E5 224.863-0/2008-9E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Grabner-Kloibmüller als Vorsitzende und den Richter Mag. Habersack als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. AHORNER über die Beschwerde der A.B., geb. 00.00.1963, StA. Türkei, vertreten durch RA Dr. KOCHER Klaus, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.10.2001, FZ. 01 16.078-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. 1.Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin gab an, eine Staatsangehörige der Türkei türkischer Abstammung zu sein und beantragte am 13.07.2001 die Gewährung von Asyl. Sie wurde hiezu am 09.10.2001 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.10.2001, FZ. 01 16.078-BAG, wurde der Asylantrag in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG abgewiesen; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Türkei gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Gegen diesen am 31.10.2001 dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 14.11.2001 fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.
Am 08.10.2008 führte der Asylgerichtshof in der Sache der Beschwerdeführerin eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde der Beschwerdeführerin einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung in der Türkei anhand vorliegender Länderdokumentationsunterlagen erörtert.
I.2. Sachverhalt:
I.2.1. Die Beschwerdeführerin stammt aus der Türkei. Sie ist türkischer Abstammung und gehört dem islamischen Glauben an. Geboren wurde die Beschwerdeführerin im Dorf A., wo sie auch aufwuchs. Die Beschwerdeführerin lebte bis 1994 gemeinsam mit ihren beiden Kindern in ihrem Heimatdorf. In den Jahren 1994 bis 2001 lebte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit einer Freundin in Istanbul. Erst im Jänner 2001 kehrte sie nach U. zurück, wo sie bis zu ihrer Ausreise bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohnte. Die Beschwerdeführerin vermochte sowohl in A. als auch in Istanbul selbständig für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Die Eltern und ihre neuen Partner sowie die Schwester der Beschwerdeführerin leben nach wie vor in der Türkei. Der Ex-Ehegatte der Beschwerdeführerin und ihre beiden Kinder sind in Österreich aufhältig.
Die Beschwerdeführerin wurde in der Türkei mit Urteil des Strafgerichtes U. vom 00.00.1996 wegen Körperverletzung zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Jahr 2001 wurde sie amnestiert.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der Türkei eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder die Todesstrafe droht oder der Beschwerdeführerin in der Türkei die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre.
I.2.2. Zur Lage in der Türkei wird festgestellt:
Überblick
Die Türkei betrachtet sich als Modell eines laizistischen Staates mit überwiegend islamischer Bevölkerung. Ein herausragendes politisches und für die gesamte Türkei wegweisendes Ereignis der letzten Jahrzehnte ist der Beginn von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei zum 03.10.2005. In ihrem Fortschrittsbericht vom 08.11.2006 greift die EU-Kommission vor allem drei Kritikpunkte auf:
mangelnde Flexibilität in der Zypernfrage und Defizite bei der Meinungs- und Religionsfreiheit sowie bei den Minderheitenrechten. Nach dem Beschluss der Staats- und Regierungschefs der EU vom Dezember 2006 wurden die Verhandlungen von acht der 35 Verhandlungskapitel eingefroren. Auf ein Ultimatum im Zypernstreit wurde verzichtet; die Türkei wird aber weiter dazu gedrängt, ihre Häfen und Flughäfen für die Republik Zypern zu öffnen, die seit Mai 2004 EU-Mitglied ist. Unter deutscher EU-Präsidentschaft wurden im ersten Halbjahr 2007 insgesamt drei weitere Verhandlungskapitel eröffnet. Bei den Parlamentswahlen vom 22.07.2007 hat die regierende AKP von MP Erdogan mit knapp 46,62 % der abgegebenen Stimmen (340 Sitze) einen historischen Sieg errungen, Wahlverlierer ist die CHP von Oppositionsführer Baykal mit 20,88 % (112 Sitze). Als weitere Partei zog die MHP (14,27%, 71 Sitze) sowie 26 unabhängige Kandidaten (davon 22 von der kurdennahen DTP) ins Parlament ein. Die Regierung Erdogan kann sich weiterhin auf eine stabile Parlamentsmehrheit stützen. Es wird erwartet, dass sie den Reformkurs fortführt. Am 28.08.2007 wurde der bisherige Außenminister Abdullah Gül im dritten Wahlgang mit 339 (von 267 erforderlichen) Stimmen zum elften Staatspräsidenten der Türkei gewählt. Die vorgezogenen Parlamentswahlen, die anschließende Wahl des Präsidenten und die zügige Regierungsbildung haben zu einer Beruhigung und Konsolidierung der innenpolitischen Lage geführt. Sowohl Staatspräsident Gül als auch Ministerpräsident Erdogan kündigten eine Fortsetzung der Reformpolitik an.
Nach Jahren relativer Stabilität erlebte die Türkei im Zusammenhang mit den gescheiterten Präsidentschaftswahlen im Mai 2007 eine Phase innenpolitischer Polarisierung. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 22.07.2007 trat eine Beruhigung der Lage ein. Die anschließende erfolgreiche Wahl eines Präsidenten und die Regierungsbildung trugen zu einer weiteren Konsolidierung bei. Im Osten und Südosten der Türkei kommt es weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften; der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung wurde mit Wiedererstarken des PKKTerrorismus lauter.
Exilpolitische Aktivitäten
Nur türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben, laufen Gefahr, dass sich die türkischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen, wenn sie in die Türkei einreisen. Es ist davon auszugehen, dass sich eine mögliche strafrechtliche Verfolgung durch den türkischen Staat insbesondere auf Personen bezieht, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden. Öffentliche Äußerungen, auch in Zeitungsannoncen oder -artikeln, sowie Beteiligung an Demonstrationen, Kongressen, Konzerten etc. im Ausland zur Unterstützung kurdischer Belange sind nach türkischem Recht nur dann strafbar, wenn sie als Anstiftung zu konkret separatistischen und terroristischen Aktionen in der Türkei oder als Unterstützung illegaler Organisationen gemäß der gültigen Fassung des türkischen Strafgesetzbuches gewertet werden können. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts haben die türkischen Strafverfolgungsbehörden in der Regel nur ein Interesse an der Verfolgung im Ausland begangener Gewalttaten bzw. ihrer konkreten Unterstützung. Dazu gehört auch die Mitgliedschaft in der PKK.
Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis
Die in der Vergangenheit von Schwerfälligkeit, Ineffizienz, Unberechenbarkeit und Strenge geprägte türkische Strafjustiz hat sich verbessert. Im Strafrecht- und Strafprozessrecht kam es in den vergangenen Jahren zu umfassenden gesetzgeberischen Änderungen und Novellierungen. In der Rechtspraxis wurden ebenfalls wesentliche Verbesserungen festgestellt, ohne dass dabei aber das Tempo der anderen gesetzgeberischen Reformen erreicht werden konnte. Bei allen Mängeln, die der türkischen Justiz noch anhaften (z.B. lange Verfahrensdauer), sind Bestrebungen unverkennbar, rechtstaatliches Handeln durchzusetzen. Einzelne Vorkommnisse und Entscheidungen von Justizorganen lassen bisweilen an dieser Einschätzung zweifeln. Es zeigt sich jedoch, dass sich im Gegensatz zu früher staatsanwaltliches Unrecht nicht halten lässt, sondern revidiert wird. Dies erfordert bisweilen jedoch beträchtliche Gegenwehr der Betroffenen.
Die Umsetzung von Urteilen des Europäischen Menschengerichtshofs durch die Türkei hat sich deutlich verbessert. Der Europäische Menschengerichtshof spielt in der Türkei eine wichtige Rolle, da er wegen Fehlens einer Individual-Verfassungsbeschwerde in vielen Fällen angerufen wird. Auch deshalb ist die Zahl der die Türkei betreffenden Verfahren sehr hoch; auch 2006/2007 wurde die Türkei wieder in einer Reihe von Verfahren wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Leben und wegen Verstoßes gegen das Folterverbot verurteilt. Die Verurteilungen der Türkei betreffen in der Regel Fälle, deren Sachverhalte mehrere Jahre zurückliegen, so dass aus den Verurteilungen nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nur bedingt Schlüsse auf die aktuelle Praxis der Verwaltung und Justiz gezogen werden können.
Markante Fortschritte in der Menschenrechtslage konnten durch die Gesetzes- und Verfassungsänderungen der letzten Jahre sowie weitere Reformmaßnahmen (z.B. Justizreformen) erzielt werden; dadurch wurde ein Mentalitätswandel bei großen Teilen der Bevölkerung eingeleitet. Es wird von den Menschenrechtsorganisationen mitgeteilt, dass Fälle schwerer Folter (z.B. mit sichtbaren körperlichen Verletzungen) nur noch vereinzelt vorkommen. Ihre Zahl lag in den letzten Jahren nach Angaben der Menschenrechtsorganisationen im unteren einstelligen Bereich, wird aber neuerdings nicht mehr gesondert erfasst. Hinweise auf einen Anstieg gibt es auch nach inoffiziellen Angaben nicht. Die überwiegende Zahl der angezeigten Fälle betreffen z.B. Beleidigungen, Drohungen und Einschüchterungen, zu langes Festhalten, Vorenthalten eines Toilettenbesuchs bis hin zu Drohungen mit Tötung.
Sippenhaft
In der Türkei gibt es keine "Sippenhaft" in dem Sinne, dass Familienmitglieder für die Handlungen eines Angehörigen strafrechtlich verfolgt oder bestraft werden. Die nach türkischem Recht aussagepflichtigen Familienangehörigen - etwa von vermeintlichen oder tatsächlichen PKK-Mitgliedern oder Sympathisanten - werden allerdings zu Vernehmungen geladen, z.B. um über den Aufenthalt von Verdächtigen befragt zu werden. Werden Ladungen nicht befolgt, kann es zur zwangsweisen Vorführung kommen.
Blutrache
Im Staatsanzeiger Resmi Gazete (veröffentlicht am 04.07.2006) wurde ein Runderlass von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan über Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt gegen Kinder und Frauen sowie von sogenannten "Ehrenmorden" veröffentlicht. Die diesbezüglichen "schädlichen Traditionen und Ansichten" sollen durch Bildung und Aufklärung aus der Welt geschafft werden. Derartige Verbrechen sind laut Hürriyet "eines der größten Probleme der Türkei". Mit dem Erlass werden verschiedene Generaldirektionen angewiesen, in Zusammenarbeit mit den ihnen unterstellten Behörden Vorschläge zum Schutz von Minderjährigen und Maßnahmen gegen Gewalt sofort umzusetzen.
Das neue Strafgesetzbuch berücksichtigt verstärkt den Schutz von Frauen und regelt Straftaten wie "Ehrenmorde" und Vergewaltigung (auch in der Ehe). Für strafmündige Täter ist keine Privilegierung für solche Morde mehr enthalten; es enthält im Gegenteil die Möglichkeit zur Strafverschärfung. Das tStGB enthält jedoch keine Definition des "Ehrenmords". In Art 82 tStGB wird Blutrache (Kan gütme saikiyle) ausdrücklich als Mord unter Strafe gestellt (mit erschwerter lebenslanger Freiheitsstrafe). Der Begriff "Ehrenmord" (namus cinayeti) findet sich aber nicht im Gesetzestext (der Begriff namus bezieht sich allein auf die Ehre, die durch das sexuelle Verhalten der Frau bestimmt wird).
Eine Untersuchung der Polizei aus dem Jahr 2006 besagt, dass zwar die meisten Täter und ihre Opfer aus dem Osten und Südosten der Türkei stammten, die meisten Morde jedoch in der reichen Marmara- und Ägäisregion sowie in den großen Städten verübt worden seien. Insgesamt zählt der Bericht 1.190 Ehrenmorde und Blutrachedelikte in den Jahren 2001 bis 2006. Während die überwiegende Zahl der Täter eindeutig Männer seien (1.413 Männer, 180 Frauen), habe es 710 männliche und 480 weibliche Opfer gegeben. Die Statistik bezieht neben klassischen Ehremorddelikten auch Familienfehden, sexuelle Belästigung und Vergewaltigung mit ein, was die hohe männliche Opferzahl erklärt. Männer können ebenso wie Frauen Opfer eines "klassischen Ehrmordverbrechens" sein. Vor allem aber sind Männer Ziel von Verbrechen im Rahmen von Familienfehden (Blutrache). Hierbei ist manchmal nicht mehr zu erkennen, aus welchem Motiv die Tat begangen wurde. Wie auch ein Pressebericht des Bundeskriminalamtes bestätigt, kann eine Verletzung der "Geschlechtsehre" Auslöser für ein Blutracheverbrechen sein.
Im Türkischen muss zwischen den Begriffen "töre" und "namus" unterschieden werden. Während "töre" Sitten/Ehre im Allgemeinen bedeutet, bezieht sich "namus" allein auf die Ehre, die durch das sexuelle Verhalten der Frau bestimmt wird.
Grundversorgung
Die Lebensverhältnisse in der Türkei sind weiterhin durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt. Der Abwanderungsdruck aus dem Südosten in den Süden und Westen der Türkei und in das Ausland hält an. Angesichts einer Beruhigung der Lage in Teilen des türkischen Südostens in den vergangenen Jahren und wegen der schwierigen Lebensbedingungen und hohen Arbeitslosigkeit in den Armutsgebieten der großen Städte nahm zuletzt jedoch auch die Zahl der Rückkehrer in die Provinzstädte und Dörfer im Osten und Südosten der Türkei wieder zu. Das Wirtschaftswachstum betrug für das Jahr 2006 6% (im Jahr 2005 lag es bei 7,6%). Kumuliert hat der permanente Aufschwung der türkischen Wirtschaft seit der Wirtschaftskrise vor sechs Jahren ein Wachstum von 50% eingebracht. Die Inflation ist im Jahr 2006 auf 9,65% gestiegen, nachdem sie 2005 mit ca. 7,7% (Verbraucherpreise) den niedrigsten Wert seit über 30 Jahren erreicht hatte.
Medizinische Versorgung
In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitseinrichtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standard entsprechen. Das türkische Gesundheitssystem verbessert sich laufend. Die Behandlung psychischer Erkrankungen, einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) ist in allen Krankenhäusern der Türkei möglich, die über eine Abteilung für Psychiatrie verfügen. Für die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) werden in der Türkei die international anerkannten Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV angewandt. Zu Behandlungskonzepten zählen u.a. Psychotherapie mit Entspannungstraining, Atemtraining, Förderung des positiven Denkens und Selbstgespräche, kognitive Therapie, Spieltherapie sowie Medikationen wie Antidepressiva und Benzodiazepine. Eine Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) ist grundsätzlich auch über die Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) möglich.
Behandlung von Rückkehrern
Ist der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Gleiches gilt, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen kann oder aus seinem Reisepass ersichtlich ist, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufgehalten hat. Die Einholung von Auskünften kann je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt wird, einige Stunden dauern. In neuerer Zeit wurde dem Auswärtigen Amt nur ein Fall bekannt, in dem eine Befragung bei Rückkehr länger als mehrere Stunden dauerte. Besteht der Verdacht einer Straftat, werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wehrdienstflüchtige haben damit zu rechnen, gemustert und ggf. einberufen zu werden (u.U. nach Durchführung eines Strafverfahrens). Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Suchvermerke zu früheren Straftaten oder über Wehrdienstentziehung von den zuständigen türkischen Behörden versehentlich nicht gelöscht worden waren, was bei den Betroffenen zur kurzzeitigen Ingewahrsamnahme bei Einreise führte.
Das Auswärtige Amt hat in den vergangenen Jahren Fälle, in denen konkret Behauptungen von Misshandlung oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnter Asylbewerber) vorgetragen wurden, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen überprüft. Dem Auswärtigen Amt ist seit vier Jahren kein Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt wurde. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen haben explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohen. Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, schließt das Auswärtige Amt aus.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vor der Erstbehörde, den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz sowie durch öffentlich mündliche Verhandlung der Beschwerdesache und durch Berücksichtigung nachstehender Länderdokumentationsunterlagen:
Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, 25.10.2007.
EU-Kommission, Türkei Fortschrittsbericht 2007, 06.11.2007.
Annual Report of the United States Commission on International Religious Freedom, Mai 2008.
Home Office, Country of Origin Information Report, Turkey, 31.12.2007
BAMF, Türkei, August 2006
BAMF, Türkei, Jänner 2008
I.3. Beweiswürdigend wird ausgeführt:
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:
Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität der Beschwerdeführerin sowie hinsichtlich ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet und des Datums ihrer Asylantragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem von der Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Nüfus, ausgestellt am 24.01.2001 durch das Personenstandsamt B..
Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den Familienverhältnissen der Beschwerdeführerin gründen sich auf deren in diesen Punkten glaubwürdige Angaben im Asylverfahren.
Die festgestellte Verurteilung ergibt sich aus dem vorgelegten Urteil des Strafgerichtes U., wohingegen bezüglich der Amnestierung im Jahr 2001 den diesbezüglich glaubwürdigen Ausführungen der Beschwerdeführerin gefolgt wird.
Was hingegen die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe betrifft, so ist Folgendes auszuführen:
Die Beschwerdeführerin brachte zur Begründung ihrer Ausreise aus der Türkei vor, dass sie im Jahr 1994 einen Mann mit einer Jagdwaffe verletzt habe und aus diesem Grund zu einer Haftstrafe verurteilt worden sei, die sie bis heute nie angetreten habe. Sie habe sich bis 2001 in Istanbul aufgehalten und sei erst nach ihrer Amnestierung im Jahr 2001 wieder nach U. zurückgekehrt. Dort sei sie von den Familienangehörigen ihres Opfers mit dem Umbringen bedroht worden. Dies habe sie zu ihrer Ausreise veranlasst.
Den Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Verurteilung und Amnestierung wird seitens des Asylgerichtshofes gefolgt, obschon es eigenartig anmutet, dass die Beschwerdeführerin die über sie verhängte Haftstrafe - laut eigenen Angaben - nicht angetreten habe. Diesbezügliche Ausführungen können jedoch unterbleiben, zumal die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang keinerlei Probleme mit dem türkischen Staat bzw mit den türkischen Behörden vorgebracht hat. Dies wird auch dadurch untermauert, dass sich die Beschwerdeführerin am 24.01.2001 in B. einen neuen Nüfus hat ausstellen lassen. Diesen hätte sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erhalten, wäre sie in der Türkei behördlich oder gerichtlich gesucht worden.
Der Asylgerichthof vermag jedoch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei von den Angehörigen ihres Opfers mit dem Umbringen bedroht worden, nicht zu folgen. Dies deshalb da sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Drohungen in massive Widersprüche verwickelte. Vor dem Bundesasylamt führte sie nämlich aus, dass sie telefonisch von den drei Brüdern ihres Opfers bedroht worden sei, als sie im Jahr 2001 wieder nach U. zurückgekehrt sei. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung führte die Beschwerdeführerin hingegen aus, dass die drei Söhne des Opfers gesagt hätten, dass wenn sie zurückkehre, sie umgebracht werde. Persönlich sei sie von diesen Personen jedoch nie bedroht worden, sie habe von den Drohungen durch Dritte erfahren. Den Widerspruch zwischen dem erstinstanzlichen Vorbringen und den Ausführungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vermochte die Beschwerdeführerin nicht aufzulösen. Eine plausible Begründung, weshalb die Familienangehörigen des Opfers trotz deren Verurteilung nach dem Leben der Beschwerdeführerin trachten sollten, vermochte sie nicht zu geben. Auch ist es nicht schlüssig, dass sich die Beschwerdeführerin unbehelligt sieben Jahre in Istanbul aufzuhalten vermochte, ohne dass sie von den Familienangehörigen ihres Opfers bedroht worden sei. Ob der Unplausibilität und Widersprüchlichkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin muss die Glaubwürdigkeit versagt werden. Aus diesem Grund ist es auch entbehrlich, dass sich der Asylgerichtshof mit dem Thema Blutrache näher auseinandersetzt.
Der Asylgerichtshof gewann vielmehr den Eindruck, dass die Beschwerdeführerin lediglich aufgrund ihrer Kinder, welche sich ebenfalls seit dem Jahr 2001 in Österreich aufhalten, aus der Türkei ausgereist ist.
Hinsichtlich der Wiedereinreise in die Türkei ist auszuführen, dass, wenn der türkischen Grenzpolizei bekannt ist, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen wird, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Das Auswärtige Amt hat in den vergangenen Jahren Fälle, in denen konkret Behauptungen von Misshandlung oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnter Asylbewerber) vorgetragen wurden, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen überprüft. Dem Auswärtigen Amt ist seit vier Jahren kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnter Asylwerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt wurde.
Die allgemeinen Feststellungen resultieren aus den behördlicherseits erhobenen Fakten aufgrund vorliegender Länderdokumentationsunterlagen. Die Länderfeststellungen basieren auf mannigfaltigen Quellen, denen keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann. Die Beschwerdeführerin zog auch die Objektivität der herangezogenen Berichte nicht in Zweifel.
Hinsichtlich der Ausführungen in der Beschwerde ist ergänzend auszuführen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um keine Kurdin
-
wie vom rechtsfreundlichen Vertreter fälschlicherweise angenommen
-
handelt, somit ein Eingehen auf die Situation der Kurden in der Türkei unterbleiben kann. Ob der obigen Beweiswürdigung und der dichten Berichtslage die Türkei betreffend ist es entbehrlich, die in der Beschwerde geforderten Gutachten einzuholen, zumal auch nicht ausgeführt wurde, zu welchem Thema ein Gutachten notwendig sei.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
II.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs. 3 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.
II.2.1. Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
II.2.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin vermochte nämlich eine asylrelevante Verfolgung zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens anzugeben.
Sonstige Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates, insbesondere irgendeine staatliche Repression, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK kann demnach nicht erkannt werden.
Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.
II.3.1. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin ist Folgendes auszuführen:
Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1.
Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge:
FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG.) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, die Beschwerdeführerin betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).
II.3.2. Wie bereits oben ausgeführt, gelang es der Beschwerdeführerin nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, die Beschwerdeführerin liefe Gefahr, in der Türkei, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.
Es kann nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch die Beschwerdeführerin - deren Eltern und eine Schwester sich ihren Angaben zu Folge noch in der Türkei aufhalten - selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihr im Falle einer Rückführung in die Türkei jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 - fehlen würde und sie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführerin in der Türkei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit jegliche Arbeitsmöglichkeit versagt bleiben würde, zumal sie durchaus in der Lage war, vor ihrer Ausreise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.