D11 258535-2/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des T.K., geb. 00.00.1974, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.09.2008, FZ. 08 07.769-EAST-OST, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 idgF. abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste am 15. April 2004 illegal in das österreichische Staatsgebiet ein und stellte am 17. April seinen ersten Asylantrag (nunmehr: Antrag auf internationalen Schutz). Er gab an, er führe den Namen T.K., gehöre der Volksgruppe der Osseten an, sei am 00.00.1974 geboren und leide an Hepatitis C sowie Tuberkulose. Zu seinen Fluchtgründen führte er bei der niederschriftlichen Einvernahme am 22. Februar 2005 im Wesentlichen aus, sein Bruder, welcher sich politisch betätigt habe, sei von 4 aus Tschetschenien stammenden Personen, die der Minderheit der Kisten angehören, verfolgt worden und hätten diese am 14. Jänner 2003 das Haus seiner Mutter in A. überfallen. Da sie seinen Bruder nicht angetroffen haben und er den Aufenthalt seines Bruders nicht bekanntgeben habe können, hätten ihn diese 4 Männer gefesselt und geschlagen. Er sei daraufhin nach Tiflis gezogen, habe dort aber nicht genügend verdient und sei deshalb am 5. April 2004 Richtung Österreich aufgebrochen.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2005, FZ. 04 07.707-BAE, zugestellt am 28. Februar 2005, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF. BGBl. I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002 ab und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien zulässig sei. Begründend wurde ausgeführt, das Vorbringen sei unglaubwürdig.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 3. März 2005 fristgerecht Berufung (nunmehr: Beschwerde) und führte im Wesentlichen aus, er habe im April 2004 das Land verlassen müssen, weil er ständig von Tschetschenen verfolgt worden sei, und diese gedroht hätten, ihn und seine Familie umzubringen.
Mit Bescheid vom 11. März 2008, GZ. 258.535/0/12E-IX/27/05, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Asylgestz 1997 idF. BGBl. I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 101/2003 nach Georgien aus. Begründend wurde auf die in schlüssiger Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen des Bundesasylamtes verwiesen und diese zu den eigenen erhoben. Der Beschwerdeführer sei in Tiflis, wo er vor seiner Ausreise mehr als 1 Jahr gelebt habe, keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen, und sei er dieser Feststellung des Bundesasylamtes in seiner Berufung auch nicht entgegengetreten. Weiters gehe aus dem mit 7. April 2005 datierten und am 13. April 2005 eingegangenen Gesundheitsbericht der Lungenheilstätte Wilhelmshöhe, Außenstelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt, hervor, dass serologisch zwar ein Hinweis auf eine Hepatitis B und C Erkrankung vorläge, aber derzeit keine weitere Therapie notwendig sei. Dieser Bescheid erwuchs am 17. März 2008 in Rechtskraft.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2008, GZ. 2008/23/1320-4, gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG in Verbindung mit Art. 129c B-VG abgelehnt.
Am 27. August 2008 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, gab bei der Erstbefragung durch die Polizeiinspektion Traiskirchen, EAST-OST, an, er habe sich seit seiner Einreise im Jahr 2004 immer in Österreich aufgehalten und verwies auf die im Erstverfahren angegebenen Fluchtgründe, die weiter aufrecht seien. Hinzu käme die durch die aktuelle politische Lage in Georgien verstärkte Gefährdung als Angehöriger der ossetischen Minderheit. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 8. September 2008 bestätigte der Beschwerdeführer die bei seiner Erstbefragung gemachten Angaben und ergänzte, sein Bruder habe im August 2008 in Z. gekämpft und dabei Georgier getötet. Daher dürfe er keinesfalls zurückkehren.
Mit gegenständlichem Bescheid vom 20. September 2008, FZ. 08 07.769-EAST-OST, zugestellt am 25. September 2008, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF. wegen entschiedener Sache zurück und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF. nach Georgien aus. Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keinen nach Rechtskraft des Bescheides aus dem Erstverfahren entstandenen relevanten Sachverhalt vorgebracht. Auch auf Grund der in der Erstbefragung angeführten Änderung der Situation in Georgien, sei keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts in der Herkunftsgegend des Beschwerdeführers erkennbar. Alleine die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Osseten indiziere noch keine individuelle Verfolgung.
Am 7. Oktober 2008 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte die Anträge, 1.) die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen,
2.) eine mündliche Verhandlung durchzuführen, 3.) den bekämpften Bescheid zu beheben und an die erste Instanz zurückzuverweisen, 4.) aufschiebende Wirkung zu gewähren, und 4.) nach dem Asylgesetz 2005 Asyl zu gewähren. Weiters beantragte der Beschwerdeführer in eventu die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Asylgesetz 2005 und die Gewährung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung. Der zu Grunde liegende Sachverhalt habe sich maßgeblich geändert und liege daher keine res iudicata vor. Sein Bruder habe nach Rechtskraft des Bescheids aus dem Erstverfahren im August in Georgien gekämpft und dabei einen Georgier umgebracht. Daher würde ihm im Falle seiner Rückkehr ebenfalls Verfolgung drohen. Die belangte Behörde habe mit keinem Satz die vorgebrachten neuen Gründe beachtet oder in die Entscheidung einfließen lassen. Der Beschwerdeführer führte weiters seine Hepatitis C Erkrankung an und führte aus, eine Behandlung in Georgien sei nicht möglich und würde die Erkrankung auch Diskriminierungen nach sich ziehen.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 4 Asylgesetz 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Für den Asylgerichtshof als Berufungsbehörde ist Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich die Frage, ob durch die erstinstanzliche Behörde der neuerliche Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG mit Recht zurückgewiesen wurde und hat demnach entweder das Rechtsmittel abzuweisen oder den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde - in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde - den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlG 2066A/1951; VwGH 17.12.1965, 929/65; VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).
Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf somit nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhalts kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 25.4.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) zu einer neuerlichen Entscheidung führen, etwa wenn in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.
Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Entscheidungsrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.7.2005, 2005/20/0343).
Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. VwGH 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Der Beschwerdeführer wiederholte im Wesentlichen jene Punkte, die er bereits im ersten Verfahren angegeben hatte, und stützt sich damit auf ein Vorbringen, mit welchem er bereits im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte.
Die bei der erstinstanzlichen Einvernahme vorgebrachte Teilnahme des Bruders des Beschwerdeführers an Kampfhandlungen in Z. und damit in Zusammenhang stehende Tötungen georgischer Staatsbürger, stellen lediglich eine Bekräftigung des Vorbringens aus dem Erstverfahren dar, die zu keiner wesentlichen Änderung des Sachverhalts führen. Sowohl die im Erstverfahren vorgebrachte Verfolgung des Bruders in A., als auch die nun angeführte Verfolgung des Bruders in Z. scheinen auch abstrakt nicht geeignet den asylrelevanten Sachverhalt in ausreichendem Maße zu verändern um zu einer positiven Entscheidungsprognose gelangen zu können.
Die behauptete Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Osseten wurde bereits im ersten Verfahren vorgebracht und bewirkt auch in Anbetracht der aktuellen politischen Situation in Georgien insbesondere hinsichtlich der Stadt Tiflis, wo der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise gelebt hat, keine ausreichende Änderung des asylrelevanten Sachverhalts.
Die Erkrankung an Hepatitis C wurde ebenfalls bereits im Erstverfahren vorgebracht. Seit der rechtskräftigen Entscheidung hat sich weder eine wesentliche Änderung der Situation ergeben noch wurde eine solche glaubhaft vorgebracht.
Hinsichtlich der in der Beschwerde eingewendeten Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten wurde neues Vorbringen zu erstatten. Soweit ein solches tatsächlich vorgebracht wurde, ging die Asylbehörde erster Instanz in der bekämpften Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch darauf ein.
Da somit im gegenständlichen Fall keinerlei von Amts wegen zu berücksichtigende Umstände vorliegen, welche als Änderung der Sachlage im Hinblick auf eine neuerliche Entscheidung zu beurteilen wären, und da der Beschwerdeführer von sich aus keine entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderungen dargelegt hat, ist im Sinne der ständigen VwGH-Judikatur von keiner Änderung der Sachlage auszugehen, welche eine neuerliche Entscheidung über den Asylantrag zulässig erscheinen ließe.
Darüber hinaus ist auch in den anzuwendenden Rechtsnormen keine relevante Änderung eingetreten, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe.
Da sohin Identität der Sache vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z. 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen - insbesondere auch hinsichtlich der mehrfachen rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers auf Grund von Verbrechen gemäß §§ 127, 130 (1. Fall), § 15 StGB. Den Feststellungen der Erstbehörde, dass kein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben vorliegt, trat die Beschwerde nicht entgegen.
Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit eines Aufschubs der Durchführung der Ausweisung gemäß § 10 Abs 3 AsylG vor. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist nicht einmal annähernd lebensbedrohlich, wobei der Beschwerdeführer selbst bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt angegeben hat, es gehe ihm gut. Weiters wird auf den im rechtskräftigen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats angeführten Gesundheitsbericht der Lungenheilstätte Wilhelmshöhe vom 7. April 2005 verwiesen, in welchem festgestellt wird, dass hinsichtlich der Hepatitis C des Beschwerdeführers derzeit keine weitere Therapie notwendig sei.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.