TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/13 E9 309399-1/2008

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Veröffentlicht am 13.10.2008
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Spruch

E9 309.399-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. R. Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. H. Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde des E.R., geb. 00.00.1964, StA. Türkei, (vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas Reichenvater) gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.1.2007 FZ. 06 02.555-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer (BF), seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 3.3.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Asylantrag.

 

Das BAA hat den Asylantrag gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs 4 AsylG bis zum 12.1.1008 erteilt (Spruchpunkt III.).

 

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des konkreten Inhaltes der Beschwerde, der bei den Erwägungen des Asylgerichtshof berücksichtigt wurde, wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

 

Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung wird hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.

 

2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof - von hier nicht zutreffenden Ausnahmefällen abgesehen - in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Das gegenständliche Verfahren war am 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und es hat noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Zuständigkeit des erkennenden Senates ergibt sich sohin gemäß § 75 Abs 7 Z 2 AsylG 2005 aus der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes.

 

Nach § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005 und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Dies gilt laut den Gesetzesmaterialien (vgl. AB 371 XXIII. GP) auch für zusammengesetzte Begriffe, die den Wortbestandteil "Berufung" enthalten (zB "Berufungsbehörde" oder "Berufungsantrag" in §§ 66 und 67 AVG).

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde (iSd § 23 AsylGHG also der Asylgerichtshof als Beschwerdebehörde), wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde (Beschwerdebehörde) jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Eine kassatorische Entscheidung darf vom Asylgerichtshof nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Das Gericht hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa VwGH 14.3.2001, 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084).

 

Das BAA erachtete es als schlüssig und durch Zeugen belegt, dass der BF in der Türkei durch Repressalien des Militärs sein Vermögen verloren hat und er deshalb die Türkei verließ. Weiters, dass ihm bei einer Rückkehr durch die unterstellte Unterstützung der PKK neuerlich Verdächtigungen und daher Repressalien seitens des Militärs drohen würden.

 

Die belangte Behörde führte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen aus, dass eine "bloße wirtschaftlich problematische Situation" die Gewährung von Asyl nicht rechtfertige und erkannte ihm jedoch den Status eines subsidiär Schutzberechtigten, unter Hinweis auf die beweiswürdigenden Ausführungen, zu.

 

Hinsichtlich des angefochtenen Spruchpunktes I. verkannte das BAA die Rechtslage. Für die Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes im Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes kommt es darauf an, ob dieser mit einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe im Zusammenhang steht. Dies kann auch nur dann als als Verfolgung gewertet werden, wenn damit eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage verbunden wäre (vgl VwGH 17. Juni 1992, Zlen 92/01/0207, 0208; 31. 3. 1993, 92/01/0717).

 

Das BAA erachtete es als glaubhaft, dass dem BF existenzgefährdende Repressalien seitens des Militärs - und damit durch den Staat - drohen würden. Dabei wird übersehen, dass diese im Wesentlichen im Zusammenhang mit einer unterstellten politischen Gesinnung bzw. auch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit stehen, womit eine Anknüpfung an ein GFK-relevantes Motiv gegeben wäre.

 

Gemäß § 3 AsylG 2005 ist die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten jedoch nur dann möglich, wenn keine innerstaatliche Fluchtalternative (§11) zur Verfügung steht:

 

§ 11. (1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art.1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

Dem Vorbringen des BF ist zu entnehmen, dass es sich hier um ein regionales Problem in seiner Heimatregion handelt (zB. AS 77:"....ich wurde dort wo meine Heimat ist nicht geduldet."; "Weil ich Kurde bin und ich in dieser Gegend ein Arbeitgeber bin will mich das Militär vertreiben"; AS 111: ".....man versucht uns bewusst von dort zu vertreiben"). Ein überregionales Interesse iSe auf den ganzen Staat bezogene "Verfolgungsgefahr" kann seinem Vorbringen nicht hinreichend entnommen werden. Auch seitens der unterstellten Nähe zur PKK kam es offensichtlich über die Jahre hinweg zu keinem Verfahren, woraus man vertretbarerweise auf die mangelnde Ernstlichkeit des "Vorwurfes" schließen könnte, denn ansonsten käme es dem Amtswissen nach in solchen Fällen jedenfalls zur Einleitung eines Strafverfahrens, was aber vom BF weder bescheinigt, noch konkret und substantiiert dargelegt wurde.

 

Seinen eigenen Angaben nach hat der BF offensichtlich auch schon von einer innerstaatlichen Fluchtalternative Gebrauch gemacht. Er ist nämlich von seiner Heimatregion nach Istanbul gereist, wo er sich rund 1 Woche lang vor seiner Ausreise aufgehalten hat. Damit hat er schon gezeigt, dass es wohl seinen eigenen Vorstellungen nach zumindest ein Gebiet gibt welches für ihn erreichbar und der Aufenthalt zumutbar ist. So führt zB. auch der Bericht des deutschen auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 25.10.2007 zum Lebensraum der Kurden in der Türkei folgendes aus:

 

"Ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei (72 Millionen) - also ca. 14 Millionen Menschen - ist zumindest teilweise kurdischstämmig. Im Westen der Türkei und an der Südküste lebt die Hälfte bis annähernd zwei Drittel dieser Kurden: ca. drei Millionen im Großraum Istanbul, zwei bis drei Millionen an der Südküste, eine Million an der Ägäis-Küste und eine Million in Zentralanatolien. Rund sechs Millionen kurdischstämmige Türken leben in der Ost und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Nur ein Teil der kurdischstämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen Sprachen mächtig. Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus."

 

Das BAA hat hinsichtlich der Situation, insbesondere jener der Kurden, keinerlei Ermittlungen getätigt bzw. Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung einer innerstaatlichen Fluchtalternative für Kurden zulässt. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476).

 

Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass das BAA den maßgeblichen Sachverhalt für die Klärung dieser wesentlichen Frage festgestellt hat.

 

Die belangte Behörde hat nunmehr unter Zugrundelegung aktueller Berichte, die dem BF auch mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu Gehör zu bringen sind, sich damit auseinanderzusetzen und in Zusammenschau mit seiner individuellen Situation zu prüfen, ob für den BF ein hinreichend sicheres Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Verfügung steht und ihm die Inanspruchnahme auch zumutbar ist.

 

Im Rahmen der Zumutbarkeit hat sich die Behörde insbesondere mit der zu erwartenden Lebenssituation auseinanderzusetzen. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass es sich beim BF um einen gesunden Mann im erwerbsfähigen Alter handelt, der sowohl in Österreich (5 Brüder) als auch in der Türkei (darunter zB. erwachsene Kinder, seine Mutter, seine geschiedene Gattin) über Familienangehörige verfügt. Der BF ist sogar in der Lage die notwendigen Mittel für die anwaltliche Vertretung in Österreich aufzutreiben. Sein bisheriger Lebenslauf ist gezeichnet von großer beruflicher Erfahrung, darunter auch mehrjährige selbständige Tätigkeit insbesondere als Arbeitgeber. Er verfügt über Schulbildung und aus seinem langjährigen Aufenthalt in Österreich kann geschlossen werden, dass er neben seiner Heimatsprache auch die deutsche Sprache einigermaßen beherrscht, was auch bei der Arbeitsplatzsuche der allgemeinen Lebenserfahrung nach von Vorteil ist.

 

Auch wenn er in der Türkei als Unternehmer tätig war, so wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar, auch durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Familienangehörige im In- und Ausland, sonstige Verwandte, Hilfsorganisationen etc - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in der Türkei gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass auch in der Türkei das nobelpreisgekrönte Mikrokreditsystem zur Armutsbekämpfung zur Verfügung steht, zB uva. über die türkische Caritas (vgl. http://www.devdir.org/files/Turkey.PDF).

 

Durch die gegenständliche Ergänzungsbedürftigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wäre nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine mündliche Verhandlung durch die Berufungsbehörde unvermeidlich.

 

Von der durch § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde (Beschwerdebehörde) eingeräumten Möglichkeit, die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme selbst durchzuführen, wenn "hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist", war im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht Gebrauch zu machen:

 

Gemäß Art 129c B-VG erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges (unter anderem) über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen.

 

Bereits aus dieser Bestimmung ist einleuchtend, dass es dem Bundesasylamt als erster und einziger Instanz im Asylverfahren zukommt, den gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Dies hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.09.2004, 2001/20/0315, bereits im Zusammenhang mit dem unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt und hat sich an diesem Grundsatz nichts geändert. Vielmehr würde die Beschwerdemöglichkeit des Asylwerbers an den Asylgerichtshof andernfalls zu einer bloßen Formsache degradiert werden, wenn letzterer, statt seine "umfassende und letztinstanzliche" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Instanz ist, die erstmals den gesamten entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Dies gilt umso mehr nach dem der Verwaltungsgerichtshof in Asylsachen grds. keine einzelfallbezogene Kontrollbefugnis mehr hat und diese hinsichtlich einfachgesetzlicher Verletzungen nunmehr dem Asylgerichtshof zukommt. Würde man gegenteilige Ansicht vertreten, - nämlich dass der Asylgerichtshof jenes Organ ist, das erstmals den maßgeblichen Sachverhalt feststellt, so würde dem Asylwerber im Hinblick auf einfachgesetzliche Verletzungen eine Kontrollinstanz de facto entzogen werden.

 

Dies spricht auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der Beschwerdeinstanz beginnen und zugleich enden soll, für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2.

 

Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall das dem Asylgerichtshof gemäß § 66 Abs. 2 und 3 AVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung zu üben. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Berufungswerbers gegen eine Kassation des erstinstanzlichen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

 

III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Es konnte hier eine mündliche Verhandlung gemäß § 67d Abs 4 AVG entfallen, da eine verfahrensrechtliche Entscheidung zu fällen war, die mündliche Erörterung der Sachlage eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten ließ und dem auch Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht entgegen stand.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
04.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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