C13 315434-1/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. ROSENAUER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. NEUMANN als Beisitzerin über die Beschwerde von Herrn S.S., geb. 00.00.1986, StA. Indien, vertreten durch RA Dr. VALLENDER Michael, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.10.2007, Zahl: 06 00.432 - BAE, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 AsylG 2005, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt und stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge BF) auf internationalen Schutz vom 10.01.2006 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (in der Folge AsylG) abgewiesen, ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Ausweisung verbunden.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte, nunmehr als Beschwerde geltende Berufung.
1.3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 41 Abs. 7 AsylG in Verbindung mit § 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) abgesehen.
2. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:
2.1. Zu Person, Reiseroute und Fluchtgründen des BF:
Der BF S.S. ist seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben zufolge indischer Staatsbürger und Sikh. Er brachte am 10.01.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt EAST - Ost am 17.01.2006 gab der BF im Wesentlichen Folgendes an:
Am 16.08.2005 habe er seinen Heimatort verlassen, sei nach New Delhi gefahren und am gleichen Tag nach Moskau geflogen. In Moskau sei er viereinhalb Monate lang in einem Schlepperquartier untergebracht gewesen und hätten ihm die Schlepper seinen Pass abgenommen. In einem LKW versteckt sei er dann über unbekannte Länder nach Österreich geschleust worden, wo er am 10.01.2006 von der Polizei aufgegriffen worden wäre. Grenzkontrollen hätte er in New Delhi und bei der Einreise in Moskau gehabt, wobei er bei der legalen Ausreise aus Indien keine Probleme gehabt hätte.
In einem anderen Land habe er weder um Asyl angesucht, noch habe er ein Visum oder einen Aufenthaltstitel beantragt, noch sei er von Behörden angehalten oder untergebracht worden. Auch hätte er im Bereich der EU keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde. Seine Reise hätte von August 2005 bis Jänner 2006 angedauert, bezahlt hätten sie seine Eltern.
Er wäre in seinem Heimatland nie im Gefängnis gewesen oder erkennungsdienstlich behandelt worden und gehöre keiner bewaffneten Gruppierung an. Einer politischen Partei gehöre er nicht an, sei aber seit den Wahlen im März 2005 ein Unterstützer der Indian National Lok Dal Partei (in der Folge INLD). Er werde auch nicht von heimatlichen Behörden, wie Polizei, Militär oder sonstigen Behörden offiziell gesucht, ebenso gäbe es keinen Haftbefehl.
Den Lebensunterhalt hätte er durch Mitarbeit in der elterlichen Landwirtschaft gesichert.
Als Fluchtgrund gab er an, dass es Anfang März 2005 zum Streit zwischen den Anhängern der INLD und der Congress Party (in der Folge CP) gekommen wäre. Etwa 15 Personen auf beiden Seiten hätten sich gegenseitig geprügelt. Die Wahlen hätte die CP gewonnen, wobei es nachträglich durch deren Anhänger zu Drohungen gekommen wäre. Anfang April 2005 wäre sein Auto von Leuten der CP angehalten, demoliert und er und sein Freund bedroht worden, wobei ihnen nur mit großer Mühe die Flucht gelungen sei. Im Mai 2005 hätten einige Leute in seinem Elternhaus nach ihm gefragt und alles kurz und klein geschlagen. Beide Vorfälle hätte der BF bei der Polizei in P. im Mai 2005 angezeigt, jedoch sei nichts unternommen worden. Die Eltern hätten danach noch einige Drohanrufe von Unbekannten erhalten. Nach diesem Vorfall wäre der BF zu seinem Onkel, S.J., nach K. gefahren.
Sein Heimatdorf, etwa 30 Kilometer entfernt, hätte er vor seiner Ausreise nicht mehr besucht, ebenso wäre er bei seinem Onkel weder bedroht noch gesucht worden, denn es hätte keiner seinen Aufenthalt gewusst. In einem anderen Landesteil Indiens hätte er sich nicht niedergelassen, da ihn diese Leute dort sicher gefunden hätten. Bei einer allfälligen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat hätte er Angst umgebracht zu werden.
2.2. Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, am 10.10.2007 gab der BF Folgendes an:
Die Fragen nach einer allfälligen ärztlichen Behandlung oder der Einnahme von Medikamenten verneinte der BF, er nehme lediglich ein indisches Medikament, einen pflanzlichen Extrakt, wenn er Schnupfen habe. Seine Eltern wären bereits verstorben, nunmehr würden lediglich seine Großmütter und ein Bruder sowie eine Schwester gemeinsam in der Siedlung leben, in welcher er bis zur Ausreise aufhältig gewesen wäre. Sonst hätte er noch viele Onkel und Tanten, sowie Cousins und Cousinen.
Weder bei der Ausreisekontrolle in Delhi, noch bei der Einreisekontrolle in Moskau habe es irgendwelche Probleme oder Schwierigkeiten gegeben. Für Russland hätte er ein Transitvisum gehabt, da er für Weißrussland ein Einreisevisum gehabt habe.
Neben der Landwirtschaft, die weitergeführt werde, hätten er und seine Geschwister eine Waisenrente bezogen, die diese nach wie vor bekommen würden. Die Familie hätte im Dorf K. im Bundesstaat Haryana gewohnt, bevor sie ungefähr vier Jahre vor seiner Ausreise in die Stadt P. gezogen wären, vorwiegend aus finanziellen bzw. wirtschaftlichen Gründen, aber auch weil es dort mehr Schulen gegeben hätte. Sein Vater hätte ein Geschäft eröffnet und mit Waren aller Art gehandelt. Die Mutter wäre im April 2006, der Vater im August 2006 verstorben.
Neuerlich zum Reiseweg befragt gab der BF Folgendes an:
Am 15.08.2005 wäre er von seiner Wohnadresse in P. vom Onkel mütterlicherseits mit dem Auto abgeholt und nach Delhi gebracht worden, wo er am nächsten Tag, den 16.08.2005, weiter nach Moskau geflogen wäre. Erst am Flughafen in Moskau hätte ihn eine Person erwartet und in die Schlepperunterkunft gebracht, wo er ungefähr viereinhalb Monate verbracht hätte. Von Moskau aus wäre er auf der Ladefläche eines großen LKW weitergereist, wobei es nach zwei Tagen einen LKW-Wechsel gegeben hätte. Vor seiner Ankunft in Österreich wäre noch ein weiterer Wechsel erfolgt. Die Reisekosten in der Höhe von 600.000,-- indischen Rupien (ungefähr 11.000 Euro) würden aus Ersparnissen seiner Eltern und Großeltern stammen.
Neuerlich zu seinen Fluchtgründen und den konkreten Beweggründen seiner Ausreise aus Indien befragt, gab der BF Folgendes an:
Er hätte Probleme mit Mitgliedern der CP gehabt und sei schon seit seinem Studium im Jahr 2003 Mitglied der INLD. Ungefähr eineinhalb Jahre (bis April 2005) hätte er das R.K.S.D. College in K., ca. 27 Kilometer vom Heimatort P. entfernt, besucht. Er wäre täglich gependelt, bis die konkreten Probleme begonnen hätten. Schon während der Wahlen hätte es ab und zu Streitereien zwischen den Mitgliedern der Fraktionen gegeben. Nachdem die CP die Wahlen gewonnen hätte, hätten deren Mitglieder an jenen der INLO Rache nehmen wollen.
Die Wahlen hätten im März 2005 stattgefunden, wobei bereits im April 2005 Personen zu ihm nach Hause gekommen wären und randaliert hätten. Der BF wäre nicht anwesend gewesen, sein Vater jedoch hätte die Personen als Mitglieder der CP identifiziert.
Im Mai 2005 hätte es einen weiteren Vorfall gegeben, wobei das Auto des BF, der mit einem Freund unterwegs gewesen wäre, gestoppt worden wäre. Es hätte einen Streit gegeben und wären die Scheiben seines Autos zerschlagen worden. Die darüber informierte Polizei hätte angegeben, in diesen Angelegenheiten nichts unternehmen zu können. Auf Nachfrage meinte der BF, es gäbe Gerüchte, wonach Verwandte und Bekannte von Ministern verantwortlich wären, andere Personen würden sich das gar nicht trauen. Sonst hätte es aber keine Zwischenfälle gegeben.
Eine Verfolgung des BF durch staatliche Stellen im Herkunftsstaat, wie Polizei, Militär und Gerichte verneinte der BF. Mit staatlichen Stellen hätte er keine Probleme oder Schwierigkeiten.
Gefragt, welche Gefahren bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat zu erwarten wären, gab der BF an, er wäre auf sich allein gestellt und niemand könnte ihm helfen. Auf Nachfrage konkretisierte der BF, dass, würde sein Vater noch leben, dieser ihm beistehen könnte, wenn er angegriffen würde. Die vielen Onkel und Tanten würden für eine rasche Hilfe zu weit weg wohnen. Konkret befürchte der BF einen Angriff der Mitglieder der CP wegen der alten Streitereien.
Befragt, warum es noch im Oktober 2007 zu weiteren Angriffen kommen sollte, wo es doch bereits zwischen Mai und August 2005 keine Angriffe mehr gegeben hätte, gab der BF an, das hätte daran gelegen, dass er ab Mai 2005 bei seinem Onkel im ungefähr 30 Kilometer entfernten Dorf B. gewohnt hätte. Dieser Onkel hätte aber schon eine große Familie, daher könnte er bei einer allfälligen Rückkehr des BF nicht auch noch für ihn sorgen.
Es wurden dem BF Feststellungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative zur Kenntnis gebracht, worauf er meinte, die Wirklichkeit würde anders aussehen, führte dies jedoch nicht näher aus. Über allfällige Bedrohungen in Delhi meinte der BF, es könnte irgendwann irgendwer von seinem dortigen Aufenthalt erfahren und es denjenigen sagen, mit denen er während des Wahlkampfes Schwierigkeiten gehabt hätte. Schwierigkeiten wegen der Vorfälle im Jahr 2005 bestünden weiterhin, da man in Indien Schwierigkeiten für immer hätte.
2.3. Zur Lage in Indien:
Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Lage in Indien decken sich mit dem Amtswissen des Asylgerichtshofes und werden vollinhaltlich diesem Erkenntnis zugrundegelegt.
2.4. Der BF brachte postalisch am 29.10.2007 (eingelangt bei der Erstbehörde am 31.10.2007) gegen den Bescheid der belangten Behörde fristgerecht Berufung ein, wobei er im Wesentlichen sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren wiederholte.
3. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
3.1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 4/2008) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Mit dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, mit dem unter anderem das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) erlassen und das Asylgesetz 2005 und das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) geändert worden sind, ist der Asylgerichtshof eingerichtet worden.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.
Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs. 3 AsylG vorgesehen ist.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren, in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, - außer in dem im Abs. 2 angeführten Fall - immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 67d AVG kann der Asylgerichtshof ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), entgegensteht.
Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
3.2. Dem angefochtenen Bescheid ist ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesasylamt vorangegangen und schließt sich die Berufungsbehörde den dort getroffenen Feststellungen an.
3.3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, da gemäß § 67d AVG iVm. § 23 AsylGHG und § 41 Abs. 7 AsylG der Sachverhalt im Verfahren vor dem Asylgerichtshof dann als aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt anzusehen ist, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter Weise behauptet wird.
Die Berufungsbehörde erachtet diese Voraussetzungen als erfüllt, da die Betrachtung des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens keinen Zweifel an der Unglaubwürdigkeit der Angaben des BFs aufkommen lassen und dieser auch im Beschwerdeschriftsatz keine Angaben machte, die geeignet gewesen wären, dieses Bild zu entkräften oder die Beurteilung der belangten Behörde zweifelhaft erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406; 23.11.2006, 2005/20/0477; 23.11.2006, 2005/20/0517; 23.11.2006, 2005/20/0551; 23.11.2006, 2005/20/0579).
Auch auf Art. 6 Abs. 1 EMRK basierende Hinderungsgründe liegen nicht vor.
3.4. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides
3.4.1. Zu § 3 AsylG ( Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich eine Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
Das Verwaltungsverfahren im Asylverfahren sieht neben der allgemeinen Manuduktionspflicht des AVG (§ 13a leg. cit.) eine Reihe weiterer verfahrenssichernder Maßnahmen vor, um einerseits der Verpflichtung nach § 37 AVG nachhaltig Rechnung zu tragen, sowie andererseits um die in einem solchen Verfahren oft schwierigen Beweisfragen zu klären. Daher ist die erkennende Behörde auch auf die Verwertung allgemeiner Erfahrungssätze angewiesen. Die Bildung von solchen Erfahrungssätzen ist aber nicht nur zu Gunsten des Asylwerbers möglich, sondern sie können auch gegen ein Asylvorbringen sprechen.
Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).
Der Asylgerichtshof schließt sich im Zusammenhang mit der Frage der Glaubwürdigkeit des BF den Ausführungen der belangten Behörde an. Wie bereits die Erstbehörde festgestellt hat, sind im konkreten Fall Verfolgungen durch staatliche Stellen in Indien nicht anzunehmen, wofür die - nach der Aussage des BF - problemlose legale Ausreise aber auch seine im Verfahren gleichlautenden diesbezüglichen Bestätigungen sprechen. Auch in der Beschwerde erfolgte kein entsprechendes Vorbringen. Die in der Beschwerde enthaltenen Berichte über die Todesstrafe, über Ausschreitungen im Jahr 2002, über Bombenanschläge, über Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten im Zeitraum 1984 bis 1994, über andauernde gerichtliche Streitigkeiten um Entschädigungen nach einem 22 Jahre zurückliegenden Giftgasunfall sowie Auszüge aus einem Bericht von Amnesty International über menschenrechtswidrige Haftbedingungen stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF und sind daher auch nicht geeignet, dieses zu belegen.
Zur Glaubwürdigkeit des BF ist festzuhalten, dass seine Aussagen im Laufe des Verfahrens mehrfach Widersprüche und Unplausibilitäten enthalten. Bezüglich seiner Ausreise aus Indien hat er einmal angegeben, dass seine Fahrt nach New Delhi und der Weiterflug nach Moskau am selben Tag stattgefunden hätten, ein anderes Mal gab er an, dass der Flug nach Moskau erst am nächsten Tag erfolgt wäre.
Die angegebene Verfolgung durch Private, konkret durch Mitglieder der CP, umfasst nach Aussagen des BF zwei Vorfälle, wobei es diesbezüglich, wie das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, bei den Aussagen des BF zu mehreren Widersprüchen gekommen ist. Bei der Einvernahme am 17.01.2006 vor dem Bundesasylamt EAST - Ost verneinte der BF die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei und gab an, er wäre nur seit den Wahlen im März 2005 ein "Unterstützer" der INLD gewesen. Im Gegensatz dazu gab er am 10.10.2007 vor dem Bundesasylamt Außenstelle Eisenstadt und nunmehr in der Beschwerde an, dass er schon seit seinem Studium im Jahr 2003 Mitglied der INLO wäre. Die konkreten Vorfälle selbst wurden bei Beibehaltung der ungefähren Zeitpunkte in ihrer zeitlichen Abfolge unterschiedlich dargestellt, ebenso wurden beim Umfang der Übergriffe abweichende Angaben gemacht. Der Vorfall betreffend die Fensterscheiben seines PKW wurde in der Einvernahme am 17.01.2006 mit April 2005 und jener beim BF zu Hause mit Mai 2005 datiert, wohingegen laut Einvernahme am 10.10.2007 die Vorfälle zeitlich in umgekehrter Reihenfolge stattgefunden hätten.
Nach Aussagen des BF hat er erst im Mai 2005 die Vorfälle bei der Polizei angezeigt, obwohl der erste Vorfall bereits im April 2005 stattgefunden hätte, so stellen sich mit Blick auf die angeblich erheblichen Sachbeschädigungen die Fragen, warum eine Anzeige erst anlässlich des zweiten Vorfalles erfolgte und warum es trotz umfangreicher Schäden zu keinen polizeilichen Ermittlungen gekommen sein soll.
Auch die Aussage des BF, die Polizei hätte nichts unternommen, erscheint in Hinblick auf die angegebenen Schäden wenig glaubwürdig, zumal Ermittlungen durchaus auch ohne Wissen eines Geschädigten stattfinden können. Dem Asylgerichtshof erscheint es zweifelhaft, ob überhaupt eine Anzeige gemacht wurde, ob die geltend gemachten Schäden tatsächlich eingetreten sind, aber auch ob die indischen Behörden trotz Anzeige angesichts dieser Schäden wirklich untätig geblieben wären bzw. sind.
Dazu kommen noch die Aussage des BF, er würde den Namen eines Freundes, der mit ihm bei dem einen Vorfall im Auto gesessen wäre, nicht kennen, ebenso wie die unterschiedlichen Altersangaben betreffend die Eltern des BF (beide 62 Jahre bzw. beide 43 Jahre). Die angeführten Widersprüche und Unschlüssigkeiten lassen in einer Gesamtschau in Übereinstimmung mit der Bewertung durch die Erstbehörde eine Glaubwürdigkeit des BF in seinen Angaben betreffend sein Fluchtvorbringen nicht annehmen.
Für den Fall, dass das Vorbringen des BF bezüglich privater Verfolgung den Tatsachen entspricht, wäre es dem BF zuzumuten, sich an die indischen Behörden zu wenden, um nötigenfalls Schutz zu finden. Ein solcher Schutz kann zwar nicht lückenlos bestehen, doch kann ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden, weshalb dem Fehlen eines solchen auch keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, 99/20/0177).
Zum Vorbringen in der Beschwerde betreffend innerstaatliche Fluchtalternative ist festzuhalten, dass, da der BF angab, sich kurz nach den vorgebrachten Vorfällen bei seinem Onkel, 30 Kilometer von seinem Heimatdorf entfernt, sicher gefühlt zu haben und es seinen Aussagen zufolge auch zu keinen weiteren Bedrohungen kam, eine Gefährdung, die sich aufs gesamte Staatsgebiet Indiens erstreckt, nicht anzunehmen ist. Der belangten Behörde ist daher insofern zuzustimmen, als der BF, selbst bei Zutreffen seines Fluchtvorbringens, in einem anderen Teil Indiens Schutz vor Verfolgung finden kann.
Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern, besitzt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem und die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den BF kann daher ausgegangen werden.
Hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher der Beschwerde nicht Folge zu geben.
3.4.2. Zu § 8 AsylG ( Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des BF in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Wie schon unter 3.4.1. zu Spruchpunkt I ausgeführt, haben sich im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte gefunden, die zu einem anderen Ergebnis als im erstinstanzlichen Bescheid führen würden.
Nach Aussagen des BF verfügt er über eine Landwirtschaft, die weitergeführt wird. Dies in Verbindung mit den angegebenen Waisenrenten seiner Geschwister lassen annehmen, dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr in seinen Heimatstaat dort nicht in eine aussichtlose Situation geraten würde.
3.4.3. Zu § 10 AsylG (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Der BF ist in seiner Beschwerde der vom Bundesasylamt zu Spruchteil III des angefochtenen Bescheides gegebenen Begründung nicht substantiiert entgegengetreten. Eine Rechtswidrigkeit dieses Spruchteiles ist nicht zu erkennen, zumal der BF auch während des Beschwerdeverfahrens keine allfällige relevante Änderung seiner diesbezüglichen Lebensumstände angezeigt hat.
Somit haben sich im Fall des BF keine Anhaltspunkte ergeben, die bei einer Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK zur Annahme einer Verletzung der genannten Bestimmung und somit zu einer Unzulässigkeit der Ausweisung führten. Familiäre Anknüpfungspunkte des BF in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt ebenso wenig erkennbar wie eine außergewöhnliche Integration. Die Ausweisung stellt daher keinen unzulässigen Eingriff in eine gemäß Art. 3 oder Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition dar. Aufgrund der illegalen Einreise des BF in das österreichische Bundesgebiet überwiegt im vorliegenden Fall vielmehr das öffentliche Interesse am Vollzug eines geordneten Fremdenwesens gegenüber jenem des BF am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.