D4 235511-0/2008/15E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des K.M., geb. 00.00.1977, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2002, FZ. 02 14.830-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und K.M. gemäß § 7 AsylG 1997 i. d.F. BGBl 126/2002 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 12 AsylG i.d.F. BGBl 126/2002 wird festgestellt, dass K.M. alias M. auch M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist georgische Staatsangehörige, gehört der georgischen Volksgruppe an, ist orthodoxen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt im Bezirk Gori Dorf M. wohnhaft, reiste am 05.06.2002 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.06.2002 einen Asylantrag.
Vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien am 12.11.2002 im Beisein eines Dolmetschers der georgischen Sprache einvernommen, wurde als Fluchtgrund Folgendes angegeben:
Der Beschwerdeführer hätte freiwillig den Militärdienst in Georgien absolviert und sei mit einem Freund für die Kontrolle der ossetisch - georgischen Grenze zuständig gewesen. Am 00.00.2002 hätten sie auf georgischer Seite das Dorf D. und auf der ossetischen Seite das Dorf N. patroulliert, während die restlichen Soldaten in der 50m entfernten Kaserne einen Feiertag gefeiert hätten. Um ca. 01.00 Uhr hätte sich den beiden ein Auto mit zwei Insassen genähert, die offensichtlich alkoholisiert gewesen oder unter Suchtmitteleinfluss gestanden seien. Er hätte an ihrer Sprache ihre ossetische Herkunft erkannt. Im Zuge der Fahrzeugkontrolle hätte nur der Lenker seine Dokumente vorgewiesen. Im Rahmen der deshalb durchgeführten Durchsuchung des Autos seien 5 kg Heroin vorgefunden worden. Sie hätten die beiden Autoinsassen vorläufig festgenommen und zum Wachposten gebracht. Der Beschwerdeführer hätte seinen Kollegen mit den beiden Personen alleine zurückgelassen um in der Kaserne Unterstützung zu holen. In der Kaserne hätte er Schüsse gehört und - als er hinausgelaufen sei - seinen Kollege um sich schießen gesehen, da die beiden festgenommenen Personen entkommen seien. Die beschlagnahmten Drogen hätten sie an ihren Vorgesetzen zur Verwahrung weitergegeben. Im Anschluss daran sei eine Aufnahme des Vorfalls durch die Polizei erfolgt und der Beschwerdeführer und sein Kollege seien in der Früh nach Hause gegangen.
Gegen Mittag seien unangekündigt zwei Polizisten und ein Untersuchungsrichter im Haus des Beschwerdeführers erschienen um ihn einzuvernehmen. Nach der Einvernahme hätte der Untersuchungsrichter den Beschwerdeführer ausgefordert, unverzüglich die Waffen herauszugeben, welche er den Flüchtigen abgenommen hätte. Der Beschwerdeführer hätte im Gespräch versucht zu eruieren, um welche Waffen es sich handeln würde. Der Untersuchungsrichter hätte ihm - ohne auf die vom Beschwerdeführer gestellten Fragen zu antworten - eine Frist bis zum folgenden Tag zur Herausgabe der Waffen gesetzt. Würde er die Waffen bis dahin nicht übergeben, würden sein Kollege und er verhaftet werden.
Gegen 17.00 Uhr seien wieder mehrere Personen in das Haus des Beschwerdeführers gekommen um "etwas mit ihm zu besprechen". Er sei mit diesen Personen - er musste bei der Autofahrt seinen Kopf zwischen seine Beine stecken - zu einem ihm unbekannten Haus gefahren, wo sich bereits sein Kollege befunden hätte. Der Beschwerdeführer sei von 5 oder 6 Personen (einer davon war der Bruder eines Mafiabosses in Ossetien und vom Kollegen des Beschwerdeführers angeschossen worden) misshandelt worden, da man von ihm erfahren wollte, wo sich die Drogen befinden würden. Es sei ihm eine Frist zur Übergabe der Drogen oder alternativ 500.000 USD gesetzt worden. Im Anschluss seien sein Kollege und er auf einer Bundesstraßenkreuzung abgesetzt worden. Sie hätten sich beraten, festgestellt dass von Polizeiseite keine Unterstützung zu erwarten und eine Sachverhaltsaufklärung chancenlos sei. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie zusammen beschlossen Georgien zu verlassen und ihre Eltern bei Bekannten zu verstecken. Am 11.05.2002 oder 12.05.2002 hätten beide Georgien verlassen.
Im nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2002 stellte das Bundesasylamt fest, dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt glaubwürdig sei, der Asylantrag wurde jedoch im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei den geschilderten Fluchtgründe nicht um solche der GFK handeln würde.
Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen der Erstbehörde zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen.
Der gegenständliche Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zugestellt und war in Rechtskraft erwachsen. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 30.12.2002 wurde vom Bundesasylamt jedoch mit Bescheid vom 20.2.2003 stattgegeben.
Gegen den Bescheid vom 20.11.2002 wurde nunmehr innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung Beschwerde erhoben, dass das Bundesasylamt unzulässigerweise lediglich allgemeines zur Entwicklung in Georgien festgestellt hätte, sich jedoch nicht mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hätte. Bei sorgfältigeren Ermittlungen hätte die Behörde sehr wohl zu dem Ergebnis kommen müssen, dass es sich bei der drohenden Verfolgung um eine dem Staat zurechenbare Verfolgung im Sinne der GFK handeln würde.
Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am Asylgerichtshof vom 11.09.2008, zu der sich ein Vertreter der Erstbehörde entschuldigen ließ, wurde von der vorsitzenden Richterin festgehalten, dass die Feststellungen der Erstbehörde - der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt würde den Tatsachen entsprechen - auch vom Asylgerichtshof übernommen werden.
Der Vertreter des Beschwerdeführers führte in der Verhandlung in rechtlicher Hinsicht aus, dass sehr wohl eine Verfolgung im Sinne der GFK vorliegen würde, dass es sich nicht um eine reine Verfolgung durch Private gehandelt habe, sondern sehr wohl staatliche Stellen aus Georgien involviert gewesen seien (Militär, Polizei, ...). Sowohl die Drogenproblematik, als auch die Waffenproblematik, würden in Verbindung mit staatlichen Stellen stehen. Beide Problematiken würden von denselben Verursachern ausgehen und seien gemeinsam zu beurteilen. Es würde sich im konkreten Fall weiters deshalb um Fluchtgründe im Sinne der GFK handeln, da der Beschwerdeführer aufgrund seiner politischen Gesinnung, nämlich in seiner Funktion als Angehöriger des Militärs, nicht mit der ossetischen Mafia zusammen gearbeitet hätte und deshalb einer objektiv begründeten Verfolgungsgefahr unterliegen würde, zumal die offiziellen Stellen offenbar im Hinblick auf Waffen- und Drogenhandel sehr wohl mit der ossetischen Mafia zusammen gearbeitet hätten. Aus dem festgestellten Sachverhalt würde hervorgehen, dass die polizeilichen und justiziellen Maßnahmen willkürlich und in diskriminierender Weise vorgenommen worden wären. Zwischen den Behörden und der organisierten Kriminalität würde eine Zusammenarbeit bestehen.
Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass seiner Ansicht nach einzelne Politiker der georgischen Regierung in die illegalen Waffen- und Drogengeschäfte verwickelt gewesen seien. Einzelne Namen konnte er jedoch nicht nennen.
Der Bestimmungsort für die geschmuggelten Waffen und Drogen sei ihm nicht bekannt. Seine Aufgabe sei es gewesen die Kontrolle an der Grenze durchzuführen. Ihm Rahmen der Kontrolle des Fahrzeuges sei ihm angeboten worden, für Geld auf eine Anzeigerstattung zu verzichten.
Auch seine Mutter sei über die Vorfälle vor seiner Ausreise befragt worden. Nach ihrer Wohnsitzverlegung sei sie jedoch nicht mehr befragt worden. Da die Drogen bereits im Jahr 2002 einen Schwarzmarktwert von etwa 500.000 US Dollar hätten, würde er jedenfalls noch immer gesucht werden. Er gehe davon aus, dass sein Vorgesetzter mit den Drogen geflohen sei.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Die beschwerdeführende Partei führt den im Spruch genannten Namen, ist georgische Staatsangehörige, gehört der georgischen Volksgruppe an, ist orthodoxen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt im Bezirk Gori Dorf M. wohnhaft, reiste am 05.06.2002 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.06.2002 einen Asylantrag.
Weiters wird der vom Beschwerdeführer in der erstinstanzlichen Einvernahme und in der Einvernahme beim Asylgerichtshof behauptete Sachverhalt als den Tatsachen entsprechend festgestellt.
Zur Lage in Georgien wird Folgendes festgestellt:
1. Allgemeines
Die Republik Georgien befindet sich seit der Rosenrevolution 2003 in einer Umstrukturierungsphase, die fast alle Bereiche der Verwaltung betrifft. In diesem Zusammenhang ist es zu einer völligen Neuausrichtung der politischen und strukturellen Schwerpunkte gekommen. Der derzeitige Blick des Landes ist stark gegen "Westen" gerichtet und hier spielt die Kooperation mit den Vereinigten Staaten eine zentrale Rolle.
2. Justiz
Das Justizsystem in Georgien ist trotz aller Reformbemühungen noch nicht auf internationalem Standard. Das Hauptproblem bleibt der Rückstau an Fällen, der nur sehr schleppend abgebaut werden kann. Es gibt eine unabhängige (mit Österreich vergleichbare) Staatsanwaltschaft.
Einige Prozesse sind zumindest zum Teil politisch motiviert und das Urteil steht bereits zu Prozessbeginn fest. Dies betrifft vor allem politisch hoch sensible Verfahren und weniger alltägliche Prozesse ohne größere politische Brisanz. Die Richterschaft in Georgien ist einem gewissen politischen Druck ausgesetzt in eine bestimmte Richtung zu entscheiden.
Im Rahmen der Justizreform wurde ein radikaler Schnitt im Vergleich zum früheren System gemacht. Die Arbeit der Justiz bleibt dennoch stark verbesserungswürdig. Trotz aller Reformmaßnahmen sind vielfach Entscheidungen nicht nachvollziehbar bzw. fehlt es häufig an jeglicher Begründung für solche. Derzeit wird eine weitgehende Annäherung des georgischen Justizsystems an jenes der Vereinigten Staaten angestrebt, was sich etwa an der Übernahme der Schwurgerichtsbarkeit zeigt. Es wurde gerade im Strafrechtsbereich eine umfassende Gesetzesnovelle vollzogen. Die hier eingeschlagene Richtung geht hin zu einer "law and order" Politik. Die Strafen für einige Delikte wurden merklich erhöht. Der Strafrahmen auch für relativ geringe Vergehen ist in Georgien sehr hoch und hohe Haftstrafen werden auch in der Praxis verhängt. Für Richter gibt es spezielle Trainingsprogramme, welche mit internationalen Organisationen wie IOM oder der OSZE koordiniert werden. Bei Fehlverhalten von Richtern ermittelt die Staatsanwaltschaft in Hinblick auf Korruptionsverdacht und es kam hier wiederholt zu Entlassungen und Verurteilungen.
3. Polizei
Vor der Rosenrevolution stellte die Anwendung von Folter in Polizeigewahrsam und Untersuchungshaft das größte menschenrechtliche Problem Georgiens dar. Unmenschliche Behandlung und Folter wurden auf Polizeistationen systematisch angewandt; erzwungene Geständnisse waren die Regel. Man reagierte darauf wiederholt mit der Entlassung von Polizisten, die der Misshandlung beschuldigt worden waren. Einige der entlassenen Beamten waren allerdings kurze Zeit später - diesmal in anderen Abteilungen - erneut eingestellt worden. Nur wenige Folteropfer erstatteten aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen durch die Polizei Anzeige. Unmenschliche Behandlung von Verhafteten erfolgte in der Regel nur dann, wenn diese nicht in der Lage gewesen seien, Bestechungsgelder an die Exekutivorgane zu zahlen. Generell war die Gewaltbereitschaft innerhalb der Polizei sehr hoch. Auf Polizeistationen wurde routinemäßig misshandelt und gefoltert, um Geständnisse zu erzwingen. Die Anzahl von Prozessen gegen Polizisten, denen Folterpraxis vorgeworfen wurde, waren zahlenmäßig gering.
Seit der Rosenrevolution hat sich die Polizeiarbeit in Georgien merklich professionalisiert und die Korruption konnte verringert werden. Der Polizeibereich wurde wie kaum ein anderer umstrukturiert.
Um etwa die für die georgische Bevölkerung wohl sichtbarste Form der Korruption, nämlich die Korruption der Verkehrspolizei, zu bekämpfen, wurde im September 2004 die Verkehrspolizei aufgelöst und alle Verkehrspolizisten zunächst entlassen. An die Stelle der alten Verkehrspolizei wurde eine personell erneuerte und um die Hälfte verkleinerte Verkehrspolizei berufen, deren Kompetenzen geändert wurden (keine Einhebung von Strafgeldern). Die Gehälter der neuen Verkehrspolizisten wurden um das Mehrfache erhöht.
Im Rahmen der nach der Rosenrevolution vorgenommenen Verifizierung des Staatsapparats (allein 2004 wurde der Staatsapparat um 35 Prozent vermindert) sollte auch die "Korruptionsanfälligkeit" der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt werden. Zugleich wurden vor allem in den für die Korruption besonders anfälligen Bereichen des Staatsapparats, wie bei der Zoll- und der Steuerbehörde sowie der Polizei, die Gehälter drastisch erhöht. Der neue Staatspräsidenten Saakaschwili begründete dies damals wie folgt: "Wir haben gesagt, wir werden die Korruption zerstören, und genau das passiert jetzt. Es reicht nicht, ein paar Leute zu verhaften. Wir haben die Löhne bei der Polizei um das Zehnfache angehoben. Das gleiche gilt für die Mitarbeiter von Steuer und Zoll und die meisten Beamten in den Ministerien". Die Methode, die Korruption durch eine drastische Erhöhung der Gehälter in den korruptionsanfälligen Bereichen des Staatsapparats zu bekämpfen, ist in Georgien nicht neu. Sie wurde etwa auch bei der Ende der 90iger Jahre durchgeführten Reform des Gerichtswesens angewandt. Dennoch bedeuteten die jüngeren Reformmaßnahmen einen realen Einkommensverlust, da das relativ einträgliche "Schmiergeld" nun nicht mehr so einfach wie früher eingehoben werden kann. Jedenfalls verbleiben noch einige Problembereiche wie die Unerfahrenheit der Polizisten, sowie die noch nicht finalisierte Umsetzung der legislativen Reformmaßnahmen. Auch gibt es noch immer Fälle von missbräuchlicher Anwendung von Gewalt innerhalb der Polizei sowie Korruption, wobei im Jahr 2005 die größte Zahl derartiger Fälle registriert werden konnte und zuletzt eine Abnahme festgestellt wurde.
Der von der neuen Staatsführung eingeschlagene Weg der radikalen Korruptionsbekämpfung hat nach der in Georgien herrschenden Meinung zu einer beachtlichen Eindämmung der "alltäglichen" - von einem großen Teil der Gesellschaft alltäglich erlebten - Korruption geführt. Ungeachtet der Meinung, dass die "alltägliche" Korruption in Georgien seit 2004 drastisch zurückgegangen ist, ist in Georgien aber auch die Meinung verbreitet, dass "die neue Staatsführung genauso korrupt sei wie die alte".
Grundlegend verweigert die Polizei in Georgien ihre Arbeit nicht, es kann dennoch zu Fehlverhalten kommen. 50-60% der ehemaligen Sicherheitsbeamten wurden entlassen. Durch diese teils überstürzten Reformmaßnahmen ist es auch auf einigen Gebieten zu Lücken gekommen, die erst nach und nach wieder gefüllt werden müssen. Etwa sind die meisten Polizisten in Georgien sehr jung und haben nur wenig Erfahrung in der Bekämpfung von Kriminalität.
Der Schwerpunkt der Polizeiarbeit liegt zunehmend auf dem Bereich der organisierten Kriminalität. Es gibt in Georgien z.B. eigene Verbrechenshotlines, die 24 Stunden besetzt sind und bei denen jeder Bürger Verbrechen melden und um Hilfe ansuchen kann. Es gibt eine eigene Spezialabteilung zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Diese konnte in jüngerer Zeit vor allem hochrangige Vertreter der organisierten Kriminalität inhaftieren.
Die Aufklärungsquote für Verbrechen ist in letzter Zeit gestiegen, auch wenn die Zahl der registrierten Verbrechen an sich ebenfalls leicht gestiegen ist. Die ist jedoch teils auch dadurch bedingt, dass Bürger vermehrt auch Anzeigen aufgrund eines Verbrechens tatsächlich erstatten und somit eine immer geringer werdende Zahl an Vergehen nicht registriert wird. Das Gehalt der Polizisten in Georgien wurde in den letzten 2-3 Jahren verzwölffacht um Korruption vorzubeugen. Das derzeitige Durchschnittsgehalt liegt bei etwa 600 Lari/Monat. Darüber hinaus gibt es spezielle soziale Vorteile für Polizeibeamte. Hinzu kam es zu umfassenden Trainingsprogrammen für Polizisten, die vielfach mit internationalen Kooperationen, etwa mit der OSZE, durchgeführt wurden.
Bei Fehlverhalten von Polizeibeamten kann sich ein Betroffener direkt anonym beim Innenministerium beschweren. Der Großteil derartiger Beschwerden betraf mangelnde Ermittlungsarbeit und vereinzelt Fälle von vorgebrachten Misshandlungen, wobei derartige Anzeigen deutlich zurückgegangen sind.
Übergriffe durch die Polizei sind deutlich zurückgegangen und die Reformmaßnahmen haben hier zu einer wesentlichen Verbesserung geführt. Schwere Übergriffe werden in der Regel nicht mehr geduldet oder gar gefördert. Bei bekannt gewordenen Fällen gibt es aber noch immer sehr wenige Gerichtsverfahren und entsprechende Verurteilungen, sondern eher disziplinarrechtliche Maßnahmen. (Dies betrifft vor allem hochrangige Polizeibeamte.) Es besteht aus diesem Grund ein grundlegendes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber Uniformierten, weshalb der Weg zur Polizei oft gar nicht angetreten wird.
4. Ombudsmann
Die Ombudsmann Institution in Georgien existiert seit 10 Jahren, wobei der Schwerpunkt auf dem Schutz der Menschenrechte in Georgien liegt. Derzeit ist bereits der dritte Ombudsmann in sein Amt gewählt worden. Die Tätigkeiten des Ombudsmannes umfassen verschiedene Schwerpunktbereiche. Hierzu zählt der Kampf gegen Polizeigewalt, wobei Polizeistationen seitens der Mitarbeiter des Ombudsmannes regelmäßig besucht werden, sowie die Bedingungen in den Haftanstalten. Der Ombudsmann muss dem georgischen Parlament 2-mal jährlich Bericht erstatten. Der Ombudsmann konnte 2007 einige spektakuläre Fälle publik machen. Dies hatte die Entlassung von einem Staatsanwalt und zwei Abteilungsleitern des Innenministeriums zur Folge.
Der Bekanntheitsgrad des Ombudsmannes liegt nach einer jüngeren Studie bei etwa 75% und auch Medienberichte zur Arbeit des Ombudsmannes - insbesondere bei spektakulären Fällen -sind keine Seltenheit.
2006 gab es über 4.000 Beschwerden; im Vergleich hierzu wurden 2004 nur 1.500 Beschwerden eingebracht. Im Jahr 2007 wurden bis Ende September bereits 4.000 Gesuche von Bürgern eingereicht. Diese enorme Zahl von Beschwerden hat zu Kapazitätsproblemen geführt, die noch nicht behoben sind, da auch die Mitarbeiterfluktuation beim Ombudsmann relativ hoch ist.
Dem Ombudsmann gelingt es immer wieder sich Gehör zu verschaffen. Dennoch hat er gerade in höheren Kreisen teils mit offener Ablehnung zu kämpfen, so verlassen etwa bei seiner halbjährlichen Berichterstattung im Parlament viele Abgeordnete das Plenum. Der Ombudsmann in Georgien ist aufgrund seiner Tätigkeiten und Berichte auch politischem Druck ausgesetzt, da oft in "höheren Kreise" ermittelt wird und Fälle veröffentlicht werden. Nachhaltig beeinträchtigt hat die dies die Funktionsfähigkeit des Ombudsmannes jedoch nicht.
5. Mafia/Organisiertes Verbrechen
Die hohe Kriminalität - auch in der Normalbevölkerung - ist durchaus als eine Folge der schlechten wirtschaftlichen Situation anzusehen. So wird in einigen Teilen der Bevölkerung die Meinung vertreten, dass zumindest mit kriminellen Aktivitäten Geld zu verdienen sei. Kriminelle konnten in der Vergangenheit mit Hilfe korrupter Minister ihrer strafrechtlichen Verfolgung häufig entgehen. Bislang wurden allerdings nur sehr wenige Fälle im Zusammenhang mit Korruption oder organisiertem Verbrechen vor Gericht verhandelt. Darüber hinaus wurden die gerichtlichen Untersuchungen in Korruptionsfällen und Fällen organisierten Verbrechens nicht korrekt ausgeführt und es gab bislang nur sehr wenige Verurteilungen wegen des Straftatbestands der Korruption oder des organisierten Verbrechens.
6. Schutzgelderpressung
Grundsätzlich sind alle Arten von Gewerbe von der Mafia bedroht und auch Kleinunternehmen müssen mit Schutzgelderpressungen rechnen. Der an die einzelnen Mafiaorganisationen zu bezahlende Betrag richtet sich jeweils nach der Höhe des Umsatzes der einzelnen Unternehmen. Größere Unternehmen verbuchen Schutzgelder bereits als entstandene Kosten und können sich gute Beziehungen zu den Steuerbehörden und zur Polizei erkaufen. Es ist äußerst schwierig bei Bedrohung durch die Mafia staatlichen Schutz zu erhalten. Dies liegt nicht zuletzt an einer in den meisten Fällen zutreffenden Verwicklung der Polizei in Strukturen des organisierten Verbrechens. Die Verfügbarkeit effektiven Rechtsschutzes bei Schutzgelderpressung ist fraglich. Dies hängt nicht zuletzt mit den fehlenden Möglichkeiten der Polizei zusammen, in solchen Fällen ausführliche Ermittlungen durchzuführen. Hier lässt auch im Übrigen die Sorgfalt der Polizeiarbeit zu wünschen übrig. Wer auch immer in Georgien Schutzgelder erpresst, sei es nun die Polizei oder die Mafia, folgt nicht dem "sizilianischen Modell" (Interesse am Fortbestand der Unternehmung, um später noch mehr erpressen zu können), sondern geht eher destruktiv zu Werke und nimmt selbst die Unternehmensvernichtung in Kauf. Schutzgelderpressungen stellen in Georgien ein weit verbreitetes Phänomen dar. Die Ausrüstung der Polizei ist völlig unzureichend, um mafiösen Gruppen die Stirn bieten zu können.
In Gesprächen mit georgischen Fachleuten zur Problematik der Schutzgelderpressung fällt häufig folgende Bemerkung: "Die kriminelle Schutzgelderpressung haben wir zwar zurückgedrängt, dafür haben wir aber eine staatliche Schutzgelderpressung erhalten". Gemeint ist dabei die nach der Rosenrevolution von Ende 2003 verbreitete Praxis des "Freikaufs von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit oder Strafverbüßung". Bis Ende 2005 beruhte diese (gesetzwidrige) Praxis darin, dass gegen bestimmte Personen von der Staatsanwaltschaft ein nicht konkretisierter Vorwurf der Korruption oder einer ähnlichen Straftat erhoben wurde, wobei der Beschuldigte vor die Wahl gestellt wurde, an die Staatsanwaltschaft eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, oder die Einleitung eines formellen gerichtlichen Strafverfahrens zu riskieren. Zum "Erfolg" verhalf dieser bis Ende 2005 ungesetzlichen und auch von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats kritisierten Praxis "Geld gegen Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung" insbesondere auch die in Georgien verbreiteten Zweifel an der Unabhängigkeit der georgischen Justiz. Von der neuen georgischen Staatsführung wurde die Gesetzwidrigkeit dieser Praxis zwar nicht bestritten, deren Notwendigkeit aber mit den leeren Staatskassen begründet, die gefüllt werden müssen, damit der Staat funktionieren kann.
In einer geänderten, allerdings auch gegen die geltenden Gesetze verstoßenden Form, wird diese Praxis in der letzten Zeit realisiert. Zwar kommt es jetzt zu einer gerichtlichen Prüfung der Vorwürfe; die Richter wurden aber von der Justizverwaltung ausdrücklich dazu angehalten, bei der Strafzumessung den Anträgen der Staatsanwaltschaft unbedingt Folge zu leisten und etwa eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe nur dann zu verhängen oder ein Freispruch nur dann auszusprechen, wenn die Staatsanwaltschaft damit einverstanden ist. Dies hat zur Folge, dass die Höhe der verhängten Strafen bereits zuvor zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten nach dem Grundsatz "je mehr der Angeklagte zahlt desto geringer die zu erwartende Freiheitsstrafe", bestimmt wird. Folglich sind die Einnahmen des Staatshaushalts aus solchen "Freikaufzahlungen" zurzeit höher als die Einnahmen aus den Zollgebühren.
Beweis wurde erhoben durch die Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Behörde erster Instanz am 12.11.2002 sowie durch die Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Asylgerichtshofes am 11.09.2008, weiters durch Einsicht in Country Reports on Human Rights Practices 2007 des US Department of State vom 11. März 2008, den ACCORD Reisebericht Georgien vom Juni 2003, die ACCORD-Anfragebeantwortungen vom 20.05.2008, 16.03.2006, 10.08.2005 und 12.02.2004, das Gutachten des länderkundlichen Sachverständigen Dr. S.L. vom 23.11.2006, Feststellungen zu Georgien des BAA vom 15.05.2007, Bericht über die Fact Finding Mission Georgien des BAA vom 1.11.2007, Bericht Freedom House, Freedom of the World 2008 sowie der Anfragebeantwortung des Polizeiattachees für Georgien über die aktuelle Sicherheitslage
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität des Antragstellers ergeben sich aus dem von Antragsteller schon 2003 vorgelegten Dokumenten.
Der Beschwerdeführer erweckt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einen persönlich glaubhaften Eindruck. Sein Vorbringen ist sowohl im erst- als auch im zweitinstanzlichen Verfahren klar, konkret und ausreichend detailliert. Der Beschwerdeführer schildert die asylrelevanten Vorgänge auch keinesfalls vage. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erscheint auch insbesondere vor dem Hintergrund der als notorisch zu bezeichnenden Korruption und der Verflechtung zwischen Polizei bzw. Justiz und der organisierten Kriminalität bzw. Mafia im Hinblick auf Drogen- und Waffenhandel durchaus auch plausibel und mit den allgemeinen Verhältnissen im Herkunftsland des Beschwerdeführers vereinbar.
Die Feststellungen zur Lage in Georgien ergeben sich aus den zuvor zitierten Unterlagen. Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Auch seitens der Parteien wurden hinsichtlich der herangezogenen Quellen keine Einwände erhoben.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren, in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Da gegenständlicher Asylantrag am 06.06.2002 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF 126/2002 unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt, zu beurteilen.
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in
dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Der Beschwerdeführer hat glaubwürdig ausgeführt, dass er eine Verfolgung, sowohl durch die Polizei und Justiz einerseits als auch durch die ossetische Mafia andererseits aufgrund seiner Mitwisserschaft an illegalen Machenschaften (Drogen- und Waffenhandel an der südossetischen Grenze) fürchte.
Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (zB VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).
Zur Frage, ob eine derartige Furcht auf die in der Genfer Konvention taxativ aufgezählten Gründe zurückzuführen ist, ist es erforderlich, sich näher mit dem Begriff der (als einziger Konventionsgrund im vorliegenden Fall in Frage kommenden) "politischen Gesinnung" und dem Wesen der Korruption auseinanderzusetzen:
Der Ausdruck "politische Gesinnung" ist im Sinne des Wortes "Meinung" auszulegen (Scheffer, Asylberechtigung, 30, 33). Der Begriff "politisch" ist hingegen eine Umschreibung alldessen, was typisch auf die staatliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche bzw. kulturelle Ordnung menschlichen Zusammenlebens und ihre konkrete sachliche und personelle Ausstattung bezogen ist (Rohrböck, Das Asylgesetz 1991, 57).
Korruption [lat., von corrumpere: verderben; bestechen, verführen, verfälschen], bezeichnet wissenschaftlich, wie im allgemeinen Sprachgebrauch einen weiten Bereich moralisch verwerflicher Sachverhalte, die von Amtsmissbrauch bis zum allgemeinen gesellschaftlich und politischen Sittenverfall reichen. Die Unschärfe des Begriffs ist dadurch bedingt, dass sowohl Delikte (z.B. Bestechung) wie deren Folgeerscheinung (staatl. Zerfall) mit ihm benannt werden, dass er Vorgänge wie Zustände umschreibt.
Zu den meistgenannten individuellen oder kollektiven Erscheinungsformen gehören: Unterschlagung, aktive und passive Bestechung (Bestechlichkeit), Vorteilsannahme und -gewährung, Ämterkauf (Simonie), Richter- und Abgeordnetenbestechung, politischer Betrug, politische Erpressung, Nepotismus, Patronage, Klientelismus, Lobbyismus (soweit mit der Drohung von Loyalitätsentsetzung verbunden). Korruption lässt sich zu allen Zeiten der Geschichte und in allen Staatsformen nachweisen (Brockhaus, Die Enzyklopädie in 24 Bänden, 1996, Band 12, 406).
Besonders häufig tritt Korruption insbesondere dort auf, wo Bestechlichkeit eine lang ausdauernde Tradition hat und wo rechtsstaatliche (wie z.B. der Rechnungshof in Österreich) und demokratische (wie die Medien, mögen diese auch oft zu "Vorverurteilungen" neigen) Kontrollinstrumente fehlen bzw. keine Unabhängigkeit von staatlichen Institutionen aufweisen bzw. aufweisen dürfen. Wo Korruption ein großes gesellschaftliches und staatliches Problem ist, zählt die Bekämpfung der Korruption häufig zu den wesentlichsten Zielsetzungen von Politikern und politischen Parteien, sodass auch hier ein auf der Hand liegender Zusammenhang zum Tatbestandsmerkmal der "politischen Gesinnung" feststellbar ist. Kurz zusammengefasst stellt der Kampf gegen die Korruption bzw. das "Sich-der-Korruption-nicht-Beugen" jedenfalls einen Ausdruck politischer Gesinnung, insbesondere in totalitären Regimen dar, in denen die Nutzniesser politischer Korruption mit den Trägern staatlicher Macht ident sind bzw. direkt von diesen profitieren; das Aufzeigen von Korruption bzw. der Verdacht Korruption aufdecken zu wollen führt in derartigen Systemen jedenfalls mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu gravierenden Eingriffen von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen (Leben, körperliche Integrität, Freiheit etc).
Das Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich in seiner Funktion als Angehöriger des Militärs, nicht mit der ossetischen Mafia zusammenzuarbeiten (Nichtannahme von Bestechungsgeld sowie Beschlagnahme der vorgefundenen Drogen) drückt im Hinblick auf das Sich-der-Korruption-nicht-Beugen jedenfalls eine politische Gesinnung aus, die den Beschwerdeführer einer objektiv begründeten Verfolgungsgefahr unterliegen lässt, dies insbesondere auch deshalb, da die bereits erfolgten Verfolgungshandlungen nicht nur von Mafiaangehörigen selbst, sondern auch von Vertretern des Polizei- und Justizapparates gesetzt wurden.
Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es für die Annahme einer asylrelevanten Verfolgung aus, dass eine staatsfeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird und die Aussicht auf ein faires staatliches Verfahren zur Unterkräftung dieser Unterstellung nicht zu erwarten ist (vwGH vom 06.03.1996, 95/20/0204, VwGH vom 30.09.1997, 96/01/0871, u.a.).
Angesichts der binnen kürzester Zeit für den Beschwerdeführer entstandenen massiven Bedrohungen durch Polizei und Justiz in Zusammenarbeit mit der organisierten Kriminalität und der vom Beschwerdeführer geforderten Summen, ist jedenfalls nicht mit einem rechtsstaatlichen Verfahren bei dem Berufungswerber zu rechnen.
Im vorliegenden Fall mögen wohl kriminelle Motive für die Hintermänner des Rauschgift- und Waffenschmuggels ausschlaggebend gewesen sein, es waren jedoch in die Angelegenheit auch Vertreter von Polizei und Justiz involviert und betrifft die Verfolgungsgefahr den Berufungswerber als Militärangehörigen, sodass im Sinne der obigen Ausführungen doch ein hinreichender Zusammenhang zu dem in der GFK genannten Tatbestand der politischen Gesinnung feststellbar ist.
Angesichts der binnen Stunden für den Beschwerdeführer entstandenen gravierenden, unausweichlichen und unlösbaren Problemen ist die Furcht des Berufungswerbers im Lichte seiner speziellen Situation unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar, mag es auch nach der Befragung und Bedrohung durch Polizei, Justiz und Mafia zu keinen weiteren Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer gekommen sein (weil dieser bereits aufgrund der Aussichtslosigkeit der Situation unverzüglich untergetaucht war und in weiterer Folge das Land verlassen hat).
Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer keinesfalls mit einem effektiven staatlichen Schutz rechnen kann - im Gegenteil erfolgt die Verfolgung durch Vertreter staatlicher Einrichtungen - ist nicht davon auszugehen, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit besteht in irgendeinem Teil der Republik Georgien Schutz vor der gegenständlichen Verfolgung zu finden, weshalb die Annahme einer innerstaatlichen Flucht- bzw. Schutzalternative ausscheidet.
Es ist daher jedenfalls eine asylrelevante Verfolgungsgefahr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen und war daher dem Berufungswerber Asyl zu gewähren.