TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 E10 401636-1/2008

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Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

E10 401.636-1/2008-8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau S. DUTZLER über die Beschwerde des C. E. (vertreten durch: RA Mag. Susanne SINGER), geb. am 00.00.1984, StA. Aserbaidschan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2008, FZ. 07 09.929-BAL, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Aserbaidschan, brachte am 23.10.2007 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Rahmen der Erstbefragung am 24.10.2007 im Wesentlichen vor, seine Eltern hätten Probleme mit M. D. gehabt. Dieser hätte eine Armee gehabt und die Mutter des BF hätte bei ihm gearbeitet. Im Fall einer Rückkehr nach Aserbaidschan würde er von den Leuten, die seine Eltern suchen, umgebracht.

 

Im Rahmen der Einvernahme beim Bundesasylamt, EASt West brachte der BF am 26.11.2007 im Wesentlichen vor, er wäre nach einem Aufenthalt in Deutschland freiwillig nach Aserbaidschan zurückgekehrt und dort inhaftiert worden, weshalb er wieder ausreiste. Das fluchtauslösende Ereignis läge darin, dass der Vater, welcher im Krieg gekämpft hätte und seit 2001 verschollen wäre, verfolgt wäre, weshalb auch der BF die von ihm beschriebenen Probleme bekommen hätte. Darüber hinaus leide der BF an chronischer Hepatitis C.

 

Weites führte der BF im Rahmen einer Einvernahme vor dem Bundesaylamt am 17.3.2008 aus, man hätte ihm im Rahmen seiner Haftentlassung mitgeteilt, dass man seine Eltern finden würde. Er wäre dann bei seinem Onkel untergekommen und hätte Aserbaidschan wieder verlassen. Sein Vater wäre Abteilungsleiter bei XY in der Gruppe von "R. D." gewesen. Weil der Vater gesucht worden wäre, hätte sich der BF ab 1995 zwei Jahre in einem Dorf in der Nähe von Baku versteckt.

 

Die Angaben des BF wurden vom Bundesaylamt über einen Vertrauensanwalt überprüft. Hieraus ergab sich, dass zwar die Identität des BF und dessen Mutter bestätigt werden konnte. Die Mitgliedschaft des Vaters des BF bei XY konnte nicht bestätigt werden, der Vater des BF sei auch unter ehemaligen XY-Mitgliedern nicht bekannt. Ebenso ergab im Rahmen der Anfrage, dass dem Vater des BF im Jahre 2003 ein Reisepass ausgestellt wurde.

 

Der BF wurde am 28.7.2008 ein weiteres Mal einvernommen. Hierbei gab er an, dass es sich in keinerlei ärztlicher Behandlung befinde. Er sei gesund, seine chronische Hepatitis C sei nicht behandlungsbedürftig.

 

Auf den Vorhalt, dass der BF in der Datenbank nicht als ehemaliger Mitarbeiter von XY aufscheine meinte der BF, sein Vater habe für XY gearbeitet, er wisse nicht, ob er dort tatsächlich Mitglied gewesen wäre. Im Rahmen des Berufungsschrift brachte die BFV unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Angaben dezidiert vor, der Vater des BF hätte lediglich für XY gearbeitet, wäre jedoch kein Mitglied gewesen.

 

In Bezug auf die weiteren Angaben des BF wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Die BFV zitierte im Rahmen einer Stellungnahme vom 8.8.2008 Freedom House, ai und äußerte sich insbesondere über den Gesundheitszustand des BF.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 30.08.2008, Zahl: 07 09.929-BAL, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Aserbaidschan verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als unglaubwürdig. Weiters sah das BAA in der allgemeinen Lage in Aserbaidschan ebenso wenig ein Rückkehrhindernis wie in der individuellen Lage des BF. Ebenso ging das BAA davon aus, dass eine Rückkehr des BF nach Aserbaidschan gegen dessen Willen keinen unzulässigen Eingriff in dessen Privat- und Familienleben darstellen würde.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 16.09.2008 innerhalb offener Frist Berufung [jetzt Beschwerde] erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde in der Berufungsschrift nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen vorgebracht, dass das Bundesaylamt das vorbringen falsch gewürdigt hätte. Ebenso hätte das BAA unter Verkennung der Rechtslage dem BF den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Darüber hinaus zitierte die BFV aus dem Jahresbericht 2008 von ai, ebenso erfolgte die Wiedergabe des Presseartikels "Azerbaijan: Energy-Rich, Health Care-Poor", sowie eine Darstellung der Situation der religiösen Minderheiten aus der Sicht der christlich ausgerichteten norwegisch-dänischen NGO Forum 18 (Anm.: Homepage: www.forum18.org).

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Wenn im Rahmen der Berufungsschrift die widersprüchlichen Angaben des BF als in sich stimmig, lebensnahe und im Gesamtzusammenhang bezeichnet werden ist hierzu anzuführen, dass diesen Ausführungen der BFV nicht gefolgt werden kann. Aus den im Akt ersichtlichen Einvernahmeprotokollen, welchen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt ist zweifelsfrei entnehmbar, dass es sich beim Vorbringen nicht um die Schilderung des selben Sachverhaltes mit verschiedenen Worten, sondern um echte Widersprüche handelt. Exemplarisch sei hier darauf hingewiesen, dass der BF vorerst sehr wohl behauptete, sein Vater wäre Abteilungsleiter bei XY gewesen. Erst nach Vorhalt des Ermittlungsergebnisses relativierte er dies indem er angab nicht genau zu wissen, ob er tatsächlich Mitglied gewesen wäre, wobei er in der Berufungsschrift ausdrücklich behauptete, sein Vater wäre nicht Mitglied gewesen, sondern hätte bloß für XY gearbeitet. Es liegt auf der Hand, dass diese nachträglichen Versuche, dass augenscheinlich widersprüchliche Vorbringen des BF dazu dienen sollen, aus Opportunitätserwägungen im Hinblick auf den erhofften Verfahrenshergang diese Widersprüche zu verschleiern.

 

Eine Verschweigung der Mitgliedschaft bei XY durch die aserbaidschanischen Behörden im Hinblick auf einen allfälligen Umstand, allfällige Fahndungen nicht zu gefährden ist schon deswegen auszuschließen, weil in diesem Fall davon auszugehen wäre dass die aserbaidschanischen Behörden über den Vater des BF generell keine Auskünfte erteilt hätten, was jedoch -wie aus dem Akteninhalt ersichtlich- nicht der Fall ist, weshalb das Argument des BAA, es wäre nicht nachvollziehbar, dass die aserbaidschanischen Behörden die Mitgliedschaft einer Person bei XY, welche gerade wegen dieser Mitgliedschaft gesucht wird, jedenfalls im Zusammenhang mit dem ersten Satz des gegenständlichen Absatzes als plausibel zu betrachten ist.

 

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, der behauptete Umstand, dass der Vater des BF seit 2001 verschollen sein soll aufgrund des Umstandes, dass diesem im Jahre 2003 ein Reisepass augestellt wurde, unglaubwürdig ist. Auch erscheint es völlig lebensfremd, dass ein Staat einer Person, nach der er fahndet, einen Reisepass ausstellt, da dies den Fahndungserfolg wesentlich erschwert.

 

Letztlich ist festzustellen, dass die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft wird, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Soweit der BF in seiner Beschwerde nun erstmalig dezidiert und neu vorbringt, dass, sein Vater nicht Mitglied von XY war, sondern lediglich dafür gearbeitet hätte, wird in Ergänzung zu den entsprechenden Ausführungen in beweiswürdigender Hinsicht festgestellt, dass - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neue Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß (§ 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung) unterliegt. Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz dem BF zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das der BF nicht in der Lage war diese Tatsache schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal er in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua).

 

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, weshalb im gegenständlichen Fall festzustellen ist, dass im gegenständlichen Fall, nichts darauf hindeutet, dass der BF nicht in der Lage gewesen wäre, aufgrund der Ausgestaltung des erstinstanzlichen Verfahrens bereits dort vorzubringen, dass der BF definitiv wüsste, dass sein Vater nicht Mitglied von XY gewesen wäre, weshalb diese nunmehr vorgebrachte Behauptung dem Neuerungsverbot unterliegt.

 

.

 

Ebenso fand die letzte Einvernahme vor dem BAA am 28.7.2008 statt und wurde der Bescheid erst am 2.9.2008 erlassen. Wäre es dem BF tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zu äußern, wäre ihm dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglich gewesen. Von einem durchschnittlich sorgfältigen Asylwerber mit dem Wissen und Fähigkeiten des BF wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen.

 

Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, dem BF mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH davon aus, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).

 

Zu den vorgelegten Berichten ist anzuführen, dass diese im wesentlichen Aussagekern nicht den Ausführungen des Bundesasylamtes widersprechen. Auch dieses verkennt nicht, dass in Aserbaidschan im Bereich der Einhaltung der Menschenrechte wesentliche Defizite bestehen. Es liegt auch im Wesen der Sache, dass sich die genannten Verfasser der Quelle - im Gegensatz zu staatlichen Quellen, etwa dem dt. Auswärtigen Amt, welche sich in diplomatischer Zurückhaltung üben- betont kritisch zur Lage in Aserbaidschan äußern, was aber nicht am wesentlichen Aussagekern der Inhalte ändert. Auch ist anzumerken, dass der BF keinem in den genannten Quellen genannten Personenkreis angehört, welcher einer erhöhten Gefahr des Eingriffes in die Grundrechte ausgesetzt wäre.

 

Letztlich ist im Rahmen einer Gesamtschau anzuführen, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu führen war.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation Aserbaidschan auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Der Umstand, dass Aserbaidschan gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete welche Österreich bietet (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964, oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99) ist jedenfalls irrelevant. Sonstige außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände, welche im Rahmen einer Außerlandeschaffung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964) führen, kamen ebenfalls nicht hervor. Jedenfalls ist aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat (vgl. VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984; ebenso: kein Hinweis auf die Existenz einer allgemein existenzbedrohenden Notlage im Sinne einer allgemeinen Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige Elementarereignisse) in Verbindung mit den individuellen Situation des BFs (junger, nicht invalider, mobiler Mann, der bisher sein Leben meistern konnte [vgl. Erk. d. VwGHs vom 22.8.2007, Zahlen 2005/01/0015-6, 2005/01/0017-8]) kein Hinweis hierauf ableitbar, welche zur gegenteiligen Feststellung führen könnte. Ein Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen in Bezug auf das Territorium von Aserbaidschan ist nicht feststellbar. Hinweise auf einen Sacherhalt Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe scheiden schon aufgrund der Ausgestaltung des aserbaidschanischen Strafrechts aus.

 

Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. Hier wird besonders auf die jüngste Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6), sowie des EGMR (Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06) verwiesen, bei deren umfassender Beachtung kein Hinweis zu Tage kommt, dass eine Auseisung des BF in unzulässiger Weise in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privatund/oder Familienleben eingreift. Soweit sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass der BF über familiäre Bindungen verfügt, indem dessen Mutter und Schwester ebenfalls als Asylwerber in Österreich aufhältig sind, wird darauf hingewiesen, dass sich der Ausgang deren Asylverfahren mit dem gegenständlichen deckt, weshalb aus dem Umstand des Aufenthaltes dieser Familienangehörigen im Falle einer Abschiebung des BF kein Eingriff in dessen Familienleben gem. Art. 8 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme beantragt, und sich ausdrücklich vorbehält, einen neuen Sachverhalt vorzubringen, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahmen (vgl. hierzu auch die hier getroffenen Ausführungen zum Beweiskraft deren Inhaltes und der Möglichkeit des BFs den Sachverhalt auf den er seinen Antrag stützt, vorzubringen) - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit er die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden,

 

dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung

 

einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Neuerungsverbot, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
10.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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