C8 245705-0/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Felseisen als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des F. X., geb. 00.00.1965, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2003, FZ. 03 10.931-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am 10.4.2003 einen Asylantrag in Österreich.
Bei einer am 11.12.2003 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe befragt und brachte diesbezüglich vor, dass er im Zeitraum von Februar 2000 bis September 2002 ein Geschäft betrieben habe. Das Geschäft selbst habe keinen Namen getragen und hätte auch keine Adresse gehabt.
Der Beschwerdeführer gab an, dass die Polizei nach ihm suche. Er solle gesetzwidrig Schallplatten über Falun Gong verkauft haben. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Schallplatten über Falun Gong verkauft habe, gab dieser an dies nicht zu wissen. Die Kassetten seien nicht beschriftet gewesen.
Die Kassetten, CD-S, DVD-S und Schallplatten hätte ihm ein Geschäftsmann, welchen er im Jahre 2001 kennengelernt habe, geliefert. Das Material habe er von Beginn seiner Tätigkeit an von diesem Lieferanten bezogen. Auf Vorhalt des Widerspruchs, dass der Beschwerdeführer einerseits angibt die Materialen bereits seit dem 2000 verkauft zu haben und diesen Geschäftsmann aber erst im Jahr 2001 kennengelernt zu haben, gab der Beschwerdeführer an, den Lieferanten doch im Jahr 1999 kennengelernt zu haben. Der Lieferant würde L. genannt werden. Den genauen Namen dieses Mannes wisse er allerdings nicht.
Im August 2002 sei der Beschwerdeführer von der örtlichen Polizei beschuldigt worden Schallplatten über Falun Gong verkauft zu haben. Es wären nach Angabe des Beschwerdeführers zwei Polizisten gekommen, welche einige Schallplatten von Falun Gong gefunden hätten. Sie hätten alles beschlagnahmt und mit einer Geldstrafe in der Höhe von 50.000 Yuan gedroht.
Auf den Vorhalt, dass der Beschwerdeführer einerseits angab, dass er für den Schlepper 80.000 Yuan bezahlt habe und anderseits angab für die Geldstrafe in der Höhe von 50.000 Yuan kein Geld gehabt zu haben, gab dieser an, dass er eine Gefängnisstrafe, dessen Grund und Ausmaß er nicht kenne, zu verbüßen gehabt hätte.
Ab Oktober 2002 hätte er sich ca. einen Monat lang einmal dort und da versteckt. Er könne aber nicht genau sagen, wo dies gewesen wäre. Auf die Frage inwieweit der Beschwerdeführer wisse, dass die Polizei nach ihm suche, gab dieser an, dass er einfach vor Ihnen fliehe. Sie hätten ihm mit strafrechtlichen Folgen und einer Geldstrafe gedroht.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2003 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt.
Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage in China. Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 8 bis 11 des Erstbescheides): Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Vernehmung vor dem Bundesasylamt auf abstrakte und allgemein gehaltene Darlegungen beschränkt. Das zentrale Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer Kassetten und Schallplatten für die Falun Gong-Bewegung verkauft habe, könne nicht als glaubwürdig gewertet werden. Auf Nachfrage hätte der Beschwerdeführer nicht einmal irgendeine Information zur Falun Gong-Bewegung angeben können. Weiters habe der Beschwerdeführer weder den Namen und die Adresse des Geschäftes noch den Namen des Lieferanten nennen könne. Es sei daher fraglich wie der Beschwerdeführer Waren bestellen hätte können, ohne den Namen des Lieferanten zu wissen.
Außerdem habe der Beschwerdeführer erst auf Vorhalt des Widerspruchs, dass er Falun Gong Material bereits seit dem Jahr 2000 verkauft habe, den Lieferanten aber erst im Jahr 2001 kennengelernt habe, insofern revidiert, als dieser angab, ihn im Jahr 1999 kennen gelernt zu haben.
Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer am Anfang seiner Niederschrift angegeben nicht von Behörden seines Heimatlandes gesucht zu werden, während er zu einem späteren Verlauf angegeben habe mittels Steckbrief gesucht zu werden. Auf Vorhalt dieses Widerspruchs habe der Beschwerdeführer angegeben davon erst im Jahr 2002 erfahren zu haben.
Weiters wurde auf den Widerspruch, dass der Beschwerdeführer 50.000 Yuan mangels entsprechender Liquidität nicht bezahlen hätte können, allerdings 80.000 Yuan für den Schlepper aufbringen hätte können hingewiesen. Überdies sei er auf Vorhalt dieses Widerspruchs nicht eingegangen und hätte behauptet noch eine Freiheitstrafe, deren Grund und Ausmaß er nicht kenne, verbüßen zu müssen.
Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden könne. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne ferner nicht davon gesprochen werden, dass in China eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat eine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen des Asylgerichtshofes geboten hätte. Der Sachverhalt stellt sich somit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdeschriftsatzes weiterhin als geklärt dar. Ferner sind nach Ansicht des Asylgerichtshofs die von der Erstbehörde der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte und die getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall, insbesondere im Hinblick auf die schlüssig begründete mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, ausreichend.
3. Der Asylgerichtshof geht somit wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund der zahlreichen widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben hinsichtlich seiner angeblichen Verfolgung durch die chinesische Polizei.
Dem Asylgerichtshof ist es wie der ersten Instanz nicht nachvollziehbar, dass dem Beschwerdeführer nicht bekannt gewesen ist, ob er jemals Kassetten oder Schallplatten der Falun-Gong-Bewegung verkauft haben soll. Daran ändert auch die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, dass die zum Verkauf angebotenen Kassetten zum Teil nicht beschriftet gewesen wären, nichts. Es stellt sich in diesem Zusammenhang vielmehr die Frage inwieweit die KundInnen bei der Auswahl ihrer Produkte gewusst haben können, welches Produkt diese gekauft haben, wenn dieses nicht beschriftet gewesen ist.
Umgekehrt ist nach allgemeiner Lebenserfahrung aber auch bei einem Geschäftsinhaber, welcher zwar nicht den Inhalt aller Kassetten bzw. Schallplatten kennen kann, zu erwarten, dass dieser zumindest über soviel Information verfügt, um einem Kunden das richtige Produkt ausfertigen zu können.
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer, wie die erste Instanz richtig anmerkt, weder den Namen und die Adresse noch den Namen seines Lieferanten nennen konnte, hat auch ein Geschäftsinhaber bei der Nachbestellung seiner Produkte eine nähere Bezeichnung der Ware zu treffen, um eine die Kundenbedürfnisse entsprechende adäquate Nachlieferung gewährleisten zu können. Außerdem kann in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, dass ein im Normfall auf Gewinn ausgerichteter Geschäftsmann entsprechende Produkte bestellt, die eine entsprechende Nachfrage haben.
Dem Beschwerdeführer war es darüber hinaus auch nicht möglich den vom Bundesasylamt aufgezeigten Widerspruch, dass dieser einerseits seit Februar 2000 Kassetten, CD-s, DVD-s und Schallplatten von ein und demselben Lieferanten erhalten und andererseits diesen erst im Jahr 2001 kennengelernt haben soll, entsprechend aufzuklären. Erst auf Vorhalt dieser Widersprüche revidierte der Beschwerdeführer seine Aussage dahin, dass den Lieferanten nunmehr doch im Jahr 1999 kennengelernt habe.
Die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Verfolgung von Seiten der Polizei wird darüber hinaus, wie bereits die erste Instanz ausgeführt hat, auch durch die vom Beschwerdeführer selbst am Anfang der Niederschrift zunächst verneinte Verfolgung, durch die von ihm später erwähnte Suche von der Polizei verstärkt. Selbst, wenn man dem Beschwerdeführer zubilligt, sich nicht mehr an alle Details des Fluchtereignisses erinnern zu können, so ist es doch bei einem derartigen die persönliche Integrität betreffenden Umstand nicht nachvollziehbar völlig voneinander abweichende Angaben zu machen. Daran ändert auch aus Sicht des Asylgerichtshofes der Umstand, dass der Beschwerdeführer auf Vorhalt dieses Widerspruches behauptete von dem Steckbrief erst im Jahr 2002 erfahren zu haben, nichts. Der Asylgerichtshof geht vielmehr davon aus, dass dieser Umstand viel zu einschneidend im Leben des Beschwerdeführers gewesen wäre, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich von der chinesischen Polizei gesucht worden wäre, als diesen bei Beginn der Befragung vom Bundesasylamt zunächst zu verneinen.
Ebenso ist es dem Asylgerichtshof wie der ersten Instanz nicht erklärbar, wieso der Beschwerdeführer eine offensichtlich aushaftende Geldstrafe in der Höhe von 50.000 Yuan aus Geldmangel nicht bestreiten konnte, während der Beschwerdeführer für den Schlepper einen Betrag von 80.000 Yuan aufbringen konnte. Dieser offenkundige Widerspruch konnte wie bereits die erste Instanz dargelegt hat, auch durch die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angeführte Verbüßung einer Freihaftstrafe, deren Grund und Ausmaß dem Beschwerdeführer offenbar nicht bekannt war, nicht entkräftet werden.
Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in China allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall, auch aufgrund der gänzlichen Unglaubwürdigkeit des Vorbringens, verneint werden und stellt sich die Lage in China seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in die Berichte des AA (zuletzt Februar 2008), des UK Home Office (zuletzt Juni 2008) sowie des USDOS (zuletzt März 2008), - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert hat.
4. Auch die Ausführungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind nicht zu beanstanden. Es ist, wie schon von der Erstbehörde dargelegt, nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in China nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihm auch vor seiner Ausreise möglich war. Gegenteiliges konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darlegen und kann auch von Amts wegen nicht davon ausgegangen werden, lassen doch die Länderberichte keinesfalls den Schluss zu, dass Staatsangehörigen der Volksrepublik China generell in China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführer sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.
5. Die Prüfung einer Ausweisung im Sinne von § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I 101/2003 war in verfassungskonformer Auslegung von § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nicht vorzunehmen; dies im Hinblick darauf, dass mit erstinstanzlichem Bescheid - der damaligen Rechtslage entsprechend - keine Ausweisung verfügt wurde und der Asylgerichtshof auf Grund Art. 129c B-VG als Überprüfungsinstanz in Asylsachen eingerichtet ist und solcherart nicht zu einer - im Ergebnis - erstinstanzlichen Entscheidung über die Ausweisung eines Fremden zuständig gemacht werden darf. Verfassungskonform kann § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nur dahingehend ausgelegt werden, dass eine Ausweisung nur dann vom Asylgerichtshof verfügt werden darf, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung darüber abgesprochen hat.
6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.