TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/09 B4 401660-1/2008

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Veröffentlicht am 09.10.2008
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Spruch

B4 401.660-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des A. M., geboren am 00.00.1986, serbischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.9.2008, Zl. 07 02.767-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 des Asylgesetzes 2005 (AsylG) als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer reiste am 19.3.2007 nach Österreich ein und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Am 20.3.2007 fand auf der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, wobei er im Wesentlichen Folgendes angab: Er sei serbischer Staatsangehöriger, gehöre der albanischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus dem in der südserbischen Gemeinde P. gelegenen Ort M.. Befragt, ob er in Österreich oder einem anderen EU-Staat Familienangehörige habe, gab der Beschwerdeführer an, dass dies nicht der Fall sei. Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, er habe ein Problem mit seinem Nachbarn gehabt; dieser habe die Schwester des Beschwerdeführers vergewaltigt.

 

3. Ein Informationsersuchen des Bundesasylamtes gemäß Art. 21 der Dublin II-Verordnung beantwortete die ungarische Asylbehörde dahingehend, dass der Beschwerdeführer am 9.6.2006 illegal nach Ungarn eingereist, von 9.10.2006 bis 12.10.2006 dort polizeilich angehalten und am 12.10.2006 aus Ungarn ausgewiesen worden sei.

 

4. Am 23.5.2007 wurde der Beschwerdeführer erstmals beim Bundesasylamt einvernommen. Dabei gab er eingangs an, er sei depressiv und habe ein Nervenleiden. Zwei Jahre zuvor sei er in V. im Spital gewesen. Weder könne er dafür eine Bestätigung vorlegen noch sagen, wie das Spital geheißen habe und wo es sich befinde. Er habe Beruhigungstabletten bekommen. Vor seiner Ausreise habe er mit seinen Eltern und Schwestern im Elternhaus in M. gelebt. Seinen Lebensunterhalt habe er dadurch bestritten, dass er als Kellner im Kaffeehaus "XY" in P. gearbeitet habe. Er habe jedoch finanzielle Probleme gehabt: Sein Vater sei Invalide, er habe ihm helfen müssen. Er habe einen Bruder, der in Wels im Gefängnis sei; bei seiner ersten Einvernahme habe er dies nicht angegeben, da er dies "vergessen" habe. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Seine Schwester habe in einem anderen Lokal bei einem Nachbarn gearbeitet. Der Besitzer des Lokals habe seine Schwester vergewaltigt. Die Schwester habe ihm das erzählt; daraufhin sei er noch am gleichen Tag zu dieser Person gegangen und habe sie mit einem Messerstich verletzt. Am Tag darauf sei er geflüchtet. Wie das Lokal heiße, wisse er nicht; seine Schwester habe dort nur zwei oder drei Tage gearbeitet. Vorher habe dieses Lokal ein Mann namens "M." geführt; der nächste Besitzer sei aus dem Ausland gekommen. Eine Woche nach dem Vorfall habe er zu Hause angerufen. Seine Mutter habe ihm mitgeteilt, dass die Polizei ihn habe mitnehmen wollen. Die Person, die er mit dem Messer gestochen habe, lebe noch und sei außer Lebensgefahr. Überdies brachte der Beschwerdeführer vor, "nach dem Kosovokrieg" von der Gendarmerie geschlagen worden zu sein; dies sei im Jahr 2000 gewesen.

 

5. Am 7.2.2008 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal vom Bundesasylamt einvernommen; er gab dabei im Wesentlichen Folgendes an: Er habe acht Jahre die Grundschule in M. besucht, wo er auch aufgewachsen sei. Er habe zum Teil durchgängig und zum Teil zeitweise im Lokal "XY" in P. als Kellner gearbeitet. Die Frage, ob er durch seine Arbeit in diesem Lokal allein seinen Lebensunterhalt bestreiten habe können, beantwortete der Beschwerdeführer damit, dass es für ihn allein gereicht habe; für die Familie sei es aber zu wenig gewesen. Sein Vater und seine jüngere Schwester seien einige Monate zuvor gestorben, nachdem sie einen Heizkörper eingeschaltet hätten und durch die Gase vergiftet worden seien. Seine Mutter sei aufgrund der Gasvergiftung zwei Monate im Krankenhaus gewesen, sie habe aber überlebt. Die ältere Schwester F. habe vor einem Jahr nach Mazedonien geheiratet. An Verwandten in Südserbien habe er noch einen Onkel väterlicherseits und drei Onkel mütterlicherseits und deren Familien. Befragt, wann der Vorfall, aufgrund dessen er Serbien verlassen habe, passiert sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er das Datum nicht nennen könne - "er sei ein bisschen nervenkrank" -, dass es aber im Zeitraum von Jänner bis März 2007 gewesen. In Österreich arbeitete er gelegentlich "schwarz"; auch werde er von seinem Unterkunftgeber unterstützt. Die Frage, ob er in seinem Herkunftsstaat aufgrund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer. Zu seinen Fluchtgründen brachte er im Wesentlichen Folgendes vor: Seine Schwester F. habe in M. in einem Lokal gearbeitet, dessen Name er nicht wisse; der Besitzer des Lokals habe die Schwester vergewaltigt. Dies ihm seine Mutter persönlich am Telefon erzählt. Daraufhin sei er nach M. gefahren, habe von zu Hause ein Messer geholt und sei in das Haus des Vergewaltigers gefahren. Auf die Frage, wie der Vergewaltiger geheißen habe, gab der Beschwerdeführer an, er glaube, dass der Mann "E." oder "T."

geheißen habe, persönlich habe er ihn nicht gekannt. Er sei mit einem Taxi zum Haus des Täters gefahren und habe einen Mann gefragt, wo der Täter wohne; dieser habe ihm das gesagt. Der Mann habe ihm beschrieben, wo das richtige Haus stehe. Danach meinte der Beschwerdeführer, der Mann, der ihm das Haus beschrieben habe, sei mit ihm mitgegangen und (erst) weggegangen, nachdem er ihm das Haus gezeigt gehabt habe. Danach habe er den Namen des Täters gerufen. Befragt, welchen Namen er gerufen habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei unter Stress gestanden; er glaube, dass er "E." gerufen habe. Als der Täter aus dem Haus gekommen sei, habe er ihn gefragt, warum er das gemacht habe. Der Mann habe ihn aber nicht ernst genommen und ihn beschimpft, dann seien sie ins Raufen gekommen und er habe ihn "gestochen". Der Vergewaltiger sei am Leben geblieben; dies habe er von einem Freund erfahren, den er drei Monate nach seiner Ankunft in Österreich getroffen habe. Auf die Frage, woher der Beschwerdeführer gewusst habe, dass er den Richtigen "erwischt" habe, meinte er, dass er ihn ein bisschen gekannt habe; außerdem sei er ihm vom genannten Mann gezeigt worden. Auf Vorhalt, dass er zuvor angegeben habe, dass er den Täter nicht persönlich gekannt habe und der Mann sofort weggegangen sei, sagte der Beschwerdeführer, dass man ihn falsch verstanden habe: Der Mann habe ihm das Haus gezeigt und gewartet, bis der Täter heraus gekommen sei. Erst dann sei er weggegangen.

 

6. In Beantwortung eines Ermittlungsersuchens des Bundesasylamtes teilte die Österreichische Botschaft Belgrad diesem mit Schreiben 14.5.2008 mit, dass trotz mehrfacher Nachfrage bei den Polizeibehörden als auch bei den dort zuständigen Dienststellen kein Vorfall in Erfahrung gebracht habe werden können, bei dem es im Zeitraum von Jänner bis März 2007 in M. eine Messerattacke auf einen Lokalbesitzer gegeben habe. Ein derartig spektakulärer Fall in der relativ kleinen Ortschaft würde in den Medien unvermeidbar zu einer großen Berichterstattung führen; in nationalen und lokalen Medien hätten sich aber keine Hinweise auf den geschilderten Sachverhalt gefunden.

 

7. Mit Schreiben vom 8.8.2008 teilte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsersuchens mit, übermittelte ihm zugleich seine Sachverhaltsannahmen zur Lage in Serbien und räumte ihm eine Frist von zwei Wochen ein, um dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer macht von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch.

 

8. Mit Urteil vom 00.00.2008, rechtskräftig geworden am gleichen Tag, verurteilte das Landesgericht Wels den Beschwerdeführer gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall SMG sowie § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 leg,cit. zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

 

9. Mit Aktenvermerk vom 11.9.2008 leitete das Bundesasylamt in Hinblick auf diese Verurteilung gemäß § 27 Abs. 2 AsylG gegen den Beschwerdeführer ein Ausweisungsverfahren ein.

 

10. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), wies seinen Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Serbien aus (Spruchpunkt III.). In der Begründung traf das Bundesasylamt zunächst umfangreiche Feststellungen zur Lage in Serbien, darunter auch solche zur Situation von Angehörigen der albanischen Volksgruppe und zur Grundversorgung. Die unter Spruchpunkt I. getroffene Entscheidung begründete das Bundesasylamt damit, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei. Zum einen weise sein Vorbringen Widersprüche: So habe er bei einer Einvernahme angegeben, seine Schwester habe ihm von der Vergewaltigung erzählt, während er später gemeint habe, er habe es von seiner Mutter erfahren. Auch habe der Beschwerdeführer ursprünglich angegeben, dass der Vergewaltiger ein Nachbar gewesen sei; später habe er Derartiges hingegen nicht mehr vorgebracht. Weiters habe der Beschwerdeführer bei seiner Befragung bei der Außenstelle Linz zunächst angegeben, er habe den Vergewaltiger persönlich nicht gekannt, später jedoch die Frage, woher er gewusst habe, dass er den Richtigen "erwischt" habe, vorgebracht, dass er ihn ein bisschen gekannt habe. Zum Umstand, dass der Beschwerdeführer behauptet hat, "ein bisschen nervenkrank" zu sein, wird festgehalten, dass er auf konkrete Befragung angegeben habe, dass er gesund wäre und auch die Frage, ob er einvernahmefähig sei, bejaht habe; auch habe er von der ihm mitgeteilten Möglichkeit, einen Arzt aufzusuchen, keinen Gebrauch gemacht. Zum anderen wies das Bundesasylamt auf die Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft Belgrad sowie darauf hin, dass der Beschwerdeführer dazu keine Stellungnahme abgegeben habe. Zu Spruchpunkt II. verwies das Bundesasylamt ebenfalls auch die mangelnde Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen. Überdies hielt es fest, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Da sich Serbien auch nicht in einem Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befände, könne daraus auch keine Gefahr für den Beschwerdeführer als Zivilperson abgeleitet werden. Abschließend begründete das Bundesasylamt die unter Spruchpunkt III. getroffene Ausweisungsentscheidung.

 

11. Gegen den angefochtenen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte, vom Beschwerdeführer selbst auf Albanisch verfasste Beschwerde, in der er abermals den Ablauf der Geschehnisse darlegt, die zu seiner Flucht geführt hätten. Dabei wird ausgeführt, dass ihm seine Mutter gesagt habe, es ein Mann namens "G.", der Chef des Lokals, in dem die Schwester gearbeitet habe, gewesen, der sie vergewaltigt habe, sowie dass sich der Beschwerdeführer mit einem Freund, der die Genannten gekannt habe, zu dessen Haus begeben habe, wobei der Freund ihm das Haus gezeigt habe. Als der Beschwerdeführer gefragt habe, weshalb der Mann seine Schwester vergewaltigt habe, habe dieser ihn bedroht und ihm eine Ohrfeige versetzt. Der Beschwerdeführer habe in Notwehr gehandelt und ihn mit dem Messer "aufgeschlitzt".

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch ist die Beweiswürdigung, die in der Beschwerde nicht gerügt wird, nicht zu beanstanden. Dass der Beschwerdeführer bei seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt nicht einvernahmefähig gewesen wäre oder dass die Widersprüche in seinem Vorbringen mit seinem psychischen Zustand erklärt werden können, kann mangels entsprechender medizinischer Belege - der Beschwerdeführer hat solche nicht vorgelegt, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, einen Arzt aufzusuchen - nicht gesagt werden; auch hat der Beschwerdeführer bei jeder Einvernahme beim Bundesasylamt angegeben, einvernahmefähig zu sein. Weiters wurde ein neuer Sachverhalt in der Beschwerde nicht vorgebracht. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass das Beschwerdevorbringen, das eine weitere Version der vom Beschwerdeführer behaupteten Geschehnisse enthält, ebenfalls zeigt, dass seine Angaben zu den Fluchtgründen tatsachenwidrig sind.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2.1.2. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.1.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

2.1.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf internationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (in der Folge: AsylG 1997) idF der AsylGNov. 2003 (entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iZm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte; sie gehen allenfalls darüber hinaus. (Dagegen gibt es in der neuen Rechtslage keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iZm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser Bestimmung.) Deshalb kann zur Auslegung insoweit grundsätzlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

2.2.1. Zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist festzuhalten, dass es ihm nicht gelungen ist, eine seinem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen.

 

Überdies ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass selbst bei Zugrundelegung seines Vorbringens zu den Fluchtgründen er keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht hätte, da der von ihm behaupteten Bedrohungssituation der erforderliche Konnex zu den in der GFK genannten Gründen fehlt.

 

Festzuhalten ist schließlich, dass vor dem Hintergrund der zur Situation der albanischen Volksgruppe getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe in Serbien verfolgt wird.

 

2.2.2. Was die Abweisung des Antrages in Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen - wie oben gezeigt - tatsachenwidrig ist.

 

Weiters sind derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK etwa. VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443).

 

Auch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer (der angegeben hat, dass er durch seine Tätigkeit als Kellner seinen Lebensunterhalt bestreiten habe können) der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass er in Serbien in keine existenzbedrohende Notlage geraten würde, nicht entgegengetreten ist.

 

Überdies kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer an einer Krankheit leiden würde, die so schwer wäre, dass sie seine Außerlandesschaffung als im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend erscheinen ließe (vgl. dazu etwa die Entscheidung NDANGOYA v Schweden, 22.6.2004, Rs 17868/03),

 

Zu Recht führte das Bundesasylamt auch aus, dass nicht gesagt werden könne, dass eine Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Serbien in Hinblick auf einen dort stattfindenden internationalen oder innerstaatlichen Konflikt eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Gesundheit mit sich bringen würde.

 

2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 17.3.2005, G 78/04 ua., (S 47) zur Vorgängerbestimmung des § 10 AsylG (nämlich § 8 Abs. 2 AsylG 1997) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis durfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof (zu § 8 Abs. 2 AsylG 1997) ausgesprochen (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua., S 50): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

2.3.2. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes an. Dem Argument des Bundesasylamtes, es liege im Fall des Beschwerdeführers kein schützenswertes Familien- oder Privatleben iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist die Beschwerde nicht entgegengetreten. Weiters ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Asylantrages, der zu keinem Zeitpunkt begründet war, berechtigt gewesen ist (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen); zum anderen wird auf die im Verfahrensgang dargestellte strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Suchtmitteldelikten hingewiesen. Sollte daher - entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes - ein Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben oder (trotz des Umstandes, dass er sich erst seit März 2007 in Österreich aufhält) in sein Recht auf Privatleben anzunehmen sein, wäre dieser jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als die öffentlichen Interessen, eine Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich nur aufgrund von unberechtigten Asylanträgen in Österreich aufhalten durften, hintanzuhalten, aber auch an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Verhinderung von Straftaten, das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Schließlich gibt es weder Hinweise auf ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers noch darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in seiner Person liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Interessensabwägung, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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