidär Schutzberechtigten zuzuerkennen, auszusprechen, dass die Ausweisung unzulässig ist sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Der Asylgerichtshof hat sowohl für den 26.02.1008 als auch für den 17.09.2008 jeweils eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und dazu jeweils den BF, dessen Lebensgefährtin und einen Vertreter des Bundesasylamtes sowie einen Dolmetscher für die mongolische Sprache geladen. Im Beschwerdeverfahren wurde der Ländersachverständige für die Mongolei Herr B.B. zum nichtamtlichen Sachverständigen bestellt und mit der Erstellung eines Gutachtens zur Verifizierung der Identität des BF sowie des konkreten Gefährdungsvorbringens beauftragt. Außerdem wurde der Sachverständige zur zweiten mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.09.2008 beigezogen. Bei den mündlichen Verhandlungen ist ein Vertreter des Bundesasylamtes entschuldigt nicht erschienen. Aufgrund des Familienzusammenhanges wurden die Asylverfahren verbunden und gemeinsam verhandelt.

 

II. ERGEBNISSE DES ERMITTLUNGSVERFAHRENS

 

1. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde Beweis erhoben durch:

 

Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Verfahrensakten;

 

Einvernahme der BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen;

 

Einsichtnahme und Erörterung des Gutachtens des länderkundigen Sachverständigen vom 00.00.2008 (OZ 18);

 

Einsichtnahme in folgende von den BF im Beschwerdeverfahren vorgelegten Dokumente: Bestätigung des Zentralen Nationalarchives der Mongolei, Bescheinigung der Universität für Bildung, Mongolei, der zehnjährigen Mittelschule, Kontrollkarte für schwanger Frauen, Bestätigung des Orthopädischen Zentrums in P., Bescheinigung der D.-Schule, (OZ 9) - die beiden letztgenannten Dokumente betreffen den BF 1, alle anderen aufgezählten Dokumente beziehen sich auf BF 2;

 

Einsichtnahme in folgende Informationsquellen betreffend den Herkunftssaat und die Herkunftsregion der BF sowie deren Erörterung in der mündlichen Verhandlung:

 

Home Office, COI -Report vom September 2005

 

Home Office, Operational Guideance Note Mongolia vom 17.07.1006

 

Gutachten des Ländersachverständigen B.B. vom 00.00.2008 (OZ 18).

 

2. Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem Sachverhalt aus:

 

2.1. Person des BF:

 

Der BF ist Staatsangehöriger der Mongolei und lebte seit 1996 bis zu seiner Ausreise mit seiner Lebensgefährtin in einer Jurte in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator im gemeinsamen Haushalt. Er arbeitete nach seinen Angaben als selbständiger Händler und reiste zu diesem Zweck mehrmals zur chinesischen Grenze, um dort Waren einzukaufen. Er reiste am 27.12.2006 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin - angeblich unterstützt durch Schlepper - per Flugzeug über den Flughafen in Ulan Bator nach Moskau aus. Die BF seien dabei im Besitze von gefälschten Reisepässen gewesen. In der Folge sind sie nach ihren Angaben mit einem Kleinbus von Moskau nach Österreich weitergereist, wo sie beide am 30.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Die Einreise erfolgte illegal. Beide waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Besitze von Reisepässen.

 

Die minderjährige Tochter der BF ist am 12.05.2007 illegal nach Österreich eingereist. Für sie wurde von der BF 2 als gesetzliche Vertreterin am 04.06.2007 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Am 00.00.2007 wurde den beiden Hauptantragstellern in Österreich ein Sohn geboren, für den am 24.04.2007 ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde. Für die genannten Kinder wurden keine eigenen Verfolgungsgründe geltend gemacht.

 

2.2. Zum Asylvorbringen des BF:

 

Der BF 1 bringt vor, er sehe sich in der Mongolei einer Verfolgung durch behördliche Organe ausgesetzt. Er sei von einem ihm nur oberflächlich bekannten Händler benutzt worden, geheime Dokumente aus der Mongolei nach China zu schmuggeln. Dieser habe ihm ein Päckchen übergeben, welches an der chinesischen Grenze von einem Unbekannten abgeholt werden sollte. Der BF 1 sei über die Brisanz des Inhaltes nicht informiert gewesen. Im Hotelzimmer in Z. an der chinesischen Grenze sei am 00.00.2006 von 3 Männern, die sich mit einem Dienstausweis auswiesen, eine Hausdurchsuchung vorgenommen worden. Dabei hätten sie das Päckchen in der Reisetasche des BF 1 gefunden und diesem vorgehalten, dass er ein chinesischer Spion sei. Der BF 1 sei daraufhin sofort festgenommen und im Gefängnis "G." in Untersuchungshaft genommen worden. Bei der polizeilichen Verhören habe man immer wieder versucht zu erfahren, zu welchen mongolischen Politiker der BF 1 Kontakt habe und ihm vorgeworfen, dass er versucht habe, Staatsgeheimnisse außer Landes zu schmuggeln. Am 10.11.2006 habe seine Lebensgefährtin eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, um den BF 1 freizubekommen. Der BF 1 sei an diesem Tag auch aus dem Gefängnis gegen Kaution entlassen worden. Am 17.11.2006 sei der BF erneut zur Polizei vorgeladen worden. Dieser Ladung habe er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Folge geleistet. Der zuständige Beamte sei jedoch den ganzen Tag nicht erschienen. Zu einer weiteren Vorladung für den 24.11.2006 sei dann nur mehr der BF 1 alleine hingegangen. Dabei habe ihm der Beamte Vorwürfe gemacht, dass er bei dem ersten Ladungstermin nicht mehr länger auf den Beamten gewartet hätte. Im Zuge dieser Vorwürfe habe ihn der Beamte misshandelt und Fußtritte versetzt. Dabei sei ihm das Schienbein gebrochen worden. Der BF 1 habe sich selbständig in das Krankenhaus zur Behandlung begeben müssen. Dort habe der BF 1 den Angriff des Polizeibeamten nicht erwähnt, sondern aus Angst angegeben, dass er über eine Treppe gestürzt sei. Seit diesem Vorfall habe er beschlossen, das Land zu verlassen und er werde nun von der Polizei gesucht.

 

Wie in der Beweiswürdigung noch näher darzustellen sein wird, haben sich die BF als nicht glaubwürdig erwiesen und ist ihr Vorbringen nicht glaubhaft. Das Vorbringen der BF 2 bezieht sich ausschließlich auf jenes des BF 1 bzw. steht mit diesem in unmittelbarem Zusammenhang. Sie gibt an, strafrechtlich verfolgt zu werden, weil sie sich für ihren Lebensgefährten anlässlich seiner Entlassung aus dem Gefängnis verbürgt und ihm zur Flucht verholfen habe. Da jedoch dessen Fluchtgründe nicht glaubhaft sind, ist folglich auch das Vorbringen von der BF 2 zweifelhaft. Sonstige Gründe hat sie nicht geltend gemacht.. Für die minderjährigen Kinder von BF 1 und BF 2 wurden ohnedies keine eigenen Fluchtgründe angeführt.

 

2.3. Zum Herkunftsland des BF werden ausgehend von den in der mündlichen Verhandlung erörterten und mit entsprechenden Quellenverweisen versehenen Länderinformationen folgende zusammengefasste Feststellungen getroffen:

 

Die Mongolei ist eine parlamentarische Republik mit einem vom Volk gewählten Präsidenten und Parlament. Die Staatsform beruht auf der Verfassung von 1992. Im Herkunftsland des BF besteht ein funktionierendes Justiz- und Sicherheitswesen. Nach der Verfassung ist eine unabhängige Justiz garantiert, was von der Regierung im Berichtsjahr 2005 (Home Office OGN v. 17.07.2006) grundsätzlich respektiert wurde. Justiz- und Sicherheitswesen sind jedoch von Problemen in Form von Einflussnahmen und Korruption geprägt. Die Verfassung garantiert auch die Unschuldsvermutung. In der Praxis werden diese Bestimmungen jedoch von den Gerichten wenig beachtet. Angeklagte haben das Recht, sich rechtlich vertreten zu lassen, Zeugen befragen zu lassen und Rechtsmittel einzubringen. Es existiert ein System zur Bereitstellung eines Pflichtverteidigers. Festgenommene haben das Recht, rechtlichen Beistand zu kontaktieren und diesen in allen Stadien des Verfahrens beizuziehen. Die Regierung respektierte im Berichtsjahr 2005 die grundlegenden Rechte, dennoch wurde auf einige Menschenrechtsprobleme hingewiesen:

Misshandlungen von Gefangenen und Angehaltenen durch die Polizei, gesetzlich nicht gedeckte Festnahmen, Dauer der Anhaltungen, Korruption im Justizsystem und mögliche Einflussnahme der Regierung auf die Medien. Unter Verweis auf weitere Quellen (Foreign and Commonwealth Office, UNHCR; UN Special Rapporteur on Human Rights) berichtet Home Office über eine weitgehende Beachtung der Menschenrechte in der Mongolei bzw. Verstärkung der Anstrengungen der nationalen Menschenrechtskommission, die Menschenrechtsproblematik öffentlich zu hinterfragen. UNHCR hat keine besonderen Gruppen festgestellt, die unter Verfolgungsrisiko oder ernsten Beeinträchtigungen ihrer fundamentalen Rechte stehen. Lediglich einzelne Journalisten, Aktivisten der politischen Opposition oder Frauen könnten Schwierigkeiten in der Ausübung ihrer legitimen Grundrechte und Freiheiten haben. Die Verfassung verbietet Diskriminierungen aufgrund von ethnischer Herkunft, Sprache, Rasse, Alter, Geschlecht, sozialer Herkunft oder Status. Diese Bestimmungen wurden im Berichtsjahr 2005 von der Regierung auch umgesetzt.

 

Die Haftbedingungen in Untersuchungsgefängnissen und Haftanstalten sind gemessen an internationalen Standards schlecht. Ungenügende Versorgung mit Nahrungsmitteln, Hitze und mangelnde medizinische Versorgung beeinträchtigen die Gesundheit und das Leben der Insassen. Überfüllung der Haftanstalten ist nach wie vor ein Problem. Neue Gesetze und Verfahren in Bezug auf die Haftbedingungen und -anstalten wurden ungenügend publiziert, Verbesserungen außerhalb der Hauptstadt sind daher nur minimal erkennbar. Dennoch gibt es Verbesserungen im Besuchsrecht, was die Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln oder Kleidung relativiert. Außerdem arbeiten zwei heimische und sechs fremde NGO¿s daran, die Bedingungen zu verbessern, indem sie in den Gefängnissen und Anhaltezentren Kleidung, Nahrung und Bücher verteilen und Sprach- und Computerkurse anbieten. Nach Amnesty International besteht für Angehaltene in Polizeistationen, Untersuchungsgefängnissen und Todeszellen ein Risiko, Folter oder Misshandlung durch schwierige Lebensbedingungen zu erleiden. Auch UNHCR berichtet, dass die überaus schlechten Bedingungen in den Todeszellen grausame Behandlung bedeutet und die Isolationshaft von Gefangenen, die zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt sind, unmenschlich ist. In den übrigen Gefängnissen wird von Amnesty International festgestellt, dass die Bedingungen hart sind und Gefangene unter der Überfüllung leiden. Es besteht eine hohe Erkrankungsrate an Tuberkulose, Unterversorgung mit Nahrungsmitteln, extreme Hitze oder Kälte in den Zellen. UNHCR betrachtet die gewöhnlichen Gefängnisse dennoch als den internationalen Standards entsprechend. Das Gefängnispersonal erhielt eine Schulung in Menschenrechten und die Gefängnisverwaltung hat in den 22 Hauptanhaltezentren die Installation der Videoüberwachung abgeschlossen. Dies hat zu einem signifikanten Rückgang von Misshandlungen der Gefangenen durch Schläge seitens des Personales beigetragen.

 

Home Office zieht den Schluss, dass in Untersuchungsgefängnissen sowie für zum Tode Verurteilte oder zu 30 Jahren Freiheitsstrafe Verurteilte ein Risiko besteht, Folter oder Misshandlung zu erleiden. Für gewöhnliche Gefängnissen gilt im Allgemeinen: Obwohl harte Bedingungen herrschen, wird dadurch die Schwelle des Art. 3 EMRK nur unter besonderen Umständen erreicht, wobei die relevanten Faktoren Dauer der Anhaltung, Typ des Gefängnisses, das individuelle Alter und der individuelle Gesundheitszustand der Betroffenen sind.

 

Bei einer Rückkehr droht den mongolischen Staatsbürgern keine Verfolgung aus dem Grund, dass sie nicht im Besitze ihres Reisepasses sind aber auch nicht deswegen, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Dies wird jedenfalls nicht als politische Manifestation gegen die Mongolei gewertet (sh. dazu Gutachten des Ländersachverständigen zu ho. GZ 263.322/0-I/02/05). Der illegale Grenzübertritt ist zwar nach Art, 89.1 des Strafgesetzbuches strafbar, der Betroffene hat aber meist mit einer Geldstrafe und - außer im Wiederholungsfalle - kaum mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen. Mongolische Staatsbürger können jederzeit freiwillig in jeden Teil der Mongolei unter Inanspruchnahme von Hilfe und Unterstützung durch IOM und dem europäischen Flüchtlingsfond zurückkehren.

 

Aus dem oben Gesagten ist abzuleiten, dass in der Mongolei im Allgemeinen keine staatliche Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen stattfindet. In wirtschaftlicher Hinsicht ist festzustellen, dass die Arbeitslosigkeit in der Mongolei in den letzten Jahren zurück gegangen ist und die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfes trotz einer weit verbreiteten Armut und teilweise großer Einkommensunterschiede im Allgemeinen gewährleistet ist. Der mongolische Staat stellt für Familien auch Sozialleistungen zur Verfügung wie etwa Kindergeld oder kostenlose Versorgung der allgemein bildenden Schulen. Zurückkehrende mongolische Staatsangehörige werden nicht strafrechtlich verfolgt, wenn sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Dass der BF bei seiner Rückkehr aus anderen Gründen sofort verhaftet wird, ist ob der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens - wie unten noch näher darzustellen sein wird - nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

 

3. Beweiswürdigung

 

3.1. Die Identität der BF ergibt sich aus deren Angaben, den vorgelegten Dokumenten und ist durch die Überprüfungen des Ländersachverständigen vor Ort mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Nicht gefolgt werden kann der Aussage des BF 1, wenn er behauptet, er sei in der Mongolei nirgends registriert. Die Erhebungen des Sachverständigen haben ergeben, dass eine Person mit dem angegebenen Namen und Geburtsdatum in der Personenregister- und Informationsstelle der Stadt U. aufscheint. Auch die im erstinstanzlichen Verfahren angegebene Wohnadresse stimmt mit dem Erhebungsergebnis überein.

 

3.2. Die Vorbringen der BF 1 und 2, welche im Wesentlichen gleich lauten, sind nicht glaubhaft. Die Angaben der BF beinhalten Widersprüchlichkeiten, Ungereimtheiten und sind teilweise nicht nachvollziehbar. Die Erklärungen dazu sind nicht überzeugend. Ungereimtheiten bestanden schon in der Aussage des BF 1 im erstinstanzlichen Verfahren. So legte der BF 1 im Asylverfahren einen gefälschten mongolischen Führerschein vor. Als ihm dies vorgehalten wurde, erklärte er, er habe den Führerschein über das Verkehrsamt in U. korrekt erworben. Erst in Österreich habe er erfahren, dass es sich dabei um eine Fälschung handelt. Er konnte nicht schlüssig erklären, warum ihm ein gefälschter Führerschein ausgestellt worden war und er nicht gewusst hatte, dass dieses Dokument gefälscht ist. Unterschiedliche Angaben machte der BF 1 schon im erstinstanzlichen Verfahren zur Frage, wie die "Geheimdokumente", welche bei ihm gefunden worden sein sollen, verpackt waren. Einerseits habe es sich um zwei Taschen gehandelt, andererseits sprach er aber von einem doppelten Boden in einer Tasche("in der Tasche ganz unten war noch eine Tasche" - vergl. NS vom 27.02.2007 mit jener vom 12.06.2007, wo wie folgt gesagt wurde:

"Dabei haben sie herausgefunden, dass der Boden dieser Tasche doppelt war. Darunter haben sie einige Dokument in Folie gefunden"). Die Aussagen der BF widersprachen sich aber auch im Vergleich zueinander. Während die BF 2 im erstinstanzlichen Verfahren angab, sie hätten bei der ersten Vorladung zum zentralen "Amt für Spionage" den zuständigen Beamten getroffen und dieser habe gesagt, sie sollen auf ihn warten, gab der BF 1 dem widersprechend an: "..."um 09.00 Uhr sind wir angekommen und haben gewartet. Die Wache hat mir gesagt, dass der Herr Major in seinem Zimmer ist und wir warten sollen. Wir haben bis 16:00 Uhr gewartet". Somit hätten sie nach dieser Aussage den Beamten nicht angetroffen. Nach Angaben der BF 2 wurde der Vater des BF 1 nach China abgeschoben, da er chinesischer Agent gewesen sei. Der BF 1 wusste von einer Abschiebung seines Vaters nach China nichts, sondern nur von einer Festnahme. Als ihm der Widerspruch vorgehalten wurde, erklärte er diesen mit einem Übersetzungsfehler. Im Übrigen stützen sich die Rückschlüsse auf eine angebliche Verfolgung des BF 1 auf eine bloße Vermutung (vergl. dazu die erstinstanzliche Aussage: "Man hat mir so viele Fragen gestellt. Ich vermute, dass "dieser Major vermutet hat, dass ich einen Sturz eines hochrangigen Politikers planen würde," mit der Aussage in mündlicher Beschwerdeverhandlung: "VR: Woher wissen Sie das so genau, dass es ein Staatsgeheimnis war?. BF1: Während der vier Monate, die ich in U-Haft war, war ich diesen vielen Verhören ausgesetzt und daraus mache ich diese Schlussfolgerung, dass es ein Staatsgeheimnis war. Die Polizisten haben mich verhört und immer nach diesen geheimen Informationen befragt"). Welche geheimen Informationen das konkret gewesen sein sollen, hat der BF 1 im gesamten Asylverfahren nicht genauer beschrieben, wobei davon auszugehen ist, dass bei derart häufigen und intensiven Verhören mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einmal darüber gesprochen wird, worum es konkret geht und was man vom Betroffenen eigentlich inhaltlich erfahren möchte.

 

Schließlich wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass der BF 1 nicht in den Fahndungslisten aufscheint. Würde der BF 1 tatsächlich als ein der Spionage dringend Verdächtiger gelten, wäre wohl mit eine landesweiten Fahndung nach ihm zu rechnen. Die vom BF 1 nach der ersten mündlichen Verhandlung vorgelegte Bestätigung des Krankenhauses gibt ebenfalls keine Aufschlüsse darüber, dass der BF 1 von einem Polizisten misshandelt worden sein soll. Zum einen wird bestätigt, dass der BF 1 als Ursache für seine Verletzung angab, er sei von einer Leiter gestürzt. (In der mündlichen Verhandlung bezeichnete der BF 1 dies mit einer Treppe.) Die Erklärung des BF 1 dazu, dass er im Krankenhaus nicht sagen habe können, dass er von einem Polizisten geschlagen wurde, ist nicht plausibel. Wäre dies doch die erste Möglichkeit gewesen, die angebliche Misshandlung aufzuzeigen. Dass ihn ein Polizist zur ärztlichen Behandlung begleitet und den BF 1 derart eingeschüchtert hätte, dass dieser über die Ursache der Verletzung im Krankenhaus falsche Angaben macht, wurde nicht behauptet. Vielmehr habe sich der BF 1 trotz seiner schweren Beinverletzung "unauffällig" aus dem Polizeigebäude begeben, sich ein Taxi gerufen und sei selbständig in das Krankenhaus gefahren.

 

Während im Zentrum der Beweiswürdigung im Asylverfahren die glaubwürdige Darlegung asylrelevanter Verfolgung steht, richtet sich im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Fokus auf die Glaubhaftmachung einer solchen Verfolgung im Herkunftsstaat. Die "Glaubwürdigkeit" im Sinne der Beweiswürdigung und die "Glaubhaftmachung" im Sinne der rechtlichen Eignung zur Darlegung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung sind aber trotz einer ausgeprägten Korrelation unterschiedlich zu behandelnde Termini (VwGH 11.06.1997, Zahl 95/01/0627). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt aber positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hiezu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 11.06.1997, 95/01/0627; VwGH 19.03.1997, 95/01/0466).

 

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, Zahl 2005/17/0252). Nach der Judikatur ist die Wahrscheinlichkeit dann gegeben, wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Erscheinungen, wenn auch noch so geringfügig, gegenüber den im entgegengesetzten Sinn verwertbaren Erscheinungen überwiegen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 355 mit Hinweisen auf die Judikatur). Hat die Partei ein Ereignis glaubhaft zu machen, trifft die Partei die "Beweislast", dh. kann das Ereignis durch die - von der Partei anzubietenden - Beweise (iS von Bescheinigungsmitteln) nicht glaubhaft gemacht werden, so ist ihr Antrag abzuweisen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 623 mit Hinweisen auf die Judikatur und das Schrifttum).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 274 ZPO zu verstehen (VwGH 15.03.2001, Zahl 2001/16/0136; VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092). Ausgehend von § 274 Absatz 1 letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (siehe dazu VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092

unter Hinweis auf OGH 23.03.1999, 4 Ob 26/99y = ÖBl 1999, 240, sowie

OGH 23.09.1997, 4 Ob 251/97h = ÖBl 1998, 225), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung offenkundig abweicht. Mit der Glaubhaftmachung ist aber auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (Vgl dazu VwGH 24.02.1993, Zahl 92/03/0011; VwGH 01.10.1997, Zahl 96/09/0007; VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG 2. Teilband (2005), § 45 Rz 3 mit Hinweisen auf die Judikatur).

 

Darüber hinaus hält der Verwaltungsgerichtshof eine erhöhte Mitwirkungspflicht eines Antragstellers im Ermittlungsverfahren dann für gegeben, wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand (wie beispielsweise ihre familiäre, gesundheitliche oder finanzielle Situation) handelt, von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann. Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Der Asylgerichtshof übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass auf Grund der Spezifika eines Asylverfahrens, unbeschadet dessen, dass es als antragsgebundenes Verwaltungsverfahren nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz abgeführt wird, die Anforderungen an einen Asylwerber auf Grund von fluchttypischen Sachzwängen nicht überzogen werden dürfen. Dennoch sieht der das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 28 Asylgesetz 1997 keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Beschwerdeführers vor, sondern leuchtet aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 28 Asylgesetz nicht (VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

 

Beurteilt man den Fall der BF im Lichte der dargestellten Literatur und Judikatur, so ist festzustellen, dass diese ihrer Mitwirkungspflicht und Bescheinungsobliegenheit nicht nachgekommen sind. Die BF haben keine Bescheinigungsmittel vorgelegt, die ihren Fluchtgrund erhärten könnten. Die erst im Beschwerdeverfahren über besondere Aufforderung in der ersten Beschwerdeverhandlung vorgelegten Dokumente lassen zwar Rückschlüsse auf die Identität und die Herkunft der BF zu, stützen aber in keiner Weise den spezifisch asylrelevanten Teil des Vorbringens. Angesichts der zweifelhaften Glaubwürdigkeit der BF hätte es weiterer Bescheinigungsmittel bedurft.

 

Dass es zur "Glaubhaftmachung" (der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein) quasi wegen der Offenkundigkeit der behaupteten Verfolgungsgefahr überhaupt keiner Bescheinigungsmittel bedurft hätte, bietet der gegenständliche Fall aber keinen Anhaltspunkt (vgl zB. auch VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092).

 

Abseits der nationalen Rechtsprechung sind aber auch die europarechtlichen Vorgaben von Bedeutung. So normiert die - nicht unmittelbar anwendbare - Statusrichtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 in deren Artikel 4 Absatz 1 und 5 Folgendes: (1) Die Mitgliedstaaten können es als Pflicht des Antragstellers betrachten, so schnell wie möglich alle zur Begründung des Antrages auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte darzulegen. Es ist Pflicht des Mitgliedstaats, unter Mitwirkung des Antragstellers die für den Antrag maßgeblichen Anhaltspunkte zu prüfen.

 

(5) Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substantiieren;

 

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;

 

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist.

 

Wendet man im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung diese sekundärrechtliche Norm auf das gegenständliche Verfahren an, so führt gerade diese nicht zum Verzicht auf die Beischaffung von Bescheinigungsmitteln seitens der BF, zumal entgegen Art 4 Absatz 5 litera c und e leg. cit. - wie festzustellen war - dessen Behauptungen keinesfalls plausibel und kohärent sind (vgl. diesbezüglich auch das Erkenntnis VwGH 15.02.2001, Zahl 98/20/0594, aus welchem schon vor dem Inkrafttreten der Statusrichtlinie der selbe Ansatz hervorleuchtet) und auch nicht die generelle Glaubwürdigkeit der BF festgestellt werden konnte.

 

III. Rechtlich ist auszuführen:

 

1.1. Gem. § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Antrag auf internationalen Schutz ist gem. Abs. 3 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955, iVm Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gem. § 11 Abs. 1 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist gem. Abs. 2 leg. cit. auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

1.2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Anträge auf internationalen Schutz sind gem. Abs. 3 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

1.3. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

2.1. Zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutzes und Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

 

2.1.1. Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Zurechnungssubjekt der Verfolgungsgefahr ist der Heimatstaat bzw. bei Staatenlosen der Staat des vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltes. Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; VwGH 14.10.1998, 98/01/262).

 

2.1.2. Zumal die BF als unglaubwürdig anzusehen sind und sich das Vorbringen aus der Beweiswürdigung als nicht wahr darstellt, kann eine Beurteilung des Sachverhaltes an den Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention und des Asylgesetzes nicht vorgenommen werden. Es sind nicht genügend Gründe glaubhaft gemacht worden, die objektiv als Furcht vor Verfolgung aus den in der Genfer Konvention genannten Gründen anzusehen wären.

 

2.2. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

 

2.2.1. Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies § 8 Absatz 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I 101/2003 in Verbindung mit § 57 Absatz 1 Fremdengesetz 1997 BGBl. I 75/1997 folgend zu geschehen hatte. Unterschiede sind lediglich dahingehend festzustellen, dass einerseits die nunmehrige Refoulementprüfung - um nichts anderes handelt es sich im Ergebnis bei der Prüfung des Status des subsidiär Schutzberechtigten - hinsichtlich deren Prüfungsumfanges um die auf Verfolgungsgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention bezogene Szenarien verkürzt wurde. So gesehen handelte es sich bei der Prüfung nach § 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 um eine - gemessen an § 57 Fremdengesetz und an der Nachfolgebestimmung des § 50 Fremdenpolizeigesetz - partielle Refoulementprüfung, was insoweit auch sachgerecht erscheint, zumal eine Refoulementprüfung nach § 57 Absatz 2 Fremdengesetz, vor dem Hintergrund einer dieser zwingend vorausgehenden (abweisenden) Asylentscheidung, ohnehin als redundant anzusehen ist. Andererseits wurde durch die Einführung des neuen § 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 die unter dem Terminus des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorzunehmende Refoulementprüfung um den Aspekt einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Integrität des Asylwerbers als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erweitert. Ungeachtet dieser terminologischen Erweiterung ist eine Ausdehnung des materiellen Schutzgehaltes dieser Bestimmung gegenüber § 57 Absatz 1 Fremdengesetz vordergründig allerdings nicht erkennbar, zumal die unter diese Schutzklausel zu subsumierenden Fälle wohl auch regelmäßig den angeführten Konventionsbestimmungen unterfallen werden.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes unterscheiden sich daher die Regelungsgehalte der beiden Vorschriften (§§ 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 und § 57 Absatz 1 Fremdengesetz 1997) nicht in einer solchen Weise, dass es für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre, weshalb sich die - maßgeblich auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stützende - Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem § 8 Absatz 1 Asylgesetz 1997 in Verbindung mit § 57 Absatz 1 Fremdengesetz 1997 auch auf § 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 übertragen lässt.

 

Demnach hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er im Sinne des § 57 Absatz 1 Fremdengesetz aktuell bedroht ist, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, Zahl 2000/01/0443; VwGH 26.2.2002, Zahl 99/20/0509). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, Zahl 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 Absatz 1 Asylgesetz zu beachten (VwGH 25.1.2001, Zahl 2001/20/0011, damals noch zu § 8 Asylgesetz vor der Novelle 2003). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, Zahl 93/18/0214). Der Prüfungsrahmen des § 57 Fremdengesetz ist durch § 8 (ab der Asylgesetznovelle 2003: § 8 Absatz 1) Asylgesetz auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt (VwGH 22.4.1999, Zahl 98/20/0561).

 

2.2.2. Auf den konkreten Fall der BF bezogen sind keine Hinweise auf solch außergewöhnliche Umstände bekannt bzw. bekannt geworden, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. Zum einen herrscht in der Mongolei - gestützt auf die von der Erstbehörde herangezogenen Länderberichte - aktuell keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgesetzt wäre. Zum anderen haben die BF in ihrem Asylverfahren nichts glaubhaft vorgebracht, worin eine reale Gefahr einer dem Schutzzweck des § 8 Absatz 1 Asylgesetz 2005 widersprechenden Behandlung zu erblicken wäre. Weiters kann der BF 1 wie bisher durch das Handeln mit Waren sein Einkommen und damit auch seine eigene Existenz und die Existenz seiner Familie ermöglichen.

 

2.2.3. Der Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz war daher auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der Mongolei abzuweisen.

 

2.3. Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz:

 

2.3.1. Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8 EMRK umfasst - über § 1 Ziffer 6 Asylgesetz hinaus - nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern, sondern auch zB Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus. Die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981,118; EKMR 14.3.1980, 8986/80 EuGRZ 1982,311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1).

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas; vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005 (2006), 344 mwN).

 

2.3.2. Im gegenständlichen Fall lebt der BF 1 in Österreich mit seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls Asylwerberin ist, zusammen und dieser Beziehung entstammen auch ein am 00.00.2007 in Österreich geborener gemeinsamer Sohn sowie eine am 00.00.1998 geborene Tochter. Die Lebensgefährtin (ho GZ: E2 313.165-1/2008) sowie die gemeinsamen Kinder (ho. GZ: E2 313.164-1/2008 und E2 313.166-1/2008) erhielten ebenfalls jeweils einen den Antrag auf internationalen Schutz in vollem Umfang abweisenden Bescheid. Im Falle des Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren keine familiäre Bindung im Sinne dieser Rechtssprechung zu einer hier in Österreich lebenden und zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person zu Tage gefördert, noch wurde eine solche vom BF 1 behauptet; zudem ist die gesamte Familie (Lebensgefährtin und gemeinsame Kinder) von der Ausweisung als aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffen. Ein Eingriff in das nach Art 8 Absatz 1 EMRK grundrechtlich geschützte Familienleben des Berufungswerbers liegt so hin nicht vor, weshalb es mangels relevanten Eingriffes einer weiteren Interessenabwägung im Sinne des Artikel 8 Absatz 2 EMRK nicht bedarf.

 

2.3.3. Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben der BF zu verneinen, so bleibt noch zu prüfen, ob mit der Ausweisung der BF ein Eingriff in deren Privatleben einhergeht und - falls dies zutrifft, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art 8 Absatz 2 EMRK).

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

 

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts aber jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

Im Falle der nach eigenen Angaben am 30.12.2006 illegal nach Österreich eingereisten und asylbehördlich einvernommenen BF hat das bisherige Verfahren keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen der BF in Österreich ergeben. Aber auch eine anderweitige Aufenthaltsverfestigung, die die Annahme einer Prävalenz der ho. Bindungen gegenüber jenen zum Herkunftsstaat rechtfertigen würden, wird durch den gerade einmal rund 1 1/2-jährigen Aufenthalt hier in Österreich kontraindiziert.

 

2.3.4. Den BF musste überdies bewusst sein, dass ihr Aufenthalt im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Diesbezüglich ist auch auf Chvosta, ÖJZ 2007/74, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN, zu verweisen, welcher ausführt, dass der Asylwerber während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen kann, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen.

 

Dahingehend hat auch der EGMR erst jüngst, in der Entscheidung NNYANZI v. The United Kingdom vom 08.04.2008, Appl. 21878/06, dargetan, dass ein während eines unsicheren (im konkreten Fall sogar rund zehnjährigen) Aufenthaltes etabliertes Privatleben per se nicht geeignet ist, eine Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen, zumal das öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls schwerer wiegt. Für den vorliegenden Fall gilt daher: Ein im Falle einer Ausweisung in die Mongolei erfolgender Eingriff in das Privatleben der BF ist schon im Hinblick auf den bisher noch sehr kurzen Aufenthalt aber auch im Hinblick auf die noch wenig ausge

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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