TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/17 B14 401892-1/2008

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Veröffentlicht am 17.10.2008
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Spruch

B14 401.892-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Kracher als Einzelrichterin über die Beschwerde der N.D., geboren am 00.00.1982, serbische Staatsangehörige, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. 9. 2008, Zl. 08 00.380-EAST-OST, zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde der N.D. vom 4. 10. 2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. 9. 2008, Zl. 08 00.380-EAST-OST, wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 BGBl. Nr. 51 i. d.g.F. behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Am 6. 5. 2005 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesasylamt einen Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 7 AsylG 1997. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. 9. 2006, Zl. 05 06.500 - BAW, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen und ihr der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, ausgenommen Kosovo, nicht zuerkannt und die Antragstellerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde laut im Akt befindlichem Zustellnachweis am 4. 10. 2006 nach zwei erfolglosen Zustellversuchen beim zuständigen Zustellpostamt hinterlegt. Am 30. 10. 2006 langte die Sendung nach Rückmittlung seitens der Post mit dem Vermerk "nicht behoben" wieder an das Bundesasylamt zurück.

 

Am 9. 1. 2008 bracht die Antragstellerin unter der Zahl 08 00.380 - EAST Ost erneut einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz beim Bundesasylamt ein.

 

Mit Bescheid vom 17. 9. 2008, Zl 08 00.380 - EAST Ost, wurde der zweite Asylantrag der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die Zustellverfügung des Bescheides vom 28. 9. 2008 nennt die Beschwerdeführerin als Bescheidadressaten, wobei diese Erledigung nach zwei erfolglosen Zustellversuchen an der Meldeadresse beim zuständigen Postamt hinterlegt wurde. Am 30. 10. 2006 langte die Sendung nach Rückmittlung seitens der Post mit dem Vermerk "nicht behoben" wieder an das Bundesasylamt zurück.

 

Bei der oben genannten Zustelladresse handelt es sich, aufgrund der Obdachlosigkeit der Beschwerdeführerin in Ermangelung eines Hauptwohnsitzes, nur um eine Zustelladresse. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Beschwerdeführerin an der Zustellanschrift tatsächlich eine Kontaktstelle hatte.

 

Die Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Dass das Bundesasylamt Ermittlungsschritte hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens einer Kontaktstelle an der Meldeadresse der Beschwerdeführerin nach Rückmittlung des Bescheides vom 28. 9. 2008 als "nicht behoben" getätigt hätte, geht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht hervor.

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem, dem Asylgerichtshof vorliegenden, erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie einer seitens des Asylgerichtshofes getätigten Abfrage des vom Bundesministerium für Inneres betriebenen elektronischen Asylwerberinformationssystems (AIS) vom 13. 10. 2008.

 

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen 2 Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt gemäß der genannten Bestimmung für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung des schriftlichen Ausfertigungsbescheides zu laufen, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

 

Zu § 66 Abs. 4 AVG führt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13.4.2000, 99/07/0202, aus, dass "[i]n bestimmten Fällen [...] die Sachentscheidung der Berufungsbehörde auch in einer bloßen Kassation des angefochtenen Bescheides zu bestehen [hat]; dies dann, wenn nach der materiell-rechtlichen Situation die Erlassung eines Bescheides überhaupt unzulässig war oder während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden ist und allein die Kassation eines solchen Bescheides den von der Rechtsordnung gewünschten Zustand herstellen kann (Hinweis E 3.7.1984, 82/07/0020; E 12.9.1985, 85/07/0186; E 22.5.1986, 86/07/0035)".

 

Zum Prüfungsrahmen hinsichtlich der Frage der Zustellung bei Meldungen als "Obdachlos" gemäß § 19a Meldegesetz 1991 führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.09.2005, 2005/20/0289, aus: "Ausgehend davon, dass der Asylwerber an der Zustellanschrift als Obdachloser gemeldet war, wird der unabhängige Bundesasylsenat zu prüfen und festzustellen haben, ob der Asylwerber im Sinne von § 19a Abs. 1 Meldegesetz 1991 an der Zustellanschrift tatsächlich eine Kontaktstelle hatte und für diese die Voraussetzungen des § 19a Abs. 2 leg. cit. erfüllt waren. Sollte eine dieser Fragen zu verneinen sein, so war die Hinterlegung des erstinstanzlichen Bescheides wirkungslos. Bei Bejahung beider Fragen wird sich die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel zwischen den Voraussetzungen einer wirksamen (oder durch eine "Rückkehr" des Empfängers an die Abgabestelle wirksam werdenden) Hinterlegung nach § 17 Zustellgesetz einerseits und der gesetzlichen Fiktion einer Abgabestelle in § 19a Meldegesetz 1991 andererseits ergeben."

 

In Zusammenhang mit der Frage, ob der erstinstanzliche Bescheid rechtswirksam zugestellt worden ist, besteht [...] bei (konkreten) Hinweisen, welche den Zustellvorgang in Frage stellen, eine (amtswegige) Ermittlungspflicht der Berufungsbehörde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13.Februar 1998, Zl. 96/19/1080, und vom 28. Februar 1997, 95/19/0891) (VwGH 29.3.2001, 2001/20/0109).

 

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Ist jedoch die Zustellungsverfügung unrichtig, so wird diese Unrichtigkeit auch dadurch nicht behoben, dass das Schriftstück jener Person, an die richtigerweise zuzustellen gewesen wäre, tatsächlich zugekommen ist (vgl. VwGH 7.9.1990, 89/18/180). Die Heilung eines Zustellmangels nach § 7 Abs. 1 ZustG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 liegt darin, dass das Schriftstück in die Verfügungsgewalt des "Empfängers", welcher aus dem Grunde des § 2 Z 1 ZustG die in der Zustellverfügung bezeichnete Person ist, gelangt. War demgegenüber schon eine falsche Person in der Zustellverfügung als Empfänger bezeichnet, so liegt nach wie vor kein Fall des § 7 Abs. 1 ZustG vor (vgl. VwGH 7.9.2005, 2004/12/0212). Nach seiner Novellierung durch das E-Government-Gesetz enthält das Zustellgesetz auch nicht mehr eine dem § 9 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. in der Fassung vor dieser Novelle entsprechende besondere Vorschrift für die Heilung einer infolge unterbliebener Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger mangelhaften Zustellverfügung durch tatsächliches Zukommen (vgl. Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze16 (2004), Anm. 10 zu § 9; VwGH 16.11.2005, 2005/12/0229).

 

Im gegenständlichen Fall ging das Bundesasylamt davon aus, dass der Bescheid vom 28. 9. 2006, Zl. 05 06.500 - BAW, am 18. 10. 2006 in Rechtskraft erwachsen ist - wenngleich die Beschwerdeführerin ohne Hauptwohnsitz und somit obdachlos gewesen ist und sie nur eine Zustelladresse bekannt gegeben hat.

 

Die Beschwerdeführerin führte zwar bei ihren Einvernahmen nicht aus, dass sie den Bescheid des Bundesasylamts vom 28. 9. 2006, Zl. 05 06.500 - BAW, nicht erhalten habe, jedoch wäre das Bundesasylamt aufgrund der Obdachlosigkeit der Beschwerdeführerin entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet gewesen, von Amts wegen zu ermitteln, ob der Bescheid vom 28. 9. 2006 rechtswirksam zugestellt worden ist.

 

Somit liegt - mangels rechtswirksamer Zustellung des Bescheides vom 28. 9. 2006, Zl. 05 06.500 - BAW - ein Bescheid nicht vor, weshalb aufgrund der oben wiedergegebenen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes und aufgrund der oben dargelegten Ausführungen das Bundesasylamt nicht berechtigt war, einen Bescheid gemäß § 68 AVG zu erlassen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Abgabestelle, Bescheidqualität, Zustellmangel, Zustellung
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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