D8 240931-0/2008/11E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Gollegger als Vorsitzende und den Richter Mag. Kanhäuser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Gubitzer über die Beschwerde des S.M., geb. 00.00.1958, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08. August 2003, FZ 02 25.903-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17. September 2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und S.M. gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997-AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997, Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG leg. cit. wird festgestellt, dass S.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte nach Rückübernahme aus Norwegen gemäß dem Dubliner Übereinkommen am 12. September 2002 in Österreich einen Asylantrag. Er brachte vor, den Namen S.M. zu führen, ukrainischer Staatsangehöriger und am 00.00.1958 geboren zu sein.
Der Beschwerdeführer wurde am 11. Juli 2003 im Beisein eines Dolmetschers der russischen Sprache von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes einvernommen. Er gab im Wesentlichen als Fluchtgrund an, dass er Mitglied des Kongresses der ukrainischen Nationalisten (KUN) sei und deshalb Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Als er an der Aktion "Ukraine ohne Kutschma", welche Ende 2000/Anfang 2001 in Kiew stattgefunden habe, teilgenommen habe, sei er zusammengeschlagen und festgenommen worden. Obwohl er sich an die Staatsanwaltschaft gewandt habe, sei kein Verfahren gegen die Polizei, sondern gegen ihn eingeleitet worden. Nach der Festnahme habe er mehrere anonyme telefonische Drohanrufe erhalten. Er müsse damit rechnen, dass er und seine Familie weiterhin Repressionen bzw. Verfolgung ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer legte eine Kopie des Mitgliedsausweises der KOL 1993, eine Kopie des Mitgliedsausweises der "Ukrainska radykalna partiia" (URP) 1990 und eine Bestätigung als Mitglied eines Wahlkomiteesprengels 1998 vor.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 08. August 2003, Z 02 25.903-BAW, gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I 76/1997 AsylG idgF, ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.).
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) wegen Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes ein. In der Beschwerde führte er aus, dass er auf Grund seiner Teilnahme an einer politischen Kundgebung und der darauf folgenden Strafanzeige gegen die Polizei selbst der Verfolgung ausgesetzt sei. Er habe in der Ukraine auf Grund seiner bekannten politischen Überzeugung kein durch objektive Kriterien durchgeführtes Strafverfahren zu erwarten. Er stellte die Anträge 1) den angefochtenen Bescheid allenfalls nach Verfahrensergänzung zu beheben, 2) ihm Asyl zu gewähren, 3) ihm die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für die höchstzulässige Dauer zu erteilen und 4) ihm eine Bescheinigung über dieses Aufenthaltsrecht auszustellen und festzustellen, dass eine Abschiebung in sein Herkunftsland unzulässig sei und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr zu erteilen.
2. Der Asylgerichtshof führte am 17. September 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Ein Vertreter des Bundesasylamtes blieb der Verhandlung entschuldigt fern.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungs-verfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesasylamtes, Einvernahme des Beschwerdeführers in der am 17. September 2008 durchgeführten mündlichen Verhandlung und der Erörterung der in der Verhandlung eingeführten Länderdokumente.
2. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er trägt den Namen S.M., ist am 00.00.1958 geboren und ukrainischer Staatsangehöriger. Er ist seit 1993 aktives, ordentliches Mitglied beim Kongress der ukrainischen Nationalisten (KUN). Der Beschwerdeführer war Mitglied bei der KUN, arbeitete unter anderem bei der von der KUN herausgegebenen Zeitung mit, nahm regelmäßig an Sitzungen, Kongressen und Veranstaltungen teil und war Referent. Der Beschwerdeführer studierte an der Universität. Auf Grund seiner politischen Gesinnung wurde er jedoch im Jahre 1985 aus den Reihen der Studenten gestrichen, da er die kommunistischen Ideologien nicht teilte und sein Verhalten nicht mit einem sowjetischen Studenten vereinbar war. Im Feber 2001 nahm der Beschwerdeführer an einer gegen den (damaligen Präsident) Kutschma gerichteten Demonstration und einem anschließenden Protestmarsch teil. Es kam zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Teilnehmern am Protestmarsch, wobei der Beschwerdeführer am Kopf und Körper schwer verletzt wurde. In Folge wurde der Beschwerdeführer inhaftiert, wobei im Rahmen seiner Verhöre laufend auf seine Funktion beim KUN Bezug genommen wurde. Obwohl der Beschwerdeführer schwer verletzt war und nach einem Arzt fragte, wurde ihm medizinische Versorgung verweigert. Der Beschwerdeführer erstattete in Folge Anzeige gegen die Polizei wegen Körperverletzung. Dieses Verfahren wurde jedoch nicht weitergeführt, sondern wurde gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren eingeleitet. Der Beschwerdeführer wurde von unbekannten Personen auf der Straße bedroht und erhielt regelmäßig telefonische Drohanrufe, ihn und seine gesamte Familie betreffend.
Feststellungen zur Situation in der Ukraine:
Von 1990 bis 1992 war Leonid Kutschma Mitglied des ukrainischen Parlaments und wurde 1992 Premierminister. Er trat von dieser Funktion im September 1993 zurück, um erfolgreich für die Präsidentschaftswahl 1994 zu kandidieren. 1999 wurde er wiedergewählt. Seine Amtszeit endete 2004, da eine dritte Amtsperiode nicht möglich ist.
Seine politischen Gegner beschuldigten ihn, an der Ermordung des Journalisten Heorhij Gongadse beteiligt zu sein, was er immer bestritten hatte. Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei der Ukraine Olexandr Moros veröffentlichte eine Tonaufnahme, auf der ein Gespräch zwischen Kutschma, dem Chef der Präsidialverwaltung Wolodymyr Lytwyn und Innenminister Juriy Krawtschenko über das Verschwinden Heorhij Gongadses zu hören war. Die Veröffentlichung der Aufnahme (so genannter Kassettenskandal) führte zum Beginn der von der Opposition initiierten Aktion Ukraine ohne Kutschma (ukr. Ukrajina bes Kutschmy), die bei Massenprotesten den Rücktritt Kutschmas forderte. Mehrere Misstrauensabstimmungen gegen Kutschma in der Werchowna Rada scheiterten 2001. Neben einer Verwicklung in den Mord am Journalisten Gongadse wurde Kutschma auch insgesamt eine deutliche Einschränkung der Pressefreiheit vorgeworfen (Leonid Kutschma, http://de.wikipedia.org/wiki/Leonid_Kutschma).
Der Gründungskongress des KUN fand im Oktober 1992 statt und wurde von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), deren langjähriger Ideologe der Widerstandskämpfer Stepan Bandera war, ins Leben gerufen. Der KUN war 1992 als politische Exilorganisation der "Organisation Ukrainischer Nationalisten - Stepan Bandera Fraktion" (OUNr) gegründet worden. Die Anhänger Banderas vertraten eine faschistische Ideologie und eine militant antikommunistische, antirussische und antipolnische Politik. Sie kämpften im Zweiten Weltkrieg zunächst auf Seiten Nazi-Deutschland gegen die Sowjets und riefen überall dort, wo die Wehrmacht einmarschierte, die "Unabhängigkeit" der Ukraine aus. Als die Eroberung der Ukraine abgeschlossen war, brauchten die Nazis den Beistand der "slawischen Untermenschen" nicht mehr, sie hoben die "Unabhängigkeit" der Ukraine auf und begannen die ukrainischen Nationalisten zu verfolgen. Die Banderisten kämpften von da an gezwungenermaßen auch gegen die Wehrmacht, aber vorrangig, bis in die 50er Jahre hinein, gegen die sowjetische Armee.
Diese Tradition vertritt der KUN. Bis Ende der 90er Jahre unterhielt er eine paramilitärische Organisation namens Tryzub (Dreizack), die als "Stepan Bandera Sport-Patriotischer Verband" auftrat. Als Nachfolgeorganisation der ?Organisation Ukrainischer Nationalisten" OUN(B) gilt der ?Kongress Ukrainischer Nationalisten" (KUN). KUN tritt für eine "harmonische Entwicklung der Gesellschaft", für einen unitarischen Staat mit einer eigenen Nationalkirche, Förderung des Nationalbewusstseins, aber auch kulturelle Autonomie der Minderheiten ein (Leicht, Ukraine: Braune Flecken im orangen Fahnenmeer, 7. Dezember 2004,
http://www.wsws.org/de/2004/dez2004/ukra-d07.shtml; Wahlhandbuch Ukraine 2007, http://www.kas.de/wf/doc/kas_11803-544-1-30.pdf).
Die Ukraine ist 2007 in 108 Fällen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, häufig wegen Verletzung von Prozessgrundrechten (unfaires oder zu langes Verfahren). (Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, Stand März 2008, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ukraine/Innenpolitik.html)
In den ACCORD zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine Informationen gesichtet werden, wie in der Ukraine mit Gerichtsfällen aus der Zeit Kutschmas wegen oppositioneller Tätigkeit umgegangen wird. Es konnten auch keine Informationen zum Verhalten des SBU in solchen Fällen gefunden werden. Es wurden externe ExpertInnen mit diesen und Ihren weiteren Fragen kontaktiert. Eine Mitarbeiterin des Osteuropaprojektes des European Council on Refugees and Exiles (ECRE) lieferte im April 2008 folgende Informationen: Wenn eine gegen eine Person strafrechtliche Anklagen während der Kutschma-Ära erhoben worden sind, seien diese Fälle weiterhin offen und würden untersucht, soferne die Anklagen nicht in der Zwischenzeit abgewiesen (bzw. die Verfahren eingestellt) worden seien (Accord Anfragebeantwortung vom Juni 2008).
3. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers beruhen auf den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt einliegenden unbedenklichen Dokumenten. Die Feststellungen zum Ausreisegrund des Beschwerdeführers beruhen auf seinem glaubhaften Vorbringen im Rahmen des Asylverfahrens.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; 25.11.1999, 98/20/0357).
Nachdem das Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt glaubwürdig war, mit dem vorliegenden Länderdokumentationsmaterial übereinstimmte und keine groben Ungereimtheiten aufwies, waren die Angaben des Beschwerdeführers vom zur Entscheidung berufenen Senat des Asylgerichtshofes als glaubwürdig zu werten.
Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer gelungen, (drohende) Verfolgung glaubhaft zu machen.
Die Feststellungen bezüglich der aktuellen Situation im Herkunftsstaat beruhen auf dem in der mündlichen Berufungsverhandlung zitierten Dokumentationsmaterial.
Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, Stand März 2008, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ukraine/Innenpolitik.html, Zugriff 16. September 2008
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ukraine/Aussenpolitik.html, Stand März 2008, Zugriff 16. September 2008
Human Rights Watch, Universal Periodic Review of Ukraine vom 5. Mai 2008
Human Rights Watch, World Report 2008: Ukraine, 31. Jänner 2008;
Commission of the European Communities, 'Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2007': Progress Report Ukraine, 3. April 2008;
Freedom House Nations in Transit Report 2007 - Ukraine, vom 01. Juni 2007
U.K. Home Office, Country of Origin Information Report, vom Juni 2006
Caritas Ukraine, Our Activity, 2007;
http://www.caritas-ua.org/index.php, Zugriff am 11. September 2008
(http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahlen_in_der_Ukraine_2004, Zugriff 16. September 2008
Antwortschreiben von der Österreichischen Botschaft in Kiew, 9. September 2008
Antwortschreiben von der Österreichischen Botschaft in Kiew, 28.07.2006
Leonid Kutschma, http://de.wikipedia.org/wiki/Leonid_Kutschma, Zugriff 16.9.2008
Wahlhandbuch Ukraine 2007,
http://www.kas.de/wf/doc/kas_11803-544-1-30.pdf
Blok Nascha Ukrajina,
http://de.wikipedia.org/wiki/Nascha_Ukrajina_-_Narodna_samooborona
Anfrage an die Österreichischen Botschaft Kiew/Antwortschreiben im August 2001
André Drewelowsky/Igor Plaschkin, Außenstelle Kiew, 1. Februar 2006,Wahlkampfbericht Nr. 1,Zwei Monate vor den ukrainischen Parlamentswahlen, http://www.kas.de/wf/doc/kas_7948-544-1-30.pdf
U.S. Department of State, Ukraine, Country Reports on Human Rights Practices 2007,
http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100590.htm, 11. März 2008
Neue Zürcher Zeitung, Regierungskoalition in der Ukraine zerbrochen, 3. September 2008,
http://www.nzz.ch/nachrichten/international/ukraine_koalition_1.822722.html, Zugriff 16. September 2008
Anfrage an die Österreichischen Botschaft Kiew/Antwortschreiben im August 2001
Die ukrainische Politik,
http://www.europa-digital.de/laender/ukr/nat_pol/, Zugriff 17.9.2008
Leicht, Ukraine: Braune Flecken im orangen Fahnenmeer, 7. Dezember 2004, http://www.wsws.org/de/2004/dez2004/ukra-d07.shtml
Accordbeantwortung betreffend Anfrage vom 17.12.2007 am 24.6.2008
KIEW/MOSKAU, Artikel vom 9. März 2001, http://www.BerlinOnline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/2001/0310/politik/0042/www.BerlinOnline.de
http://en.wikipedia.org/wiki/Security_Service_of_Ukraine, Zugriff 16. September 2008
Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keine Einwände gegen die Heranziehung der ihnen zur Kenntnis gebrachten Informationsquellen erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen Großteils von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen.
4. Rechtlich folgt daraus:
4.1 Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. 100/2005, außer Kraft.
Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes
(B- VG), BGBl. 1/1930 (WV) idF BGBl. I 2 /2008, ab 01. Juli 2008 die beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiter zu führen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01. Juli 2008 der Begriff "Beschwerde". Der Asylgerichtshof tritt in sämtlichen Verfahren, somit auch in jenen Verfahren, die nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind, an die Stelle des unabhängigen Bundesasylsenates (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E). Der Asylgerichtshof tritt in sämtlichen Verfahren, somit auch in jenen Verfahren, die nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind, an die Stelle des unabhängigen Bundesasylsenates (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).
Gemäß § 22 Abs. 1 des Art. 2 des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008 (AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008), ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov 2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov 2008 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
zurückweisende Bescheide
wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;
wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und
die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG,
BGBl. 1/1930 dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. 10, nichts anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG), BGBl. I 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen. Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 126/2002, geführt.
Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren, das gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov 2008 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu entscheiden ist.
4.2 Gemäß § 3 Abs. 1 1. Satz AsylG 1997, BGBl. I 76/1997, begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl.
Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997, hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung
(Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in
Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in
Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 19.04.2001, 99/20/0273).
Die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung ist begründet und die für die Begründung der Flüchtlingseigenschaft erforderliche Intensität der Verfolgung ist jedenfalls aufgrund (drohender) Eingriffe in die physische Integrität gegeben:
Der Beschwerdeführer musste auf Grund seiner politischen Gesinnung bereits seine Universität wechseln, da er wegen seiner regimefeindlichen Haltung von der Liste der Studenten gestrichen wurde. Als Mitglied des KUN wurde er auf Grund der Teilnahme an einem Protestmarsch inhaftiert, wurde schwer verletzt und wurde ihm ärztliche Hilfe verweigert. Die ukrainischen Behörden waren nicht bereit, seine Anzeige zu bearbeiten und wurde der Beschwerdeführer und seine gesamte Familie statt dessen bedroht und gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren eingeleitet. Da der Beschwerdeführer als staatsfeindlich eingestellte Person auf Grund seiner politischen Gesinnung bereits in das Visier der Behörden geraten ist, ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Ukraine aslyrelevante Verfolgung ausgesetzt ist und ihm ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in seine zu schützende persönliche Sphäre droht.
Da aufgrund der Länderfeststellungen keine Informationen gesichtet werden konnten, wie in der Ukraine mit Gerichsfällen aus der Zeit Kutschmas wegen oppositioneller Tätigkeit umgegangen wird und auch keine Informationen zum Verhalten des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU) in solchen Fällen vorliegen, ist auf Grund des glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers und der Feststellung, dass der Beschwerdeführer als Mitglied des KUN bereits im Visier der Behörden ist, davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer bei Rückkehr in die Ukraine ein erhöhtes Risiko besteht, Eingriffen in seine physische Integrität und Sicherheit bzw. einer Verletzung grundlegender Rechte ausgesetzt zu sein sowie dass er mit Diskriminierung und Bedrohungen zu rechnen hat. Darüber hinaus ist es nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Mitglied der KUN kein nach objektiven Kriterien durchgeführtes Gerichtsverfahren zu erwarten hat und dass es ihm angesichts des ihn betreffenden Sicherheitsrisikos nicht möglich ist, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen. Da die politische Gesinnung des Beschwerdefühers den Behörden - nicht nur regional begrenzt - bekannt ist, ist eine interne Fluchtalternative für den Beschwerdeführer auszuschließen.
Der Beschwerdeführer hat somit glaubhaft machen können, dass ihm in ihrem Herkunftssaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK aktuell und intensiv droht. Es sind keine Hinweise hervorgekommen, wonach einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigung- oder Ausschlusstatbestände eingetreten sein könnte.
Gemäß § 12 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997, ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen, auf Grund Asylantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.