S5 401.887-1/2008/2E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des N.V., geb. 00.00.1947, StA.
Georgien, vertreten durch: Dr. Alfred Windhager, Flußgasse 15, 4040 Linz-Urfahr, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.9.2008,
Zahl: 08 07.244-EAST West, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Georgien und ist mittels eines am 6.8.2008 ausgestellten und für 20 Tage gültigen tschechischen Visums per Flugzeug am 8.8.2008 nach Prag gereist, von wo aus er sodann am 14.8.2008 illegal ins österreichische Bundesgebiet weitergereist ist, wo er am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (vgl. Auskunft der tschechischen Behörden, Aktenseite 85 u. Aktenseite 33).
Am 23.8.2008 stellte Österreich an Tschechien ein Informationsersuchen gem. Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II).
Mit Schreiben vom 9.9.2008 teilte Tschechien Österreich mit, dass der Asylwerber bei der tschechischen Botschaft am 6.8.2008 ein für 20 Tage gültiges Visum erhalten hatte und mittels eines gültigen Reisepasses am 8.8.2008 per Flugzeug nach Tschechien gereist war (Aktenseite 85).
Mit E-mail vom 10.9.2008 ersuchte Österreich Tschechien um Übernahme des Asylwerbers.
Tschechien hat sich mit Schreiben vom 11.9.2008 (Aktenseite 119) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17.9.2008 erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Tschechien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass er nicht nach Tschechien zurückwolle, da ihm von den Mitgliedern der georgischen Oppositionspartei "Tawisupleba" (welcher der Asylwerber auch selbst angehört zu haben angibt, vgl. Aktenseite 37) empfohlen worden sei, in Österreich zu bleiben (Aktenseite 157).
Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.9.2008, Zahl: 08 07.244-EAST West, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tschechien ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei geltend gemacht, dass im Ermittlungsverfahren nicht ausreichend erhoben worden sei, welcher Gefahrenlage er aufgrund seiner Aktivitäten als Oppositionsmitglied ausgesetzt sei. Er wolle aus Sicherheitsgründen nicht nach Tschechien zurück. Es sei nicht erhoben worden, welche Verbindungen der georgische Geheimdienst in Tschechien hätte und ob die Gefahr einer Verschleppung seiner Person bestünde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Tschechien hat auf Grundlage des Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.
Bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, darunter auch Feststellungen zum tschechischen Asylverfahren und dessen Praxis sowie zur Versorgungslage von Asylwerbern in Tschechien sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass das Bundesasylamt zu Recht die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz verneint hat:
So wurde seitens der tschechischen Behörden bestätigt, dass der Asylwerber mittels eines am 6.8.2008 ausgestellten und für 20 Tage gültigen Visums am 8.8.2008 nach Tschechien gereist ist. Ausgehend davon, dass das Visum des Asylwerbers zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Asylantragstellung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten (konkret Österreich) noch gültig gewesen ist, ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) sohin die Verpflichtung Tschechiens zur Aufnahme des Beschwerdeführers sowie zur Prüfung seines Asylantrages und hat Tschechien seine Zuständigkeit auch ausdrücklich akzeptiert. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Umstand, dass Tschechien der Übernahme des Asylwerbers auf Basis des Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) - und sohin (da die genannte Bestimmung die Zuständigkeit aufgrund des Besitzes eines zum Asylantragszeitpunkt bereits abgelaufenen Aufenthaltstitels bzw. Visums regelt) einer in casu unzutreffenden Rechtsgrundlage - zugestimmt hat, nichts an der gültig zustande gekommenen Zuständigkeit Tschechiens zu ändern vermag, zumal diese Zuständigkeit Tschechiens als der Mitgliedstaat, der das Visum ausgestellt hat, selbst dann bestünde, wenn das dem Asylwerber erteilte Visum zum Zeitpunkt der Asylantragstellung in Österreich tatsächlich bereits abgelaufen gewesen wäre (diesfalls allerdings resultierend aus Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II)). Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.
Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach das Bundesasylamt zu ermitteln gehabt hätte, in welcher Gefahrenlage sich Personen in der Situation des Asylwerbers befänden, der konkret in Georgien aktives Oppositionsmitglied und im Rahmen der letzten Präsidentenwahl (bei der es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei) Mitglied der Wahlkommission gewesen wäre, ist auszuführen, dass die Beurteilung der vom Asylwerber geltend gemachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates Tschechien auf deren mögliche Asylrelevanz im gegenständlichen Verfahren, welches allein die Frage der Zuständigkeit zur Prüfung der gegenständlichen Asylanträge auf der Grundlage der Dublin II VO zum Inhalt hat, außer acht zu bleiben hat.
Zu den Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Asylwerber aufgrund seiner Tätigkeiten für die georgische Oppositionspartei auch in Tschechien gefährdet sei, ist auszuführen, dass sich diese bei Weitem als zu wenig konkret erweisen, um ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK zu indizieren. Auch hat der Asylwerber auf die Frage, ob etwas dagegen spreche, dass sein Asylverfahren in Tschechien weitergeführt werde, lediglich angegeben, dass ihm von Oppositionsmitgliedern empfohlen worden sei, in Österreich zu bleiben (Aktenseite 157). Konkrete Gründe, warum er aufgrund seiner politischen Aktivitäten auch in Tschechien gefährdet sein könnte, brachte er mit keinem Wort vor, sodass sich seine Beschwerdeausführungen, wonach er "aus Sicherheitsgründen" nicht nach Tschechien zurückwolle, als viel zu unkonkret erweisen, um daraus eine mögliche Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Tschechien ableiten zu können.
Auch gilt für die in der Beschwerde geltend geäußerten Einwendungen, wonach im erstinstanzlichen Verfahren nicht erhoben worden sei, inwieweit der georgische Geheimdienst Verbindungen in Tschechien hätte bzw. ob die Gefahr einer Verschleppung des Asylwerbers bestünde, dass es sich bei den diesbezüglichen Befürchtungen letztlich um bloße Spekulationen handelt, die der Asylwerber allerdings nicht ansatzweise durch stichhaltige Argumente zu untermauern wusste. Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Asylwerber in Tschechien selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen letztlich ebenso wenig vorhanden wie dass ihm Tschechien entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatland unmenschliche Behandlung drohen würde.
Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Ausweisung nach Tschechien in seinen Rechten gem. Art. 8 EMRK verletzt werden könnte, war die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates nicht in Betracht zu ziehen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.