TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/17 C8 248887-0/2008

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Veröffentlicht am 17.10.2008
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Spruch

C8 248887-0/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Felseisen als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des L.J., geb. 00.00.1960, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2004, FZ. 03 14.542-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am 21.05.2003 einen Asylantrag in Österreich.

 

Bei einer am 08.01.2004 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe befragt und brachte diesbezüglich vor, dass er im Dezember 2000 in T. eine Buchhandlung eröffnet habe. Ca. nach einem halben Jahr, im Mai 2001, habe die Polizei seine Buchhandlung kontrolliert und dort Bücher über Falun Gong gefunden. Im Juni 2001 sei dann die Buchhandlung von der Kulturbehörde und von der Polizei geschlossen worden. Befragt nach der genauen Adresse der Buchhandlung, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht lange dort gewesen sei und sich dort auch nicht so gut auskenne. Seit Juni oder Juli 2001 habe sich der Beschwerdeführer in China versteckt gehalten. Aber nur für zwei oder drei Monate. Im Mai 2002 sei er dann legal aus China ausgereist. Befragt, ob der Beschwerdeführer auch selbst etwas mit Falun Gong zu tun habe, gab er an, dass er keine Ahnung von Falun Gong habe und lediglich die Bücher verkauft habe.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2004 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt.

 

Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage in China. Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 6 bis 7 des Erstbescheides): Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Vernehmung vor dem Bundesasylamt auf abstrakte und allgemein gehaltene Darlegungen beschränkt. Das zentrale Vorbringen, wonach dem Beschwerdeführer wegen des Verkaufs von Falun Gong-Büchern eine Verhaftung bevorstehen würde, könne nicht als glaubwürdig gewertet werden. Auf Nachfrage hätte der Beschwerdeführer nicht einmal irgendeine Information zur Falun Gong-Bewegung angeben können. Weiters habe der Beschwerdeführer zu Beginn der Einvernahme behauptet, in China als Koch gearbeitet zu haben. Später habe er vorgebracht, ausschließlich in der eigenen Buchhandlung gearbeitet zu haben. Nach Vorhalt des Widerspruchs, habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er bis 1999 Koch gewesen sei und dann erst in der eigenen Bücherei gearbeitet habe. Weiters habe der Beschwerdeführer nicht einmal die Adresse der Buchbehandlung nennen können. Es sei der erkennenden Behörde auch nicht erkennbar, dass es bezüglich der chinesischen Behörden eine Motivation zur Verfolgung des Beschwerdeführers gegeben habe, da der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge legal mit seinem eigenen Reisepass aus China ausgereist sei. Außerdem sei der Beschwerdeführer bereits am 18.05.2002 in das österreichische Bundesgebiet eingereist, aber er habe lediglich am 21.05.2003 einen Asylantrag gestellt, weshalb nicht von einem Schutzbedürfnis ausgegangen werden könne.

 

Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden könne. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne ferner nicht davon gesprochen werden, dass in China eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde.

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat eine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen des Asylgerichtshofes geboten hätte. In der Beschwerdeschrift wurde der Beweiswürdigung zwar insofern entgegengetreten, als die Unkenntnis des Beschwerdeführers zu Falun Gong darauf zurückgeführt wurde, dass er niemals behauptet habe, Falun Gong-Aktivist zu sein, sondern lediglich Bücher über Falun Gong verkauft habe und der Widerspruch bezüglich seiner Berufsangaben (Koch-Buchhändler) auf einen Irrtum zurückzuführen sei, jedoch vermag diese Begründung angesichts der gänzlichen Unwissenheit, wie unten dargelegt, nicht zu überzeugen, die schlüssige Beweiswürdigung der Erstbehörde gesamthaft in Zweifel zu ziehen und eine nochmalige Erörterung erforderlich erscheinen zu lassen. Der Sachverhalt stellt sich somit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdeschriftsatzes weiterhin als geklärt dar. Ferner sind nach Ansicht des Asylgerichtshofs die von der Erstbehörde der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte und die getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall, insbesondere im Hinblick auf die schlüssig begründete mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, ausreichend.

 

3. Der Asylgerichtshof geht somit wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund der zahlreichen widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben hinsichtlich seiner angeblichen Verfolgung durch die chinesische Polizei.

 

So hat der Beschwerdeführer am Anfang der Einvernahme vom 8.1.2004 angegeben, von 1983 bis 2002 als Koch gearbeitet zu haben. Später behauptete er, im Dezember 2000 eine Buchhandlung eröffnet zu haben, in welcher Bücher über Falun Gong verkauft worden seien und behauptete gleichzeitig, dass dies seine einzige Beschäftigung gewesen sei. Auf den Widerspruch aufmerksam gemacht, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er vor dem Jahr 1999 hauptberuflich Koch gewesen sei und dann mit der Buchhandlung angefangen habe.

 

Im Hinblick dessen, dass der Beschwerdeführer den vorherigen Widerspruch nicht aufklären konnte, sondern sich zudem noch in einen weiteren Widerspruch verwickelte, wird aus Sicht des Asylgerichtshofes- wie die erste Instanz bereits ausgeführt hat- die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers untermauert. Weiters gab der Beschwerdeführer an, sich seit Juni oder Juli 2001 etwa zwei bis drei Monate versteckt gehalten zu haben. Danach habe er die Formalitäten für seine Ausreise erledigt und sei dann im Mai 2002 legal aus China ausgereist. Aus diesen Angaben geht somit hervor, dass der Beschwerdeführer sich nach der Schließung seiner Buchhandlung bis zu seiner Ausreise noch fast ein ganzes Jahr in China aufgehalten hat, was somit auch gegen eine potentielle Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers spricht.

 

Des weiteren scheint es dem Asylgerichtshof wie dem Bundesasylamt, nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht im Stande war, die genaue Adresse seiner Buchhandlung anzuführen, obwohl dieser hiezu ausdrücklich zweimal befragt wurde. Aber selbst die Antworten auf diese Fragen waren insofern divergierend, als er einmal das fehlende Wissen der Adresse seiner Buchhandlung auf den Umstand zurückzuführen versuchte, dass er an dem Ort der Buchhandlung schon lange nicht mehr gewesen sei und das andere Mal behauptete die Adresse nicht sagen zu können, zumal ihm das Geschäft ein Freund empfohlen habe. Diese Aussagen untermauern die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, zumal dieser auch nicht einmal den Bezirk der Lage seiner Buchhandlung nennen konnte.

 

Der Asylgerichtshof kann auch dem Einwand des Beschwerdeführers, dass die erste Instanz diesem ein besonderes Wissen über Falun Gong abverlangt hätte, nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer gab vielmehr selbst an keine Ahnung von Falun Gong zu haben. Selbst unter der Annahme, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben nach die Bücher lediglich verkauft hat und niemals persönlich mit Falun Gong zu tun hatte, ist es nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht plausibel, dass ein Buchhändler, zu dessen Aufgaben u.a. auch die Beratung seiner KundInnen gehört, keine Ahnung über Falun Gong hat.

 

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer seine mögliche Verhaftung aufgrund des Verkaufs von Falun Gong-Büchern lediglich in den Raum gestellt, ohne jedoch konkrete Verfolgungsmaßnahmen zu schildern. Weiters ist dem Bundesasylamt in der Behauptung der mangelnden Verfolgungsmotivation der chinesischen Behörden zuzustimmen, da der Beschwerdeführer mit seinem eigenen Reisepass legal aus China ausgereist ist.

 

Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in China allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall, auch aufgrund der gänzlichen Unglaubwürdigkeit des Vorbringens, verneint werden und stellt sich die Lage in China seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in die Berichte des AA (zuletzt Februar 2008), des UK Home Office (zuletzt Juni 2008) sowie des USDOS (zuletzt März 2008), - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert hat.

 

4. Auch die Ausführungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind nicht zu beanstanden. Es ist, wie schon von der Erstbehörde dargelegt, nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in China nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihm auch vor seiner Ausreise möglich war. Gegenteiliges konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darlegen und kann auch von Amts wegen nicht davon ausgegangen werden, lassen doch die Länderberichte keinesfalls den Schluss zu, dass Staatsangehörigen der Volksrepublik China generell in China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführer sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

5. Die Prüfung einer Ausweisung im Sinne von § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I 101/2003 war in verfassungskonformer Auslegung von § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nicht vorzunehmen; dies im Hinblick darauf, dass mit erstinstanzlichem Bescheid - der damaligen Rechtslage entsprechend - keine Ausweisung verfügt wurde und der Asylgerichtshof auf Grund Art. 129c B-VG als Überprüfungsinstanz in Asylsachen eingerichtet ist und solcherart nicht zu einer - im Ergebnis - erstinstanzlichen Entscheidung über die Ausweisung eines Fremden zuständig gemacht werden darf. Verfassungskonform kann § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nur dahingehend ausgelegt werden, dass eine Ausweisung nur dann vom Asylgerichtshof verfügt werden darf, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung darüber abgesprochen hat.

 

6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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