C1 303177-1/2008/11E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde des N.G., 00.00.1980 geb., Kosovarischer Staatsangehöriger, vom 06.07.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.06.2006, FZ. 06 00.451-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.10.2007 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde gegen Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 AsylG abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:
"Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wird N.G. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo nicht zuerkannt.
III. Die Beschwerde gegen Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:
"Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wird N.G. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen."
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Mit angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.01.2006 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG wurde dem Asylwerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen.
Im erstinstanzlichen Verfahren hatte der Asylwerber vorgebracht, Serbien, die Provinz Kosovo, verlassen zu haben, weil es in D. zu Übergriffen durch Moslems auf die Katholiken gekommen wäre. Im Herbst 2003, an das genaue Datum könne er sich nicht mehr erinnern, wäre er auf dem Fußweg von D. nach G. von vier bewaffneten Moslems angehalten worden. Sie hätten ihn aufgefordert, das Gebiet zu verlassen und woanders hinzuziehen. Auch wäre er dahingehend bedroht worden, wenn er der Aufforderung nicht nachkäme, könne ihm irgendwann einmal etwas passieren. Aus diesem Grund habe er sich im Jänner 2006 entschlossen, mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind aus Sicherheitsgründen das Land zu verlassen.
Die Erstbehörde wertete dieses Vorbringen als nicht glaubwürdig, zumal der Asylwerber seine behauptete Verfolgung nur allgemein ohne konkrete Anhaltspunkte in den Raum stellte. Darüber hinaus hätten die Übergriffe nach seinen Angaben im Herbst 2003 stattgefunden, er habe das Land aber erst im Jahr 2006 verlassen, obwohl es seit dem Jahr 2003 zu keinen Übergriffen mehr gekommen sei.
Hiegegen wurde Rechtsmittel wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes eingebracht.
Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 04.10.2007 gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
"VL: Wie geht es Ihnen?
BW: Gut.
VL: Aus der vorgelegten Heiratsurkunde geht hervor, dass Sie seit 00.00.2003 verheiratet sind?
BW: Ja. Das stimmt.
VL: Wo haben Sie mit Ihrer Gattin seit Ihrer Heirat gelebt?
BW: Überall, bei den Personen, die ich gekannt habe.
VL: Über all im Kosovo?
BW: Wo ich Bekannte hatte.
VL: Könnten Sie mir das detaillieren?
BW: Nein, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Wo ich gewohnt habe, das sind meine Probleme, diese kann ich nicht angeben.
VL: Warum haben Sie den Kosovo verlassen?
BW: Jedesmal, wenn ich meine Ortschaft verlassen habe und mich nach G. begeben habe, wurde ich, bei einem Wald, ca. 6 oder 7 Minuten von meinem Haus entfernt, von 4 Personen bedroht. Es waren maskierte, bewaffnete Personen. Sie haben mich anscheinend gekannt und sie haben zu mir gesagt, ich müsste diesen Ort verlassen.
VL: Wie oft geschah so ein Vorfall, den Sie geschildert haben?
BW: Jedesmal, wenn ich dort durchgehen musste.
VL: Wie oft mussten Sie "dort durchgehen"?
BW: Ich kann das nicht angeben, ich habe es nicht gezählt.
VL: Haben die Männer einen Grund angegeben, warum Sie den Ort verlassen müssten?
BW: Nein. Ich habe sie gefragt. Sie sagten, ich sollte still sein und tun, was sie sagten. Als sie sprachen, konnte ich an der Aussprache erkennen, dass es sich um Muslime gehandelt hatte. Es war nicht so, wie wir reden. Sie haben mir nichts angetan, sie sagten nur diese Worte zu mir. Ich sagte ihnen, dass ich zur Polizei gehen würde um eine Anzeige zu erstatten. Daraufhin sagten sie, dass ich dadurch meine eigene und die Situation meiner Familie verschlechtern würde.
VL: Sie haben mir vorher gesagt, dass Sie immer ganz unterschiedlich irgendwo im Kosovo gelebt hätten, aber immer, wenn Sie in diesem Ort gewesen wären, diese Vorfälle mit den Männern passierten.
BW: Ja.
VL: Wo war dieser Ort?
BW: Das war D..
VL: Wieso sind Sie immer wieder nach D. zurückgegangen?
BW: Dort war meine Familie, meine Frau und meine Kinder.
VL: Waren Sie nicht immer mit Ihrer Familie zusammen?
BW: Ja. Nur manchmal haben wir uns getrennt, denn wir mussten arbeiten und essen.
VL: Waren Sie da auch über Nacht getrennt oder nur tagsüber?
BW: Es ist auch vorgekommen, dass ich wo anders übernachtet habe und am nächsten Tag zurückgekehrt bin. Der Vorfall passierte meistens am späten Nachmittag bis Abend.
VL: Wegen dieser Bedrohungen durch die maskierten Männer haben Sie den Kosovo verlassen?
BW: Ja, es gab keinen anderen Ausweg. Entweder den Kosovo zu verlassen, oder der ganzen Familie zu schaden. Oder diese Leute umbringen. Weshalb sie mich bedroht haben, das weiß ich nicht.
VL: Haben Sie Probleme mit Ihrer Familie gehabt?
BW: Was meine Familie, die hier ist, betrifft, also meinen Bruder und meine Frau, nein. Was mein Vater oder mein Onkel väterlicherseits für Probleme hatten, weiß ich nicht.
VL: Gab es Probleme mit der Familie Ihrer Frau?
BW: Ja.
VL: Welcher Art?
BW: Ich habe sie genommen, ohne Einwilligung ihrer Eltern.
VL: Welche Probleme hatten Sie dadurch?
BW: Ich hatte zwar keine Probleme, aber wir haben uns verliebt und sie wollten nicht, dass sie im Kosovo heiratet. Ich habe sie "entführt".
VL: Gab es dadurch irgendwelche Konsequenzen für Ihr Leben?
BW: Es hätte passieren können, dass sie uns irgendwo erwischt hätten. Es hätte etwas passieren können, von der Familie meiner Frau aus. Direkt haben sie nichts gesagt.
VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass Sie einmal im Jahr 2003 bedroht worden sind, aus Ihren Angaben heute geht hervor, dass diese Bedrohungen öfters waren.
BW: Ich habe die Bedrohung vom Jahr 2003 erwähnt. Möglicherweise habe ich damals den Dolmetscher nicht ganz verstanden. Ich habe nur den letzten Vorfall geschildert. Ich glaube schon, dass ich gesagt habe, dass ich auch davor bedroht worden war. Wer daran schuld ist, ich oder der Dolmetscher, das weiß ich jetzt nicht.
VL: Im erstinstanzlichen Protokoll ist vermerkt der Herbst 2003. Ab Herbst 2003 gab es also keine Bedrohungen mehr?
BW: Welchen Monat meinen Sie?
VL: Ab Ende 2003 gab es keine Bedrohungen mehr?
BW: Von 2000 bis 2003 gab es Bedrohungen.
VL: Aber Sie reisten doch erst 2006 aus. Was war dazwischen?
BW: Ich war seit dem Jahr 2000 im Kosovo. Man hat davon erfahren, dass ich dort war und dann haben sie begonnen, mich zu bedrohen. Dies bis 2006.
VL: Aber Sie haben gerade gesagt, der letzte Vorfälle wäre 2003 gewesen?
BW: Das war 2001, 2002, ich war im Kosovo. Im Jahr 2003 habe ich geheiratet, ja. Dann haben sie wieder begonnen, bis ins Jahr 2006.
VL: Können Sie sich an den letzten Vorfall 2006 erinnern?
BW: Nicht genau.
VL: Wie lange ca. vor Ihrer Ausreise war das?
BW: Ein Datum kann ich nicht angeben.
VL: Sie können auch nicht angeben, aus welchem Grund Sie bedroht wurden?
BW: Nein.
VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie immer wieder darauf hingewiesen, dass es Ihre Religion gewesen sei, warum Sie bedroht worden waren?
BW: Meiner Meinung nach, ja.
VL: Wissen Sie, hatte Ihre Frau irgendwelche Probleme?
BW: Außer, dass ich sie "entführt" habe, nein.
VL: Wissen Sie etwas von dieser versuchten Entführung Ihrer Tochter?
BW: Nein.
VL: Hat Ihre Frau Ihnen nichts erzählt?
BW: Nein.
VL: Hier auch nicht?
BW: Ich weiß nur vom Dolmetscher, dass meine Frau bedroht worden wäre. Ich weiß nichts davon.
VL: Ihre Gattin sagte, dass sie immer im Ort D. aufhältig war. Sie sagen, überall im Kosovo wären Sie aufhältig gewesen?
BW: Für sich hat sie das gesagt?
VL: Seit Ihrer Heirat.
BW: Mit meiner Frau überall im Kosovo? Nein, so war es nicht.
VL: D.h. wenn Sie im Kosovo unterwegs waren, waren Sie allein unterwegs?
BW: Ja.
VL: Bei der psychologischen Untersuchung haben Sie angegeben, dass Ihre Frau Ihnen in Österreich von deren Bedrohung erzählt hat?
BW: Ja, nachdem ich gefragt wurde, ob auch meine Frau bedroht wurde.
VL: Haben Sie die Bedrohungen jetzt angezeigt?
BW: Nein.
VL: Warum nicht?
BW: Aus Angst.
VL: Hatten Sie außer diesen Bedrohungen noch andere Probleme?
BW: Ich nicht.
VL: Auch wegen Ihrer Religion nicht?
BW: Wo anders nicht, bei anderen Leuten nicht. Ich hatte nur Probleme mit diesen 4 Personen.
VL: Möchten Sie noch etwas angeben?
BW: Nein, ich habe nichts hinzuzufügen."
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer, Kosovo-Albaner und Katholik, zuletzt aufhältig im Dorf D., Gemeinde G., Kosovo, ist in Österreich illegal eingereist und hat am 10.01.2006 gegenständlichen Asylantrag gestellt. In Österreich aufhältig sind seine Gattin, mit der er seit 00.00.2003 verheiratet ist, sowie zwei minderjährige Kinder; deren Asylanträge sind in der Rechtsmittelinstanz anhängig.
Der Beschwerdeführer war von 1994 bis 1999 in Deutschland und hat dort einen Asylantrag gestellt. Er hat Deutschland wegen Schlägereien und damit verbundenen Geldstrafen freiwillig verlassen und ist in sein Heimatland zurückgekehrt. Von 2000 bis 2005 war er in seinem Heimatland Landwirt. Seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern leben in Deutschland (Stuttgart). Ein Bruder ist in Österreich aufhältig und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet.
Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Glaubenszugehörigkeit einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war.
Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen Bedrohungen durch die Familie seiner Frau einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war.
Der Beschwerdeführer hat wegen seiner religiösen Überzeugung keine Verfolgungshandlungen durch die Bevölkerung Kosovos mit Zugehörigkeit zur muslimischen Glaubensgemeinschaft zu befürchten.
Er könnte im Fall des tatsächlichen Bestehens einer Bedrohung der dargestellten Art wirksam den Schutz der zuständigen Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen.
Weiters wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kosovo in seinem Recht auf das Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Die Identität und Herkunft des Beschwerdeführers stützt sich auf die Angaben des vorgelegten UNMIK-Ausweises.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, von unbekannten Männern bedroht worden zu sein, war als nicht glaubwürdig zu werten. Er konnte weder angeben, von wem er bedroht wurde - er will nur an der Aussprache erkannt haben, dass es sich dabei um Muslime(!) gehandelt hat - noch aus welchem Grund er bedroht worden ist. Auffällig war vor allem aber, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt angegeben hat, im Herbst 2003 bedroht worden zu sein und deswegen sein Heimatland im Jahr 2006 verlassen zu haben. In der Berufungsverhandlung hingegen gab er an, jedesmal, wenn er seine Ortschaft verlassen habe und durch den Wald gegangen sei, von den maskierten bewaffneten Personen bedroht worden zu sein. Über Vorhalt, dass nach den Angaben im erstinstanzlichen Verfahren die Drohungen nur einmal im Jahr 2003 waren und nach den Angaben im Berufungsverfahren die Bedrohungen öfters vorgekommen seien, gab der Beschwerdeführer an, dass er im erstinstanzlichen Verfahren lediglich die Bedrohung vom Jahr 2003 erwähnt habe, er habe nur den letzten Vorfall geschildert, möglicherweise habe er den Dolmetscher nicht verstanden. Dem ist das Verhandlungsprotokoll vom 27.04.2006 vor der Erstbehörde entgegenzuhalten, wo der Asylwerber gefragt wurde, ob es richtig sei, dass er wegen der Drohung im Herbst 2003 im Jahr 2006 das Land verlassen habe, bzw. warum er nicht bereits früher das Land verlassen habe, der Asylwerber angegeben hat, dass er nicht über genügend Barmittel verfügt habe, um die Reise finanzieren zu können. Selbst zu diesem Moment hat der Asylwerber nicht darauf hingewiesen, dass es sich um mehrere Bedrohungen gehandelt hat. Darüber hinaus hat sich der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren dahingehend widersprochen, dass er einerseits sagte, dass die Bedrohung im Herbst 2003 die letzte gewesen sei, dies jedoch später dahingehend revidierte, dass er bis ins Jahr 2006 bedroht worden sei.
Ebenso war die angebliche Bedrohung durch die Familie der Frau nicht als glaubwürdig zu werten, konnte der Beschwerdeführer doch diesbezüglich in der Berufungsverhandlung überhaupt keine Angaben machen. Auch ist es zu keiner konkreten Bedrohungssituation gekommen. Darüber hinaus hat er diese Bedrohung im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt nicht angegeben.
Zur Situation in der Republik Kosovo wird - auch unter Berücksichtigung der durch Medienberichte notorisch bekannten Änderung in der Staatenstruktur und damit einhergehenden aktuellen Länderberichten - Folgendes festgestellt:
1. a. Allgemeines:
Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI , Seiten 3-5]
1. b. Lageentwicklung:
1. b.1. Kosovo unter UN - Verwaltung
Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:: Entscheidungen Asyl 03/2008 , Seite 2]
1. b.2. Statusverhandlungen
Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21. Oktober 2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pri¿tina bzw. Belgrad begannen am 22. Februar 2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 02.02.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt.
Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 01.08.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten.
[Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007, Seite 7; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:
Entscheidungen Asyl 03/2008 , Seite 2]
1. b.3. Wahlen
Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen entsprechend der internationalen und europäischen Standards verlaufen sind.
[Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 28]
Am 9. Jänner 2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15 Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner LDK und drei den Minderheiten zu. [APA 09.01.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt]
1. b.4. Unabhängigkeit des Kosovo
Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.
Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt.
Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATO-Soldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung
einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. Noch ist offen, wann und wie die Befugnisse auf die EU übergehen sollen. Es fehlen klare Regelungen für den Wechsel der Zuständigkeiten.
UNMIK kann sich formal aber erst dann aus dem Kosovo zurückziehen, wenn die noch geltende UN-Resolution 1244 durch den Sicherheitsrat außer Kraft gesetzt wird.
Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung.
Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert.
[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seiten 2-3]
Die Verfassung wurde am 15. Juni 2008 vom Parlament verabschiedet [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008], welche am selben Tag in Kraft trat. [Constitution of the Republic of Kosovo.
http://www.gazetazyrtare.com/egov/index.php?option=com_content&task=view&id=130&Itemid=54]
Die serbische Staatsführung bezeichnete die Verfassung der abtrünnigen Provinz als "rechtlich nicht existent". Präsident Boris Tadic kündigte an, die Proklamation der Kosovo-Verfassung werde von Belgrad nicht als rechtsgültig anerkannt.
Der Kosovo bleibt unter internationalem Protektorat.
Laut den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO-geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen.[APA 10.06.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein ]
Ob die Letztverantwortlichkeit im Kosovo bei der EU oder der UNO liegen wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008]
1. b.4.1.Staatsangehörigkeit:
Das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft.
Erlangung der Staatsbürgerschaft bei Vorliegen folgender Fakten:
CHAPTER II ACQUISITION OF CITIZENSHIP
Article 5 Modalities of the acquisition of citizenship
The citizenship of Republic of Kosova shall be acquired:
a) by birth;
b) by adoption;
c) by naturalization;
d) based on international treaties
e) based on Articles 28 and 29 of this Law.
Erlangung der Staatsbürgerschaft durch Geburt:
Acquisition of citizenship by birth
Article 6 Acquisition of citizenship by birth based on parentage
6.1 A child shall acquire the citizenship of Republic of Kosova by birth if on the day of his/her birth both of his/her parents are citizens of Republic of Kosova.
6.2 If on the day of the child's birth only one parent is a citizen of Republic of Kosova, the child shall acquire the citizenship of Republic of Kosova under the following conditions:
a) the child is born in the territory of Republic of Kosova;
b) the child is born outside the territory of Republic of Kosova and one parent is stateless or has unknown citizenship;
c) the child is born outside the territory of Republic of Kosova and one parent has another citizenship but both parents agree in writing that the child shall acquire the citizenship of Republic of Kosova. This provision must be exercised prior to the child's fourteenth birthday.
Übergangsbestimmungen:
CHAPTER V TRANSITIONAL PROVISIONS
Article 28 The Status of habitual residents of Republic of Kosova
28.1 Every person who is registered as a habitual resident of Republic of Kosova pursuant to UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry shall be considered a citizen of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens.
Article 29 Citizenship according to the Comprehensive Proposal for the Republic of Kosova Status Settlement
29.1 All persons who on 1 January 1998 were citizens of the Federal Republic of Yugoslavia and on that day were habitually residing in Republic of Kosova shall be citizens of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens irrespective of their current residence or citizenship.
29.2 Provisions of paragraph 1 of this Article apply also to direct descendants of the persons referred to in paragraph 1.
29.3 The registration of the persons referred to in paragraphs 1 and 2 of this Article in the register of citizens shall take effect upon the application of the person who fulfills the requirements set out in this Article.
29.4 The competent body shall determine in sub-normative acts the criteria which shall constitute evidence of the citizenship of the Federal Republic of Yugoslavia and habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998.
29.5 The competent body shall use the criteria set for the in UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry to determine habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998
Exkurs:
REGULATION NO. 2000/13
UNMIK/REG/2000/13
17 March 2000
ON THE CENTRAL CIVIL REGISTRY
Section 3
HABITUAL RESIDENTS OF KOSOVO
The Civil Registrar shall register the following persons as habitual residents of
Kosovo:
(a) Persons born in Kosovo or who have at least one parent born in Kosovo;
(b) Persons who can prove that they have resided in Kosovo for at least a continuous period of five years;
(c) Such other persons who, in the opinion of the Civil Registrar, were forced to leave Kosovo and for that reason were unable to meet the residency requirement in paragraph (b) of this section; or
(d) Otherwise ineligible dependent children of persons registered pursuant to subparagraphs (a), (b) and/or (c) of this section, such children being under the age of 18 years, or under the age of 23 years but proved to be in full-time attendance at a recognized educational institution.
Doppelstaatsbürgerschaft
Article 3 Multiple Citizenships
A citizen of Republic of Kosova may be the citizen of one or more other states. The acquisition and holding of another citizenship shall not cause the loss of the citizenship of Kosova. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 06.03.2008, Zahl 156/08 an das BAL , Regulation no. 2000/13, 17 March 2000 On the Central Civil Registry; Law on Citizenship of Kosova
http://www.assembly-kosova.org/?krye=laws&lang=en&ligjid=243 ]
1. c. Religionen
Im Kosovo sind Islam und Christentum mit verschiedenen Untergruppen vertreten.
Die Bevölkerung ist sehr religionstolerant, trotz verstärkter Versuche vor allem der arabischen Staaten den sehr pragmatischen Islam fundamentalistischer zu gestalten, war das in der breiten Bevölkerung nicht erfolgreich.
Der Vorstand der islamischen Gemeinde im Kosovo und der katholische Bischof treten in Eintracht gemeinsam auf (u.a. bei der Ausrufung der Unabhängigkeit am 17.02.2008 im Parlamentsgebäude).
Die verschiedenen religiösen Feste werden gemeinsam gefeiert, man gratuliert und besucht sich gegenseitig. Politiker nehmen öffentlich an den Feiern beider Religionsgemeinschaften teil (u.a. Präsident Sejdiu an der Christmette 2007).
Die freie Religionsausübung ist im Kosovo uneingeschränkt möglich, es besteht eine gegenseitige Akzeptanz.
Selbst Personen, welche eine fundamentalistische Form des Islams sowohl im Erscheinungsbild (Vollbart, Pluderhose, Schleier) als auch in der strengen Anwendung des Islams (strikte Einhaltung der Gebote) praktizieren, sind im öffentlichen Leben akzeptiert, auch wenn sie von der Bevölkerung mit Argwohn betrachtet werden. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI , Seiten 5 und 6]
2. Sicherheitslage
2. a. Lageentwicklung:
Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine weiten Unruhen mehr.
Die Zahl der registrierten Delikte verringerte sich 2006 im Vergleich zum Jahr 2005 um ca. 5 % auf 64.165. Für 2006 lässt sich ein Rückgang der Delikte gegen Leib und Leben feststellen, während Eigentumsdelikte durchschnittlich um etwa 5 % zugenommen haben.
2. b. Sicherheitsaspekte in Bezug auf UCK und AKSH:
Die kosovo-albanische Befreiungsarmee UÇK hat die im Juli 1999 gegenüber KFOR deklarierten großen Waffen abgegeben und sich am 21.09.1999 formell aufgelöst. Am 01.02.2000 wurde das zivile Hilfskorps "Kosovo Protection Corps" (KPC, alb. TMK "Kosovo Verteidigungs- Truppe") eingerichtet, um politisch neutral und multi ethnisch organisiert strikt zivile Aufgaben wie Katastrophenschutz, Such- und Rettungsdienste, Minenräumung, Wiederaufbau, humanitäre Hilfseinsätze etc. zu übernehmen. Insgesamt 5.000 (ca. 3.000 Aktive und 2.000 Reservisten) ehemalige Angehörige der UÇK, aber auch Angehörige von Minderheiten (etwa 10 % des KPC) sollten dadurch eine geregelte Tätigkeit im zivilen Bereich unter Steuerung und Aufsicht von UNMIK bzw. KFOR erhalten. Der zivile Charakter des KPC wird jedoch noch immer nicht von all dessen Mitgliedern vorbehaltlos akzeptiert. So tragen die Mitarbeiter des KPC militärische Rangbezeichnungen.
Mitglieder der Provisional Institutions of Self Government (PISG) haben die KPC öffentlich wiederholt als Nukleus einer künftigen KOS-Armee bezeichnet.
Seit 2002 macht die "Albanische Nationale Armee" (AKSh), vormals "Front für Albanische Nationale Einheit" (FBKSh), durch wiederholte großalbanische Propaganda in den Medien und durch die Übernahme der Verantwortung für den Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnlinie bei Zveçan/Zvecan im April 2003 auf sich aufmerksam. Eine akute Gefährdung der Sicherheitslage in der Region stellt diese bewaffnete Gruppierung, die Verbindungen zu ehemaligen und aktiven Mitgliedern des KPC und mutmaßlich auch zu Strukturen der organisierten Kriminalität hat, derzeit jedoch nicht dar. UNMIK hat diese bewaffnete Gruppierung als terroristische Organisation verboten, wodurch schon die reine Mitgliedschaft zu einer strafbaren Handlung wird. Auch 2006 verübte die AKSh vermutlich weitere kriminelle Handlungen. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007, Seite 8]
Laut den zur Verfügung stehenden Quellen wird durch die Gruppe keine zwangsweise Rekrutierung von Personen durchgeführt, auch sind keine Fälle von "Bestrafungen" bekannt.
"Verwarnungen", Ladungen und Drohungen tauchen immer wieder bei Asylwerbern in schriftlicher Form sowohl in Österreich als auch in Deutschland und der Schweiz auf, konnten aber bisher immer als Fälschungen eingestuft werden.
Personengruppen versuchen unter dem Deckmantel "AKSH" ihre kriminellen Tätigkeiten auszuüben (Straßenraub, etc), bzw. Druck auf politische Verantwortungsträger unter dieser Bezeichnung durchzuführen.
Das Auftreten von diversen Gruppen passiert meist in der Nacht bei Stützpunkten auf der Straße, welche - wie oben angeführt - meist kriminellen Zwecken dienen.
Die beiden Verurteilungen (Fall ZVECAN und im März 2007 SOPI) zeigen, dass wirksamer Schutz durch die ho. Behörden besteht.
Zusätzlich sind bei Bedarf noch Unterstützungen durch KFOR und UNMIK Police im Anlassfall möglich. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 40]
2.1. Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:
Kosovo Police Service KPS /ShPK:
Die OSCE leitet in Vushtrri eine zentrale Aus -und Fortbildungsstätte für KPS.
Seit 1999 werden die verschiedenen Lehrgänge durch internationale Polizeitrainer aus verschiedenen Staaten ausgebildet. Inzwischen wird das Institut durch einen lokalen Direktor geleitet.
Neben der Ausbildung besteht ein Hauptaugenmerk auf Fortbildung. Immer wieder werden bei Kursen auch externe Experten eingeflogen, welche dann in ihrem Spezialgebiet die Kenntnisse weitergeben.
Nach der Ausbildung erfolgt die Aufteilung in die verschiedenen Regionen des Kosovo.
Von diesen wurden bis auf die Region MITROVICA alle bereits von UNMIK Police an KPS übergeben. UNMIK Police übt eine beobachtende Rolle aus, unterstützt und evaluiert die Arbeit von KPS.
Gesamtstand: 7.160 Beamte (30.11.2007)
davon serbische Ethnie: 716 Beamte = 10,0 Prozent
sonstige Minderheiten: 403 Beamte = 5,6 Prozent
¿ Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 33]
KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 22.10.2006, Zahl 154/07 an das BAE]
KPS erfüllt seine Aufgaben generell professionell und kompetent. [Commission of the European Communities: Kosovo Under UNSCR 1244 2007 Progress Report, COM(2007) 663 final, 06.11.2007, Seite 46]
Sollte eine Person aus dezidierten Gründen kein Vertrauen in KPS haben, kann die Anzeige auch bei internationalen Polizeibeamten von UNMIK eingebracht werden, welche dann über die weitere Vorgangsweise entscheiden.
Wenden sich Personen an KFOR, versuchen diese, die Anzeige an eine dafür zuständige Stelle (KPS oder UNMIK) weiterzuleiten. KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo.
Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.
Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.
Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger.
Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden.
Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden, was bei anderen Institutionen absolut nicht der Fall wäre. [Kosovo - Bericht 31.03.2007 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 9-10]
Zudem wird die Tätigkeit jeder Polizeidienststelle von der OSZE (Security Issues Officer) überwacht. Täglich werden Polizeiberichte verfasst, welche auch der OSZE übermittelt werden. Gegebenenfalls kann sich eine Person auch an die OSZE wenden, sollte ein KPS Mitarbeiter seine Kompetenzen überschritten bzw. nicht erfüllt haben. [Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07.05.2007 , Seite 11]
UNMIK Police:
Seit August 1999 ist UNMIK Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestehen derzeit in der Region Mitrovica (noch nicht an KPS übergeben), in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol - Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc).
Sonderfälle sind die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz.
Sonst hat UNMIK POLICE eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen. UNMIK Police soll mit Ablauf der Übergangsfrist von 120 Tagen (über den Beginn dieses Zeitraums gibt es noch keine Einigung bzw. keine definitive Aussage) durch EULEX ersetzt werden.
Gesamtstand: ca. 2.000 Beamte aus 42 Ländern (inkl. 7 aus Afrika)
Österreich: 22 Beamte
Sowohl die internationale Polizei als auch die Justiz haben breites Ermessen, in jeder strafrechtlichen Angelegenheit einzuschreiten.
Generell ist für alle ethnischen Albaner, auch solchen in Gebieten, wo sie eine Minderheit bilden, hinlänglicher Schutz durch UNMIK/KPS verfügbar.
UNMIK/KPS sind willens und auch in der Lage, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und stellen einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicher.
(Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22.07.2008, Seiten 4 und 5)
Die Aufklärungsquote liegt bei Eigentumsdelikten bei 45 Prozent, bei Straftaten gegen Personen bei 71 Prozent. Schwerere Verbrechen haben eine höhere Aufklärungsrate als weniger schwere Verbrechen aufgrund der Ressourcen, die zu deren Ermittlung bereitgestellt werden.
(UN Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo. S/2008/211, 28.03.2008, Seite 11)
Kosovo Protection Corps KPC / TMK:
KPC / TMK wurde nach der Demilitarisierung der Kosovo Liberation Army KLA / UCK 1999 gegründet und wird in Ausrüstung, Training und Dienstversehung durch Kosovo Force KFOR unterstützt. Nach Ablauf der Übergangsphase von 120 Tagen nach Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung soll KPC / TMK in eine Kosovo Security Force KSF / FSK übergeleitet werden. Die Schaffung der neuen Einheit ist im Ahtisaari - Paket vorgesehen.
Derzeitiger Stand KPC / TMK:
Aktive: 2.906
Reservisten: 2.000
Minderheitenanteil: 6,6 Prozent, inklusive 1,4 Prozent Serben
KFOR:
KFOR hat eine Präsenz von ca. 16.000 Soldaten und gliedert sich in fünf Regionen, welche jeweils unter verschiedener Führung stehen, das Hauptquartier ist in Pristina. Das Vertrauen der Bevölkerung in KFOR ist im Vergleich mit anderen internationalen Institutionen am höchsten. KFOR führt auch im CIMIC Sektor immer wieder zahlreiche Projekte durch, mit welchen die Infrastruktur im Kosovo verbessert werden soll. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 33-36]
Municipal Community Safety Council:
In allen Gemeinden des Kosovo besteht darüber hinaus ein "Municipal Community Safety Council" (MCSC, Rat zum Schutz der Volksgruppen). Dem Rat gehören neben KFOR, UNMIK Polizei, KPS auch Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften (orthodoxe, katholische, islamische Gemeinschaft) wie auch alle Dorfvorsitzenden der Gemeinde an. Zweck des Rates, welcher vom Gemeindepräsidenten einberufen wird, ist es, einmal pro Monat über die Sicherheitslage im Allgemeinen und eventuelle Bedenken bzw. Bedürfnisse der einzelnen ethnischen bzw. religiösen Minderheiten zu beraten und wenn erforderlich korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Personen, die sich unsicher fühlen, können sich an diesen Rat wenden bzw. über ihre Dorfräte ihre Sicherheitsbedenken den zuständigen Behörden bekannt machen. So klagte beispielsweise der Dorfrat eines Dorfes im albanischen Grenzgebiet in der Gemeinde G. (der MCSC wurde in dieser Gemeinde im August 2006 eingerichtet) über Raubüberfälle (vorwiegend Viehraub) durch maskierte Banden. Zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung dieser Gegend verstärkte die KFOR ihre Truppen in der Region und auch die Polizei führt seither mehr Patrouillen in der Region durch. [Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07.05.2007 , Seiten 11-12]
In Planung:
EULEX:
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgt die Vorbereitung dieser mittels Mandats des Rats der Europäischen Union vom 04.02.2008 errichteten ESVP - Mission durch EUPT (European Union Preparation Team).
Kommandant EULEX: Yves de KERMABON (F)
Stellvertreter: Roy REEVE (UK)
Polizei: Rainer KÜHN (D)
Gesamtstand: 1.900 Internationale
1.100 Nationale
Aufgabenbereich: Überwachung und Beratung der lokalen Polizei, Justiz, Justizwache und des Zolls.
Operative Aufgaben im Polizeibereich sollen analog der jetzt von UNMIK ausgeübten Tätigkeiten sein (Abteilung OK, Kriegsverbrechen, Zeugenschutz, Personenschutz, etc.)
KOSOVO SECURITY FORCE KSF / FSK
Die Übergangsphase von KPC / TMK zu KSF / FSK soll innerhalb von vier Monaten erfolgen, realistisch wurde ein Zeitrahmen von sechs Monaten angenommen.
Mitglieder von KPC / TMK können sich für die neue Einheit bewerben und müssen sich mit anderen Bewerbern einem Auswahlverfahren stellen.
Das Korps soll ebenfalls uniformiert, militärisch gegliedert und leicht bewaffnet sein. Der Aufgabenbereich wird jenem von KPC / TMK entsprechen. Eine Erhöhung der Mannstärke ist nur mit Zustimmung der internationalen Militärpräsenz (dzt. KFOR) möglich.
Oberbefehlshaber soll der Staatspräsident sein, die Eingliederung im neu geschaffenen Ministerium ("Verteidigungsministerium") erfolgen und der Kommandant über Vorschlag des Ministers mit Zustimmung des Premierministers und Entscheidung durch den Staatspräsidenten ernannt bzw. abberufen werden.
Die Ausbildung der Mitglieder soll in einer privaten Universität (Amerikanische Universität Kosovo AUK) erfolgen, es soll keine Militärakademie eingerichtet werden.
Kein Einsatz ist im Rahmen einer Grenzsicherung geplant.
Aktive: 2.500
Reservisten: 800
Minderheitenanteil: analog der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung
Die Sicherheitssituation ist derzeit stabil mit Ausnahme Nordkosovo. Bisher verlief die Phase seit der Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeit durch den Kosovo überraschend ruhig.
Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen.
[Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 33-36]
2.2. Kosovo - Albaner
Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo - Albaner, die während der Kosovo - Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist.
Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. [Müller, Stephan:
Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.02.2007, Seiten 4-5]
Im Positionspapier des UNHCR vom Juni 2006 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo - Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo - Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo - Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden sowie Opfer von Menschenhandel) gibt, die mit ernsten Problemen, einschließlich pyhsischer Gefahr, konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. [UNHCR Positionspapier vom Juni 2006 , Seite 9] .
Katholische Albaner sind im politischen wie wirtschaftlichen Leben voll integriert und sind keinerlei Benachteiligungen durch die mehrheitlich moslemischen Albaner ausgesetzt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es für eine Diskriminierung bzw. Verfolgung der katholischen Albaner im Kosovo durch die mehrheitlich moslemische Bevölkerung keine Anhaltspunkte gibt. Auch sind keine Einzelfälle von Übergriffen bekannt geworden. Katholische Albaner sind keiner Verfolgung bzw. besonderen Gefährdung aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ausgesetzt. [Demaj, Violeta: Katholische Albaner im Kosovo. Gutachten erstellt im Juli 2006, Seiten 13-15]
3. Rückkehrfragen: Wirtschaft, Grundversorgung und Gesundheitssystem im Kosovo
3. a. Wirtschaft:
Trotz der Unabhängigkeit ist die wirtschaftliche Lage in der rohstoffreichen Region weiterhin äußerst prekär. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 1.100 Euro/Kopf ist der Kosovo Schlusslicht in Europa. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 40 Prozent. Das Land hat mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren die jüngste Bevölkerung Europas und die höchste Geburtenrate. Ein Drittel der Einwohner ist jünger als 14 Jahre. Jährlich drängen 36.000 junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt.
[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008 , Seiten 2-3]
3. b. Grundversorgung/Sozialwesen
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007 , Seite 17]
Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, die von den "Municipalities" ausgezahlt wird, sich allerdings auf sehr niedrigem Niveau bewegt. Sie beträgt für Einzelpersonen 35 Euro monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 75 Euro monatlich. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007 , Seite 17]
Im Jahr 2007 erhielten insgesamt 37.170 Familien mit einer gesamten Anzahl von 161.049 Personen Sozialunterstützung.
Die Kriterien für die Sozialhilfe sind entsprechend geregelt und auch im Verwaltungsweg durchsetzbar.
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