TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 D6 302565-1/2008

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Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

D6 302565-1/2008/8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Christine AMANN als Beisitzerin über die Beschwerde des S.R., geb. 00.00.1976, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2.6.2006, FZ. 04 18.820-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 idF BGBl. I Nr. 101/2003, abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer stellte am 16.9.2004 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. In der Folge wurde er noch am selben Tag vor der Bundespolizeidirektion Wien sowie am 21.9.2004, 23.9.2004, 22.6.2005, 12.4.2006 und am 29.5.2006 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

1. In seiner Erstbefragung am 16.9.2004 gab der Beschwerdeführer an, auf Grund seiner religiösen Überzeugung, er sei nämlich Zeuge Jehovas, den Militärdienst zu verweigern und deshalb aus Georgien geflüchtet zu sein. In seiner Einvernahme vom 22.6.2005 führte er aus, dass die Flucht begründenden Probleme bei der Eröffnung eines Hauses der Zeugen Jehovas im Mai 1996 bzw. September 1998 begonnen hätten, als bewaffnete Uniformierte eingedrungen, die Anwesenden geschlagen und das Haus in Brand gesetzt hätten; vom Haus seien lediglich die Wände stehen geblieben. Kurz vor seiner Flucht im Juni 2004 sei er von Polizisten festgenommen und eine Woche lang misshandelt und gefoltert worden. Hintergrund sei seine Religionszugehörigkeit und kurdische Nationalität sowie seine Weigerung, den Militärdienst abzuleisten.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2.6.2006 wies das Bundesasylamt den Antrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: AsylG), ab und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen. In seiner Begründung traf das Bundesasylamt Länderfeststellungen zur Lage in Georgien, stellte jedoch die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Angaben zur Bedrohungssituation erachtete das Bundesasylamt als unglaubwürdig. Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Befragung am 21.9.2004 angegeben habe, noch nie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt zu haben. Nach Anfrage bei den deutschen Asylbehörden habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1996 in Deutschland Asyl beantragt habe und Ende 2002 nach Georgien abgeschoben worden sei. In Deutschland habe der Beschwerdeführer einen anderen Namen als in Österreich geführt, was aus der Sicht des Bundesasylamtes bei einer tatsächlich "schutzsuchenden" Person nicht nachvollziehbar sei. Der Beschwerdeführer habe auch in Österreich keine identitätsbescheinigenden Dokumente vorgelegt. Ferner habe der Beschwerdeführer offensichtlich unwahre Angaben gemacht, da er in seiner Einvernahme am 22.6.2005 angegeben habe, nach einem halbjährigen Aufenthalt in Moskau im Jahr 1994 bis zur Ausreise im Juli 2004 in Georgien gewesen zu sein. Auch seinen Aufenthalt in Russland im Jahr 2002 habe der Beschwerdeführer in seinen ersten Einvernahmen verschwiegen. Auf Grund seines Aufenthaltes in Deutschland für den Zeitraum von 1996 bis 2002 könnten daher auch die behaupteten Ereignisse, wie die Übergriffe bewaffneter Uniformierter 1996 bzw. 1998 und seine Taufe als Zeuge Jehovas 1999, nicht den Tatsachen entsprechen. Eine Anfrage an die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Wien habe ergeben, dass der Beschwerdeführer dieser Religionsgemeinschaft in Georgien nicht angehöre. Auch die gegenüber der deutschen Asylbehörde geschilderte Fluchtgeschichte unterscheide sich völlig von den Angaben in Österreich. Hinsichtlich des Spruchpunktes II. führte das Bundesasylamt aus, dass kein Hinweis auf das Bestehen außergewöhnlicher Umstände, die eine Abschiebung vor dem Hintergrund von Art. 3 EMRK unzulässig machen könnten, vorliegen würden. Mangels familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich bereits mehrmals straffällig geworden sei, stelle die verfügte Auswiesung keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht (als Berufung) eingebrachte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer seine kurdische Volksgruppenzugehörigkeit, seine Staatenlosigkeit und seine Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas neuerlich betonte. Der Beschwerdeführer habe noch nicht alle Beweise vorlegen können. Er habe sich auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Senat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt sowie zur Situation in Georgien, die sich auf verschiedene Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460). Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der im Sommer 2008 neu aufgeflammte Konflikt im Kaukasus aufgrund seiner zeitlichen und räumlichen Begrenzung auf die Krisengebiete Südossetien, Abchasien und allfällige daran angrenzende Gebiete nicht sachverhaltsrelevant ist.

 

Ergänzend wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer (gemäß dem im Akt befindlichen Strafregisterauszug) mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 00.00.2004, wegen §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB zu einer 7-monatigen Freiheitsstrafe (davon 6 Monate bedingt) verurteilt wurde. Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 00.00.2005, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 130 erster Fall StGB sowie wegen § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt; der Ausspruch der bedingt Strafnachsicht hinsichtlich des Teiles der mit Urteil vom 00.00.2004 verhängten Freiheitsstrafe wurde widerrufen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 00.00.2007, wurde der Beschwerdeführer wegen § 50 Abs. 1 WaffenG zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen verurteilt; mit Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 00.00.2008, wurde er erneut wegen § 50 Abs. 1 WaffenG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

 

2. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides ist nicht zu beanstanden: Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die behaupteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet. In seiner (rückübersetzten) Einvernahme vom 21.9.2004 gab der Beschwerdeführer auf Nachfrage an, noch in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt zu haben und auch zuvor noch nie in einen EU-Staat eingereist zu sein (AS 77). Diese Aussage wiederholte er in seiner (ebenfalls rückübersetzten) Einvernahme vom 22.6.2005. Mit der Auskunft der deutschen Asylbehörden konfrontiert, rechtfertigte sich der Beschwerdeführer damit, nicht "danach" gefragt worden zu sein. In dieser Einvernahme erwähnte der Beschwerdeführer im Übrigen auch einen (zweiten) Sohn, der in Deutschland lebe, den er jedoch in den Befragungen zuvor ebenfalls verschwiegen hatte.

 

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, sind zahlreiche Schilderungen des Beschwerdeführers, wie die Brandlegung des Hauses der Zeugen Jehovas 1996 bzw. 1998 sowie seine Taufe 1999, als unglaubwürdig zu werten, wenn sich der Beschwerdeführer - nachgewiesenermaßen - in diesem Zeitraum in Deutschland aufgehalten hat. Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt seines Verfahrens (auch nicht in seiner Beschwerde) zu dieser Schlussfolgerung Stellung genommen.

 

Vor den deutschen Behörden schilderte der Beschwerdeführer im Juli 1996 als Flucht begründendes Ereignis den Überfall an seinem Hochzeitstag, dem 00.00.1995. An diesem Abend hätten vier bewaffnete und maskierte Männer ihn und seine Verwandten ausgeraubt, wobei sein Cousin, der sich dem Überfall widersetzt habe, erschossen worden sei. In weiterer Folge seien ihm von Polizisten Drogen untergeschoben worden, woraufhin er für drei Tage festgenommen und misshandelt worden sei. Dieses Fluchtvorbringen unterscheidet sich - worauf die belangte Behörde zu Recht hinwies - völlig von jenem, das der Beschwerdeführer in Österreich dargelegt hat. Die eklatanten Divergenzen in seinen Fluchterzählungen verteidigte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 29.5.2006 damit, seine Fluchtgeschichte in Österreich nicht fertig erzählt zu haben, was angesichts der mehrfachen Einvernahmen und der Bedeutung des in Deutschland vorgebrachten Ereignisses (Tötung des Cousins, Unterschiebung von Drogen durch die Polizei) nicht plausibel erscheint.

 

Umgekehrt fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer vor deutschen Behörden mit keinem Wort (trotz allgemeiner Nachfrage) Probleme auf Grund seiner (in Österreich behaupteten) Religionszugehörigkeit angegeben hat. Dies ist umso auffälliger, als die vor dem Bundesasylamt geschilderte Brandlegung eines Hauses der Zeugen Jehovas im Mai 1996 nur wenige Wochen vor der Befragung durch die deutschen Asylbehörden geschehen sein soll. Dass der Beschwerdeführer (wie die belangte Behörde ebenfalls zu Recht ins Treffen führt) in seiner Einvernahme vom 29.5.2006 - konfrontiert mit seinen vor den deutschen Asylbehörden gemachten Fluchtschilderungen - ein anderes Datum seines Hochzeitstages als in Deutschland (nämlich den 00.00.1995) angibt, spricht angesichts der behaupteten dramatischen Ereignisse jenes Tag für sich.

 

Bedenkt man, dass das (dem Beschwerdeführer vorgehaltene) Schreiben der Zeugen Jehovas in Österreich vom 25.4.2006, demzufolge der Beschwerdeführer nicht den Zeugen Jehovas in Georgien angehöre, einen wesentlichen "Eckpfeiler" der Fluchtgründe des Beschwerdeführers in Zweifel zieht, so muss umso mehr erstaunen, wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde mit keinem einzigen Wort auf diesen Umstand eingeht, sieht man von der Beteuerung, dieser Religionsgemeinschaft anzugehören, ab.

 

Überhaupt hat der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz sich in keiner Weise mit der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde auseinandergesetzt; er hat keinen einzigen Aspekt der Beweiswürdigung hervorgehoben oder kritisiert, ist auf die Argumente der belangten Behörde zu seiner Unglaubwürdigkeit nicht eingegangen. Seine Behauptung in der Beschwerde, er habe keine Zeit zur Vorlage weiterer Beweismittel gehabt, ist angesichts des fast zwei Jahre dauernden erstinstanzlichen Asylverfahrens, in der mehrere Einvernahmen stattgefunden haben, nicht nachvollziehbar; auch bis zuletzt hat der Beschwerdeführer - ebenso wenig wie vor den deutschen Asylbehörden - die von ihm in Aussicht gestellten Beweismittel dem Asylgerichtshof nicht vorgelegt.

 

Aus der Sicht des erkennenden Senates sind die Schlussfolgerungen der belangten Behörde hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer dargelegten Fluchtgründe nicht zu beanstanden.

 

3. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

 

3.1 Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmung führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. Nr. 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 1.5.2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76/1997, in der jeweils geltenden Fassung geführt.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag nicht vor dem 1.5.2004 gestellt; das gegenständliche Verfahren war am 31.12.2005 anhängig, das Berufungsverfahren ist daher nach dem AsylG idF der AsylGNov. 2003 zu führen.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.2 Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der im Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256).

 

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft hat machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

 

3.3 Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 FrG zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 FPG das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di.

§ 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Schutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge: MRK), Art. 3 MRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer Einschränkung, die im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht kommt - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG - nunmehr § 8 Abs. 1 AsylG - iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465;

8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373;

25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427;

20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Der Fremde hat glaubhaft zu machen, dass er iSd § 57 Abs. 1 und 2 FrG aktuell bedroht ist, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509; 22.8.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 (nunmehr: § 8 Abs. 1) AsylG zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist durch § 8 (nunmehr: § 8 Abs. 1) AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 21.10.1999, 98/20/0512).

 

Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre; daher liegt kein Fall des § 57 Abs. 2 FrG vor. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 MRK oder das Protokoll Nr. 6 zur MRK verletzt würde.

 

Es besteht - wie bereits die belangte Behörde angenommen hat - kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände", die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. In Georgien besteht nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 MRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte.

 

3.4 Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde dann, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. Da diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist der Beschwerdeführer auszuweisen. Bei der Ausweisungsentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Art. 8 MRK zu berücksichtigen (VfSlg. 17.340/2004 [S 515], 17.516/2005 [Pt. IV.2.1 am Ende und IV.3.2]; VfGH 29.9.2007, B 1150/07; vgl. auch die Erläut. zur RV der AsylGNov. 2003 [120 BlgNR 22. GP, 14], die davon ausgehen, dass "bei jeder Ausweisungsentscheidung im österreichischen Fremdenwesen [...] Art. 8 EMRK in die Entscheidungsfindung einzubeziehen" ist und die das offenbar auch für das Asylrecht annehmen; weiters VwGH 23.11.2006, 2005/20/0516; 27.2.2007, 2007/01/0016; 26.3.2007, 2006/01/0595; 17.12.2007, 2006/01/0216). Dabei stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.516/2005 (Pt. IV.2.1) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen (VfSlg. 17.516/2005 [Pt. IV. 3.2]): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

Das Asylverfahren ist für den Beschwerdeführer negativ entschieden worden, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt. Seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ist zulässig, sodass - sofern damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK vorliegt - der Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden ist.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage zu berücksichtigen, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).

 

Der Beschwerdeführer befindet sich (gemäß seinen eigenen Angaben) seit September 2004 lediglich aufgrund eines gestellten Asylantrages, der sich als unbegründet erwiesen hat, im Bundesgebiet. Er hat bis zuletzt zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens familiäre Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet vorgebracht. Allfällige - für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK relevante - Bindungen des Beschwerdeführers zum Bundesgebiet sind bzw. wären jedenfalls in ihrem Gewicht erheblich relativiert, da sie in einem Zeitraum entstanden sind bzw. wären, in dem sich der Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass sein Aufenthaltsstatus ungewiss ist und vom Erfolg seines Asylantrages abhängt. Ferner ist der Beschwerdeführer innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums mehrfach strafgerichtlich verurteilt worden, sodass vom Überwiegen der öffentlichen Interessen an der in Rede stehenden Aufenthaltsbeendigung auszugehen ist (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479). Die von der belangten Behörde verfügte Ausweisung ist daher aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zulässig.

 

Dem Beschwerdeführer kommt auch kein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zu; es gibt weiters keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in seiner Person liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3.5 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. d Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substanziiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, 2002/20/0533; 12.6.2003, 2002/20/0336).

 

Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Insbesondere in der Beschwerde, in der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde, wurde die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht substanziiert bekämpft. Es hat sich kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Interessensabwägung, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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