B10 401.656-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl. I 2008/4, (AsylG) und 66 Abs. 4 AVG, durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Beisitzerin über die Beschwerde des G.U., geb. 00.00.1985, StA. Republik Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.09.2008, Zahl: 08 03.904-BAT, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Beschwerdeführer brachte vor Angehöriger der albanischen Volksgruppe und Staatsangehöriger der Republik Kosovo zu sein, den im Spruch angeführten Namen zu führen und am 01.05.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Er stellte am selben Tag in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.05.2008 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er seine Heimat verlassen habe, weil seine Familie seit 12 Jahren in Blutrache lebe. Sein Onkel habe einen Mann einer anderen Familie erschossen. Da der Onkel keine Söhne habe, befürchte der Beschwerdeführer, dass sich diese Familie an ihm rächen könnte.
Am 17.07.2008 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der albanischen Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er vor, dass sein Onkel G.H. einen Mann namens G.B. umgebracht hätte. Die Brüder des Getöteten würden immer zu ihnen nach Hause kommen und drohen. Er höre immer von gemeinsamen Verwandten, dass diese Brüder den Beschwerdeführer töten wollten. Konkrete Bedrohungen gäbe es keine. Sein Vater hätte ihm geraten, nicht zur Polizei zu gehen, dass würde die Sache verschlimmern. Zwecks Versöhnung hätten sie Vermittler zu diesen Brüdern geschickt.
Bei seiner Einvernahme am 27.08.2008 gab er Folgendes an:
"F: Besitzen Sie Dokumente?
A: Ich besitze einen Führerschein und Personalausweis. Ich besaß einen UNMIK Reisepass, den ich jedoch verloren habe. Ich verlor den Pass im Zuge eines Umzuges.
F: Wo wurden Sie geboren und wo sind Sie aufgewachsen?
A: Ich wurde im Dorf B., in der Gemeinde R., geboren. Ich bin in G. aufgewachsen.
F: Wovon lebten Sie im Heimatland?
A: Zuletzt arbeitete ich als Hilfsarbeiter auf einer Baustelle. Ich habe keinen Beruf erlernt. Auch war als Schneider tätig.
F: Wo und mit wem lebten Sie zuletzt im Heimatland?
A: Ich lebte zuletzt mit meinen Eltern und meinem jüngeren Bruder in einem gemeinsamen Haushalt im Dorf B.. Meine beiden Schwestern sind bereits verheiratet und leben bei deren Männern.
F: Von wann bis wann waren Sie in G. aufhältig?
A: Als ich sieben Jahre alt war, gingen wir nach G.. Ich war bis zuletzt in G. aufhältig.
V: Sie führten zuvor aus, dass Sie zuletzt mit den Eltern im Dorf B. lebten. Wie können Sie sich dazu erklären, zumal Sie dann erwähnten, dass sie zuletzt in G. aufhältig waren?
A: Nein. Es war so, dass ich bis zu meinem siebenten Lebensjahr im Dorf B. lebte. Dann waren wir bis zuletzt in G. aufhältig.
F: Wann und wie verließen Sie Ihr Heimatland?
A: Ich glaube, ich verließ am 28. März 2008 mein Heimatland.
Ich verließ vor ca. 5 Monaten mein Heimatland und reiste über mir unbekannte Länder bis nach Österreich. Die Fahrt nach Österreich dauerte 2 bis 3 Tage.
F: Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland?
A: Nur wegen der Blutrache.
F: Schildern Sie etwas näher davon?
A: Mein Onkel G.H. hat im Zuge eines Grundstückstreites einen Mann namens G.B. erschossen. Dies geschah im Dorf B..
F: Wann hat sich dies zugetragen?
A: Dies war vor ca. 13 Jahren.
F: Wurde der Onkel bei diesem Vorfall verletzt?
A: Ja. Zunächst wurde mein Onkel von dem G.B. hinter dem rechten Ohr angeschossen. Daraufhin schoss mein Onkel auf den G.B. und dabei kam der G.B. ums Leben.
In weiterer Folge zog mein Onkel nach G.. Bis zu dem Vorfall lebte mein Onkel in B..
F: Wer war damals bei diesem Vorfall anwesend bzw. sonst noch beteiligt?
A: Dabei waren noch der Vater und der Onkel des Ermordeten. Von meiner Familie war sonst niemand dabei - es war lediglich mein Onkel anwesend.
F: Wo lebt Ihr Onkel G.H. derzeit im Kosovo?
A: Mein Onkel lebt nach wie vor in G..
F: Wie alt ist Ihr Onkel?
A: Er ist 56 oder 57 Jahre alt.
F: Hat der Onkel selbst Kinder?
A: Ja. Er hat zwei Töchter.
F: Hat Ihr Onkel bzw. Ihr Vater sonst noch andere Geschwister? Wenn ja, welche und wo leben diese zum jetzigen Zeitpunkt?
A: Mein Vater und mein Onkel haben noch eine Schwester, die bereits verheiratet ist. Diese wohnt auch in G..
F: Kam es aufgrund des Vorfall bzw. der Ermordung des G.B. zu einer Verhandlung von Seiten des Gerichts?
A: Ja. Es gab eine Gerichtsverhandlung. Mein Onkel wurde zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt. Er war ja eigentlich unschuldig, zumal er damals in Notwehr gehandelt hat.
F: Welche Probleme hatten Sie nun persönlich im Kosovo?
A: Das Problem war nun, dass ich über meine Verwandte hörte, dass man nun an mir die Blutrache ausüben wollte. Die Brüder des Ermordeten sind nun erwachsen geworden und wollen nun an mir die Blutrache ausüben. Wir haben sogar Vermittler geschickt, sodass diese die Blutrache vergessen. Jedoch habe die Familie des Ermordeten dies nicht akzeptiert.
F: Wem haben Sie als Vermittler geschickt?
A: Es gab Polizisten und ehemalige UCK Kämpfer und religiöse Führer, die wir zu der Familie des Ermordeten schickten.
F: Wann haben Sie diese erwähnten Leute - zwecks Vermittlung - hingeschickt?
A: Es war regelmäßig. Es war vor dem Krieg und auch nach dem Krieg. Wir versuchten dies mit Vermittler zu bereinigen, aber sie haben dies immer abgelehnt. Die Familie des Ermordeten wollte mit den Vermittlern über dieses Thema nie diskutieren. Dies sind schwierige Menschen.
F: Wie oft wurden nach dem Krieg Vermittler zu der Familie des Ermordeten hingeschickt?
A: Es war zweimal.
F: Wer konkret wurde dorthin geschickt?
A: Ich kann es nicht sagen. Auch wurden weitschichtige Verwandte von Seiten des Ermordeten zu dieser Familie geschickt.
So können wir auch nicht die Grundstücke, die wir dort besitzen, verkaufen. So wird nämlich von der Familie des Ermordeten den beabsichtigten Käufern mitgeteilt, dass sie unser Grundstück nicht kaufen dürfen.
F: Sprachen Sie - nach dem Vorfall - selbst jemals mit den Familienangehörigen des Ermordeten?
A: Nein.
F: Kennen Sie diese Leute bzw. die Familienangehörigen des Ermordeten eigentlich persönlich?
A: Ja. Diese waren ja unsere Nachbarn.
F: Wo lebt die Familie des Ermordeten zum jetzigen Zeitpunkt?
A: Im Dorf B..
F: Wie alt war der Ermordete damals?
A: Er war 24 Jahre alt.
F: Besteht ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen der Familie des Ermordeten und Ihrer Familie bzw. der Familie des Onkels?
A: Nein, eigentlich nicht.
F: Wann hörten Sie über Ihre Verwandte, dass man nun an Ihnen die Blutrache ausüben wolle?
A: Zwei oder drei Monate vor dem Sylvester des letzten Jahres.
F: Welche Verwandten berichteten darüber?
A: Die Cousins meines Vaters, die noch immer im Dorf B. leben, berichteten darüber.
F: Was sagten diese konkret zu Ihnen bzw. zu Ihrem Vater?
A: Sie kamen zu uns nach Hause. Die Cousins meines Vaters sagten, dass sie gehört hätten, dass die Familie des Ermordeten auch jemanden Jungen umbringen wollen, wie wir es gemacht hätten.
Am Sylvesterabend - ich war in einer Diskothek - haben sie vor der Eingangstür auf mich gewartet. Ich bin jedoch über die andere Seite geflüchtet.
F: Wie heißt die Diskothek?
A: Die Disco hat keine direkte Bezeichnung. Es war eine Disco, die sich im Hotel befindet.
F: Wer hat vor der Disco auf Sie gewartet?
A: Der Bruder des Ermordeten namens G.G. und sein Cousin namens A. oder A.. Ich habe sie selbst vor der Eingangstür der Disco gesehen. Der G.G. ist 23 Jahre alt und dessen Cousin ist ebenfalls ca. 23 Jahre alt.
F: Haben diese Leute Sie auf dem Nachhauseweg von der Disco verfolgt?
A: Nein. So standen diese Leute bei der Eingangstür vor dem Hotel. Ich flüchtete aber über den Notausgang im Erdgeschoss. Ich war mit meinem Freund namens P.K. in der Disco, aber ich bin alleine von dort direkt nach Hause gelaufen.
(Anmerkung: Der AW fertigt eine Skizze des Hotels. Diese wird zum Akt genommen.)
Auf Befragung gebe ich an, dass der Freund, der mit mir in der Disco war, ebenfalls in G. wohnt.
F: Woher wissen Sie, dass diese beiden vor der Disco auf Sie gewartet haben? So könnten diese beiden jungen Leute ja zufällig bei der Eingangstür gestanden sein.
A: Nein, nein. Sie haben auf mich gewartet. Das habe ich gewusst. So kam es nämlich einmal dazu, dass ich etwas später in einer Bäckerei gesucht wurde. Ich befand mich öfters bei einem Freund namens A.G., der eine Bäckerei in G. besitzt. Dort war ich sehr oft am Abend. Ich weiß, dass sie mich dort gesucht haben.
F: Wie heißt die Bäckerei?
A: Die Bäckerei heißt E.. Die Bäckerei befindet sich 10 m von meinem Elternhaus entfernt. Es sind in etwas zwei Häuser dazwischen.
F: Waren Sie in der Bäckerei, als die Leute kamen?
A: Nein. Ich war nicht anwesend. Es war so, dass die Leute in die Bäckerei kamen. Sie sagten zu meinem Freund, dass er mich anrufen solle, sodass ich in die Bäckerei komme.
Mein Freund hat mich erst später angerufen, als die Leute bereits weg waren. Er erzählte mir, dass eben zwei junge Leute da waren und nach mir gefragt haben. Sie forderten ihn auf, mich anzurufen und darüber zu informieren, dass ich in die Bäckerei komme.
F: Welche Personen fragten bei Ihrem Freund nach Ihnen?
A: Es waren die beiden Personen, die bereits vor der Disco auf mich warteten.
F: Was sagte der Freund zu den beiden Leuten?
A: Eigentlich gar nichts. Er sagte nur, dass er meine Nummer nicht haben würde.
F: Durchsuchten die beiden Leute die Bäckerei nach Ihnen?
A: Nein.
F: Wann wurde bei der Bäckerei nach Ihnen gefragt?
A: Ca. zwei Wochen nach Sylvester. Ich kann kein Datum nennen.
F: Wurden Sie sonst jemals von den Leuten in der Bäckerei aufgesucht?
A: Nein.
F: Waren die beiden erwähnten Leute bei Ihnen zu Hause und fragten nach Ihnen?
A: Nein, niemals. F: Weshalb nicht?
A: Wir kennen diese Leute ja. Sie dürfen ja nicht zu uns kommen.
F: Von wem aus dürfen die Leute nicht zu uns kommen?
A: Es ist so, dass die Leute ja wissen, falls sie zu uns kommen würden, dass entweder wir sie umbringen würden, oder die uns umbringen würden.
F: Wie oft waren Sie bei dem Freund in der Bäckerei?
A: Ich war in der letzten Zeit sehr oft bei ihm am Abend.
F: Wie häufig waren Sie bei dem Freund in der Bäckerei?
A. Ich war fast jeden Abend bei ihm - für ca. eine Stunde.
F: Hat es sonst noch irgendwelche Vorfälle gegeben, die Ihre Person betrafen?
A: Nein. Sonst hat es nichts gegeben. Die Familie sagte zu mir, dass es am Besten ist, wenn ich von dort weggehe.
F: Haben Sie sich hinsichtlich dieser Vorfälle (Suche) jemals an die Polizei oder sonstigen Schutzeinrichtungen gewandt?
A: Nein. Der Vater wollte nicht, dass ich dies mache, denn ansonst würde die Sache noch ärgere Konsequenzen nach sich ziehen.
F: War Ihr Vater bzw. Ihr Onkel G.H. irgendwelchen Konsequenzen aufgrund der Ermordung des G.B. ausgesetzt?
A: Nein. So waren die Familienangehörigen des Ermordeten damals - also zum Zeitpunkt der Ermordung des G.B. - ebenfalls noch jünger.
F: Aus welchem Grund sollten sich die Familienangehörigen des Ermordeten nicht nun an Ihren Vater bzw. Onkel wenden?
A: So geht mein Onkel nicht mehr so viel außer Haus. Sie wollten ja nicht meinen Vater, sondern den Jüngeren.
F: Weshalb sollten die Familienangehörigen des Ermordeten ausgerechnet auf den Jüngeren - also auf Sie - warten?
A: Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung. So kann man sich mit solchen Menschen nicht verstehen.
F: Aus welchem Grund sollte man Ihnen nun Ende des Jahres 2007 bzw. Anfang 2008 Probleme bereiten wollen, wenn doch der Vorfall bereits mehr als 10 Jahre zurückliegt?
A: Es stimmt. Jedoch sind diese suchenden Personen nun erwachsen geworden. Aus diesem Grund wollen sie dies nun machen.
F: Hatten Sie sonst irgendwelche Probleme im Kosovo?
A: Nein.
F: Hatten Sie mit den heimatstaatlichen Behörden oder mit den sonstigen Schutzeinrichtungen im Kosovo Probleme?
A: Nein.
F: Hätten Sie die Möglichkeit gehabt, sich woanders im Heimatland hinzubegeben?
A: Ich weiß nicht, wohin ich hätte gehen sollen. So ist der Kosovo sehr klein. Man hätte mich im Kosovo überall gefunden.
Ich möchte erwähnen, dass es für mich nur eine Chance gibt, nämlich nur jene, falls die Vermittler in dem Fall die Sache bereinigen könnten.
F: Wann waren die Vermittler bei der Familie des Ermordeten?
A: Drei oder vier Monate nach dem Krieg im Kosovo. Sie haben jedoch keinen Erfolg gehabt, bei der Vermittlung. Ich kann nicht sagen, wer konkret, als Vermittler zu der Familie des Ermordeten geschickt wurde. Jedoch kann man alles im Kosovo überprüfen.
F: Weshalb sollte man drei oder vier Monate nach dem Krieg Vermittler zu der Familie des Ermordeten schicken, wenn es doch damals keine Anzeichen für eine "Blutrache" an Ihrer Familie gegeben hat. Was sagen sie dazu?
A: Wir schickten die Vermittler deshalb dorthin, um eine Lösung zu finden.
F: Welche Lösung hätte man finden sollen, zumal es ja damals keine Probleme gab?
A: So besteht ja die Blutrache.
F: Was befürchten Sie bei einer etwaigen Rückkehr in den Kosovo?
A: Ich habe Angst vor der Blutrache. Wenn eine Lösung gefunden wird, würde ich sofort in den Kosovo zurückkehren.
F: Haben Sie hinsichtlich Ihres Fluchtvorbringens sonst noch etwas vorzubringen?
A: Nein.
V: Sie führten bei der Befragung am 17.7.2008 aus, dass die Brüder von G.B. immer wieder zu Ihnen nach Hause gekommen sind und Ihnen gedroht hätten. Von einem derartigen Ereignis haben Sie heute nichts erwähnt. Was sagen Sie dazu?
A: Ich habe es nicht so gesagt. Ich sagte nicht, dass sie nach Hause gekommen sind.
So möchte ich erwähnen, dass der Ermordete auch nur einen Bruder hat. Es gibt eben noch den erwähnten Cousin. Dies ist ein Fehler, wie es damals vermerkt wurde.
F: So führten Sie damals auch nicht aus, dass die Leute vor der Disco auf Sie gewartet hätten bzw. bei dem Freund in der Bäckerei nach Ihnen gesucht worden sei. Was sagen Sie dazu?
A: Ich habe es schon erwähnt, dass es einen Vorfall in der Disco gab. Jedoch fand damals nur eine kurze Befragung statt.
Ich nehme die Feststellungen der Behörde zur Situation im Kosovo (Siehe Beilage), bzw. die Möglichkeit danach Stellung zu nehmen, zur Kenntnis:
F: Möchten Sie dazu etwas sagen?
A: Ich möchte dazu nichts sagen.
V: Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Familienangehörigen des Ermordeten Interesse an Ihrer Person gehabt haben, zumal ja davon ausgegangen werden kann, dass man bereits früher an Sie herangetreten wäre bzw. dass man Sie unter Beobachtung gestellt hätte, um Ihnen habhaft zu werden. Was sagen Sie dazu?
A: So waren die Familienangehörigen des Ermordeten bzw. der Bruder und der Cousin damals ja auch noch kleiner.
V: Für die ho. Behörde ist das Vorbringen hinsichtlich der Blutrache nicht glaubhaft, zumal nicht einmal Ihr Onkel, der direkt von dem Vorfall betroffen war, oder Ihr Vater, der ein näheres Verwandtschaftsverhältnis zu Ihrem Onkel hatte, mit irgendwelchen Maßnahmen bzw. Problemen von Seiten der Familie des Ermordeten betroffen waren. Was können sagen Sie dazu?
A: Ich kann nur dazu sagen, dass die Familienangehörigen des Ermordeten den Jüngsten wollen - also den Sohn bzw. mich.
F: Wovon leben Sie hier in Österreich?
A: Ich wohne seit meiner Einreise in Österreich bei meinem Onkel namens K.N.. Er unterstützt mich soweit. So bekomme ich etwas Geld von ihm und auch von anderen Verwandten aus Deutschland.
F: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund?
A: Es geht mir gut. Ich bin gesund.
F: Haben Sie sonst noch Verwandte in Österreich?
A: Sonst leben noch Cousins von mir in Wien. Ich treffe sie gelegentlich. Meine Cousins heißen T.A. und D..
F: Welchen Aufenthaltstitel haben die beiden Cousins und der Onkel in Österreich?
A: Mein Onkel ist seit ca. 12 Jahren hier in Österreich und er besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft. Der T.A. ist ebenfalls ist österreichischer Staatsbürger. Der T.D. ist als Gastarbeiter hier in Österreich.
F: Besteht eine sonstige Bindung (Besuch eines Kurses oder Vereins, Berufstätigkeit, Lebensgemeinschaft, etc.) zu Österreich?
A: Nein.
F: Wie sieht der Alltag in Österreich aus? Was machen Sie den ganzen Tag über?
A: Ich gehe hier spazieren.
F: Haben Sie Kontakte zu anderen in Österreich lebenden Personen?
A: Ich habe wenig Kontakt zu anderen Österreichern, da ich die deutsche Sprache nicht beherrsche.
F: Haben Sie sonst noch was vorzubringen?
A: Nein.
Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 08.09.2008, Zahl: 08 03.904-BAT, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), weiters dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) sowie der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Lage im Kosovo und führte beweiswürdigend zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer im Zuge seines Asylverfahrens nicht glaubhaft machen konnte, tatsächlich aus dem von ihm genannten Grund die Republik Kosovo verlassen zu haben.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben, in welcher der Beschwerdeführer Folgendes ausführt:
"Ich habe Angst wieder zurück nach Kosovo zu gehen, wegen einer Blutrache mit einer anderen Familie. Diese will mich erschießen. Wegen dieser Sache will ich nicht wieder nach Kosovo. Ich sage die Wahrheit diese Sache und bitte Sie noch einmal mich nicht nach Kosovo zuschicken."
Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens werden seitens des Asylgerichtshofes folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an, führt den im Spruch angeführten Namen und reiste am 01.05.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er stellte am selben Tag in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Nicht festgestellt werden konnten die Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer an asylrelevante Merkmale anknüpfenden aktuellen Verfolgung maßgeblicher Intensität in der Republik Kosovo ausgesetzt ist.
Zur allgemeinen Lage im Kosovo wird auf die diesbezüglichen Feststellungen der Behörde erster Instanz verwiesen, die zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben werden. Insbesondere wird auf folgende Ausführungen verwiesen:
"Polizeiliche Aufgaben werden im Kosovo durch die internationale UNMIK Polizeitruppe und die Kosovo Police Service wahrgenommen. Alle lokalen Polizeistationen mit Ausnahme von Mitrovica wurden mittlerweile in den alleinigen Verantwortungsbereich der KPS übergeben. Traditionelle Polizeiarbeit und investigative Aufgaben werden nunmehr ausschließlich durch die KPS Truppe erledigt. Die "Kosovo academy of public safety education and development" (KAPSED) und die "Kosovo public safety standards and education board" wurden eingerichtet.
(Commission of the European Communities, Kosovo 2006 Progress Report, Nov. 2006)
Im Kosovo sind 15.497 KFOR-Soldaten aus NATO- (12.999) und Nicht-NATO-Staaten (2.498) stationiert (Stand: 13.08.2007). Das Operationsgebiet von KFOR ist derzeit in fünf Sektoren eingeteilt, von denen je einer unter italienischer, türkischer, amerikanischer, irischer und französischer Leitung steht. Wie schon in den vergangenen Jahren entdeckt KFOR noch immer illegale Waffen- und Munitionslager.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (KOSOVO), Nov. 2007)
Strafrechtliche Anzeigen werden seitens der KPS aufgenommen und verfolgt. Fehlleistungen von einzelnen Polizeiorganen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Sollte eine Person kein Vertrauen in die Dienste der KPS haben, besteht die Möglichkeit sich auch direkt an die UNMIK Polizei, oder an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Ombudsmann zu konsultieren.
(Bericht zur Fact Finding Mission in den Kosovo 14.-19.5.2006, 06.2006)"
Der Asylgerichtshof schließt sich der hier wiedergegebenen Beweiswürdigung im Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.09.2008, Zahl 08 03.904-BAT, an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses; diese lautet wie folgt:
"Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung: Die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht muss nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht worden ist.
Die Behörde hat sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lassen:
betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Die Feststellungen zu Ihrer Person ergaben sich aus den von Ihnen vorgelegten Dokumenten und aus Ihren diesbezüglichen Angaben.
betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).
Ihre Angaben hinsichtlich der befürchteten Blutrache konnte kein Glauben geschenkt werden.
So gaben beim Bundesasylamt an, dass die Familie des Ermordeten G.B. nun an Ihnen Blutrache nehmen wollen, zumal vor ca. 13 Jahren eine Person namens G.B. von Ihrem Onkel G.H. ermordet worden sei. Weiters behaupteten Sie, dass sowohl vor dem Krieg als auch nach dem Krieg Vermittler zu der Familie des Ermordeten geschickt worden seien, wobei dies nichts genützt hätte. Nunmehr sei zu Sylvester 2007 und ca. zwei Wochen später nach Ihnen gesucht worden und aus diesem Grund hätten Sie im Frühjahr 2008 die Ausreise aus dem Kosovo angetreten.
Zunächst ist zu erwähnen, dass Sie bei der Befragung vor dem Bundesasylamt hinsichtlich Ihrer persönlichen Probleme im Kosovo ausführten, dass das Problem nun jenes gewesen sei, dass Sie über Verwandte gehört hätten, dass man nun an Ihnen Blutrache ausüben hätte wollen. Konkret dazu befragt, gaben Sie an, dass die Cousins Ihres Vaters Ihnen zwei oder drei Monate vor Sylvester berichtet hätten, dass die Familie des Ermordeten auch jemanden Jungen umbringen wollte. Etwas später behaupteten Sie dann sogar, dass der Bruder und der Cousin des Ermordeten Sie gesucht hätten, nämlich einmal zu Sylvester 2007 und dann ca. zwei Wochen später. Von einer derartigen Suche haben Sie jedoch weder bei der Polizeiinspektion noch bei der Erstaufnahmestelle etwas erwähnt. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, aus welchem Grund Sie nicht bereits bei diesen Befragungen von derartigen Maßnahmen geschildert hätten, zumal Sie zum damaligen Zeitpunkt nicht wissen konnten, dass es noch zu weiteren Befragungen kommen wird. Auf den Vorhalt gaben Sie diesbezüglich beim Bundesasylamt an, dass Sie damals den Vorfall bei der Disco schon erwähnt hätten, aber es hätte damals nur eine kurze Befragung stattgefunden. Dabei handelt es sich jedoch um eine Schutzbehauptung Ihrer Person. So kann nämlich davon ausgegangen werden, dass Sie bereits bei den ersten Befragungen und auch gleich zu Beginn bei der Befragung beim Bundesasylamt von einem derartigen Ereignis - nämlich der zweimaligen Suche nach Ihrer Person - geschildert hätten, zumal es sich dabei um ein einschneidendes Ereignis handeln würde.
Weiters führten Sie aus, dass seit dem damaligen Vorfall - also seit der Ermordung des G.B. - vor ca. 13 Jahren bis zu Ihrer Ausreise im Frühjahr 2008 die Familie des Ermordeten keinerlei Maßnahmen gegen Ihren Onkel und Ihren Vater gesetzt hätten. Wenn Sie jedoch nunmehr behaupten, dass diese Familie an Ihnen Blutrache nehmen wollten bzw. wollen, so ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass diese betroffene Familie während der vergangenen Jahre keinerlei Maßnahmen an Ihrem Onkel und an Ihrem Vater bzw. an Ihnen gesetzt haben wollen. Auf diesbezüglichen Vorhalt behaupten Sie nunmehr, dass Sie dazu nur sagen könnten, dass die Familienangehörigen des Ermordeten den Jüngsten - also den Sohn bzw. Sie - haben wollen. So erwähnten Sie weiters, dass Ihr Onkel nicht mehr so viel außer Haus gehen würde und diese ja auch nicht Ihren Vater hätten haben wollen, sondern den Jüngeren. Eine andere Erklärung konnten Sie dazu nicht abgeben. Sie stellten in den Raum, dass Ihnen nunmehr Blutrache drohen würde, zumal Ihr Onkel G.H. vor ca. 13 Jahren eine Person namens G.B. ermordet hätte. Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass Sie Behauptungen aufstellen, sondern müssen Sie diese auch glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß konkret und nachvollziehbar sein. Keinesfalls kann die bloße Behauptung von Tatsachen als ausreichend angesehen werden. Durch Ihre bloßen Behauptungen, konnten Sie die von Ihnen dargelegten Sachverhalte nicht glaubhaft machen.
Wenn Sie noch dazu behaupten, dass die Familie des Ermordeten auf einen "Jüngeren" warten würden, bei dem sie die Blutrache ausüben hätten können, so kann jedoch nicht nachvollzogen werden, dass diese drohende Familie damals - also vor ca. 13 Jahren - nicht an Ihren Onkel bzw. Vater herangetreten wären, zumal der Onkel damals ca. 44 Jahre und Ihr Vater ca. 37 Jahre alt gewesen wäre.
Ihre Behauptung, dass die "bedrohenden" Personen niemals bei Ihnen zu Hause gewesen seien, zumal diese ja nicht zu Ihnen hätten kommen dürfen, da die Leute wissen würden, dass entweder Ihre Familie sie (Familie des Ermordeten) umbringen würden oder diese Sie bzw. Ihre Familie umbringen würden, ist in keinster Weise nachvollziehbar. So kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass die bedrohenden Personen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen geeigneten Zeitpunkt (z.B.: Nacht, Nachhauseweg von der Arbeit bzw. der Bäckerei, etc.) gefunden hätten, um den Mord des G.B. mit einem anderen Mord - nämlich mit dem eines männlichen Familienangehörigen Ihrer Familie bzw. Ihres Onkels - zu sühnen, was jedoch nicht der Fall war.
Weiters ist nicht glaubhaft, dass die Familienangehörigen des Ermordeten weiters Interesse an Ihrer Person gehabt haben wollen. Sie gaben an, dass zweimal nach Ihnen gesucht worden sei, zumal der Bruder und der Cousin des Ermordeten einmal zu Sylvester vor einer Disco auf Sie gewartet hätte und ca. zwei Wochen später in einer Bäckerei, welche sich gleich in der Nähe Ihres Elternhauses befinden würde, bei einem Freund nach Ihnen gefragt hätte. Die erkennende Behörde geht vielmehr davon aus, dass die drohenden bzw. suchenden Personen, wenn diese tatsächlich Interesse an Ihrer Person gehabt hätten, versucht hätten, Sie bei der Bäckerei, bei welcher Sie täglich abends aufhältig gewesen sein wollen, abzufangen bzw. Ihnen auf dem Nachhauseweg von der Disco bzw. von der Arbeit zu folgen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Darüber hinaus konnten Sie Ihre Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen, zumal Sie bei Bestehen tatsächlicher bzw. gravierender Furcht wohl schon wesentlich früher ihr Heimatland verlassen hätten und nicht noch mehrere Jahre hindurch im Herkunftsland verblieben wären. So kann in keinster Weise nachvollzogen werden, dass sich jemand noch jahrelang im Einflussbereich seiner angeblichen Verfolger aufhält, wenn dieser tatsächlich Furcht vor Übergriffen hätte, zumal Sie behaupteten, dass Ihre Familie bereits vor und auch nach dem Krieg Vermittler zu der Familie des Ermordeten geschickt hätten und dies - laut Ihren Angaben - jedoch nichts gebracht hätte.
Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass Sie sich, wenn es diese Vorfälle (Auflauerung vor der Disco, Suche bei der Bäckerei) tatsächlich gegeben hätte, nicht an die Polizei gewandt haben. Sie begründeten dies damit, dass Ihnen Ihr Vater davor abgeraten hätte, zumal die Sache womöglich schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass seitens des UNMIK/KPS/KFOR ausreichender Schutz für die von kriminellen Handlungen bedrohten Personengruppen bzw. für die von anderen Familienclans - in Hinblick auf Blutrache - bedrohten Personengruppen besteht, sofern eine diesbezügliche Anzeige eingebracht werde. Eine solche Anzeige wurde jedoch nicht eingebracht. Diese Möglichkeit hätten Sie sehr wohl in Anspruch nehmen können.
Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrer Person im Sinne der GFK konnte jedoch aus obigen Gründen nicht glaubhaft dargelegt werden.
betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:
Da Ihnen, wie bereits erörtert, im Herkunftsstaat keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht, und Sie Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat haben, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.
Auch leben Ihre Eltern und Ihre Geschwister in Ihrem Herkunftsstaat, weswegen Sie über weit reichende Anknüpfungspunkte im Falle einer Rückkehr verfügen.
betreffend die Lage in Ihrem Herkunftsland:
Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BAA. Diese ist gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.
betreffend die Feststellungen über Ihr Privat- und Familienleben:
Die Angaben bezüglich Ihres Privat und Familienlebens ergeben sich aufgrund Ihrer niederschriftlichen Einvernahmen."
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs.1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes oder soweit in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4,
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
Im Sinne der oben dargestellten Erwägungen kommt der erkennende Gerichtshof zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer Verfolgungssituation nicht den Tatsachen entspricht.
Darüber hinaus ist im konkreten Fall von der Schutzgewährungswilligkeit und Schutzgewährungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden im Kosovo auszugehen. Wie sich aus den getroffenen Länderfeststellungen hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage im Kosovo ergibt, sind die Behörden im Kosovo willens und in der Lage, dem Beschwerdeführer vor allfälligen rechtswidrigen Übergriffen auf seine Person ausreichenden Schutz zu gewähren. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass - bei außer Streit stehendem Schutzwillen des Staates - mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Private präventiv zu schützen, sondern, dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne. Davon kann aber im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seinen Angaben zu Folge nicht einmal den Versuch unternommen hat, sich unter den Schutz der Behörden in seinem Heimatstaat zu stellen. Das diesbezügliche Vorbringen, dass dies die Sache verschlimmert hätte sich an die Polizei im Kosovo zu wenden, vermag den erkennenden Gerichtshof nicht zu überzeugen. Im Übrigen findet sich auch in der Beschwerde keinerlei Vorbringen, das auf eine mangelnde Schutzgewährungswilligkeit oder Schutzgewährungsfähigkeit der Behörden im Kosovo hindeutet.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat, der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Vorraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).
Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine ihm konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. für eine aktuelle drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechende Gründe glaubhaft gemacht.
Im Übrigen wird auch auf die bereits oben getätigten Ausführungen zum Vorliegen der Schutzgewährungswilligkeit und Schutzgewährungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden im Kosovo verwiesen.
Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Kosovo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat der Beschwerdeführer selbst weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde behauptet und kann dies auch von Amts wegen nicht angenommen werden.
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Beschwerdeführer vorbrachte, dass er als Hilfsarbeiter und Schneider gearbeitet und dass er mit seinen Eltern und seinem Bruder in einem gemeinsamen Haushalt in G. gelebt habe. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in den Kosovo jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059 - fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Diesbezüglich werden die dementsprechenden Ausführungen des Bundesasylamtes zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist.
Auch liegt kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor, welcher zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) nicht geboten oder zulässig wäre, zumal der illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer seinen bisherigen etwa sechsmonatigen Aufenthalt in Österreich lediglich auf den verfahrensgegenständlichen - nunmehr abgewiesenen - Antrag auf internationalen Schutz stützt (vgl. Erk. des VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479-7, VwGH vom 04.03.2008, Zl. 2006/19/0409-6 und Beschluss des VfGH vom 29.11.2007, Zl. B 1654/07-9).
Die Ausweisung stellt daher keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.
Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.