TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/17 S13 401649-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2008
beobachten
merken
Spruch

S13 401.649-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde des B.S., geb. 00.00.1992, StA Russ. Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 04.09.2008, FZ. 08 05.992-EAST OST zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verwaltungsverfahren und Sachverhalt

 

Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.07.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am selben Tag erfolgte eine Eurodac-Anfrage, welche ergab, dass er bereits am 30.06.2008 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte (AS 5). Des Weiteren wurde die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Russisch durchgeführt (AS 27). Dabei wurde der Beschwerdeführer mit dem Ergebnis der Eurodac-Abfrage konfrontiert.

 

Am 15.07.2008 richtete das Bundesasylamt an die zuständigen ungarischen, deutschen, griechischen und italienischen Behörden eine Anfrage gemäß Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) betreffend eventueller früherer Aufenthalte des Beschwerdeführers in deren Staatsgebiet (AS 43-61). Die italienische, griechische und ungarische Behörde antworteten, dass der Beschwerdeführer in den jeweiligen Ländern nicht bekannt sei (AS 51, 61, 173). Die deutschen Behörden antworteten nicht.

 

Am 15.07.2008 stellte das Bundesasylamt an die zuständige rumänische Behörde ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs.1 lit. c der Dublin II-VO.

 

Zur für den 16.07.2008 anberaumten Einvernahme erschien der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht (AS 91).

 

Am 24.07.2008 wurde dem Beschwerdeführer und dessen gesetzlichem Vertreter gemäß § 28 Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass Konsultationen mit Italien, Griechenland, Ungarn und Deutschland in Form einer Anfrage gemäß der Dublin II-VO geführt werden sowie gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und dass zu diesem Zwecke seit dem 15.07.2008 Konsultationen mit Rumänien gemäß der Dublin II-VO geführt werden.

 

Die rumänische Behörde stimmte der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 16 Abs.1 lit. e) der Dublin II-VO am 25.07.2008 zu (AS 111).

 

Am 02.09.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit seines gesetzlichen Vertreters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen (AS 127).

 

Mit Bescheid vom 04.09.2008, FZ. 08 05.992-EAST OST, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid; AS 227).

 

Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Dublin II-VO Rumänien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Der Beschwerdeführer wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist

(II.).

 

Beschwerde

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 19.09.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben (AS 247).

 

In der Beschwerdeschrift beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und machte allgemein die Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides sowie Verfahrensmängel geltend.

 

Beweismittel

 

Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof die verschiedenen Vorbringen des Beschwerdeführers und weitere Beweismittel verwendet.

 

Parteivorbringen des Beschwerdeführers

 

1. In der Erstbefragung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes angegeben:

 

Er heiße B.S. und sei Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Er sei Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und gehöre der christlich-orthodoxen Religionsgemeinschaft an.

 

Zu den Gründen seiner Flucht gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei im Krieg gefallen, als der Beschwerdeführer ungefähr 3 oder 4 Jahre alt gewesen sei. Er habe dann gemeinsam mit seiner Mutter Tschetschenien verlassen. Seine Mutter habe ihn im Alter von 14 Jahren verlassen. In seinem Heimatland habe er keine Wohnmöglichkeit, weshalb er sich Ende des Jahres 2007 zur Flucht entschlossen habe.

 

Er sei illegal über die Türkei und Griechenland nach Deutschland eingereist. Dort habe er sich längere Zeit aufgehalten. Am 30.06.2008 sei er über Österreich und Ungarn nach Rumänien gekommen, um dort andere tscheschenische Freunde zu treffen. In Rumänien sei er von der Polizei angehalten worden und habe einen Asylantrag stellen müssen und ihm sei eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden. Sein eigentliches Ziel sei aber Italien gewesen. Er habe sich dann über Ungarn nach Italien begeben. Dort habe er keinen Asylantrag stellen können, weil die Polizisten dies abgelehnt hätten. In der Folge sei er nach Österreich zurückgekehrt, um Geld zu beschaffen. Bei der Rückreise nach Italien am 10.07.2008 sei er von Polizisten kontrolliert worden und habe darauf einen Asylantrag gestellt.

 

Er habe keine Verwandten in Österreich oder im EU-Raum. In Italien habe er zwei Bekannte, deren Aufenthalt ihm jedoch nicht bekannt sei.

 

Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers gab der Beschwerdeführer an, er sei nur kurz in Rumänien geblieben und wisse nicht, in welchem Stadium sich das Verfahren in Rumänien befinde. Seine vorläufige Aufenthaltskarte habe er verloren.

 

Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, wegen der Beteiligung seines Vaters am Krieg gegen Russland keine Zukunft zu haben. Es drohe ihm zwar keine Strafe, jedoch werde er von den Behörden in seinem Fortkommen behindert werden und er werde auch keine Arbeit finden. Außerdem habe er keine Verwandten im Heimatland und auch keine Unterkunft.

 

2. In der ersten Einvernahme hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert:

 

Auf Vorhalt, dass seine tschetschenische Herkunft insbesondere wegen seines orthodxen Bekenntnisses unglaubwürdig erscheine, gab der Beschwerdeführer an, seine diesbezüglichen Angeben seien korrekt.

 

Er habe sich in Italien, Griechenland, Deutschland und Ungarn illegal aufgehalten. Nur in Rumänien sei er offiziell aufgeschienen.

 

Auf Vorhalt, das Verfahren in Rumänien sei abgeschlossen, gab der Beschwerdeführer an, er sei zu den Gründen für seinen Asylantrag nicht befragt worden und es habe keine Einvernahme gegeben.

 

Nach Rumänien wolle er nicht zurück, weil es dort eine Rauferei in einem Flüchtlingslager gegeben habe und die rumänischen Behörden nicht eingreifen wollten.

 

4. In der Beschwerdeschrift hat der Beschwerdeführer es bei seinem bisherigen Vorbringen belassen.

 

Weitere Beweismittel

 

1. Laut Eurodac-Abfrage hatte der Beschwerdeführer am 30.06.2008 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

2. Die rumänischen Behörden haben auf den Antrag des Bundesasylamts auf Wiederaufnahme ihre Zustimmung "gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. e)" Dublin II-VO erklärt.

 

3. Nach einer Untersuchung am 13.08.2008 gab Dr. Y. eine gutachterliche Stellungnahme ab, in welcher festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer an keiner psychischen oder somatischen Erkrankung leidet.

 

4. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 15.09.2008 wegen gewerbsmäßigem Diebstahl (§§ 127, 130 erster Fall StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

 

Sachverhalt nach Beweiswürdigung

 

Nach Würdigung des Beschwerdeführervorbringens und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:

 

1. Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsbürger und minderjährig.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers. Hinsichtlich der Minderjährigkeit ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, an dem Vorbringen zu zweifeln. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer der tscheschenischen Volksgruppe angehört, kommt es für das vorliegende Erkenntnis nicht an. Sie kann also dahingestellt bleiben.

 

2. Der Beschwerdeführer war jedenfalls im Juni 2008 illegal nach Rumänien eingereist, wo er am 30.06.2008 einen ersten Asylantrag stellte. Ihm wurde zunächst eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt. Später wurde der Antrag von den zuständigen Behörden negativ beschieden.

 

Die Antragstellung in Rumänien ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie aus dem Ergebnis der Eurodac-Abfrage. Die Ausstellung der Aufenthaltsberechtigunggskarte ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers. Das Vorliegen einer negativen Entscheidung der rumänischen Asylbehörden über den Antrag des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Zustimmungserklärung Rumäniens, die sich auf Art. 16 Abs. 1 "lit e)" der Dublin II-VO bezieht.

 

3. Psychisch und somatisch ist der Beschwerdeführer gesund. Dies ergibt sich aus der ärztlichen Begutachtung, die zu keinen Zweifeln Anlass gibt.

 

4. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine familären Beziehungen. Dies ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Rechtlicher Rahmen

 

Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.

 

Gemäß Art. 6 Dublin II-VO ist für die Prüfung eines Antrags eines unbegleiteten Minderjährigen, derjenige der Mitgliedstaat zuständig, in dem sich ein Angehöriger seiner Familie rechtmäßig aufhält, sofern dies im Interesse des Minderjährigen liegt. Ist kein Familienangehöriger anwesend, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat, für die Prüfung zuständig.

 

Gemäß Art. 2 lit. h) ist unter einem "unbegleiteten Minderjährigen" eine unverheiratete Personen unter 18 Jahren zu verstehen, die ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden.

 

Gemäß Art. 16 lit. e) Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, ist gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Dabei ist mitzubeachten, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann) (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

 

Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.

 

Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.

 

Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof

 

Die Beschwerde ist fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung

 

Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung nach Polen verfügt hat.

 

Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.

 

Dem Beschwerdeführer wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung und in Anwesenheit seines gesetzlichen Vertreters - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt, und ihm sowie seinem gesetzlichen Vertreter wurde vor der Einvernahme schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen Zuständigkeit Rumäniens zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).

 

Der Asylgerichtshof stellt fest, dass der angefochtene Bescheid zwar nach Ablauf von 20 Tagen ab der Antragstellung des Beschwerdeführers am 30.06.2008 erlassen wurde und ihm die Mitteilung, dass Konsulationen mit anderen Mitgliedstaaten der Dublin II-VO geführt werden, wurde ihm auch nicht innerhalb dieser Frist, sondern erst am 24.07.2008 mitgeteilt. Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG galt die 20-Tages-Frist ab dem 16.07.2008 jedoch nicht mehr, da der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, indem er der Ladung zu diesem Termin unentschuldigt nicht nachgekommen ist.

 

Unzuständigkeit Österreichs

 

Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers ausschließlich Rumänien zuständig ist.

 

Zur Zuständigkeit Rumäniens

 

Der Beschwerdeführer hat seinen ersten Asylantrag in Rumänien gestellt. Da er weder in Österreich noch im Gebiet der Mitgliedsstaaten der Dublin II-VO Verwandte hat, ist Rumänien war Rumänien gemäß Art. 6 Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständig. Da gemäß Art. Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO nur ein Mitgliedstaat zuständig sein kann und die Zuständigkeit auf Grund von Art. 6 Dublin II-VO der von Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO vorgeht, ist es ohne Relevanz, ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - vor seiner ersten Antragstellung als Minderjähriger in Rumänien noch in andere Mitgliedstaaten, darunter Österreich, illegal eingreist ist oder nach dieser Antragstellung einen oder mehrere weitere Asylanträge in anderen Mitgliedstaaten gestellt hat.

 

Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt

 

Es besteht keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich wegen der damit verbunden Ausweisung nach Polen im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.

 

Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH 11.06.2001, B 1541/00; VfGH 15.10.2004, G 237/03 u.a.; VfGH 17.06.2005, B 336/05).

 

Im Zusammenhang mit Art. 3 EMRK könnte in den Fällen des Art. 16 Abs. 1 lit e) Dublin II-VO die zu erwartende Abschiebung aus einem anderen Mitgliedstaat der Dublin II-VO einen Verstoß darstellen, wenn schwere Mängel im Asylverfahren dieses Mitgliedsstaates aufgrund "rechtlicher Sonderpositionen" im konkreten Verfahren manifest gegen die Anforderungen der Genfer Flüchtlingskonvention (in der Folge: GFK) bzw. gegen die gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien verstoßen hat.

 

Dem Asylgerichtshof ist zunächst nicht bekannt, dass Rumänien derartige Sonderpositionen vertritt. Des Weiteren ist die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er sei im rumänischen Asylverfahren nicht zu seinen Fluchtgründen befragt oder einvernommen worden, zu unsubstantiiert und also solche nicht geeignet, eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch grobe Verfahrensmängel in seinem konkreten Fall zu begründen. Im Gegenteil, spricht die Ausstellung einer rumänischen Aufenthaltsberechtigungskarte an den Beschwerdeführer dafür, dass der negative Asylbescheid aus Rumänien nach einem ordngungsmäßen Verfahren erlassen wurde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch nicht, dass der Beschwerdeführer in Rumänien der Verfolgung durch Dritte ohne jeden Schutz durch rumänische Behörden und Gerichte ausgeliefert wäre, so dass auch aus diesem Grund für das Bundesasylamt keine Notwendigkeit für ein Selbsteintrittsrecht vorlag.

 

Schließlich liegt auch kein Eingriff in das Recht auf Schutz des Privatlebens vor, da in der Person des Beschwerdeführers nicht von einer verfestigten Integration in Österreich gesprochen werden kann, wogegen insbesondere spricht, dass er bereits nach wenigen Monaten Aufenthalt straffällig geworden ist.

 

Was eine Verletzung von Art. 8 EMRK betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid hinreichend mit der familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich befasst hat und zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mangels familiärer Beziehungen in Österreich keine Pflicht Österreichs zum Selbsteintritt wegen einer andernfalls drohenden Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 8 EMRK besteht.

 

Rechtmäßigkeit der Ausweisung

 

Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach Polen betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z. 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurück gewiesen wurde.

 

Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG iVm.

Artikel 3 EMRK oder gegen § 10 Abs. 3 iVm. Artikel 8 EMRK unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter 3.2. gemachten Ausführungen.

 

Da die Ausweisung nach Polen rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.

Schlagworte
Ausweisung, real risk, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
29.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten