TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/16 C4 219695-0/2008

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Veröffentlicht am 16.10.2008
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Spruch

Schriftliche Ausfertigung des am 15. 10. 2008 mündlich verkündeten Erkenntnisses

 

C4 219.695-0/2008/14E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Schlaffer als Vorsitzenden und die Richterin Mag. van Best-Obregon als Beisitzer über die Beschwerde des S.K., geb. 00.00.1980, StA. von Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.10.2000, FZ. 00 08.360-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 7, 8 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 AsylG abgewiesen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Am 04.07.2000 hat er einen Asylantrag gestellt und wurde daraufhin vom Bundesasylamt niederschriftlich befragt.

 

Hiebei brachte er im Wesentlichen vor, dass er sein Heimatland verlassen habe, weil die Polizei ihm Probleme mache. Er habe oft seinen Onkel begleitet, der Mitglied bei der Akali Dal Mann gewesen sei, er habe an Parteikundgebungen teilgenommen und auch Plakate geklebt. Angehörige der gegnerischen Partei namens Bahujan Shamaz Party (BSP) hätten ihn öfter belästigt, weil er mit der Akali Dal sympathisiert habe. Er sei daher mehrmals von den Mitgliedern der BSP aufgefordert worden, aus der Akali Dal auszutreten und in die BSP einzutreten. Der Beschwerdeführer habe das immer abgelehnt. Seit zwei Jahren würden Mitglieder der Akali Dal von der Polizei belästigt. Über Aufforderung, anzugeben, welches konkrete Problem er jetzt habe, behauptete der Beschwerdeführer, dass Angehörige der gegnerischen Partei veranlasst hätten, dass er von der Polizei verhaftet werde. Ihm sei fälschlicher Weise vorgeworfen worden, jemanden ermordet zu haben. Er wisse nicht, wen konkret er nach den Anschuldigungen ermordet hätte. Der Beschwerdeführer sei zwei Tage seitens der Polizei festgehalten worden. Die Polizei habe zu ihm gesagt, der Beschwerdeführer habe diese Person getötet. Die Polizei habe betreffend diese Person keinen Namen, keine Adresse, überhaupt keine genaue Beschreibung angegeben. Jedenfalls hätten ihn die Anhänger der gegnerischen Partei des Mordes beschuldigt und wären diese auch Zeugen des Mordes gewesen. Das habe er nachträglich von seinem Parteikollegen gehört. Er sei 2000 inhaftiert worden, nach seiner Entlassung sei er wieder nach Hause zurückgekehrt und habe dort Aufenthalt genommen. In weiterer Folge sei er wieder von der Polizei wegen des Mordes gesucht worden. Seine zweite Festnahme habe durch Parteifreunde mittels Bestechung verhindert werden können. Das sei glaublich am 15.02.2000 gewesen. Der Beschwerdeführer sei nur einfacher Sympathisant der Akali Dal gewesen, wie der aktuelle Führer heiße, wisse er nicht. Die Polizei sei noch ein drittes Mal in seinem Elternhaus gewesen, und habe ihn wegen des Mordes gesucht. Er sei allerdings nicht zu Hause gewesen. Aus diesem Grund habe seine Familie ihn zu seinem Onkel nach Delhi geschickt. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst von der Polizei verhaftet und getötet zu werden.

 

Das Bundesasylamt hat den Asylantrag mit Bescheid vom 12.10.2000, FZ. 00 08.360-BAT, abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien zulässig ist.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht berufen und hiebei im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

 

Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer in Indien von sofortiger Verhaftung, Misshandlung und dem Umbringen bedroht sei. Er habe bereits klar dargelegt, dass er auf Grund der Mitgliedschaft seines Onkels bei der Akali Dal Partei an Parteikundgebungen teilgenommen habe und Plakate für die Partei geklebt habe. Bei der Akali Dal handelt es sich um eine Oppositionspartei, deshalb würden ihre Anhänger immer wieder von der Polizei und Anhängern gegnerischer Parteien belästigt. Ihn hätten Angehörige der gegnerischen Partei namens Bahujan Shamaz Party (BSP) wiederholt aufgefordert, aus der Akali Dal - Partei auszutreten und in die BSP einzutreten. Er habe das immer wieder abgelehnt. 2000 sei er von der Polizei verhaftet worden. Ihm sei ein Mord angelastet worden, den er nicht begangen habe. Angehörige der gegnerischen Partei hätten dies veranlasst, er sei Opfer einer politischen Intrige geworden. Seinen Parteikollegen sei es gelungen, ihn frei zu kaufen. Aus begründeter Angst, ebenfalls von der Polizei umgebracht zu werden, habe er sich schließlich zur Ausreise entschlossen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei in seinem Fall nicht gegeben, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er in einem anderen Teil seines Heimatlandes von der Polizei gefunden werde. In der Folge zitierte der Beschwerdeführer aus verschiedenen Berichten. Nach den ihm konkret drohenden Menschenrechtsverletzungen und den in seiner Heimat dokumentierten Praktiken ständiger grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen würde seine Abschiebung auch gegen Art. 2, 3 und 5 MRK sowie Art. 3 UNO - Folterkonvention verstoßen.

 

Der Unabhängige Bundesasylsenat leitete in der Folge Ermittlungen über einen länderkundlichen Sachverständigen vor Ort ein, die Folgendes ergeben haben:

 

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Identität und seiner Familie seien inkorrekt. Es habe kein Heimatdorf des Beschwerdeführers namens R. in der Gemeinde G. im Bezirk H. ausfindig gemacht werden können. Es gebe aber einen Ort namens R., Gemeinde G.. Einwohner dieses Ortes hätten aber bestätigt, dass der Beschwerdeführer und seine Familie nicht in diesem Ort wohnhaft seien oder gewesen seien. Der Präsident der BSP G. kenne keinen Ort R. in G. und kenne keinen H.S. als Parteimitglied aus dieser Gemeinde. Ein Dorf R., Bezirk H., welches aber nicht zur Gemeinde G. zähle, bestehe noch, aber auch dort seien der Beschwerdeführer und seine Familie nicht bekannt. Es habe nicht verifiziert werden können, dass in der Nähe von R. im November 1999 ein Mann ermordet aufgefunden worden sei. Es gebe auch kein Chowki (Polizeiwachzimmer) R. in der Gemeinde G., Bezirk H.. Die Gemeinde G. sei in zwei Polizeistationen unterteilt, erstens G. und zweitens M.. Es gebe auch kein Chowki (Polizeiwachzimmer) R. unter der Verwaltung der Polizeistation M.. Es habe auch nicht verifiziert werden können, dass zwei Freunde des Beschwerdeführers verhaftet worden seien und seit dem niemand wisse, was mit ihnen geschehen sei. Es habe ebenfalls nicht verifiziert werden können, dass ein Onkel des Beschwerdeführers ein enger Vertrauter von Mann sei und auch ein Mitglied dessen Partei Akali Dal Mann sei.

 

Am 15.10.2008 fand beim Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen ist.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Am 08.03.2000 hat er sein Heimatland über den Flughafen Delhi legal unter Verwendung seines Reisepasses verlassen und reiste im Juli 2000 in das Bundesgebiet ein. Am 04.07.2000 stellte er gegenständlichen Asylantrag.

 

Zu Indien:

 

Indien ist ein demokratischer und mit Einschränkungen gut funktionierender Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem. Die Parteienlandschaft ist vielfältig. Die Presse ist im Wesentlichen frei. Verfassungs- und Rechtsordnung garantieren die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Justiz ist unabhängig. Die Verfahrensdauer ist allerdings häufig extrem lang; Korruption kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden. Es gibt menschenrechtsverletzende Übergriffe von Polizei- und Sicherheitskräften, eine Systematik ist dabei nicht erkennbar. Zu Menschenrechtsverletzungen kommt es im besonderen Maße in den Unruhegebieten. Besonders gefährdet sind sozial niedrige Schichten und auch Frauen. Berichte über politische Gefangene gibt es nicht.

 

(S. 6 Beilage A zum Verhandlungsprotokoll)

 

Sicherheitslage im Punjab

 

Die politische Lage im Punjab ist gegenwärtig stabil. Die Sicherheitslage ist weitaus günstiger als noch Anfang der 90er Jahre. Dies bedeutet, dass terroristische Aktivitäten gegenwärtig nur mehr ganz vereinzelt vorkommen, nicht häufiger als in anderen Teilen Indiens.

 

Im Alltag der Bevölkerung ist von den Bedrohungen, die während des Khalistan-Konflikts herrschten, nichts mehr zu spüren.

 

In den Statistiken des South Asia Terrorism Portal (http://www.satp.org ) werden seit 2003 keine eigenen Aufstellungen mehr für den Punjab geführt, jedoch z.B. für Kaschmir oder den Nordosten. D.h. der Punjab wird von Experten nicht mehr als Bundesstaat in einer Ausnahmesituation wahrgenommen

 

Zur politischen Lage im Bundesstaat Punjab

 

Im Punjab fanden im Februar 2007 Regionalwahlen statt, die zu einem Machtwechsel führten. Die Koalition von Shiromani Akali Dal und Bharatiya Janata Party (SAD-BJP), welche bereits von 1997-2002 an der Macht war, löste die Kongress-Partei ab. In erster Linie hatte die BJP einen Zugewinn an Mandaten zu verzeichnen. Prakash Singh Badal (SAD) übernahm das Amt des Chief Ministers von Captain Amarinder Singh (Congress-Party).

 

Im Wahlkampf hatte die SAD-BJP-Koalition versprochen, die Preise für Grundnahrungsmittel zu senken. Wichtige Themen waren außerdem Bildung und Arbeitsplätze. Die staatlichen Schulen sind in einem sehr schlechten Zustand, sodass alle, die es sich leisten können, ihre Kinder auf Privatschulen schicken. Die Arbeitslosigkeit unter der jungen Bevölkerung steigt stark an. Tausende versuchen ihr Glück im Ausland und viele werden dabei betrogen.

 

(Punkte 2.2 und 3.3 Beilage B zum Verhandlungsprotokoll)

 

Es ist prinzipiell nicht auszuschließen, dass nicht-staatliche Organisationen über die logistischen Fähigkeiten verfügen könnten, Personen (die z.B. die Zusammenarbeit mit Terroristen verweigern oder politische Gegner) auch überregional zu verfolgen. Allerdings sind in den vorliegenden Dokumenten keine derartigen Fälle erwähnt.

 

Da selbst die Polizei nicht immer in der Lage ist, sogar "high-profile"-Verdächtige auszuforschen, dürften nicht-staatliche Akteure (z.B. Parteien, Terroristen oder Verbrechersyndikate) nur in Ausnahmefällen dazu in der Lage sein. Für Privatpersonen, die sich nicht der Logistik einer Organisation bedienen können, ist dies praktisch auszuschließen.

 

(Punkt 4.2 Beilage B zum Verhandlungsprotokoll)

 

Es existiert neben der regionalen Fahndung auch eine unionsweite Suchliste, auf die jedoch nur Personen gesetzt werden, die im Verdacht schwerwiegender Delikte stehen.

 

Diese Suchliste findet auch bei der Grenzkontrolle und den für Reisen von und nach Europa am meisten frequentierten Flughäfen in Neu Delhi, Mumbai (Bombay), Kalkutta und Chennai (Madras) Anwendung.

 

(Punkt 6. Beilage B zum Verhandlungsprotokoll)

 

In Fällen von schweren Vergehen (Mord, schwerer Betrug, terroristische Aktivitäten...) wird der Pass von den Behörden einbehalten, um die Ausreise zu verhindern.

 

Landesweit gesuchte Kriminelle werden auf einer zentralen Suchliste geführt. Die Flughafenbeamten würden bei Ausreise durch Bestechung ihren Job riskieren plus selbst straffällig werden und gehen dieses Risiko nicht ein. Bei kleineren Vergehen allerdings ist ein "Entgegenkommen" möglich.

 

Im Allgemeinen ist es für Personen, die kleinerer Delikte verdächtigt werden, nicht schwer mit ihren eigenen Papieren auszureisen. Aber es ist praktisch unmöglich für jemand, der auf der zentralen Suchliste steht, mit dem eigenen Pass auszureisen.

 

(Beilage C zum Verhandlungsprotokoll)

 

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit derzeit über einer Milliarde Einwohnern (geschätzte Einwohnerzahl im Juni 2006: 1.095.351.995). Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Diese Tatsache begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung.

 

(S. 26 Beilage A zum Verhandlungsprotokoll)

 

Die Möglichkeiten, sich außerhalb der engeren Heimat in Indien eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen, wie ich regelmäßig ausführe, sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden.

 

Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Tellerwäscher, Abfallsammler, Lagerarbeiter, Rikschafahrer etc.) ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Was Angehörige der Sikhs betrifft: Sikhs gelten als mobile und unternehmerische Gemeinschaft. In ganz Indien sind Sikhs in verschiedenen Berufen (Kraftfahrer, Mechaniker, Inhaber von Restaurants, Hotels oder Reisebüros etc.) und im öffentlichen Dienst sowie in der Armee anzutreffen. Bedürftigen Sikhs wird zumindest vorübergehend in den in ganz Indien verbreiteten Sikh-Tempeln (Gurudwara) Nahrung und Unterkunft gewährt. Sikhs aus dem Punjab könnten sich gegebenenfalls problemlos in Bundesstaaten wie Rajasthan, Haryana oder Uttar Pradesh niederlassen, außerdem in den Metropolen Delhi oder Bombay. Zwar ist die Sicherheitslage auch in anderen Teilen Indiens zwar normal, dort bestehen aber unter Umständen größere Schwierigkeiten der sprachlichen Eingewöhnung. So ist etwa in Kalkutta das Bengali, in Madras Tamil Verkehrssprache.

 

(Punkt 8. Beilage B zum Verhandlungsprotokoll)

 

Die getroffenen Feststellungen zur Person ergeben sich aus dem nur diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers. Die allgemeine Lage ergibt sich aus den jeweiligen angeführten Quellen, deren Inhalt nicht zu bezweifeln ist, und auch vom Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret bestritten wurde.

 

Soweit der Beschwerdeführer Umstände vorbringt, wonach eine konkrete Gefährdung betreffend seine Person in Indien bestünde, ist das Vorbringen aufgrund folgender Erwägungen nicht glaubhaft:

 

So ist schon das Bundesasylamt davon ausgegangen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht, auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird verwiesen, und wurde diese Würdigung nach Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahren durchwegs bestätigt. Die Auslandserhebungen haben nämlich in eindeutiger Weise ergeben, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine Bedrohungssituation in Indien nicht wahr ist. So ist aufgrund der Ermittlungen hervorgekommen, dass die behauptete Identität des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht, da die vom Beschwerdeführer angegebene Wohnadresse nicht existent ist. Ähnlich lautende Ortschaften im angegeben Bezirk wurden überprüft, doch kannte dort niemand den Beschwerdeführer und seine Familie. Es konnte auch nicht verifiziert werden, dass ein Mann in der Nähe von R. im November 1999 ermordet aufgefunden worden sei. Weiters gibt es auch kein Chowki (Polizeiwachzimmer) R. in der Gemeinde G., Bezirk H.. Schließlich konnte auch nicht verifiziert werden können, dass zwei Freunde des Beschwerdeführers von der Polizei verhaftet worden seien und ebensowenig, dass ein Onkel des Beschwerdeführers ein enger Vertrauter von Mann und auch ein Mitglied dessen Partei Akali Dal Mann sei. Angesichts dieses eindeutigen Ermittlungsergebnisses und der schon seitens des Bundesasylamtes zutreffenden Ausführungen betreffend die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers steht somit in eindeutiger Weise fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine Bedrohungssituation in Indien nicht den Tatsachen entspricht.

 

Der Beschwerdeführer ist diesem Ermittlungsergebnis im Hinblick darauf, dass er zur öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof nicht erschienen ist, nicht entgegengetreten. Irgendwelche Zweifel an der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses bestehen nicht.

 

Insgesamt betrachtet hat also das durchgeführte Ermittlungsverfahren Umstände hervorgebracht, die einzig und allein den Schluss zulassen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine konkrete ihn selbst betreffende Verfolgungsgefahr nicht glaubwürdig ist.

 

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG 1997), zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Verfahren zu obgenanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es sohin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Da der gegenständliche Asylantrag bereits vor obgenanntem Zeitpunkt gestellt worden war, ist das Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 anzuwenden. § 44 Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 101/2003 findet - im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation - nur in jenen Fällen Anwendung, die am 01.05.2004 beim Bundesasylamt anhängig waren.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides:

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Umstände, die individuell und konkret den Beschwerdeführer betreffen und auf eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers hindeuten könnten, konnten nicht festgestellt werden. Demzufolge ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine asylrelevante Verfolgungsgefahr. So kommt es aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers, nicht aber auf die allgemeinen politischen Verhältnisse an. Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Indien zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hiebei auch die Anzahl der dort lebenden Personen in Betracht zu ziehen (über 1 Milliarde Menschen), womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass auch unter Berücksichtigung dieser Berichte über Menschenrechtsverletzungen keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 50 FPG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Situation allein mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden kann.

 

Aus den Feststellungen ergibt sich zudem, dass es dem Asylwerber möglich wäre, etwaigen Repressionen auszuweichen, zumal sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers jedenfalls nicht ergibt, dass er selbst eine exponierte Persönlichkeit wäre, die landesweit gesucht würde, was sich auch daran erweist, dass der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben über den Flughafen Delhi legal ausreiste, was nicht denkbar wäre, wenn er unionsweit gesucht würde (vgl. Punkt 6 Beilage B zum Verhandlungsprotokoll). Auch sonst lässt sich seinem Vorbringen entnehmen, dass die behaupteten Probleme regional begrenzt sind. Da es Existenzmöglichkeiten für den Asylwerber außerhalb des Punjabs gibt, ist es ihm auch zumutbar, sich in einen anderen Teil Indiens zu begeben. Da sohin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative gegeben sind, kommt auch aus diesem Grunde die Gewährung von Asyl nicht in Betracht.(vgl. VwGH 24.01.2008, 2006/19/0985)

 

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Asylantrages durch das Bundesasylamt im Ergebnis nicht zu beanstanden.

 

Zu Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides:

 

Gemäß § 8 AsylG 1997 hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG). Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Gem. § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Überdies ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat beschränkt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, Zl. 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Verfolgungsgefahr zur Gänze unglaubwürdig, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG erkannt werden kann.

 

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG bedroht wäre. Auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen Ausführungen wird verwiesen.

 

Auch hier ist die bereits oben getätigte Alternativbegründung zu Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides einschlägig (innerstaatliche Fluchtalternative), weshalb auf diese verwiesen wird und auch aus diesem Grunde eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht in Betracht kommt.

 

Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre, ist die durch das Bundesasylamt ausgesprochene Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien nicht zu beanstanden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative, non refoulement, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
04.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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