S12 400.616-2/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des C. M., geb. 00.00.1961, StA.
Tunesien, p.A.: PAZ Villach, Trattengasse 34/1, 9500 Villach, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.10.2008, Zl. 08 08.570-EAST
West, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein tunesischer Staatsangehöriger, stellte bereits am 07.06.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet, nachdem er nach einem illegalen Grenzübertritt bei Schattendorf, von Ungarn kommend, aufgegriffen worden war. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 22.05.2008 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt worden war.
1.2. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß "Artikel 16/1/c" der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen. Demzufolge sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig.
1.3. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde eingelegt. Der Asylgerichtshof hat die Beschwerde mit Erkenntnis vom 28.07.2008, GZ: S 12 400.616-1/2008/2E gemäß §§ 5, 10 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 als unbegründet abgewiesen.
2.1. Nach erneuter illegaler Einreise und Aufgriff im Gemeindegebiet Arnoldstein (As. 43) stellte der Beschwerdeführer am 14.09.2008 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2.2. Eine EURODAC-Abfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer am 22.05.2008 und am 11.08.2008 in Ungarn Asyläntrage gestellt hatte (vgl. AS 33).
2.3. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeinspektion-AGR Thörl-Maglern am 14.09.2008 brachte er vor, er habe im März 2007 Tunis mit dem Pkw verlassen und sei im Juli 2008 in die EU eingereist. Sein Reiseweg habe ihn über
Lybien-Ägypten-Syrien-Türkei-Griechenland-Bulgarien-Rumänien-Ungarn geführt. Seinen tunesischen Reisepass habe er in Ungarn verloren. Er habe in Ungarn um Asyl angesucht. Er sei einmal im Juli 2008 und einmal am 11.September 2008 aus Ungarn ausgereist. Gegen eine Rückkehr nach Ungarn spräche, dass er in Ungarn von K. E., einen tunesischen Staatsangehörigen, verfolgt werde.
2.4 Das Bundesasylamt nahm am 17.09.2008 Konsultationen mit Ungarn auf und ersuchte unter Hinweis auf die Eurodac-Treffer (Asylantragstellung in Ungarn am 22.05.2008 und 11.08.2008) um Wiederaufnahme des Beschwerdeführers aufgrund des Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (ABl. L 50 vom 25.02.2003; Dublin II-VO).
2.5. Am 18.09.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, §29 Abs.3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Ungarn seit 17.09.2008 geführt werden (vgl. AS 83f).
2.6. Mit Schreiben vom 25.09.2008 (eingelangt am 26.09.2008) erklärte sich Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO), für die Wiederaufnahme des Asylwerbers für zuständig.
2.7. Am 30.09.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab er dabei im Wesentlichen an, er fühle sich körperlich und geistig in der Lage die Einvernahme durchzuführen. Er habe im März 2007 seine Heimat verlassen, sei nach Libyen, danach nach Ägypten, Syrien und die Türkei gereist. Von der Türkei sei er nach Griechenland und danach nach Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Er sei dann weiter illegal nach Österreich gereist und von den österreichischen Behörden nach Ungarn geschickt worden. Dort habe er einen Asylantrag gestellt und sei am 11.09.2008 erneut nach Österreich gereist. Sein ungarischer Asylantrag sei noch nicht entschieden und habe man ihm in Ungarn gesagt, dass er bei der nächsten Abschiebung von Österreich direkt nach Tunesien abgeschoben werde. Er habe weder in Österreich noch im Bereich der EU Verwandte. Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung nach Ungarn zu veranlassen, brachte er vor, dass der Mann mit dem er in Tunesien Probleme gehabt habe und deswegen er zu 21 Jahren Haftstrafe verurteilt worden sei, einen Neffen und viele Verwandte in Ungarn habe. Er befürchte von diesem Mann umgebracht zu werden, da dieser Mann auch öfters in Ungarn zu Besuch sei und so wohlhabend sei, dass er einen Killer organisieren könne. Er glaube nicht, dass ihn der Staat Ungarn schützen könne. Während seines Aufenthaltes in Ungarn habe er sich ständig vor ihnen versteckt.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 16/1/c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen. Demzufolge sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig.
4. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. In der eigenhändig in arabischer Sprache verfassten Beschwerde wird im Wesentlichen (neben Angaben zu seinem Fluchtgrund) ausgeführt, dass er in Ungarn den Neffen des tunesischen Verfolgers getroffen habe und aus Angst Ungarn verlassen habe. Er habe sich in Ungarn nicht sicher gefühlt. Bei seiner Abschiebung von Österreich nach Ungarn habe ihm die Polizei in Ungarn gesagt, wenn er noch einmal flüchten werde und wiederkomme, dann werde er nach Tunesien abgeschoben.
II. Der Asylgerichtshof hat durch die zuständige Richterin über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.
2. Rechtlich ergibt sich daraus folgendes:
2.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten und ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz im Juni 2008 gestellt, weshalb das AsylG idF BGBl. Nr. 100/2005 anzuwenden ist.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist diese Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden; die Ausweisung gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundeasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gibt die 20-Tages-Frist nicht.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Dublin II-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird. Kapitel III enthält in den Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO die Zuständigkeitskriterien, die nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.
Gemäß Art.16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
2.2. Im gegenständlichen Fall ist das Bundesasylamt ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer in Ungarn bereits einen Asylantrag gestellt hat und, dass Ungarn einer Übernahme des Beschwerdeführers auf Grundlage des Art. 16 (1) c Dublin II-VO am zustimmte, zu Recht von einer Zuständigkeit Ungarns zur Prüfung des Asylantrages ausgegangen.
2.3. Zu prüfen bleibt daher, ob Österreich im gegenständlichen Fall verpflichtet wäre, im Hinblick auf Art. 3 EMRK von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen.
2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 08.03.2001, G 117/00 u.a. VfSlg 16.122, aus, dass § 5 AsylG nicht isoliert zu sehen sei; das im Dubliner Übereinkommen festgelegte Selbsteintrittsrecht Österreichs verpflichte - als Teil der österreichischen Rechtsordnung - die Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 5 vorzunehmen. Eine strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 AsylG sei durch die Heranziehung des Selbsteintrittsrechtes zu vermeiden. Dieser Rechtsansicht schloss sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23.01.2003, Zl. 2000/01/0498, an.
Hatte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 15.10.2005, G 237/03 u.a. ausgesprochen, dass jene zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-VO zutreffen, ergänzte er in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05-11, dies dahingehend, dass die Mitgliedstaaten nicht nachzuprüfen haben, ob ein bestimmter Mitgliedstaat generell sicher sei, da die entsprechende Vergewisserung durch den Rat erfolgt sei; eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall sei jedoch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte diese Überprüfung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben.
In seinem Erkenntnis vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582 (dem ein - die Zuständigkeit Italiens nach dem Dubliner Übereinkommen betreffender - Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates zugrunde lag) sowie in dem (bereits die Dublin-VO betreffenden) Erkenntnis vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095-9, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass in Verfahren wie dem gegenständlichen eine Gefahrenprognose zu treffen ist, ob ein - über die bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substantiiertes "real risk" besteht, dass ein aufgrund der Dublin-VO in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes, im Zielstaat der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt ist, wobei insbesondere zu prüfen sei, ob der Zielstaat rechtliche Sonderpositionen vertritt, nach denen auch bei der Zugrundelegung der Behauptungen des Asylwerbers eine Schutzverweigerung zu erwarten wäre. Weiters wird ausgesprochen, dass geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat für sich allein genommen keine ausreichende Grundlage dafür sind, um vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
2.3.2. Im gegenständlichen Fall kann nun nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer ausreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt hätte, dass ihm durch eine Rückverbringung nach Ungarn die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.
Was die Glaubwürdigkeit des auf eine Bedrohung durch seinen tunesischen Verfolger und dessen in Ungarn lebenden Verwandten bezogenen Vorbringens des Beschwerdeführers betrifft, so ist zunächst in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers vage und unbestimmt ist. Im Rahmen seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt stellte er die Behauptung in den Raum, dass sein Verfolger in Ungarn Verwandte habe und häufig auf Besuch sei. Darüber hinaus äußerte er die Angst von diesem getötet zu werden und in Ungarn keinen Schutz zu finden. Auf konkretes Nachfragen des Bundesasylamtes, ob es während seines Aufenthaltes in Ungarn bereits zu Vorfällen mit diesen Personen gekommen sei, erklärte der Beschwerdeführer jedoch ausweichend, dass er sich ständig versteckt habe. Es kann nun im gegenständlichen Fall aber ohnedies dahingestellt bleiben, ob die Behauptung, in Ungarn drohe ihm durch Verwandte seines Verfolgers Gefahr, den Tatsachen entspricht, weil - selbst bei Zutreffen dieses Vorbringens (Aufenthalt von Verwandten seines Verfolgers in Ungarn) - nicht davon ausgegangen werden kann, dass die ungarischen Behörden nicht willens und nicht in der Lage wären, den Beschwerdeführer vor den von ihm behaupteten rechtswidrigen Übergriffen durch Privatpersonen - im Rahmen dessen, was einem Staat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln realistischer Weise zugesonnen werden kann - zu schützen, wobei anzumerken ist, dass in diesem Zusammenhang nicht der entscheidende Maßstab sein kann, dass der Staat in der Lage ist, Schutz gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte, sohin absoluten Schutz, zu gewähren. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren und in der Beschwerde ist nicht ausreichend konkret gehalten, um das reale Risiko einer Schutzverweigerung oder Schutzunfähigkeit des ungarischen Staates gerade bezogen auf den Beschwerdeführer darzutun, zumal der Beschwerdeführer nicht behauptete, dass er sich an die Polizei gewandt habe und diese ihm Schutz verweigert hätte. Dem Beschwerdeführer kann somit zugesonnen werden, sich für den nicht maßgeblichen wahrscheinlichen Fall eines Übergriffs an die ungarischen Sicherheitsbehörden um Schutz zu wenden. Zusammengefasst hat der Beschwerdeführer sohin kein Vorbringen erstattet, welches die Annahme rechtfertigen könne, dass ihm in Ungarn mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.
Zwar können vertragliche oder sonstige Zuständigkeitsregelungen zur Prüfung von Asylanträgen die Mitgliedstaaten nicht von den aus Art. 3 EMRK resultierenden Verpflichtungen entbinden (siehe die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 07.03.2000, Zl. 43844/98, T. I. gegen das Vereinigte Königreich, siehe nunmehr auch die ausdrückliche diesbezügliche Bestimmung in § 5 Abs. 3 AsylG 2005). Selbst unter Zugrundelegung der zitierten Entscheidung des EGMR und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg. 16.122 und VfGH 23.01.2003, 2000/01/0498 und VwGH 31.05.2005, 2005/20/0095) gelangt der Asylgerichtshof jedoch zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall kein "real risk" einer "ungeprüften" Abschiebung in den Herkunftsstaat oder einer sonstigen gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung besteht. Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, ergibt sich im Übrigen kein Hinweis darauf, dass es in Ungarn regelmäßig zu einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK kommt. Demnach fehlt jeder Anhaltspunkt, dass eine Überstellung nach Ungarn eine den Bestimmungen der EMRK widersprechende Behandlung zur Folge haben könnte. Es ist vielmehr gemäß § 5 Abs. 3 AsylG 2005 davon auszugehen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer in Ungarn Schutz vor Verfolgung findet, zumal er kein keine besonderen, für das Gegenteil sprechenden Gründe glaubhaft gemacht hat.
Im Zusammenhang mit dem ungarischen Asylverfahren ist anzuführen, dass von Seiten Ungarns keine systemwidrigen Verletzungen der Verpflichtungen aus der Dublin II-VO bekannt sind.
Soweit aus der Beschwerde herauszulesen ist, dass der Beschwerdeführer in Ungarn möglicherweise kein Asyl erhalten werde und nach Tunesien abgeschoben werden könnte, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörden sein kann, "hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang" eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahren anzustellen (vgl. u. a. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).
Aus den Feststellungen des Bundesasylamtes ergibt sich, dass betreffend Asylwerber die im Rahmen der Dublin II Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, das Asylverfahren fortgesetzt wird und eine inhaltliche Prüfung ihres Asylantrages sichergestellt ist (As. 161).
Lediglich der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass auch geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat sind für sich genommen keine ausreichende Grundlage dafür, dass die österreichischen Asylbehörden vom Selbsteintrittsrecht Gebrach machen müssten (vgl. u. a. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).
Im Übrigen wird diesbezüglich auch auf die Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen, welche das ungarische Asylverfahren (einschließlich Refoulement-Schutz und Versorgung von Asylwerbern) ausführlich beschreiben.
2.3.3. Ferner ist eine Überprüfung gemäß Art. 8 EMRK dahingehend vorzunehmen, ob der Berufungswerber über im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK relevante Verbindungen in Österreich verfügt.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der EGMR bzw. die EKMR verlangen zum Vorliegen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines "effektiven Familienlebens", das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234; hierzu ausführlich: Kälin, "Die Bedeutung der EMRK für Asylsuchende und Flüchtlinge: Materialien und Hinweise", Mai 1997, Seite 46).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (vgl. EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1989, 761; Rosenmayer ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er keine Verwandten in Österreich sowie im Bereich der EU (einschließlich Norwegen und Island) habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besondere Nahebeziehung bestehe. Folglich würde der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn in seinem durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht verletzt werden.
2.3.4. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass kein Anlass für einen Selbsteintritt Österreichs gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO aufgrund einer drohenden Verletzung von Art. 3 oder Art. 8 EMRK besteht.
2.3.5. Festzuhalten ist auch, dass die in § 28 Abs. 2 AsylG normierte 20-tägige Frist im gegenständlichen Fall eingehalten worden ist.
2.3.6. Hinsichtlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides ist noch auszuführen, dass keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich sind, da weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch der Beschwerdeführer in Österreich über Angehörige im Sinne des Art. 8 EMRK verfügt. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ersichtlich. Was schließlich den seitens des Bundesasylamtes in dem Bescheidspruch aufgenommenen Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers nach Ungarn anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass die getroffene Ausweisung, da diese mit einer Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG verbunden ist, gemäß § 10 Abs. 4 erster Satz AsylG schon von Gesetzes wegen als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat gilt.
2.3.7. Die Beschwerde erwies sich somit als nicht berechtigt und war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.3.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG abgesehen werden.